Der Brief an die Römer
5. Die Stellung des Gläubigen in Christus: Kapitel 8
In Kapitel 6 haben wir gelernt, wie der Gläubige durch den Tod mit Christus von der Macht der Sünde befreit worden ist, um Gott in Christus Jesus zu leben. In Kapitel 7 haben wir gesehen, dass der Gläubige durch den Tod Christi keine Beziehung mehr zum Gesetz hat. Dadurch kommt er unter den Segen des aus den Toten auferstandenen Christus.
Gliederung von Kapitel 8
In Kapitel 8 werden uns die Segnungen des Gläubigen gezeigt, der sich im vollen Genuss seiner christlichen Stellung befindet. Das bedeutet, dass er von der Sünde und vom Gesetz befreit ist. In diesem Kapitel stellt uns der Apostel vor:
- Verse 1–3: die Stellung des Gläubigen in Christus;
- Verse 4–13: das neue Leben, gelebt in der Kraft des Heiligen Geistes;
- Verse 14–27: den Heiligen Geist als Person, die vom Vater und Sohn unterschieden wird und im Gläubigen wirkt;
- Verse 28–39: Gott in seiner äußeren Wirksamkeit.
Die neue Stellung in Christus (8,1–3)
Keine Verdammnis (8,1)
„Also ist jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (8,1.2).
In diesen beiden Versen werden uns in drei große Wahrheiten vorgestellt:
- die neue Stellung des Gläubigen vor Gott „in Christus Jesus“
- das neue Leben des Gläubigen – das „Leben in Christus Jesus“
- die neue Kraft dieses Lebens – „der Geist des Lebens in Christus Jesus“
Wir lernen hier, dass Gott den Gläubigen in eine vollkommen neue Stellung „in Christus Jesus“ vor sich selbst gestellt hat. Das steht im Gegensatz zu unserer alten Stellung vor Gott als Ungläubige, „in Adam“. In 1. Korinther 15,22 haben wir zwei Ausdrücke, die diesen Gegensatz zeigen. Wir lesen dort: „Wie in dem Adam alle sterben, so werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden.“
In Adam vor Gott zu sein bedeutet nichts anderes, als sich in derselben Stellung wie der gefallene Adam zu befinden. Man steht unter Gottes Missfallen, da man Gott ungehorsam gewesen ist. Man steht unter dem Gericht Gottes wegen der Sünde, so dass man aus der Gegenwart Gottes weggetrieben ist, wie wir das bei Adam und Eva nach dem Sündenfall finden. In Christus zu sein bedeutet dagegen, vor Gott in derselben Stellung zu sein, in der sich der auferstandene Christus befindet. So steht man in der Gunst Gottes, befreit von Gericht und in Christus angenommen.
Die gleiche Stellung wie der auferstandene Christus
Es ist das Vorrecht des Gläubigen, auf Christus zu sehen und zu sagen: „Meine Stellung vor Gott wird in dem auferstandenen Christus sichtbar, der sich zur Rechten Gottes befindet. Er ist dort in dem ewigen Wohlgefallen Gottes, und ich besitze dieselbe Gunst (Röm 5,2). Er hat mein Gericht getragen und steht nun für immer jenseits des Gerichts. Daher ist jetzt keine Verdammnis mehr für mich vorhanden. Christus ist in die Herrlichkeit aufgenommen worden, und ich bin angenehm gemacht in Ihm – in dem Geliebten (Eph 1,6).
Zweitens lernen wir, dass wir als Gläubige nicht nur in einer neuen Stellung vor Gott stehen, sondern dass wir auch neues Leben in Christus Jesus besitzen. Wir können den Segen der neuen Stellung dadurch erkennen, dass wir ihn der alten gegenüberstellen. In gleicher Weise hilft es uns, den Segen dieses neuen Lebens in Christus wertzuschätzen, indem wir es dem alten Leben in Adam gegenüberstellen. Das alte Leben, das von Adam gelebt wurde, ist ein Leben, das von der Sünde beherrscht wird. Es ist ein Lebenswandel im Eigenwillen, ohne dass man sich Gott unterordnet. Es ist zugleich ein Leben, das unter der Verurteilung Gottes steht und daher im Tod endet. Das Leben in Christus dagegen ist ein neues Leben, das Christus als Gegenstand vor Augen hat. Darüber hat die Sünde keine Macht. Es wird von Gott nicht verurteilt und kann vom Tod nicht angetastet werden. Christus ist der vollkommene Ausdruck dieses Lebens, so dass der Gläubige sagen kann: „Christus, unser Leben“ (Kol 3,4).
Der Heilige Geist – eine ganz neue Kraft (8,2)
Drittens ist wahr, dass der Gläubige nicht nur vor Gott in eine neue Stellung mit einem neuen Leben gestellt worden ist. Er besitzt auch eine neue Kraft – den Heiligen Geist –, der dem Gläubigen geschenkt worden ist, um ihn zu befähigen, den Segen der neuen Stellung zu genießen und das neue Leben auch auszuleben. Dieses Leben, das in der Kraft des Heiligen Geistes verwirklicht wird, ist die Wiedergabe des wunderbaren Lebens Christi, das sich in Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit offenbart (Gal 5,22).
Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Besitz des Lebens und der Verwirklichung des Lebens, das wir besitzen. Gott hat uns nicht nur das Leben des auferstandenen Christus geschenkt, sondern auch den Heiligen Geist gegeben, um uns zu befähigen, dieses Leben auszuleben und uns dessen zu erfreuen. Es ist außerordentlich wichtig zu sehen, dass eine göttliche Person gekommen ist, die mit dem neuen Leben verbunden ist, und die deshalb in dem Gläubigen wohnt. Der Heilige Geist hat dem Fleisch oder dem alten Leben nichts zu sagen, außer es zu verurteilen und zur Seite zu stellen.
Zudem handelt der Geist Gottes immer nach einem unwandelbaren Grundsatz. Das ist die Bedeutung des Ausdrucks „das Gesetz des Geistes“. Gesetz ist ein unwandelbares, unbeugsames Prinzip. So setzt das Gesetz des Geistes in dem Gläubigen immer das beiseite, was im Tod Christi verurteilt und beiseite gestellt worden ist. Auf diese Weise kann im Gläubigen das Leben des auferstandenen Christus sichtbar werden. Durch diese Handlungsweise des Geistes werden unsere Herzen mit Christus verbunden. Zugleich werden wir praktischerweise vom Gesetz der Sünde und des Todes freigemacht.
Es ist nützlich zu erkennen, dass diese Freiheit nicht auf die Gegenwart von Sünde und Tod bezogen wird, sondern mit dem „Gesetz der Sünde und des Todes“ verbunden wird. Solange wir noch auf der Erde leben, werden wir von der Gegenwart der Sünde nicht befreit werden. Aber durch „das Gesetz des Geistes des Lebens in Christus Jesus“ werden wir von der Macht der Sünde und des Todes befreit.
Christus wurde als Stellvertreter der Gläubigen gerichtet (8,3)
„Denn das dem Gesetz Unmögliche, weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott, indem er, seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleisch verurteilte“ (8,3).
Darüber hinaus kann Gott nicht neues Leben schenken, ohne mit dem alten Leben gehandelt zu haben. Wenn der alte Mensch unter dem Gericht Gottes steht, muss dieses Gericht auch ausgeführt werden. Daher lesen wir, dass Gott seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleisch verurteilte.
Wenn wir die vollkommene Abscheulichkeit unserer eigenen Herzen kennengelernt haben, und was es folglich bedeutet, unter der Verurteilung und dem Todesurteil zu stehen, können wir nicht ruhen, bis wir sehen, dass Gott mit all diesem Bösen gehandelt hat. Es muss zu Gottes Zufriedenheit damit umgegangen werden. Das geschah, als das Gericht und der Tod, die als Urteil über uns standen, auf denjenigen kamen, der dies als einziger tragen konnte.
Was für eine Erleichterung ist es, dass wir wissen, dass Gott mit unserem sündigen Zustand als Kinder Adams und mit all seinen Konsequenzen gehandelt hat. Gott selbst hat sich unseres Falles angenommen. Er hat unseren sündigen Zustand weder übersehen noch ignoriert. Im Gegenteil, indem Er seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des sündigen Fleisches und als ein Sündopfer gesendet hat, hat Er die Sünde im Fleisch am Kreuz verurteilt. Als Jesus Christus zum Sündopfer gemacht worden ist, kam unser ganzer sündiger Zustand vor Gott, und zwar in der Person unseres Stellvertreters. Als solcher nahm Er das ganze heilige Gericht Gottes gegen die Sünde auf sich. Wenn es auf uns gefallen wäre, wären wir für immer verloren gewesen. Aber es kam auf den Einen, der wegen der Größe seiner Person – Er ist „sein eigener Sohn“ – das Gericht übernehmen konnte. Als dieses Gericht auf Christus fiel, wurde unser Gericht von Ihm übernommen. Als Er starb, starben auch wir in Gottes Augen. So lesen wir: „Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt worden“ mit Ihm (Röm 6,6).
So lernen wir, dass das, was das Gesetz nicht vollbringen konnte, am Kreuz getan worden ist. Das Gesetz konnte den Sünder verurteilen, aber es konnte unsere Verurteilung nicht auslöschen.
Das neue Leben, gelebt in der Kraft des Geistes (8,4–13)
In diesem Teil des Kapitels werden uns die praktischen Ergebnisse entfaltet, die aus diesem Leben hervorgehen, das in der Kraft des Heiligen Geistes ausgelebt wird.
Die praktischen Anforderungen des Gesetzes werden erfüllt (8,4)
„Damit die Rechtsforderung des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist wandeln“ (8,4).
1. Wenn wir gemäß dem Geist unser Leben führen, werden die praktischen Anforderungen des Gesetzes erfüllt. Jemand hat gesagt: „Das Gesetz ist nicht der Maßstab für den christlichen Lebenswandel. Wir lesen nur, dass derjenige, der nach dem Geist sein Leben führt, das Gesetz erfüllt. Der Geist Gottes wird uns sicherlich nicht dahin führen, das zu tun, was im Gegensatz zum Gesetz Gottes steht. Das Gesetz wird praktischerweise erfüllt, während wir nicht unter Gesetz stehen, sondern unter der Führung des Geistes“ (John Nelson Darby). Die Anforderungen des Gesetzes werden nicht dadurch erfüllt, dass wir es zu unserer Lebensregel machen, sondern indem wir das neue Leben nach dem Geist verwirklichen.
Sinnen auf das, was des Geistes ist (8,5)
„Denn die, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was das Fleisches ist; die aber, die nach dem Geist sind, auf das, was das Geistes ist“ (8,5).
2. Wenn wir nach dem Geist unseren Lebenswandel führen, sinnen wir auf die Dinge, die des Geistes sind. Das wird uns ein gutes Stück weiter bringen, als wenn wir nur die Anforderungen des Gesetzes erfüllten. Denn das Gesetz geht nicht weiter, als unseren Lebenswandel auf der Erde in den verschiedenen Beziehungen des Lebens zu regulieren. Das, was des Geistes ist, sind himmlische Dinge. Sie stehen in Verbindung mit himmlischen Beziehungen, die zum Leben in Christus Jesus gehören.
Diejenigen, die in ihrem Leben die Wünsche des Fleisches verwirklichen, sinnen auf die Dinge dieser Welt, die allein das Fleisch wertschätzen kann. Der Geist Gottes hat im Blick auf die Dinge dieser Welt, die nichts mit den Interessen Christi zu tun haben, nichts zu sagen. So mögen wir unsere Herzen mit der Frage prüfen: „Sinnen wir auf die Dinge des Fleisches oder die Dinge des Geistes?“
Der Lebenswandel gemäß dem Geist führt zu Leben und Frieden (8,6)
„Denn die Gesinnung des Fleisches ist der Tod, die Gesinnung des Geistes aber Leben und Frieden“ (8,6).
3. Ein Lebenswandel gemäß dem Geist führt zu Leben und Frieden. Der Geist führt die Seele zum Genuss des Lebens. So bewahrt Er die Seele in ruhigem Frieden inmitten aller Umwälzungen und Verirrungen dieser Welt. Er ist in der Tat die Kraft der Quelle des Lebens in uns, die ins ewige Leben quillt (Joh 4,14). Wenn man auf das Fleisch sinnt, wird das Bewusstsein des Todes über die Seele kommen. Denn man geht aus der praktischen Gemeinschaft mit Gott heraus. Jemand hat einmal gesagt: „Alle Anstrengungen der Wünsche und des Willens des Fleisches enden im Tod. Ja, sie haben den Grundsatz des Todes in sich, denn dieses Prinzip bedeutet, ohne Gott zu leben“ (John Nelson Darby). So lesen wir in 1. Timotheus 5,6: „Die aber, die in Üppigkeit lebt, ist lebendig tot.“ Tod ist die Trennung von Gott. Auf die Dinge des Fleisches zu sinnen, behindert nicht nur unsere Gemeinschaft mit Gott, sondern bringt auch das Bewusstsein der Trennung von Gott in die Seele des Gläubigen.
Im Fleisch kann man Gott nicht gefallen (8,7.8)
„Weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft ist gegen Gott, denn sie ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht. Die aber, die im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen“ (8,7.8).
Es kann gar nicht anders sein, als dass ein Gläubiger dieses Bewusstsein der Trennung von Gott bei einem fleischlichen Lebenswandel empfindet, denn das Fleisch steht vollkommen im Widerspruch zu Gott. Es ist Feindschaft gegen Gott. Das Fleisch liebt die Dinge, die Gott hasst. Und es hasst die Dinge, die Gott liebt. Aber nicht nur das, sondern es rebelliert auch gegen die Autorität Gottes. „Es ist dem Gesetz Gottes nicht untertan, denn es vermag es auch nicht.“
Daraus folgt, dass diejenigen, „die im Fleisch sind“ – die vor Gott in der Stellung von Adam stehen – „Gott nicht zu gefallen vermögen“. Hier steht nicht, dass eine solche Gesinnung nicht Menschen gefallen oder viele große Dinge tun könnte, die freundlich und wohltätig für diese Welt sind. Denn das Fleisch tut nicht nur Dinge, die moralisch böse sind, sondern es ist auch in der Lage, Dinge auszuführen, die moralisch gut sind. Aber in all diesen Dingen ist das eigene Ich in der einen oder anderen Form der Beweggrund. Daher gilt: Was auch immer das Fleisch tut oder tun kann, es kann Gott nicht gefallen.
Im Geist: ein neuer Zustand des Menschen (8,9)
„Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn nämlich Gottes Geist in euch wohnt. Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein“ (8,9).
4. Da der Gläubige den Geist Gottes in Verbindung mit diesem neuen Leben besitzt, wird er als in einem neuen Zustand, „im Geist“, angesehen. Zu Beginn dieses Kapitels haben wir den Gläubigen in einer neuen Stellung gesehen, „in Christus“, im Gegensatz zu der alten Stellung, in Adam. Hier nun wird er in einem neuen Zustand betrachtet, „im Geist“, im Gegensatz zum alten Zustand, „im Fleisch“. Dieser Zustand ist eine weitere Folge des Besitzes des Heiligen Geistes. Denn der Apostel kann sagen: „Ihr seid im Geist, wenn nämlich Gottes Geist in euch wohnt.“
An dieser Stelle wird der natürliche Zustand des Menschen im Gegensatz zum echten, christlichen Zustand betrachtet. Der Apostel spricht von keinem Zwischenzustand. Es geht auch nicht um einen Gegensatz zwischen dem natürlichen und dem von neuem geborenen Menschen. Nein, Paulus spricht von dem Gegensatz zwischen dem natürlichen Menschen und dem, was von einem Christen wahr ist, der vom Heiligen Geist bewohnt wird. Die alttestamentlichen Heiligen waren auch durch den Geist Gottes von neuem geboren worden, genauso wie die neutestamentlich Heiligen. Aber darum geht es nicht in diesem Abschnitt.
Der Teil unseres Verses, der davon spricht, dass jemand, der den Geist Christi nicht hat, nicht sein ist, stellt eine Einschaltung dar. Entweder ist man ein Christ mit dem Geist Gottes in sich wohnend und damit Christi, oder man ist ein natürlicher Mensch ohne den Geist, und damit auch nicht Christi.
Das sind die beiden Zustände, die in diesem Vers betrachtet werden. Natürlich kann es bei einem aus Gott geborenen Menschen einen Zustand geben, indem er praktischerweise darin versagt, den vollen christlichen Zustand zu verwirklichen. Er glaubt vielleicht noch nicht an einen auferstandenen und verherrlichten Christus zur Rechten Gottes. Aber auf diese Frage geht unser Vers nicht ein. Es wäre falsch, aus diesem Vers zu schließen, dass die alttestamentlichen Heiligen den Geist Gottes in sich wohnend gehabt haben müssten, weil sie ansonsten nicht Christi wären (vgl. 1. Kor 15,23).
Christus in dem Gläubigen vor den Menschen sichtbar (8,10)
„Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot der Sünde wegen, der Geist aber Leben der Gerechtigkeit wegen“ (8,10).
5. Ein weiteres gesegnetes Ergebnis davon, dass der Geist Gottes in uns wohnt, besteht darin, dass gesagt werden kann: Christus „in uns“. So ist der Gläubige nicht nur in Christus vor Gott, sondern Christus wohnt sozusagen seinem Charakter nach in den Gläubigen und kann so von Menschen gesehen werden. Der Heilige Geist wird Geist Christi genannt, da Christus in seinem Leben in der Kraft des Geistes tätig war (vgl. Apg 10,38). Er opferte sich durch den ewigen Geist Gott in seinem Tod (Heb 9,14). Und durch den Geist Gottes wurde Er aus den Toten auf erweckt (Röm 1,4). Man hat daher mit Recht gesagt: Das ganze Leben Christi war der Ausdruck der Wirkung des Geistes – des Geistes Gottes im Menschen.
Wenn der Geist Gottes, der in Christus vollkommen wirkte, im Gläubigen wohnt, dann kann es nicht anders sein, als dass Er den Charakter Christi im Gläubigen ausdrückt und wiedergibt. So wird Wirklichkeit, dass Christus in uns ist. Wenn aber Christus durch den Geist in uns ist, dann muss der Geist die Energie des geistlichen Lebens sein, so dass praktische Gerechtigkeit hervorkommen kann. Wenn dagegen das Fleisch die Energie des Lebens ist, kann nur Sünde dadurch hervorkommen. Dann wird der Leib zum Instrument, durch das sich das Fleisch sichtbar macht. Daher ist es so wichtig, den Leib in Bezug auf die Sünde als tot zu betrachten. Der Geist Gottes aber, der nun in dem Körper wohnt, ist die Quelle und Energie des Lebens im Blick auf praktische Gerechtigkeit.
Endgültige Befreiung des Leibes (8,11)
„Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes“ (8,11).
6. Es gibt aber noch eine weitere Wirkung des Heiligen Geistes: die endgültige Befreiung unserer sterblichen Leiber von der Gegenwart der Sünde und des Todes. Der Heilige Geist ist der Geist Gottes, der Jesus aus den Toten auferweckt hat. Wenn der Geist Gottes in uns wohnt, wird Gott in uns das vollbringen, was Er bereits in Christus vollbracht hat.
So haben wir in den ersten Versen dieses Kapitels – in den Versen 1–11 – die Wahrheit dessen, was Gott in der Vergangenheit für den Gläubigen gewirkt hat, was Er in der gegenwärtigen Zeit mit dem Gläubigen tut und was Gott noch in zukünftiger Zeit zur vollständigen Befreiung seines Volkes tun wird. In der Vergangenheit hat Er durch das Opfer des Herrn Jesus am Kreuz die Sünde im Fleisch verurteilt. In der heutigen Zeit befreit Er uns vom Gesetz der Sünde und des Todes durch den Geist des Lebens in Christus Jesus. Und in der Zukunft handelt die Macht Gottes durch seinen Geist und wird die vollkommene und endgültige Befreiung des Körpers selbst vollenden.
Schlussfolgerungen (8,12.13)
„So denn, Brüder, sind wir Schuldner, nicht dem Fleisch, um nach dem Fleisch zu leben, denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.“ (8,12.13)
Die praktische Schlussfolgerung für den Gläubigen liegt darin, dass er dem Fleisch nichts schuldet. Das Fleisch wird als ein böses Prinzip gesehen, das nicht länger irgendwelche Rechte über uns besitzt. Nach dem Fleisch zu leben führt nur zum Tod. Wenn wir aber durch den Geist die Handlungen des Leibes töten, werden wir leben. Die Taten des Leibes sind all die Dinge, welche aus dem Wirken des Fleisches hervorkommen und durch den Leib getan werden.
Der Apostel sagt: „Wir sind Schuldner, nicht dem Fleisch“, aber er sagt nicht, dass wir dem Geist Schuldner sind. Denn dies würde uns nur unter ein höheres Gesetz stellen, dessen Erfüllung nur noch unmöglicher wäre als die des mosaischen Gesetzes. Das heißt nicht, dass wir nicht verantwortlich wären, nach dem Geist zu leben. Aber diese Verantwortung wird nicht durch eine gesetzliche Verpflichtung, sondern durch die Kraft von neuen Zuneigungen ermöglicht, die der Geist uns mitteilt.
Es ist wichtig zu erkennen, dass wir ein neues Leben mit geistlichen Fähigkeiten haben, die es uns ermöglichen, Gott zu genießen. Aber dieses Leben braucht Kraft und auch einen Gegenstand vor Augen. In Römer 7 sehen wir einen Menschen mit dem neuen Leben, der Wohlgefallen am Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen hat (Röm 7,22). Aber er hat weder Kraft noch den richtigen Gegenstand vor dem Herzen. In diesen ersten Versen von Kapitel 8 gibt es nun das neue Leben, das Christus als Gegenstand besitzt, für den es lebt. Und wir sehen den Geist Gottes, also die Kraft, durch die wir lieben.
Der Heilige Geist ist eine Person und wirkt im Gläubigen (8,14–27)
In den ersten 13 Versen wird der Geist besonders in seiner Beziehung zum neuen Leben gesehen, auch wenn davon gesprochen wird, dass Er im Gläubigen wohnt. Die Wahrheit, die der Apostel hier vorstellt, hat damit zu tun, was Gott mit uns tut als mit solchen, die mit dem neuen Leben identifiziert werden.
In dem nun folgenden zweiten Teil des Kapitels wird der Heilige Geist in den Versen 14–27 als eine von den anderen Personen der Gottheit unterschiedene Person gezeigt, der in uns wirkt. In dem letzten Teil des Kapitels dann, in den Versen 28–39, geht es nicht so sehr um Gott, der mit uns ist oder in uns wirkt, sondern um Ihn, der für uns in den äußeren Umständen tätig ist.
Als Söhne Gottes sichtbar werden (8,14)
„Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes“ (8,14).
Die erste große Folge davon, dass man durch den Geist Gottes geleitet wird, besteht darin, dass in den Gläubigen Wesenszüge hervorgebracht werden, die zu Söhnen Gottes passen. So offenbaren diese Gläubigen praktischerweise, dass sie der Stellung nach Söhne Gottes sind.
Das Bewusstsein, Gott als Vater zu kennen (8,15.16)
„Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, indem wir rufen: Abba, Vater! Der Geist selbst bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind“ (8,15.16).
Solche Menschen werden aber nicht nur den Wesenszügen nach Söhne sein, sondern sich dessen auch bewusst sein. Sie werden rufen: „Abba, Vater“. Dies ist, wie John Nelson Darby geschrieben hat, „ein deutliches Zeugnis des Geistes, der in uns wohnt, dass wir Kinder sind; hier geht es nicht um einen Beweis durch das Wort.“ So sind wir in die Stellung von Söhnen und in die Beziehung von Kindern eingeführt worden.
Kinder sind Erben – durch Christus (8,17.18)
„Wenn aber Kinder, so auch Erben – Erben Gottes und Miterben Christi, wenn wir nämlich mitleiden, damit wir auch mitverherrlicht werden. Denn ich halte dafür, dass die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll“ (8,17.18).
Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben. Ein Erbe ist jemand, der ein Erbteil in Aussicht hat. Wenn nun Gläubige die Erben Gottes sind, so sind sie Miterben mit Christus. Daher ist unser Erbteil auch nichts Geringeres als die Herrlichkeit mit Christus. Wie gesegnet ist somit unsere Aussicht. Haben wir den Segen und die Wirklichkeit dieser großen Wahrheiten schon realisiert? Wenn das so wäre, wie anders würden wir übereinander denken. Wir mögen armselig und unwissend und von geringem Wert in den Augen dieser Welt sein. Aber im Licht unseres herrlichen Erbteils sind die höchsten Ehren, die diese Welt Menschen übertragen kann, von keinem Belang. Dabei ist noch nicht einmal offenbar, was wir sein werden.
In der Zwischenzeit werden wir dazu aufgerufen, mit Christus mitzuleiden. Andere Schriftstellen sprechen davon, dass wir für Ihn leiden dürfen durch unser Zeugnis für Ihn. Hier nun geht es um das gemeinsame Teil aller Gläubigen, mit Ihm zu leiden. Das schließt ein, dass wir mit Ihm empfinden, was die Leiden der Welt sind, durch die wir hindurchgehen. Als Er auf dieser Erde lebte, empfand Er in seinem Geist das Leiden und den Schmerz, den Hunger und die Bedürfnisse, die Krankheit und die Nöte, welche die Sünde in diese Welt hineingebracht hat. Unser Herr wurde innerlich bewegt von Mitleid, Er seufzte tief wegen der Herzenshärtigkeit des Menschen. Er weinte über die Sünder. Wenn wir durch den Geist geleitet werden, werden wir in unserem geringen Maß nicht nur mit menschlicher Sympathie empfinden, sondern mit göttlichem Mitleid, wie auch Er empfunden hat.
Wir gehen durch eine Welt, die Christus verworfen hat – eine Welt voller Vergänglichkeit, Sünde und Leiden. Die Konsequenz aus der Kenntnis Gottes als unserem Vater und der Segen der Herrlichkeit, die vor uns liegt, gibt uns ein umso tieferes Bewusstsein der Leiden und des Elends dieser Welt, durch die wir hindurchgehen. Aber die Leiden der gegenwärtigen Zeit sind nicht wert, verglichen zu werden mit der Herrlichkeit, die vor uns liegt. Denn die Leiden sind vorübergehend, die Herrlichkeit dagegen ist ewig.
Die Erlösung der Schöpfung (8,19–21)
„Denn das sehnliche Harren der Schöpfung wartet auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen worden (nicht freiwillig, sondern dessentwegen, der sie unterworfen hat) auf Hoffnung, dass auch die Schöpfung selbst freigemacht werden wird von der Knechtschaft des Verderbens zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“ (8,19–21).
Die Schöpfung befindet sich in einem Zustand von Elend und Verdorbenheit. Dies resultiert aus dem Sündenfall und wird bestehen bleiben, bis die Söhne Gottes in den Körpern der Herrlichkeit offenbart werden. Was diese Schöpfung betrifft, geht es nicht um eine Frage der Seelen, die erlöst werden müssen, sondern es betrifft den Körper, der Gegenstand des Verfalls ist. Die Söhne selbst sind Gegenstände der Gnade, die ihre Seelen erlöst und ihnen ein Teil in der Herrlichkeit gegeben hat. Die Schöpfung – und dazu gehört der Körper des Gläubigen – dagegen ist nicht Gegenstand der Gnade. Sie wird einmal an der Herrlichkeit teilnehmen. Das wird im 1.000-jährigen Reich sein, wenn auch der äußerliche Segen in diese Welt der Leiden hineinkommen wird. Die Befreiung vom Niedergang der Schöpfung bedarf der Offenbarung der Herrlichkeit der Söhne Gottes.
Die Schöpfung ist nicht durch eigenen Willen der Vergänglichkeit unterworfen, sondern durch die Torheit des Menschen. Aber die Herrlichkeit wird kommen. Auch wenn die Schöpfung der Vergänglichkeit unterworfen ist, so gibt es doch die Hoffnung der Befreiung von allem Verfall. Die Schöpfung wird zwar nicht an der Befreiung der Gnade teilhaben, die uns von der Sünde und vom Gericht befreit. Aber an der Befreiung durch die Herrlichkeit wird sie teilnehmen, die jede Bedrückung von der Schöpfung wegnehmen wird.
Das Seufzen der Schöpfung (8,22)
„Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Geburtswehen liegt bis jetzt“ (8,22).
Der Christ ist somit nicht unwissend über das Elend der seufzenden Schöpfung. Gläubige werden durch den Geist geleitet und haben daher die Gesinnung Christi, so dass sie sagen: „Wir wissen, dass die ganze Schöpfung mitseufzt und mit in Geburtswehen liegt bis jetzt.“ Diejenigen, die den Sündenfall als Lüge bezeichnen, begründen das Elend der seufzenden Schöpfung mit natürlichen Ursachen. In ihrer Torheit glauben sie, dass sie das Elend durch ihre eigenen Anstrengungen beseitigen können. Wir dagegen wissen, dass die Schöpfung seit dem Sündenfall bis zur heutigen Zeit seufzt und im Elend liegt. Das wird so bleiben, bis die Söhne Gottes offenbart werden.
Die Befreiung der Schöpfung (8,23)
„Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in uns selbst, erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes“ (8,23).
Als Erlöste kennen wir nicht nur den wahren Charakter der seufzenden Schöpfung. Wir sind auch in der Lage, mit dem Seufzen der Schöpfung Mitleid zu haben. Da wir durch den Geist Gottes eine göttliche Einsicht besitzen und zugleich die göttlichen Zuneigungen des neuen Lebens, auf der anderen Seite aber auch einen Körper, der uns mit der gefallenen Schöpfung verbindet, sind wir fähig, in die Leiden und das Elend der seufzenden Schöpfung einzugehen. Das Seufzen ist das Empfinden des Elends in Gott gemäßer Weise. Unser Bewusstsein von Leiden liegt nicht einfach daran, dass wir diese Dinge sehen. Wir sind nämlich durch unseren Körper mit der seufzenden Schöpfung verbunden. Dieser ist der Vergänglichkeit, der Krankheit, Schmerzen und dem Tod unterworfen.
Dieses Seufzen stellt allerdings keine Beschwerde dar als Frucht von Unzufriedenheit, sondern die Wirkung des Heiligen Geistes im Herzen des Erlösten. Gott erlaubt ein Seufzen, aber nie ein Murren. In der Zwischenzeit erwarten wir die Sohnschaft – den vollen Segen, wenn auch der Leib erlöst werden wird.
Die Hoffnung der Errettung (8,24)
„Denn in Hoffnung sind wir errettet worden. Eine Hoffnung aber, die gesehen wird, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, was hofft er es auch?“ (8,24).
Die Erlösung des Leibes ist eine Sache der Hoffnung, und in diesem Sinn sind wir in Hoffnung errettet worden. Die Hoffnung schließt in keiner Weise Unsicherheit ein, sondern bedeutet nur, dass dieser Segen noch nicht offenbar geworden ist. Bekanntlich ist eine Hoffnung, die gesehen wird, keine Hoffnung. Denn was einer sieht, was hofft er es auch?
Ausharren (8,25)
„Wenn wir aber das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir mit Ausharren“ (8,25).
Wenn diese Hoffnung vor uns erstrahlt, können wir mit Ausharren warten, bis diese Herrlichkeit zu ihrer Zeit offenbart werden wird. Wenn wir auf die Leiden um uns herum in einer selbstsüchtigen Gesinnung oder einfach als Zuschauer sehen, werden wir wegen der Macht des Bösen müde und ungeduldig. Wenn wir das alles aber in der Kraft des Geistes Gottes anschauen, werden wir mit Ausharren warten.
Zusammenfassend kann man über diese Verse sagen:
- Wir kennen den wahren Charakter dieser Schöpfung,
- wir leiden mit diesem Elend in göttlichem Mitleid,
- wir warten auf die Erlösung des Leibes,
- in Hoffnung und
- mit Ausharren.
Der Geist Gottes verwendet sich für die Gläubigen (8,26.27)
„Ebenso aber nimmt auch der Geist sich unserer Schwachheit an; denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie es sich gebührt, aber der Geist selbst verwendet sich für uns in unaussprechlichen Seufzern. Der aber die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist, denn er verwendet sich für Heilige Gott gemäß“ (8,26.27).
Wenn wir die zunehmenden Leiden dieser seufzenden Schöpfung überschauen und unsere Bedürfnisse realisieren, finden wir in der Tat Erleichterung im Gebet. Aber trotz dieses Bewusstseins wissen wir nicht, wie wir beten sollen. Wie viel wir auch von Christus, uns selbst oder den Leiden der seufzenden Schöpfung um uns herum wissen mögen, wird immer wahr bleiben, dass wir, solange wir auf der Erde sind, nur stückweise erkennen können. Wir sind nicht kompetent, die Größe und Herrlichkeit Christi, die Schwachheit und Schwachheiten des Fleisches oder die Leiden der seufzenden Schöpfung ganz zu erfassen. Aber Einer ist gekommen, um in uns zu wohnen, der einerseits fähig ist, uns die Liebe Gottes bekanntzumachen. Er ist in der Lage, von den Dingen Christi zu nehmen, um sie uns zu zeigen. Andererseits kennt Er die Tiefen unserer Bedürfnisse und ist in der Lage, diese Gott vorzustellen. Der Heilige Geist kann uns die Herrlichkeiten Christi vorstellen und unsere Bedürfnisse und Schwachheiten vor Gott bringen.
Hinzu kommt, dass unsere Bedürfnisse durch den Heiligen Geist in einer Dringlichkeit vorgestellt werden können, wie sie nicht durch menschliche Worte ausgedrückt werden könnten. Ein Seufzen setzt immer eine Tiefe von Empfindsamkeit voraus, die über die Macht von Worten hinausgeht, die man aussprechen könnte. Daher kann auch nur Gott ein Seufzen verstehen. Aus diesem Grund heißt es auch: „Der aber die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist“, wobei der Sinn des Geistes in uns durch ein Seufzen ausgedrückt wird.
Da der Geist Gottes eine göttliche Person ist, kann Er sich für Heilige verwenden in einer Gott gemäßen Art und Weise. Es mag viel Schwachheit und Versagen in unseren Fürbitten geben. Wir mögen füreinander in dem Sinn beten, was wir denken und was das Beste füreinander ist. Manchmal bitten wir auch in einer Weise, dass wir Gott bereits vorgeben, in welcher Weise Er antworten sollte. In diesem Sinn sind unsere Gebete oft nicht Gott gemäß.
Wenn unsere Schwachheiten dazu führen, dass wir nicht wissen, wie wir beten sollen, dann kommt uns der Geist Gottes zur Hilfe.
- Er verwendet sich für uns.
- Er verwendet sich in unaussprechlichen Seufzern.
- Er verwendet sich Gott gemäß.
Christus, der Diener des Heiligtums, verwendet sich im Himmel für uns, um uns in Übereinstimmung mit der Herrlichkeit dieser himmlischen Szene zu bewahren. Der Heilige Geist wohnt in den Heiligen auf der Erde und verwendet sich für uns gemäß der vollkommenen Einsicht im Blick auf unsere Bedürfnisse in der Wüste.
Gott ist für uns in seinen äußerlichen Handlungen (8,28–30)
„Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche er zuvor erkannt hat, die hat er auch zuvor bestimmt, dem Bild seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche er aber zuvor bestimmt hat, diese hat er auch berufen; und welche er berufen hat, diese hat er auch gerechtfertigt; welche er aber gerechtfertigt hat, diese hat er auch verherrlicht“ (8,28–30).
Alles dient zu unserem Guten (8,28)
Der Apostel hat gezeigt, auf was für gesegnete Weise der Heilige Geist in uns durch das neue Leben in Christus und die Innewohnung des Heiligen Geistes wirkt, so dass geistliche Erfahrungen hervorgebracht werden. Nun lernen wir, dass Gott, der Heilige Geist, nicht nur in uns wohnt, sondern dass Gott auch für uns ist in „allen Dingen“, die um uns herum stattfinden. Im Blick auf alle diese Umstände des Lebens, Übungen, Leiden, Konflikte und Schwierigkeiten mögen wir nicht wissen, wie wir beten sollen. Das aber wissen wir: „Alle Dinge wirken mit zum Guten, denen, die Gott lieben“.
Wir mögen nicht immer verstehen, warum dieser Verlust oder diese Prüfung zu unserem Guten mitwirkt. Der Glaube aber hält fest, dass das Gute zu seiner Zeit oder spätestens in der Ewigkeit das Ergebnis sein wird. Es kann sein, dass wir warten müssen, bis wir den Weg verstehen, auf dem alle Dinge zum Guten für uns mitwirken. So hat der Herr Jesus zu Petrus gesagt: „Was ich tue, weißt du jetzt nicht, du wirst es aber nachher verstehen“ (Joh 13,7). Jemand hat einmal gesagt: „Die Leiden mögen nicht behoben sein, aber sie sind zum Segen“.
Um unsere Herzen darin sicher zu machen, dass alle Dinge zu unserem Guten mitwirken, werden wir daran erinnert, dass wir von Gott berufen worden sind. Wenn Gott uns berufen hat, hat Er auch ein Ziel für uns. Gott rettet uns, weil wir Rettung nötig haben. Gott beruft uns, weil Er uns haben möchte. Alle Wege Gottes mit uns in der gegenwärtigen Zeit zielen auf die Erfüllung seines Ratschlusses für uns in der Zukunft.
Das Ziel der Rettung: seinem Sohn gleichförmig (8,29)
Wir werden nicht im Unklaren darüber gelassen, was der Segen des Ratschlusses Gottes für uns ist. Der Mittelpunkt seines Ratschlusses ist sein Sohn. Gott hat beschlossen, ein riesiges Heer an Menschen zu besitzen, die dem Bild seines Sohnes gleichförmig sind. Diese große Gesellschaft soll mit Christus eine Beziehung haben: Sie sind seine Brüder. Unter ihnen wird Christus herausragen – Er ist der Erstgeborene.
Von der Zuvorbestimmung bis zur Verherrlichung (8,30)
Die Berufung Gottes setzt seine Vorkenntnis voraus. Aber wenn Gott das alles vorher weiß, ist es genauso leicht für Ihn, unsere Zukunft zu bestimmen. Es scheint so zu sein, dass Vorherbestimmung einen besonderen und von anderen Personen unterschiedenen Segen im Blick hat, für den wir berufen worden sind. Hinzu kommt, dass wir für diesen vorherbestimmten Segen gerechtfertigt worden sind. Rechtfertigung wiederum hat die Verherrlichung im Auge. Wir sind nicht gerechtfertigt worden, um in der heutigen Welt erhöht zu werden, sondern um mit Christus in einer zukünftigen Welt verherrlicht zu sein.
Wenn wir auch auf die Herrlichkeit noch warten müssen, so wird diese doch wie die Rechtfertigung als bereits erfüllt angesehen. Ist das nicht deshalb der Fall, weil alles an dieser Stelle vorgestellt wird aus der Sicht Gottes? Und Gott kann alles rufen, was noch nicht ist, als wenn es schon da wäre (Röm 4,17).
Wir haben das Fleisch noch in uns. Wir haben einen Leib, der mit Schwachheit verbunden ist. Wir sind umgeben von einer seufzenden Schöpfung. Wir haben noch mit Übungen und Schwierigkeiten, mit Leiden und Trauer zu tun. Der Glaube aber verwirklicht schon heute, dass Gott für uns ist. Gott war bereits für uns, als es die seufzende Schöpfung noch nicht gab. In und durch dies alles ist Gott für uns. Und über diese Schöpfung hinaus ist Gott ebenso für uns.
In dieser großartigen Passage geht es nicht um das, was wir für Gott sein mögen, sondern um das, was Gott für uns ist. Dazu gehört auch die herrliche Tatsache, dass gerade die Sünde, durch die wir uns selbst ruiniert haben, die Gelegenheit für Gott geworden ist zu zeigen, dass Er für uns ist.
Gott ist für uns (8,31.32)
„Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für uns ist, wer gegen uns? Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: Wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?“ (8,31.32).
Der Apostel Paulus zieht die Schlussfolgerung, dass „wenn Gott für uns ist, wer gegen uns?“ Bei demjenigen, der im Unglauben auf die Übungen, Leiden und Schwierigkeiten des Weges schaut, kann in der Seele die Frage aufkommen: „Kann Gott nach all diesem für mich sein?“
Der Glaube weiß, dass das ewige Zeugnis, dass Gott für uns ist, nicht in den Umständen gefunden wird, durch die wir hindurch gehen, sondern in der Gabe des Sohnes. Wenn Gott „seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat“, muss Er in der Tat „für uns“ sein. Wenn Er bereits die größte Gabe, die es überhaupt gibt, geschenkt hat, brauchen wir keine Fragen im Blick auf die Segnungen zu haben, die Er uns bereits gegeben hat bzw. die Er für uns vorgesehen hat.
Da Er seinen eigenen Sohn am Kreuz nicht verschont hat, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, kann Er nun auf gerechter Grundlage und auf freie Weise „alles“ schenken.
Keine Anklage (8,33)
„Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt“ (8,33).
Aus der großen Wahrheit, dass Gott für uns ist, resultiert eine dreifache Herausforderung.
1. „Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben?“ Die einfache und gesegnete Antwort, die jede Anklage zunichte macht, ist: „Gott ist es, der rechtfertigt.“
Der verherrlichte Christus verwendet sich für die Heiligen (8,34)
„Wer ist es, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt worden, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet“ (8,34).
2. „Wer ist es, der verdamme?“ Wenn Gott rechtfertigt, wer kann dann verdammen? Um diese Frage zu beantworten, bringt der Apostel in einem Vers den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi zusammen. Paulus hat in diesem Brief bereits gezeigt, dass Gott den Gläubigen durch den Tod Christi rechtfertigt und dass Er die Vollkommenheit dieser Rechtfertigung in der Auferstehung Christi sichtbar gemacht hat. In der Herrlichkeit verwendet sich Christus nun für diejenigen, die Er gerechtfertigt hat. Wenn es einen aktiven Feind gibt, der immer bereitsteht, die Heiligen anzuklagen, dann gibt es auf der anderen Seite eine lebende Person, die sich für sie verwendet.
Untrennbar verbunden mit der Liebe des Christus (8,35)
„Wer wird uns scheiden von der Liebe des Christus? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ (8,35).
3. Das führt zu einer dritten Herausforderung: „Wer wird uns scheiden von der Liebe des Christus?“ Auf diese Frage hin nennt der Apostel sieben Arten von Prüfungen. Jede Art des Bösen, auf das wir in dieser Welt treffen können, kann unter einer der genannten Formen eingeordnet werden. In unterschiedlichem Maß und zu unterschiedlichen Zeiten ist es möglich, dass wir einige dieser Prüfungen zu durchleben haben. Aber keines dieser Dinge kann uns von der Liebe des Christus trennen.
Die Vorbilder im Alten Testament (8,36.37)
„Wie geschrieben steht: ‚Deinetwegen werden wir getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir gerechnet worden.' Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat“ (8,36.37).
Das Alte Testament wird zitiert, um zu zeigen, dass die Heiligen in der alttestamentlichen Zeit ebenso solchen Prüfungen ausgesetzt waren. Oft nahmen diese eine solch extreme Form an, dass sogar gesagt werden konnte, dass sie den gesamten Tag lang in Gefahr standen, getötet zu werden. Die Welt schaute daher auf sie wie auf Schafe, die zur Schlachtbank geführt wurden.
Aber dies alles trennte sie nicht von der Liebe des Christus. Denn sie waren mehr als Überwinder. Diese Gläubigen standen nicht nur fest in den Prüfungen, sondern sie wurden darin sogar gesegnet, und zwar „durch den, der uns geliebt hat“.
Untrennbar verbunden mit der Liebe des Christus (8,38.39)
„Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (8,38.39).
Der Apostel hat von den sichtbaren Gefahren des gegenwärtigen Lebens gesprochen, und von der Liebe des Christus. Er schließt nun, indem er auf unsichtbare Gefahren hinweist, und auf die Liebe Gottes. Er zählt eine Liste von viel weitergehenden Schwierigkeiten auf als diejenigen, die mit dem zeitlichen Leben verbunden sind.
Er spricht vom Tod und seinen Schrecken, vom Leben und seinen Geheimnissen. Er nennt die unsichtbaren und geistlichen Mächte, die sich gegen uns aufstellen können. Dann weist er auf Dinge hin, die gegenwärtig oder zukünftig sein können. Wir sind uns unserer Unfähigkeit bewusst, den zeitlichen Gefahren entgegenzutreten, denen wir ausgesetzt sind. Wie viel größer ist unsere Hilflosigkeit angesichts der unsichtbaren und geistlichen Mächte!
Zu unserer Ermutigung aber fügt der Apostel hinzu: „Ich bin überzeugt“, dass keines dieser Dinge „uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes“. Und diese Liebe hat ihren vollkommenen Ausdruck gefunden „in Christus Jesus, unserem Herrn“.