„Und dies ist es, was du auf dem Altar opfern sollst: zwei einjährige Lämmer an jedem Tag beständig. Das eine Lamm sollst du am Morgen opfern, und das zweite Lamm sollst du opfern zwischen den zwei Abenden, und ein Zehntel Feinmehl, gemengt mit einem Viertel Hin zerstoßenem Öl, und ein Trankopfer, ein Viertel Hin Wein, zu dem einen Lamm. Und das zweite Lamm sollst du opfern zwischen den zwei Abenden; dazu sollst du – entsprechend dem Morgen-Speisopfer und dessen Trankopfer – opfern, zum lieblichen Geruch, ein Feueropfer dem HERRN: Ein beständiges Brandopfer bei euren Geschlechtern am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor dem HERRN, wo ich mit euch zusammenkommen werde, um dort mit dir zu reden. Und ich werde dort mit den Kindern Israel zusammenkommen, und es wird geheiligt werden durch meine Herrlichkeit. Und ich werde das Zelt der Zusammenkunft und den Altar heiligen; und Aaron und seine Söhne werde ich heiligen, dass sie mir den Priesterdienst ausüben. Und ich werde in der Mitte der Kinder Israel wohnen und werde ihr Gott sein. Und sie werden wissen, dass ich der HERR bin, ihr Gott, der ich sie aus dem Land Ägypten herausgeführt habe, um in ihrer Mitte zu wohnen; ich bin der HERR, ihr Gott“ (2. Mo 29,38–46).
Wir haben schon in 1. Mose 8 gesehen, dass das Brandopfer auf einem Altar dargebracht wurde. Und wir fanden dabei, dass auch der Altar eine wichtige Darstellung der Person des Herrn Jesus ist und also nicht nur eine nebensächliche Bedeutung hat. Der Herr Jesus Selbst sagt in Matthäus 23,19.20, dass der Altar wichtiger ist als das Opfer, das darauf gebracht wird. Aus 2. Mose 27 können wir lernen, dass der Altar ein Bild des Herrn Jesus ist als derjenige, der wahrhaftig Mensch war. Der Altar war aus Holz gefertigt, das aus der Erde wächst, aber überzogen mit Erz, mit Kupfer. In 4. Mose 16,18.35–17,4 sehen wir, dass Kupfer ein Bild einer Gerechtigkeit ist, die in das Gericht Gottes kommen kann ohne verzehrt zu werden. Eine solche Gerechtigkeit hatte der Herr Jesus als Mensch. Er war wahrhaftig Mensch, geboren von einer Frau. Aber Seine Gerechtigkeit war so vollkommen – Seine Gerechtigkeit allein –, dass Gottes Gericht nichts in Ihm finden konnte, das verzehrt werden musste. Feuer ist in Gottes Wort immer das Bild der untersuchenden und prüfenden Heiligkeit Gottes.
Auch dadurch, dass das Brandopfer auf diesem Altar gebracht wurde, wurde es geheiligt; auch das machte einen Teil seines Wertes aus.
Wir haben das Sündopfer in 3. Mose 16 betrachtet. Dieses Kapitel habe ich nicht ganz gelesen, sonst hätten wir gesehen, dass das Sündopfer nicht auf einem Altar gebracht wird. „Und den Stier des Sündopfers und den Bock des Sündopfers, deren Blut hineingebracht worden ist, um Sühnung zu tun im Heiligtum, soll man hinausschaffen außerhalb des Lagers und ihre Häute und ihr Fleisch und ihren Mist mit Feuer verbrennen. Und der, der sie verbrennt, soll seine Kleider waschen und sein Fleisch im Wasser baden; und danach darf er ins Lager kommen“ (3. Mo 16,27.28).
Wir sehen also einen wichtigen Unterschied zwischen dem Brandopfer hier in 2. Mose 29 und dem Sündopfer in 3. Mose 16. Vom Brandopfer haben wir gelesen, dass es „zum lieblichen Geruch, ein Feueropfer dem HERRN“ sein würde. Es musste jeden Morgen und jeden Abend auf dem Altar dargebracht werden, und Gott konnte aufgrund dessen in der Mitte Seines Volkes wohnen und mit ihm in Verbindung stehen. Das finden wir nicht in 3. Mose 16. Dort haben wir gelesen, dass die Leiber der Opfer, deren Blut ins Heiligtum gebracht wurde, außerhalb des Lagers verbrannt werden mussten, niemals auf dem Altar.
Wir sehen daran schon den Unterschied zwischen dem Sündopfer und dem Brandopfer. Und doch sind beide ein Bild des Todes des Herrn Jesus am Kreuz! Dieselbe Person und dasselbe Werk werden durch diese Opfer dargestellt, jedoch von zwei verschiedenen Seiten. Im Sündopfer haben wir gesehen, wie der Herr Jesus am Kreuz zur Sünde gemacht wurde und unsere Sünden an Seinem Leib trug und wie Er dadurch Gottes Gerechtigkeit vollkommen zufrieden gestellt hat im Hinblick auf unsere Sünden und auf unsere Sünde, d. h., unseren Zustand. Für die Sünde ist Er zur Sünde gemacht worden, und Gott hat Ihn geschlagen, denn nur der Tod kann einem sündigen Zustand ein Ende machen. Unsere Sünden, unsere bösen Taten, hat Er auf Sich genommen, wie wir es im zweiten Bock sahen, und Er hat das Gericht Gottes darüber getragen. Das geschah, als Er, der in Seinem Leben auf Erden hatte sagen können: „Ich aber wusste, dass du mich allezeit erhörst“ – weil Er auch sagen konnte: „… weil ich allezeit das ihm Wohlgefällige tue“, und der gewusst hatte: „… ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir“ (Joh 11,42; 8,29; 16,32) – das geschah, als dieser Eine rufen musste: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46; Mk 15,34). Das zeigt, was Sein Werk da bedeutete. Gott liebt den Sünder, aber Er hasst Sünde. Und als der Herr Jesus meine Sünden auf Sich nahm und für mich zur Sünde gemacht wurde, da konnte Gott keine Gemeinschaft mit Ihm haben und auch nicht mit Wohlgefallen auf Ihn niederblicken. Als meine Sünden und die Sünden aller, die den Herrn Jesus annehmen würden, auf den Heiland gelegt wurden und Er zur Sünde gemacht wurde, musste Ihn das Gericht Gottes treffen, und Er musste Ihn allein lassen. Das sehen wir im Bild des Sündopfers. Der Leib des Sündopfers musste außerhalb des Lagers verbrannt werden und durfte nicht auf den Altar kommen, denn es war kein lieblicher Geruch für Gott. Hier aber in 2. Mose 29 sehen wir – wie auch schon in 1. Mose 8 –, dass doch ein Opfer auf dem Altar gebracht wurde und dass es für Gott zum lieblichen Geruch war. Und wir sehen: Das war für Gott so kostbar, dass Er auf Grund dieses Opfers in der Mitte des Volkes Israel wohnen und es zu Seinem Volk erklären konnte.
Wenn wir darüber nachdenken, verstehen wir gut, warum es so war. Welche Ergebnisse hätte das Werk des Herrn Jesus für uns gehabt, wenn Er nur das Gericht über unsere Sünden und über unseren Zustand getragen hätte? Wenn ich „nur“ sage, dann meine ich damit nicht, dass das etwas Geringes gewesen wäre. Wenn ein Sünder sich selbst im Licht Gottes sieht und sich dessen bewusst ist, dass er als verlorener Sünder Gottes Gericht verdient hat, dann hat er nur einen Wunsch: Gott möge ihm seine Sünden vergeben. Weiter gehen seine Gedanken nicht. Er möchte nur das eine: der Hölle entgehen. Er kommt zu Gott, bekennt seine Sünden und bittet um Gnade. Er bittet: Oh Gott, vergib mir meine Sünden, damit ich nicht in die Hölle komme! – Das ist es, was das Sündopfer darstellt: Es gibt jetzt aufgrund des Werkes des Herrn Jesus kein Gericht mehr für uns über die Sünden. Aufgrund des Sündopfers kann Gott unsere Sünden vergeben und braucht kein Gericht mehr über uns auszuüben – und will es auch nicht, denn der Herr hat das Werk vollbracht. Gottes Gerechtigkeit ist völlig befriedigt im Hinblick auf unsere Sünden, d. h., im Hinblick auf die Sünden aller derer, die im Glauben an den Herrn Jesus zu Gott kommen; derer, die – im Bild gesprochen – ihre Hand auf den Herrn Jesus, das Sündopfer, legen und so Gott nahen, einsgemacht mit dem Herrn Jesus.
Aber wenn das das gesamte Werk des Herrn Jesus wäre – was wären dann die Ergebnisse für uns? Zwar würden wir nie in die Hölle kommen, wir würden nicht von Gott gerichtet werden. Aber das wäre alles, und das bedeutete, dass wir weiter so als Menschen hier auf dieser Erde leben würden, wie jetzt. Vielleicht würden wir nicht sterben. Aber wäre das ein Segen, wenn wir immer auf dieser Erde und unter diesen Umständen leben müssten? Oder vielleicht würden wir aufhören zu bestehen, wenn wir sterben. Wäre das ein Segen?
In Gottes Wort lesen wir dagegen, dass wir, die wir Frieden mit Gott gefunden haben, indem wir im Glauben das Werk des Herrn Jesus annahmen, noch viele andere Segnungen hinzubekommen haben. Wir erfahren in Gottes Wort, dass uns nicht nur die Sünden vergeben sind, sondern dass wir auch Kinder Gottes wurden und ein neues Leben empfangen haben. Dieses neue Leben wird das „ewige Leben“ genannt, und es ist, wie Gottes Wort uns lehrt, das Leben des Herrn Jesus Selbst, denn Er ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben (1. Joh 5,20c). Kolosser 3,4 sagt uns ausdrücklich, dass Christus unser Leben ist. In Epheser 1,3 erfahren wir weiter, dass wir gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus. Der Herr Jesus nennt uns in Johannes 20 Seine Brüder und sagt: „Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater …“ (Joh 20,17). Und in Johannes 14 sagt Er, Er werde zurückgehen in das Haus Seines Vaters. Das ist das Haus, wo Er ewig gewohnt hatte. Der Vater ist ja der ewige Vater und der Sohn der ewige Sohn. Das Vaterhaus ist also nicht der erschaffene Himmel, sondern der nicht geschaffene, ewige Himmel. Und dahin ging Er zurück, dahin, wo niemals ein Geschöpf gewesen ist – denn die Geschöpfe sind in der Schöpfung zu Hause. Und dann sagt Er weiter:,,… ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten“ (Joh 14,2). Er sagt also mit anderen Worten: Ich gehe dahin zurück, wo ich immer gewesen bin, in diesen Himmel, der durch die Liebe des Vaters zu Seinem Sohn und von der Liebe des Sohnes zu Seinem Vater erfüllt ist. Und dahin gehe ich, um euch einen Platz zu bereiten, und wenn ich das getan habe, komme ich wieder, um auch euch dorthin zu bringen – dorthin, wo bisher kein Geschöpf, kein Engel jemals gewesen ist, wo nur der Vater und der Sohn und der Heilige Geist in Ewigkeit wohnten. Da werden wir eingeführt werden, um dort alles zu genießen, was Sein Teil war, das Teil des Sohnes, und alles zu genießen, was das Teil des Vaters war, wie wir es im Prinzip in 1. Johannes 1,3 finden: Wir haben Gemeinschaft – und das bedeutet dort, dass wir gemeinsam an etwas teilhaben – mit dem Vater und mit Seinem Sohn. Wir sehen also, dass das, was der Herr uns erworben hat, weit mehr ist als nur dass das Gericht von uns genommen ist und wir nicht in die Hölle geworfen werden.
Dann verstehen wir, dass dafür, dass Gott uns das alles geben kann, ein gerechter Grund vorhanden sein muss. Dieser Grund wird uns in Gottes Wort ganz klar dargestellt. Es ist das, was der Herr Jesus am Kreuz getan hat – und dabei ist nicht nur wichtig, was Er getan hat, sondern auch, wie Er es getan hat.
In Psalm 69,5 lesen wir, dass Er ausruft: „… was ich nicht geraubt habe, muss ich dann erstatten“. Der Herr Jesus hat es getan. Wir hatten die Ehre Gottes geraubt, wie wir in 1. Mo 3 sahen; wir hatten Gott zu einem Lügner gemacht, geleugnet, dass Er Liebe ist, alle Seine herrlichen Eigenschaften geleugnet. Aber der Herr Jesus hat Gott die Ehre wiedergegeben, Er hat Gott verherrlicht. Er hat es auf eine solche Weise getan, dass Gott weit mehr empfing, als wir geraubt hatten, und Gott weit mehr verherrlicht wurde, als wir Ihn verunehrt hatten. Der Herr hat, wenn ich so sagen darf, viel mehr zurückbezahlt, als Gottes Gerechtigkeit von den Menschen forderte.
Das ist es, was uns im Brandopfer dargestellt wird. Wie schon gesagt, konnte Gott auf den Herrn Jesus, insofern Er das Sündopfer war, nicht mit Wohlgefallen niederschauen. Da verbarg Gott Sein Angesicht vor Ihm, und der Herr rief: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und doch hat Gott niemals mit mehr Wohlgefallen auf den Herrn Jesus geblickt als gerade in diesem Moment, als der Herr rufen musste: „… meine Ungerechtigkeiten haben mich erreicht … zahlreicher sind sie als die Haare meines Hauptes …“ (Ps 40,13) und „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Ps 22,2)! Denn gerade in diesem Augenblick hat der Herr Jesus Gott verherrlicht. Warum hing der Herr Jesus am Kreuz? Ja, es ist wahr, und es ist ein wunderbarer Gedanke, dass Er dort hing, weil Er mich liebte. Er ist der Sohn Gottes, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat (Gal 2,20b). Wunderbarer Gedanke für mein Herz, dass Er aus Liebe zu mir ans Kreuz ging, um dort das Gericht über meine Sünden zu tragen!
Die andere Seite dagegen sehen wir in Hebräer 10, wo Er zu Gott spricht: „… ich komme … um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,7). Johannes 3,16 sagt: „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab …“ Und der Sohn kam freiwillig, um den Willen Gottes zu tun; Er war, wie Philipper 2 uns sagt, als Mensch hier auf der Erde „gehorsam … bis zum Tod, ja, zum Tod am Kreuz“ (V.8). Welch ein Gehorsam war das! Und sehen wir den Herrn Jesus in Seinem Leben als Mensch hier auf Erden, dann finden wir, dass Er immer tat, was Gott gefiel. Er war der einzige gehorsame Mensch. Er verherrlichte Gott in allem so vollkommen, dass Gott sowohl am Anfang Seines Dienstes – bei der Taufe – als auch drei Jahre später auf dem Berg der Verklärung am Ende des Dienstes sagen konnte: In Ihm habe ich all mein Wohlgefallen gefunden.
Und dann sagte Gott Ihm: Jetzt musst du ans Kreuz gehen, jetzt musst du die Sünden aller, die errettet werden sollen, auf dich nehmen. Jetzt will ich dich zur Sünde machen und dann richten. – Können wir verstehen, wie schrecklich das für den Herrn als wahrhaftigen Menschen war? Da musste Er, der die Sünde nicht kannte, zur Sünde gemacht werden, als ob Er die Quelle all der Sünden sei, die wir getan haben. Da legte Gott unsere Sünden auf Ihn, als ob Er sie getan hätte. Er, der ohne Sünde war, der die Sünde hasste und der, wie Hebräer 9,26 uns sagt, gekommen war, um die Sünde abzuschaffen, Er musste diesen Weg gehen! Wie schrecklich war das für Ihn! Aber Er war so gehorsam, dass Er doch ging, wie hoch der Preis auch sein mochte. Er ging ans Kreuz und ließ zu, dass Gott unsere Sünden auf Ihn legte und Ihn zur Sünde machte – und Er ließ es zu, weil Er gehorsam war bis zum Tod, ja, bis zum Tod am Kreuz.
Können wir verstehen, dass Gott auf den Herrn als das Sündopfer wirklich nicht mit Wohlgefallen niederblicken konnte? Er sah dort alle die Millionen Sünden, die wir getan hatten, auf Ihm, und Er musste sie richten; der Herr wurde zur Sünde gemacht, so dass Gott Ihn zu Tode bringen musste, wie der Herr in Psalm 22,16 klagt: „… und in den Staub des Todes legst du mich“. Aber zur gleichen Zeit sah Gott mit vollkommenem Wohlgefallen auf Ihn hernieder, auf einen Menschen, der gehorsam war bis ans Ende. Eine größere Prüfung konnte es nicht geben. Er ging den Weg, und selbst wenn Er in Psalm 22 klagt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern von meiner Rettung, den Worten meines Gestöhns? Mein Gott! Ich rufe am Tag, und du antwortest nicht; und bei Nacht, und mir wird keine Ruhe“ (Ps 22,2.3), dann fährt Er doch fort: „Doch du bist heilig, der du wohnst bei den Lobgesängen Israels“. Selbst dann schreibt Er in Seinen Worten und in Seinen Taten Gott nichts Ungereimtes zu. Er verherrlichte Ihn in allen Dingen. So gehorsam war Er.
Wir verstehen, dass da Gott mit mehr Wohlgefallen auf Ihn niedersah, als Er es jemals zuvor getan hatte, denn nie hat Er einen solchen Gehorsam gesehen wie in diesem Augenblick. Und das ist eines der Dinge, die wir hier im Brandopfer sehen; diese Seite des Werkes des Herrn finden wir hier dargestellt.
Aber das ist nicht das Einzige. Ich habe gestern Johannes 13,31 angeführt, wo der Herr Jesus sagt, wenn Er über Sich Selbst in Verbindung mit dem Kreuz redet: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm. Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und sogleich wird er ihn verherrlichen“ (Joh 13,31.32). Ich habe schon im Zusammenhang mit dem Sündopfer erwähnt, was das bedeutet, um klarzumachen, wie kostbar das Blut des Herrn Jesus, das gewissermaßen auf den Versöhnungsdeckel gesprengt war, für Gott ist, und wie dadurch Gott vollkommen verherrlicht wurde. Aber in Wirklichkeit wird hier von mehr als nur dem Sündopfer gesprochen; diese Stelle weist auch auf jene Seite des Werkes des Herrn Jesus hin, die im Brandopfer dargestellt wird. Dass der Herr Jesus, als Er zur Sünde gemacht wurde und unsere Sünden trug, Gott verherrlichte, war mehr, als notwendig war, um unser Gericht zu tragen. Wenn der Herr lediglich im Gericht unsere Sünden getragen hätte, wenn Er lediglich zur Sünde gemacht worden und dann gestorben wäre, dann hätte es kein Gericht mehr für uns gegeben. Aber in dem Moment, als Er das Sündopfer war, hat Er Gott völlig offenbart. Wir sehen Ihn dort am Kreuz. Da hängt Er allein. Die ganze Welt ist gegen Ihn. Satan mit all seinen Dämonen stürmt gegen Ihn an, und unter Satans Führung hat sich die ganze Welt gegen Ihn vereinigt: die politische, die religiöse Macht (Römer und Juden) und die Welt der Weisheit und der Kultur (die Griechen). Und selbst die Welt der Materie, die Er erschaffen hatte, das Eisen und das Holz, waren Mittel in Satans Hand, um Ihn zu kreuzigen und Ihn zu quälen. So war die ganze Schöpfung gegen Ihn. Und in diesem Augenblick verließ Gott Ihn – in diesem Augenblick, als die Erde sagte: Geh dahin zurück, woher du gekommen bist! Wir wollen dich nicht auf dieser Erde! – Als der Herr auf Erden lebte, hatte Er gesagt: „… der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege“ (Lk 9,58), aber in diesem Augenblick wollte man Ihm nicht einmal einen Platz geben, wo Er Seinen Fuß hinsetzen konnte. Und gleichzeitig schloss sich der Himmel für Ihn. So hing der Herr dort zwischen Himmel und Erde. Er war, wie Er Selbst angekündigt hatte, erhöht von dieser Erde. Die gesamte Schöpfung war gegen Ihn, und der Himmel wollte Ihn nicht aufnehmen. So hing der Herr dort allein, ganz allein im Weltall. Und da musste Er ganz allein die Frage der Sünde, die Frage, wie ein Mensch zu Gott kommen kann, die Frage, wie Gottes Gerechtigkeit verherrlicht werden konnte, lösen. Er musste es allein tun, und Er hat es getan.
Aber mehr noch: Als Er dort ganz allein im Weltall hing, geschlagen von Gott und verworfen durch die Schöpfung, da hat Er Gott verherrlicht wie Gott niemals verherrlicht worden war. Er hat dort bewiesen, dass die Schlange gelogen hatte, als sie sagte: Gott spricht nicht die Wahrheit, du wirst nicht sterben. Er bewies, dass Gottes Wort Wahrheit ist, denn Er starb, ja musste sterben, als Er meine Sünden trug. Er bewies, wie gerecht Gott ist, denn dasselbe Gericht, das mich hätte treffen sollen, traf Ihn. Er bewies, wie heilig Gott ist, denn Er musste rufen: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Er bewies, dass Gott Liebe ist – ein Gott, der Seinen eingeborenen Sohn gibt, um verlorene Sünder zu retten. „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist“ (Röm 5,8).
Das alles tat der Herr Jesus am Kreuz, und Er tat es in dem Augenblick, als Er rufen musste: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Wir fühlen: Das ist unendlich viel mehr, als notwendig war im Hinblick auf unsere Sünde. Es ist mehr, als nötig war, um die Gerechtigkeit bezüglich unserer Sünden zufriedenzustellen. Er hat Gott so verherrlicht, wie Gott niemals verherrlicht worden war und wie Er auch niemals mehr verherrlicht werden wird. Ja, Er hat gerade die Sünde zum Anlass genommen – dieses schreckliche Etwas, das Gott so hasst, wodurch Gott so entehrt wird –, um Gott zu verherrlichen. Wenn es die Sünde nie gegeben und der Herr Jesus das Werk nicht vollbracht hätte, wäre niemals ans Licht gekommen, wie wahrhaftig das Wort Gottes ist, wie gerecht, wie heilig Gott ist, wie Gott Liebe ist. Wenn keine Sünde gewesen wäre, dann hätte Gott niemals die Größe Seiner Liebe so beweisen können wie jetzt, da Er für Sünder, für gottlose Menschen, für Seine Feinde Seinen eingeborenen Sohn gab, um sie zu retten. Und das alles hat der Mensch Christus Jesus am Kreuz offenbart. Darum sagt der Herr Jesus in Johannes 13,31: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in ihm“.
Das ist es, was wir im Brandopfer dargestellt finden: Das, was der Herr Jesus mehr bezahlt hat, als wir Gott geraubt hatten, das (wenn ich so sagen darf), was Gott mehr empfangen hat, als Er von den Menschen forderte. Können wir verstehen, dass Gott mit Wohlgefallen auf Ihn herniedersah? Niemals hat Gott so mit Wohlgefallen auf Ihn niedergeschaut wie in diesem Augenblick, als Er Sein Angesicht vor Ihm verbergen und der Herr Jesus rufen musste: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Konnte Gottes Gerechtigkeit den Menschen, der Ihn so verherrlicht hatte, im Tod lassen, nachdem Er das Werk vollbracht hatte? Nein, das war unmöglich. Dieselbe Gerechtigkeit, die, als der Herr Jesus dort am Kreuz meine Sünden auf Sich nahm und für mich zur Sünde gemacht wurde, forderte, dass Er unter dem Gericht Gottes sterben musste – dieselbe Gerechtigkeit forderte, dass Gott Ihn auferweckte aus den Toten und Ihm einen Lohn gab, der dessen würdig war, was dieser eine Mensch getan hatte. Kann Gott etwas empfangen und keine Antwort darauf geben? Dann wäre Er nicht Gott!
Gottes Gerechtigkeit weckte den Herrn aus den Toten auf und gab Ihm einen Platz zu Seiner Rechten: „Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße“ (Ps 110,1; s. a. Mt 22,44)! Der Herr Jesus hatte auch gesagt: „Wenn Gott verherrlicht ist in ihm, wird auch Gott ihn verherrlichen in sich selbst, und sogleich wird er ihn verherrlichen“ (Joh 13,32). Gott hat es getan, und das ist der Grund dafür, dass wir all die Segnungen empfangen können. Der Herr Jesus hat Gott verherrlicht, nicht ich. Er hat Gott offenbart, nicht wir. Aber der Herr Jesus hat es getan in jenen Stunden, als Er Sich mit mir in meinen Sünden einsmachte, als Er meine Sünden im Gericht trug und für mich starb; als mein Stellvertreter hat Er dieses Werk vollbracht. Und so rechnete Gott mir zu, was der Herr Jesus getan hat. Wie gesagt, Gott hat Ihn auferweckt aus den Toten, und der Epheserbrief zieht die Schlussfolgerung: Wir sind mit Ihm auferweckt. Gott hat Ihn zu Seiner Rechten gesetzt, und wir sind in Ihm versetzt in die himmlischen Örter (Eph 2). Gott hat alles unter Seine Füße gelegt, und wir werden nach Eph 1,10–13 mit Ihm im Weltall herrschen. Der Herr Jesus Selbst sagt uns, dass Sein Vater jetzt unser Vater geworden ist. Das sind die wunderbaren Ergebnisse Seines Werkes, wie es uns hier im Brandopfer dargestellt wird.
Diese wunderbaren Dinge lesen wir gerade im Johannes-Evangelium, wo wir den Herrn Jesus als das Brandopfer sehen. In den ersten drei Evangelien wird Er uns anders vorgestellt. Im Evangelium nach Matthäus z. B. sehen wir Ihn als das Schuldopfer, „der selbst unsere Sünden getragen hat“, und bei Markus ist Er das Sündopfer, das für uns zur Sünde gemacht wurde. Deshalb ruft Er in diesen Evangelien am Kreuz aus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Im Johannes-Evangelium lesen wir das nicht. Da ist Er ja das Brandopfer; da offenbart und verherrlicht Er in Seinem ganzen Leben, in allem Gott. Johannes 1,18 sagt es uns: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist, der hat ihn kundgemacht“. Und Er hat es besonders am Kreuz getan, denn da hat Er Gottes Liebe vollkommen bewiesen. Und was ist das Ergebnis? Wir sehen es in Johannes 17,4, wo der Herr Jesus sagt: „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe ich vollbracht, das du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte.“. Das war nicht nur das Werk am Kreuz! Es war die ganze Offenbarung Gottes hier auf Erden als der Gott, der Licht ist, als der Gott, der Liebe ist. Aber die höchste und klarste Offenbarung Gottes sehen wir am Kreuz.
Der Herr Jesus fährt in Johannes 17 nach Vers 4 fort: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (V. 5). Hier bittet der Herr also als Mensch um dieselbe Herrlichkeit, die Er als der ewige Sohn von aller Ewigkeit her besaß. Er hatte diese Herrlichkeit nicht verloren. Ja, es ist wahr, was Philipper 2 uns sagt, dass Er Sich Selbst zu nichts machte, oder wörtlich: entleerte. Er hatte Seine äußere Herrlichkeit abgelegt. Er, der der ewige Gott war, kam als Mensch hier auf die Erde, als ein Mensch wie wir, ausgenommen die Sünde (vgl. Heb 4,15). Darum konnte man äußerlich Seine Herrlichkeit nicht sehen. Er wurde nicht in einem Palast geboren, ja, es gab für Ihn nicht einmal einen Raum in der Herberge. Er hatte keinen Strahlenkranz um Sein Haupt, wie man es manchmal auf Gemälden sieht. Nein, Er war äußerlich ein einfacher Mann. Als die Juden mit Ihm sprachen, sagten sie: Du bist noch nicht fünfzig Jahre alt – als der Herr ungefähr dreißig Jahre war! Sie schätzten Ihn also viel älter als Er war. Daran sieht man, dass Er kein besonderes Äußeres besaß.
Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass Er der ewige Gott war und nie aufhören konnte, Gott zu sein. Kann Gott aufhören, Gott zu sein? Kann Gott aufhören, göttliche Macht zu haben? Und konnte der Herr aufhören, die moralische Herrlichkeit Gottes zu besitzen? Unmöglich! Er war auch als Er auf Erden war der „eingeborene Sohn, der im Schoß des Vaters ist“ (nicht: war), wie Johannes 1,18 sagt. Und als Er mit Nikodemus sprach – in jener Nacht war Er ja in Jerusalem –, da sagte Er ihm von dem „Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh 3,13), nicht: der im Himmel war. In denselben Augenblicken, als Er mit Nikodemus in Jerusalem sprach, war Er im Himmel und hätte Nikodemus erzählen können, was Er in demselben Augenblick im Himmel sah und hörte – Er hat es nicht getan, aber Er sagte, dass Er es tun kann: „Wir reden, was wir wissen, und bezeugen, was wir gesehen haben“. Er war der ewige Gott. In Hebräer 1 wird uns gesagt, dass Er alle Dinge trägt. Auch, als Er als Mensch auf Erden war, auch, als Er ein Baby in der Wiege war, auch, als Er am Kreuz für unsere Sünden starb, trug er das Weltall, alle Dinge, durch das Wort Seiner Macht.
Hier in Johannes 17 aber bittet der Herr Jesus um ein Zweites. Er war der ewige Sohn, der Gegenstand aller Wonne und Liebe des Vaters und der Schöpfer der Himmel und der Erde. Alles gehörte Ihm, wie wir es im Bild in 1. Mose 24 dargestellt sehen, wo der Knecht sagt, dass Abraham dem Isaak alles gegeben habe, was ihm gehörte. Und so lesen wir es auch in Johannes 13: „Jesus, wissend, dass der Vater ihm alles in die Hände gegeben hatte …“ (Joh 13,3). – Aber jetzt in Johannes 17 bittet der Herr Jesus den Vater, Ihm diese Herrlichkeit noch einmal zu geben. Als der ewige Sohn Gottes besaß Er alle Dinge und konnte jeden Augenblick in das Haus des Vaters gehen. Ja, wir können wahrscheinlich nicht einmal sagen, dass Er als der ewige Sohn das Vaterhaus jemals verlassen hat. Zwar kam Er auf die Erde, aber wir können nicht sagen, dass Er als Sohn den Himmel verließ. Er hat den Himmel nie verlassen, weil Er Gott war und überall zur gleichen Zeit sein konnte (Joh 3,13).
Als der Mensch Christus Jesus aber, der das Werk vollbracht hat in Seinem Leben auf Erden und in Seinem Sterben, worin Er Gott offenbarte und so unendlich verherrlichte, als dieser Mensch bittet Er Gott: „Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war“ (Joh 17,5). Wunderbare Tatsache! Er hatte die Herrlichkeit doch! Oh ja, Er hatte sie, aber jetzt empfing Er sie ein zweites Mal, und zwar als Mensch zur Belohnung für Sein Werk. Und warum bittet der Herr darum? War es nicht genug für Ihn, dass Er sie in Sich Selbst hatte? Ja, für Ihn Selbst war es schon genug; wenn wir aber dies Kapitel weiterlesen, dann sehen wir, warum der Herr als Mensch darum bat. In Vers 22 sagt Er: „Und die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit sie eins seien, wie wir eins sind“.
Hier haben wir die Erklärung. Dieselbe Herrlichkeit, die Er als der ewige Sohn Gottes von Ewigkeit hatte, hat Er jetzt als Mensch empfangen zum Lohn für Sein Werk, durch das Er Gott so verherrlicht hat. Und diese Herrlichkeit wollte Er Menschen geben – allen Menschen, die Ihn in der Zeit seiner Verwerfung annehmen würden und deren Sünde Er an Seinem Leib auf dem Holz trug. Sie sollten mit Ihm Sein Teil empfangen, und das heißt: sie sollten mit Ihm in das Haus des Vaters eingehen, dorthin, wo niemals ein Geschöpf gewesen war. Das ist nicht nur der Himmel; das ist das Vaterhaus, das durch die Liebe des Vaters zu Seinem Sohn und des Sohnes zum Vater gekennzeichnet ist. Dort können wir nur als Kinder hineingehen. Nachdem der Herr das Werk am Kreuz vollbracht hatte, sagte Er zu Maria: „Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und zu meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17). Er, der ewige Sohn Gottes, sagt, dass die Seinen, die durch Ihn erlöst wurden, jetzt Seine Brüder sind und dass Sein Vater ihr Vater geworden ist. Und in Johannes 14 sagt Er, dass Er ins Haus des Vaters gehen würde, und weiter: „In dem Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, hätte ich es euch gesagt; denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit, wo ich bin, auch ihr seiet“ (Joh 14,2.3).
Diese wunderbare Tatsache entspricht Gottes Plänen. In Römer 8,29 lesen wir, dass Gott uns zuvorbestimmt hat, dem Bild Seines Sohnes gleichförmig zu sein, „damit er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“. Und hier in Johannes 17 sehen wir, auf welche Weise dieser Plan Gottes erfüllt wurde: der Herr Jesus vollbrachte das Werk am Kreuz, durch das Er erst alle die Hindernisse hinwegnahm, die Gott hinderten, Seinen Plan auszuführen. Gott konnte keine Sünder in das Vaterhaus aufnehmen, in das niemals Sünde hineingekommen war und wo alles von Seinem Licht, von Seiner Liebe spricht. Und außerdem: Wie könnte ein sündiger Mensch da jemals glücklich sein? Angenommen, es käme jemand, der nicht wiedergeboren ist, in den Himmel, wo alles Licht ist und wo keine Sünde sein kann, wo nur getan wird, was wohlgefällig vor Gott ist, wo es sogar unmöglich ist zu sündigen – was würde das für einen Menschen bedeuten, von dem Gott sagt ‚ dass „alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag“ ist (1. Mo 6,5)? Er könnte dort nichts tun, was er zu tun verlangte, und nichts denken, was sein Herz denken möchte. Es wäre für ihn der Ort, an dem er am aller unglücklichsten sein müsste. Wenn es möglich wäre, dass ein nicht wiedergeborener Mensch in den Himmel käme, dann würde der Himmel für ihn eine Hölle werden, denn alles wäre gegen ihn. Er hätte dort niemals einen Augenblick Freude.
Gott kann also keinen Menschen ohne weiteres in den Himmel aufnehmen. Erst müssen dazu einem Menschen die Sünden genommen sein, damit es für ihn kein Gericht mehr gibt. Dann muss seine sündige Natur gerichtet sein, und Gott muss ihm eine neue Natur geben – eine Natur, die nicht sündigt und die passend für das Vaterhaus ist, eine Natur, die himmlische Dinge aufnehmen und genießen kann und die ihre Freude an dem findet, woran Gott Freude hat. Das Erste, was der Herr Jesus getan hat, ist dies: Er hat unsere Sünden im Gericht getragen, wurde für uns zur Sünde gemacht und ist für uns gestorben; dadurch wurde unsere alte Natur im Gericht hinweggetan. Dann hat Gott uns in der neuen Geburt das neue Leben gegeben. Und aufgrund Seines Werkes, durch das der Herr die wunderbaren Dinge empfing, die wir in Johannes 17 sahen und die Er als Gott, der Sohn, von Ewigkeit her besessen hatte, kann Er alle diese Dinge mit denen teilen, die der Vater Ihm gegeben hat. Auf diese Weise wird der Plan Gottes erfüllt: Er konnte jetzt sündige, gefallene Menschen aus dem Zustand des Elends retten, indem sie waren; Er brauchte sie nicht in die Hölle zu werfen, wohin zu kommen sie verdient hatten, sondern Er konnte sie in den Himmel aufnehmen; nicht nur in den Himmel, in dem die Engel sind, sondern Er konnte ihnen einen Platz über den Engeln geben, den höchsten und herrlichsten Platz, den es gibt.
Was war der höchste Platz, den der Allmächtige geben konnte? War es nicht der Platz, den Sein geliebter Sohn einnahm? Was war die höchste Segnung, die Er einem Menschen schenken konnte? War es nicht dieses: Ihn mit Sich Selbst in Verbindung zu bringen, dorthin, wo Er Selbst wohnt? Und was war der höchste Genuss, den der allmächtige Gott einem Menschen schenken konnte? War es nicht Sein eigener Genuss? Und Er hat das alles gegeben! Er hat Menschen in Seine Herrlichkeit, in die Herrlichkeit des Vaterhauses, aufgenommen. Er hat ihnen das Teil gegeben, das das Teil Seines Sohnes und Sein Teil war. „Dies aber ist das ewige Leben“, sagt der Herr Jesus in Johannes 17,3, „dass sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen“. Was war die Freude des Vaters in Ewigkeit? „An dir“ – dem Sohn – „habe ich Wohlgefallen gefunden“. Nun, Er hat uns den Sohn gegeben, und Er hat uns ein Leben gegeben, das fähig ist, den Sohn zu erkennen und Seine Herrlichkeit zu genießen – jetzt schon auf Erden, aber vor allem im Vaterhaus. Und was war die Freude des Sohnes? Er war im Schoß des Vaters, am Herzen des Vaters und genoss dort Seine ganze Liebe und Herrlichkeit. Nun, das ist unser Teil geworden. „Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich, den allein wahren Gott … erkennen“ (Joh 17,3). So sind wir gesegnet mit allen geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern (s. Eph 1,3). Gott kann es in Gerechtigkeit tun. Er kann niemals etwas tun, ohne einen gerechten Grund zu haben, denn Er ist der gerechte Gott. Und für Gott ist es möglich, das zu tun, weil der Herr Jesus am Kreuz dieses wunderbare Werk vollbracht hat. Gerade in den Stunden, in denen Er unsere Sünden trug und von Gott geschlagen und verlassen wurde, hat Er Gott so verherrlicht, dass Gott gerecht war, als Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihm als Lohn für Sein Werk dieselbe Herrlichkeit gab, die Er als Gott, der Sohn, von Ewigkeit her besaß. Und er hat Gott so verherrlicht, dass Gott gerecht ist, wenn Er diese Herrlichkeit auch denen gibt, für die der Herr als ihr Stellvertreter das Werk am Kreuz vollbracht hat.
Das ist die Seite des Werkes des Herrn Jesus, die wir im Brandopfer dargestellt finden. Wenn wir das richtig verstehen, dann begreifen wir auch, was wir in 2. Mose 29 gelesen haben. Gott sagt dort, dass die Kinder Israel jeden Tag morgens und abends Lämmer schlachten und sie auf dem Altar verbrennen mussten „zum lieblichen Geruch“, und dass Er aufgrund dieses beständigen Opfers in ihrer Mitte wohnen konnte. Aber war Israel denn nicht ein sündiges Volk? Sehen wir, wenn wir die Geschichte dieses Volkes lesen, nicht, wie aufrührerisch es war? Von dem Augenblick an, da Gott die Israeliten aus Ägypten erlöst hatte, murrten sie. In Kapitel 14 des 2. Buches Mose sind sie durch das Rote Meer gegangen. In Kapitel 15 singen sie: „Du hast uns erlöst“, am Ende des Kapitels aber murren sie. In Kapitel 16 murren sie, weil sie nichts zu essen, in Kapitel 17, weil sie nichts zu trinken haben. Und so geht es weiter. In 4. Mose 10 sehen wir, dass die Israeliten von dem Berg, an dem Gott sie zu Seinem Volk erklärt hat, aufbrechen. In Kapitel 11 murren sie. Im folgenden Kapitel murren Mirjam und Aaron gegen Mose. In Kapitel 13 will Gott die Kinder Israel in das Land einführen, aber sie wollen nicht. In Kapitel 14 sagt Er deshalb, sie sollen nicht ins Land gehen; da wollen sie hineingehen. Kapitel 16 bringt den Aufruhr von Dathan, Korah und Abiram. Und so geht es weiter während der ganzen Reise: immerzu Sünde, immerzu Murren gegen Gott. Hebräer 3 sagt uns deshalb im letzten Vers: Sie konnten nicht ins Land eingehen wegen des Unglaubens. So musste Gott sie in der Wüste richten.
Wie konnte Gott in der Mitte eines solchen Volkes wohnen? Er konnte es nur, weil Er das Werk dieses einen Menschen sah! Nein, der Herr war damals noch nicht auf Erden, aber Gott sah schon das Kreuz. Das finden wir auch in Römer 3, wo gesagt wird, dass Gott mit den Sünden der Gläubigen des Alten Testaments Nachsicht haben (genauer: sie „vorbeilassen“) konnte, weil Er das Werk des Herrn Jesus, das einmal geschehen würde, sah: „zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes“ (Röm 3,25.26). Hier sehen wir warum Gott in der Mitte Seines Volkes wohnen kann. Und hier haben wir auch den Schlüssel zu einer Tatsache, die jeden Gläubigen, wenn er auf sich selbst sieht, mit Bewunderung erfüllt – und je älter er wird, desto mehr –: Ich meine die Tatsache, dass Gott uns immer erträgt und dass Er uns nicht schon lange beiseite gesetzt und verworfen hat. Gibt es einen einzigen Gläubigen – ich meine jetzt jemanden, der die Gnade Gottes kennengelernt hat, indem er sah, dass Gott Seinen eingeborenen Sohn für ihn gab, und der darum weiß, dass seine Sünden vergeben sind –, gibt es einen solchen Gläubigen, der mit sich selbst zufrieden ist und sagen kann: „Mein Leben ist mit der Gnade, die Gott mir bewiesen hat, in Übereinstimmung gewesen. Er hat mir viel Gnade bewiesen, und von dem Augenblick an ist mein Leben ganz Ihm geweiht gewesen“? Wenn jemand das sagte, dann würde er lügen. Wir wissen es besser. Ich weiß es, denn ich kenne mein eigenes Leben und mein eigenes Herz. Jeder, der aufrichtig ist, wird sagen: „Ich habe mich gegenüber der Liebe und Gnade des Herrn schändlich betragen.“ Muss nicht jeder Gläubige, wenn er abends den vergangenen Tag überdenkt und sich fragt: „Wie viel in meinem Leben war heute dem Herrn geweiht? Wie viel habe ich für Ihn getan und wie viel für mich selbst?“ – muss nicht jeder Gläubige sich dann schämen, dass er so wenig für den Herrn getan hat, dass er so viel mit sich selbst und seinen eigenen Interessen beschäftigt war und dass sein Herz der wunderbaren Liebe des Vaters gegenüber so kalt gewesen ist? Warum setzt Gott uns nicht beiseite? Warum hat der Herr Jesus uns nicht schon lange verworfen? Seit fünfundvierzig Jahren weiß ich, dass meine Sünden vergeben sind, und seit dreiundvierzig Jahren habe ich wirklich Frieden mit Gott – und wie oft habe ich mich vor dem Herrn demütigen müssen! Mit keinem Menschen hätte ich so viel Geduld gehabt wie der Herr mit mir hatte und hat. Warum hat Er mich nicht beiseite gesetzt? Warum hat Er nicht gesagt: „Ich habe so viel für diesen Menschen getan, und das ist nun seine Antwort! Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben!“?
Im Brandopfer sehen wir die Antwort. Der Vater setzt mich nicht beiseite, weil Er, wenn Er auf mich blickt, den Herrn Jesus sieht. Ich bin, wie Epheser 1,6 sagt, „begnadigt“ oder, wie in der Fußnote der Elberfelder Übersetzung steht, „angenehm gemacht … in dem Geliebten“, ich bin „versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kol 1,13). Wenn der Vater mich sieht, sieht Er den Herrn Jesus. Ich bin bekleidet mit Ihm. Wir werden, wenn der Herr will, im folgenden Vortrag sehen, dass einer, der ein Brandopfer brachte, dem Opfertier die Haut abziehen musste. Und diese Haut empfing der Priester, der das Werk verrichtete, sodass er sich mit der Haut bekleiden konnte. Jeder, der ihn sah, sah die Vortrefflichkeit des Opfers. So hat Gott in 1. Mose 3 nach dem Sündenfall Adam und Eva mit den Häuten von Tieren bekleidet, die nicht gesündigt hatten, aber starben, damit Adam und Eva bekleidet würden, sodass Gott, wenn Er sie sah, diese schuldlosen Tiere sah. Und so sind wir, die wir den Herrn Jesus als unseren Heiland angenommen haben und so an Ihm und Seinem Werk teilhaben, mit Ihm bekleidet, „angenehm gemacht in dem Geliebten“. Wie schon gesagt: Wenn Gott mich sieht, sieht Er den Herrn Jesus. Er sieht all Seine Vortrefflichkeit, sieht mich als den Gegenstand der Liebe des Herrn Jesus. Darum kann Gott alles von mir ertragen. Er kann Sünde nicht gutheißen, und wenn es Sünde in meinem Leben gibt, dann wird der Vater so lange wirken, bis sie weggetan ist. Er kann keine Gemeinschaft mit mir haben, solange ich die Sünde nicht gerichtet habe. Aber Er erträgt mich, ist mit mir beschäftigt, um mich so weit zu bringen, dass ich sie richte – und das alles, weil Er in mir immer den Herrn Jesus sieht, der Ihn so verherrlicht hat.
Und so können wir verstehen, dass Gott durch das Brandopfer in der Mitte Seines Volkes wohnen konnte. In 4. Mose 23 und 24 lesen wir, dass Bileam sagt: Gott „erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob“, und schon ein Kapitel später erfahren wir, dass dieses Volk in Hurerei und Götzendienst lebte. Und doch spricht Bileam durch den Geist Gottes: Gott sieht die Ungerechtigkeiten Jakobs nicht an! Warum nicht? Weil das Brandopfer da war. „Und dies ist es, was du auf dem Altar opfern sollst: zwei einjährige Lämmer an jedem Tag beständig. Das eine Lamm sollst du am Morgen opfern, und das zweite Lamm sollst du opfern zwischen den zwei Abenden“ (2. Mo 29,38f.). In 3. Mose 6 werden wir lesen, dass das Feuer auf dem Brandopferaltar niemals erlöschen durfte, sodass Tag und Nacht der liebliche Geruch dieses Opfers zu Gott aufstieg. Dieses Opfer erinnerte Gott immer an das wunderbare Werk, das der Herr am Kreuz vollbringen würde und durch das Er so verherrlicht werden würde – und zwar verherrlicht durch einen Menschen, den Menschen Christus Jesus, „der sich selbst gab“, wie 1. Timotheus 2,5 und 6 sagt. Das ist der Grund, warum Gott in der Mitte des Volkes wohnen konnte, ohne es zu richten, ja mehr noch: es segnen und zu ihm sprechen konnte. Wir haben gelesen: „Das eine Lamm sollst du am Morgen opfern, und das zweite Lamm sollst du opfern zwischen den zwei Abenden … Ein beständiges Brandopfer bei euren Geschlechtern am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor dem HERRN, wo ich mit euch zusammenkommen werde, um dort mit dir zu reden. Und ich werde dort mit den Kindern Israel zusammenkommen, und es wird geheiligt werden durch meine Herrlichkeit. Und ich werde das Zelt der Zusammenkunft und den Altar heiligen; und Aaron und seine Söhne werde ich heiligen, dass sie mir den Priesterdienst ausüben. Und ich werde in der Mitte der Kinder Israel wohnen und werde ihr Gott sein. Und sie werden wissen, dass ich der HERR bin, ihr Gott, der ich sie aus dem Land Ägypten herausgeführt habe, um in ihrer Mitte zu wohnen; ich bin der HERR, ihr Gott“ (2. Mo 29,41–46).
Welch eine wunderbare Tatsache! Wir sehen, dass das Volk ein sündiges Volk ist. Zwar war das Lamm geschlachtet (2. Mo 12) und sein Blut an die Pfosten gestrichen worden. Die Israeliten sind in 2. Mose 29 sicher vor dem Gericht und erlöst aus Ägypten. Aber ist das alles? Kann Gott, wenn Er jemandem die Sünden vergeben hat, dessen weitere Sünden ertragen? Kann Gott seine Untreue, seine Undankbarkeit, seine Abweichungen vergeben? Hier haben wir die Antwort. Gott wird immer an das wunderbare Werk, das der Herr Jesus am Kreuz vollbracht hat, erinnert, und aus diesem Grund kann Er in der Mitte Seines Volkes wohnen. Das Brandopfer musste deswegen auch täglich gebracht werden, morgens und abends, und das Feuer auf dem Altar durfte nicht erlöschen. Der liebliche Geruch musste immer zu Gott aufsteigen. Dadurch wurde Er immer an diesen einen Menschen erinnert, der Ihn so verherrlichen würde.
Das ist auch der Grund, warum für uns die Liebe Gottes jeden Morgen neu ist und jeder von uns sich immer auf Seine Güte, auf Seine Treue und auf Seine Sorge für uns stützen kann. Jeder, der wirklich den Herrn angenommen hat, kann sicher sein, dass er bis ans Ende gelangt und dass der Augenblick kommt, wo er in die Herrlichkeit gehen wird. Wenn wir sterben müssen, bevor der Herr Jesus kommt – oder besser gesagt: wenn der Herr Jesus nicht bald kommt und wir sterben dürfen –, dann gehen wir ins Paradies, wie der Herr in Lukas 23 dem Schächer am Kreuz sagt. Paulus schreibt in Philipper 1,23: „… indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser“. Und wenn der Herr bald kommt, dann werden wir verwandelt werden. Wir erwarten, wie Philipper 3,21 sagt, den Herrn Jesus als Heiland aus dem Himmel, „der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit“. Und dann wird der Herr, wie Er selbst in Johannes 14 gesagt hat, uns ins Haus des Vaters aufnehmen. In 1. Korinther 15 und 1. Thessalonicher 4 lesen wir, dass wir verwandelt, und die Entschlafenen in Christus auferweckt werden. Zusammen werden wir Ihm entgegengerückt werden in die Luft. Er wird uns in der Luft entgegenkommen. Die Begegnung wird zwischen Himmel und Erde stattfinden. Und dann wird Er uns in das Haus des Vaters einführen, wo wir ewig als Kinder des Vaters bei Ihm sein werden. In Johannes 20 sagt der Herr zu Maria: „Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater …“ (V. 17). Als Seine Brüder wird Er uns dort einführen, wird uns zum Vater bringen, zu Seinem Vater, der jetzt aufgrund dieses wunderbaren Werkes unser Vater geworden ist. Ewig werden wir dann bei Ihm sein, in einer Herrlichkeit, wie sie niemals ein Geschöpf erlebt hat und die auch niemals ein Engel gesehen und noch viel weniger empfangen hat. Wir aber werden diese Herrlichkeit empfangen. Warum? Weil der Vater uns liebt. „Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh 3,16).
In diesem Ausdruck „ewiges Leben“ ist alles, was wir eben sahen, enthalten; denn „ewiges Leben“ bedeutet, dass dieses Leben keinen Anfang und kein Ende hat, und das trifft allein für das Leben Gottes zu. Jetzt, da der Herr Jesus unser Leben geworden ist, können wir ins Vaterhaus eingeführt werden und das Vaterhaus genießen. Der Weg, auf dem Gott das möglich gemacht hat, ist der Sohn Gottes, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat. Er ist am Kreuz für uns gestorben, um uns vom ewigen Gericht zu retten. Er nahm dort Selbst unsere Sünden auf Sich und wurde für uns zur Sünde gemacht; Er trug das Gericht über unsere Sünden und über unseren Zustand. Und gleichzeitig hat Er Gott so verherrlicht, dass Gott in Seiner Gerechtigkeit Ihm als Mensch alle die wunderbaren Segnungen gab und dass Er auch uns, für die der Herr das Werk vollbrachte, dieselbe Herrlichkeit gibt.
Wie wunderbar ist das Werk des Herrn Jesus! Je mehr wir uns damit beschäftigen, umso mehr sehen wir seine Herrlichkeit, und umso mehr sehen wir auch, wie groß die Gnade Gottes ist und wie groß die Liebe des Herrn Jesus, der ein solches Werk für uns vollbringen wollte, damit wir diese Segnungen empfangen können.