Die Versammlung des lebendigen Gottes
2. Ihre Gaben und ihr Dienst
Wir haben bereits gesehen, dass Christus das Haupt der Versammlung ist, das alleinige Haupt, das die Schrift erlaubt, und dass Er die verschiedenen Glieder seines Leibes, die die Versammlung bilden, leitet. Jetzt kommen wir zur speziellen Betrachtung des Dienstes innerhalb der Versammlung und zwar des Dienstes der Lehre, der Predigt und der Sorge für die Seelen. Wir finden, dass dieses Werk am Anfang stand und jetzt fortgeführt werden soll – besonders mittels der Gaben, die Er, das erhöhte und verherrlichte Haupt, seiner Versammlung gegeben hat.
Aus Epheser 4,7.8.11–13 erfahren wir, dass „jedem einzelnen von uns die Gnade gegeben worden (ist), nach dem Maß der Gabe des Christus. Darum sagt er: ‚Hinaufgestiegen in die Höhe, hat er die Gefangenschaft gefangen geführt und den Menschen Gaben gegeben.‘ (…) Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi, bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Mann, zu dem Maß des vollen Wuchses der Fülle des Christus.“
Ursprung, Kanal und Ausmaß des Dienstes
Die Grundlage, auf der die Verleihung dieser Gnadengaben basiert, ist das vollbrachte Erlösungswerk, das vergossene Blut des Herrn Jesus und seine Himmelfahrt. Als der siegreich auferstandene und aufgefahrene Heiland, der die ganze Macht des Feindes gefangen geführt und Satan überwunden hat, der die Menschen gefangen hielt und der auch derjenige ist, der seine Versammlung liebt und für jedes einzelne Glied Sorge trägt, gibt Er den Menschen Gaben für die Ausführung des christlichen Dienstes. Das Ziel dieser Gaben ist die Errettung der Seelen und die Auferbauung, Befestigung, Ernährung und Vollendung seines Volkes, um sie zum vollen Wuchse der Fülle des Christus zu führen (Eph 4,13). Der Ursprung des christlichen Dienstes ist der zur Rechten Gottes erhöhte Christus, der Haupt und Quelle von allem ist. Deswegen kann es außerhalb der Anerkennung und Abhängigkeit von Christus als dem Haupt und Ausgangspunkt allen Dienstes keinen wahren Dienst in der oder durch die Versammlung geben.
Wir müssen allerdings den Unterschied zwischen Dienst, christlichem Priestertum und Anbetung beachten. Alle Christen, Männer, Frauen und Kinder, sind Priester mit Zugang zur Gegenwart Gottes und fähig, Anbetung darzubringen – Gott zu preisen und Ihm dankzusagen. Die Priesterschaft ist allumfassend und von Menschen zu Gott hin gerichtet, während der Dienst am Wort ein Handeln durch Menschen ist, das von Gott zu den Menschen ausgeht. Von unterschiedlichen Gliedern des Leibes wird ein vielfältiger Dienst ausgeübt, durch den Christus zum Nutzen aller wirkt. Es sind nur einige wenige von den Vielen, die das darstellen, was die Schrift Diener am Wort bzw. öffentliche Diener Christi nennt. Wir sprechen jetzt nicht von dem allgemeinen Sinn, in dem alle Gläubigen Christus an jedem Tag ihres Lebens dienen sollten, sondern an dieser Stelle geht es um den eigentlichen Dienst am Wort, denn es ist offensichtlich, dass nicht alle Christen die Gabe haben, das Wort Gottes zum Nutzen für die Seelen anderer zu verkünden.
Entsprechend der Schrift soll der geistliche Dienst in der Versammlung durch die Gaben ausgeführt werden, die Christus der Versammlung gegeben hat (d. h. durch solche, die Er für diesen Dienst ausgerüstet und befähigt hat). Er soll nicht durch Menschen ausgeführt werden, die diesen Dienst ausschließlich zu ihrem Beruf gewählt haben oder das Recht zu dienen beanspruchen, weil sie dafür an Akademien oder in Seminaren von Menschen ausgebildet wurden und darüber hinaus durch Menschen der jeweiligen Benennung zu diesem sogenannten Dienst ernannt worden sind. All das, was heute so gebräuchlich ist und so aussieht, als wäre es der ordnungsgemäße Weg um den Dienst in den Kirchen auszuüben, ist der Schrift völlig fremd sowie Gottes Willen entgegengesetzt. Auch entspricht es nicht dem Handeln Gottes mit seiner Versammlung und dem ihr anvertrauten Dienst, so wie wir ihn in seinem Wort offenbart finden. Wenn man die Schriften sowie die ersten Versammlungen zur Zeit der Apostel betrachtet und sie mit dem dienstlichen System in der uns heute bekannten Kirchenlandschaft vergleicht, kommt man notwendigerweise zu dem Schluss, dass Letzteres ohne schriftgemäße Grundlage und menschlichen Ursprungs ist. Dies werden wir später näher untersuchen.
Außerdem stellen wir fest, dass Epheser 4 vorstellt, dass die Gaben des Dienstes, die Christus gegeben hat, für die Vollendung der Heiligen und zur Auferbauung des Leibes des Christus sind. Wenn Gott einem die Gabe gegeben hat zu lehren, zu predigen oder einen Hirtendienst auszuüben, dann ist diese Gabe der ganzen Versammlung gegeben worden und richtet sich stets an die Heiligen Gottes, den gesamten Leib Christi und nicht nur an eine bestimmte Gruppe der Christenheit. Wir haben bereits gesehen, dass Gott in seinem Wort nur von einem Leib spricht – seiner Versammlung, die aus allen wiedergeborenen Gläubigen besteht. Das ist die Versammlung, der Er Gaben gegeben hat und der jeder wahre Diener Christi dient und die er aufzuerbauen bestrebt sein sollte. Somit sind die Gaben und wahren Diener Christi zum Nutzen der ganzen Versammlung Gottes an einem Ort, in einem Land oder sogar in der ganzen Welt gegeben worden. „Hütet die Herde Gottes die bei euch ist“, sagt Petrus in 1. Petrus 5,2. Es ist Gottes Herde, nicht die der Menschen. Sie umfasst sein ganzes Volk um uns herum.
Christus hat den Menschen nicht nur Gaben gegeben, als Er in die Höhe aufgestiegen ist, sondern Er tut dies auch jetzt noch im Himmel und ist weiterhin das Haupt der Versammlung und der Geber aller notwendigen Gaben für die Aufrechterhaltung seiner Versammlung in dieser Welt. Er gibt den Menschen immer noch Gaben, indem Er diesen oder jenen erweckt und beruft. Christus sorgt dafür, dass die Gläubigen nach dem Bedürfnis ihrer Seelen göttlich belehrt werden und gibt ihnen die Kraft, die sie vorher nicht besaßen, um sich wirkungsvoll mit den Herzen anderer zu beschäftigen, indem sie ein Werk der Erweckung, der Klärung oder der Befestigung der Seele in der Gnade Gottes durchführen oder indem sie den Gläubigen die Wahrheit überzeugend vorstellen. All das wird anhalten „bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens“, wie unser Text uns versichert. Wir können also davon ausgehen, dass die Erfüllung unserer Erwartungen auf eine Fortsetzung des Dienstes in demselben Charakter und aus derselben Quelle wie in den Tagen der Apostel garantiert ist. Alles was für das Versammeln der Seelen und für den Dienst an ihnen nötig ist, wenn sie versammelt sind, bleibt, bis Christus wiederkommt und alles vollendet sein wird.
Zum besseren Verständnis einer Gnadengabe im Allgemeinen kann man hinzufügen, dass es eine geistliche Kraft von oben ist, die an Seelen wirkt. Eine Gnadengabe ist mehr als eine natürliche Fähigkeit zu sprechen oder zu lehren, obwohl Christus „jedem nach seiner eigenen Fähigkeit“ austeilt (Mt 25,15), so dass die natürliche Befähigung von unserem Herrn in seinem souveränen Austeilen der Gaben und Talente des Dienstes berücksichtigt wird. Jedoch macht die natürliche Begabung niemanden zu einem Diener am Wort Gottes. Es muss eine ausdrückliche Verleihung einer Gabe von Christus stattfinden.
In 1. Korinther 12 wird von den verschiedenartigen Gnadengaben als Offenbarungen des Geistes gesprochen. Die unterschiedlichen Gaben werden dort als Wirken durch den Heiligen Geist gesehen. „Dies alles aber wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilend, wie er will“ (V. 11). Doch ist der Herr der wahre und eigentliche Geber. Der Geist ist mehr der Mittler, der die Gaben weitergibt, austeilt oder ersetzt und damit eher die Kraft darstellt, durch die der Herr handelt.
2.1 Die Gaben
Apostel und Propheten
Dies sind die ersten der in Epheser 4,11 erwähnten Gaben, die der aufgefahrene Herr seiner Versammlung gegeben hat. „Und er hat die einen gegeben als Apostel und andere als Propheten.“ Man kann diese als grundlegende Gaben bezeichnen, die Gott benutzte, um ein tiefes und breites Fundament zu legen, auf das die Versammlung aufgebaut werden sollte. Dieses Werk wurde von denen getan, die Gott in einer besonderen Weise befähigte.
Epheser 2,20 spricht davon, dass die Versammlung „aufgebaut (ist) auf der Grundlage der Apostel und Propheten, indem Christus Jesus selbst Eckstein ist“. Natürlich ist Christus im größten und höchsten Sinn die Grundlage – „auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen“ (Mt 16,18). Aber gleichzeitig gilt, wie jemand sagte: „Apostel und Propheten wurden nicht nur eingesetzt, um die Gedanken Gottes über die Versammlung zu offenbaren, sondern um insbesondere die Grenzsteine seines Feldes, der Versammlung Gottes, mit Autorität in die Erde zu legen. Um sie zu unterscheiden, werden die ersten durch Autorität im Handeln gekennzeichnet, die Propheten dadurch, dass sie Gottes Gedanken und Willen über dieses große Geheimnis bekannt machten“ (William Kelly).
Die Apostel nahmen eine einzigartige Stellung bei der Gründung der Versammlung ein, die nicht auf andere übertragen werden konnte. Sie waren besondere Zeugen der Auferstehung des Herrn (siehe Apg 1,22; 1. Kor 9,1; 15,5–8). Daher kann es keine „apostolische Nachfolge“ geben, wie verschiedene Gruppen heute behaupten. Nur solche, die vom Herrn ernannt und Zeugen seiner Auferstehung waren, konnten Apostel im vollen Sinn des Wortes sein.
Die Zwölf und Paulus, als der besondere Apostel der Versammlung, sind apostolische Gaben. Ihnen war es anvertraut, die Versammlung zu pflanzen, sie während ihrer Anfangszeit zu ernähren, sowie sie für ihre ganze Zeit auf der Erde mit einem unfehlbaren Führer zu versorgen, zusammen mit den übrigen Teilen der Schrift. Diesen haben wir in den apostolischen Schriften, die vollkommen von Gott inspiriert sind. Auch wenn die Apostel nicht mehr persönlich unter uns sind, dienen ihre Schriften immer noch als ein grundlegender Führer in der Versammlung.
Mit den hier genannten Propheten sind nicht die Propheten des Alten Testamentes gemeint, sondern die, die Christus nachfolgten. Letztere sind die neutestamentlichen Propheten – Männer, die direkt von Gott aus zu den Menschen sprachen und oft auf übernatürliche Weise seine Gedanken über die Gegenwart oder die Zukunft weitergaben. Ein Prophet ist jemand, der einer Seele die Wahrheit so nahe bringt, dass sie direkt mit Gott in Verbindung kommt. Judas und Silas werden beispielsweise in Apostelgeschichte 15,32 als Propheten erwähnt – sie ermahnten und stärkten die Brüder. In der Anfangszeit der Versammlung war die Schrift noch nicht vollendet und die Apostel waren nicht überall, deshalb erweckte Gott Propheten, die zumindest in bestimmten Fällen Mittel göttlicher Offenbarung waren.
Jetzt aber ist die Offenbarung vollständig, wir haben das ganze Wort Gottes und brauchen keine Offenbarungen mehr. Deshalb endete die Notwendigkeit dieser Propheten im eigentlichen Sinn mit der Vollendung des Kanons der Schrift. In einem untergeordneten Sinn ist das, was in unseren Tagen dem prophetischen Dienst entspricht, die Wiederbelebung der Wahrheit und das kraftvolle Wirken des Geistes an Heiligen durch das Erinnern an das, was einst offenbart, aber völlig verloren gegangen war. Die Wiederentdeckung von Wahrheiten, wie beispielsweise der Rechtfertigung aus Glauben, des Wesens der Versammlung als Leib Christi und seines Kommens für die Versammlung als die Hoffnung des Christen, würden insbesondere diesem prophetischen Dienst entsprechen, obwohl vermieden wird, jemanden, der für diesen Dienst gebraucht wird, als Apostel oder Propheten zu bezeichnen.
Genau genommen sollten Apostel und Propheten nicht weiterbestehen, obwohl zu gegebener Zeit etwas Ähnliches wie ein Apostel erweckt werden mag. Luther ist ein Beispiel dafür. Durch ihn gab es ein teilweises Zurückrufen der Heiligen Gottes zu einer grundlegenden Wahrheit, die längst aus den Augen verloren worden war. Dies entspricht in geringem Maße dem, was ein Apostel tat.
Evangelisten
„Er hat die einen gegeben … als Evangelisten.“ Diese Gabe ist wie die anderen, die im Anschluss daran in Epheser 4,11 erwähnt werden, immer noch bei uns und in der Welt wirksam. Der Evangelist ist üblicherweise das Mittel Gottes, um Seelen zu Christus zu versammeln. Der Mann, dem eine solche Gabe gegeben worden ist, wird sich nicht auf einen Ort beschränken, sondern bereit sein, hierhin und dorthin zu gehen, wohin der Herr ihn durch den Geist leiten wird, um den Bedürfnissen der Seelen zu begegnen.
„Evangelisten sind, wie der Name andeutet, Herolde der guten Botschaft, Prediger des Evangeliums der Gnade Gottes, die den Sorglosen aufwecken und Seelen für Christus gewinnen. Nicht jeder ist ein Evangelist, obwohl jeder die Liebe zu Seelen haben sollte und die Bereitschaft, Sünder auf Christus hinzuweisen. Aber Männer mit der Gabe des Evangelisten haben eine wahre Hingabe zu Seelen, ein wahres Verlangen und Geburtswehen für sie. Sie sind darin unterwiesen, das Evangelium vorzustellen, Seelen zu sammeln, wirkliche Besorgnis von falscher zu unterscheiden und Wahrheit von einem bloßen Bekenntnis. Es ist ihre Freude, Sünder zu Christus zu führen, solche zu sehen, die in der Welt waren und in die Versammlung geführt worden sind.
Der Evangelist ist ein Mann des Gebets, denn er ist sich dessen bewusst, dass das Werk ganz von Gott ist und dass ‚Methoden‘ nur von geringem Wert sind. Er ist ein Mann des Glaubens, der mit dem lebendigen Gott rechnet. Er erforscht die Schriften, um den Seelen nichts als die Wahrheit zu bringen. Er ist ein Mann des Muts, der sich nicht fürchtet dorthin zu gehen, wo ihn ‚Fesseln und Bedrängnisse‘ erwarten, um das herrliche Evangelium des gepriesenen Gottes denen zu bringen, die verloren gehen. Er ist ein Mann der Energie, bereit zu gelegener und ungelegener Zeit. Er ist ein Mann des Ausharrens, der nicht entmutigt ist, wenn er nicht die unmittelbare Frucht seiner Arbeit sieht. Schließlich ist er ein Mann der Demut, der sich in einem anderen rühmt und von Herzen sagt: Nicht ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war“ (S. Ridout).
Das besondere Anliegen des Evangelisten sind verlorene und nicht erlöste Seelen, und sein Arbeitsfeld ist die Welt, während das des Hirten und des Lehrers in der Versammlung und unter den Kindern Gottes ist. Der Evangelist ist wie ein Arbeiter im Steinbruch, der ausgeht, grobe Steine aushaut und sie zum Polieren aus dem Steinbruch herausbringt. Der Evangelist findet Seelen im Steinbruch der Sünde und bringt sie zu Christus, der sie errettet und sie durch die Taufe mit dem Geist dem Leib Christi hinzufügt. Ein wahrer Evangelist wird sich dann darum kümmern, diese neugeborenen Kinder, seine Kinder im Glauben, in die Gemeinschaft und die Fürsorge der Versammlung Gottes einzuführen, wo die Gaben des Hirten und Lehrers zu ihrer Erziehung und Ernährung ausgeübt werden.
Der vom Geist unterwiesene Evangelist wird einem Neubekehrten nicht raten, der Kirche oder Familie seiner Wahl beizutreten, wie es oft getan wird, sondern wird ihm vielmehr zeigen, dass er schon zur Versammlung gehört und ein Glied von ihr ist und nun diejenigen erkennen soll, die an dem Ort, an dem er wohnt, als die Versammlung Gottes zusammenkommen. Er muss in den Schriften Gottes Gedanken und Anordnungen über Gemeinschaft in der Versammlung erforschen, so wie er dem Wort folgt, was Gottes Errettung betrifft.
In Apostelgeschichte 21,8 lesen wir von Philippus, dem Evangelisten. In Apostelgeschichte 8 haben wir einen Bericht seiner Arbeit. Dieser Abschnitt veranschaulicht uns den Charakter und die Arbeit dieser Gabe. Im Apostel Paulus sehen wir auch das Wirken der Gabe eines Evangelisten, obwohl er auch die Gabe eines Hirten und Lehrers besaß und ein Apostel war. Sein Ziel war es, „das Evangelium weiter über euch hinaus zu verkündigen“ (2. Kor 10,16), was auch als das wahre Motto eines jeden Evangelisten gelten kann.
Wir werden sicherlich gedrängt, für die Erweckung wahrer Evangelisten und die Aussendung derer, die schon ausgestattet und berufen worden sind, zu beten, wenn wir uns an die Worte des Herrn erinnern: „Erhebt eure Augen und schaut die Felder an, denn sie sind schon weiß zur Ernte“ und „Die Ernte zwar ist groß, die Arbeiter aber sind wenige. Bittet nun den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte aussende“ (Joh 4,35; Lk 10,2). Der Bedarf ist groß und die Arbeit ist gesegnet. Evangelist, sieh zu, „die Gnadengabe Gottes anzufachen, die in dir ist“, „predige das Wort (…) tu das Werk eines Evangelisten“ (2. Tim 1,6; 4,2.5).
Lehrer und Hirten
Diese Gaben sind für die Pflege der neugeborenen Kinder in Christus und zum Zweck ihrer Führung und Anleitung in der Wahrheit gegeben. Alle Gaben sind von Christus gegeben „zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes des Christus (…) damit wir nicht mehr Unmündige seien“ (Eph 4,12.14). Gott möchte, dass seine Kinder in der Wahrheit wachsen, dazu hat Er ihnen diese Gaben zu ihrer Auferbauung und zu ihrem Wachstum gegeben. Dies gilt insbesondere für das Werk und den Zweck derjenigen, die die Gabe des Hirten und des Lehrers ausüben.
Die Gabe des Hirten und des Lehrers sind in unserer Stelle miteinander verbunden. Es wird nicht gesagt, „er hat andere als Hirten und andere als Lehrer gegeben“, sondern „andere als Hirten und Lehrer“. Beide werden zusammen erwähnt, was zeigt, dass sie eng miteinander verbunden sind, obwohl es unterschiedliche Gaben sind und man die eine ohne die andere besitzen kann oder beide besitzen kann. Diese beiden Gaben sind zur Pflege und Hilfe des Volkes Gottes gegeben und eng miteinander verbunden.
Hirten
Mit „Hirte“ ist jemand gemeint, der Gottes Schafe nährt und pflegt. Das Wort bezeichnet solche, die der Herr passend gemacht und ausgestattet hat, um „die Herde Gottes zu nähren“, und die Er zu dieser Arbeit berufen hat. Der gute Hirte wünscht, dass seine Schafe nicht nur vor dem Feind gerettet, sondern auch bewacht, geführt und ernährt werden. Der Hirte betreut das Volk Gottes, er wacht darüber, dass die Gläubigen nicht in die Irre gehen und versucht, die zurückzugewinnen, die es getan haben. Wer ein Hirte ist, wird ein mitfühlendes Herz haben und den Schafen Gottes in der Zeit der Bedrängnis Trost darreichen. Er wird sich in ihre Prüfungen und Probleme hineinversetzen und versuchen, sie aufzumuntern und zu stärken, indem er ihnen Rat, Ermutigung oder Zurechtweisung dadurch gibt, dass er die Schrift anwendet, wie der jeweilige Fall es erfordert. Er wacht über die Seelen und warnt sie, wenn sie nachlässig oder weltlich werden.
Ein Hirte muss nicht nur die Wahrheit genau kennen, sondern auch die Kraft und Gabe besitzen, sie den Einzelnen täglich nahezulegen. Er wendet die Wahrheit auf die Praxis an und beschäftigt sich mit Herz und Gewissen. Er hat ein Interesse an den einzelnen Schafen Christi und bemüht sich um ihren Zustand. Seine Arbeit mag manche Trübsal mit sich bringen, vor der man natürlicherweise zurückschreckt, aber es ist ein außerordentlich gesegnetes und sehr nötiges Werk. Die Arbeit eines Hirten hat größtenteils privaten Charakter. Er braucht kein Redner in der Öffentlichkeit zu sein oder einen hervorgehobenen Platz zu haben, obwohl er auch die Gabe des Predigens und Lehrens haben mag und auch öffentlich arbeiten kann. Dies sind die allgemeinen Grundzüge der Gabe eines Hirten.
Im Hinblick auf den heute üblichen Gebrauch des Begriffs „Pastor“ (Hirte) mag es nötig sein, ihn von der Gabe des Hirten zu unterscheiden, wie wir ihn von der Schrift her kennen. Heute wird jemand, der zum Pfarrer einer Benennung gewählt ist, „Pastor der Kirche“ genannt. Aber ein solches Amt als „der Hirte einer Kirche“ ist der Schrift unbekannt und existierte noch nicht einmal zur Zeit der Apostel. Man mag „ein Hirte“ als Gabe an die örtliche Versammlung sein, aber in der Bibel finden wir niemals, dass von einem Menschen als „dem Hirten“ oder „dem Pfarrer“ die Rede ist, der für eine örtliche Versammlung des Volkes Gottes verantwortlich ist. (Wir werden dieses Thema des „Ein-Mann-Dienstes“ ausführlicher im dritten Kapitel behandeln).
Der Mann, von dem die Schrift in Epheser 4,11 als einem Hirten spricht, ist jemand, der von Christus die besondere Gabe und Befähigung erhalten hat, die Schafe Gottes zu hüten und für sie zu sorgen, wo immer er sie findet. Er ist ein Hirte, was Gabe und Dienst angeht, auch wenn er für seinen Lebensunterhalt einen irdischen Beruf ausüben mag, während er sich um Gottes Volk an seinem Ort kümmert. Oder er kann seine gesamte Zeit dem Hüten der Kinder Gottes widmen, indem er von Ort zu Ort reist, um der „Versammlung des lebendigen Gottes“ zu dienen. Auch dann kann er viel an einem Ort arbeiten. Alles dies geschieht, wie sein Herr und Haupt im Himmel es führen mag. Es kann in einer örtlichen Versammlung mehrere geben, die mit der Gabe des Hirten ausgestattet sind. Jeder von ihnen kümmert sich um die Seelen, aber niemand nimmt den Titel oder die Stellung als „der Hirte“ oder „der Diener“ der Versammlung ein. Er würde sich den Platz des Heiligen Geistes aneignen, indem er dessen Recht zunichtemacht, wen immer er will als sein Sprachrohr in der Versammlung zu gebrauchen (1. Kor 12,11).
In den heutigen organisierten Kirchensystemen kann jemand den Titel des „Pastors der Gemeinde“ tragen und doch nicht die Gabe des Hirten von Christus empfangen haben, er mag noch nicht einmal bekehrt sein. Oder wenn er wirklich ein Kind Gottes ist, kann er ein Evangelist sein, von dem erwartet wird, dass er die Arbeit eines Hirten und Lehrers ausübt, obwohl ihm diese Gaben von Christus nicht gegeben worden sind. Und weil er den Titel und das Amt des „Hirten und Pfarrers“ hat, obwohl er dafür unpassend ist, wird es einem anderen in der Gemeinde, der wirklich eine Hirtengabe hat, nicht gestattet oder nicht von ihm erwartet, sie auszuüben, da er nicht der offizielle Pastor ist. Gleicherweise können die Gaben des Evangelisten und des Lehrers behindert werden.
Alles das widerspricht den Anordnungen Gottes für seine Versammlung, wie Er sie in der Apostelgeschichte und den Briefen offenbart hat und ist eine Behinderung für das freie Wirken des Geistes Gottes und der Gaben Christi. Wir glauben ernsthaft, dass es manche wahre Diener Christi und wirklich begabte Hirten gibt, die auf eine solche offizielle Weise im gegenwärtigen Zustand der Unordnung in der Versammlung ihren Dienst ausüben und ein gutes Werk für den Herrn tun. Wir wollen alle solche Gaben des Herrn anerkennen und ehren, obwohl wir ihre nicht schriftgemäße Position nicht akzeptieren. Hier sprechen wir von Gottes Ordnung für seine Versammlung und die wahre Hirtengabe, wie sie in der Schrift gefunden wird und sich von menschlichen Anordnungen in der heutigen Welt der Kirche unterscheidet. Die Anordnung der Schrift für den Dienst in einer örtlichen Versammlung von Gläubigen möchten wir ausführlicher im nächsten Kapitel besprechen.
Wenn wir zu den Merkmalen der Gabe des Hirten zurückkehren, können wir sagen, dass sie im Allgemeinen durch Hüten und Aufsicht gekennzeichnet ist. Das Wort, das in Matthäus 2,6 und Offenbarung 2,27 mit „weiden“ übersetzt wird, wird in Johannes 21,16, Apostelgeschichte 20,28 und 1. Petrus 5,2 im Sinn der Fürsorge des Hirten genannt. Wenn die Schrift von Hüten spricht, ist Dienst gemeint. Derjenige, der am besten hütet und führt, ist auch der, der am besten und meisten dient.
Die Eignung für die Ausübung des Hirtendienstes wird im Allgemeinen in den Abschnitten erläutert, die von Aufsicht und Ältestenschaft sprechen, wie 1. Timotheus 3,1–14 und Titus 1,6–9, denn der Dienst der Ältesten ist eng verbunden mit der Gabe des Hirten. Dies wird in der Aufgabe deutlich, die den Ältesten von Ephesus in Apostelgeschichte 20,28 gegeben wird: „Habt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten.“
Sicherlich ist die Gabe und die Arbeit des Hirten eine sehr wichtige und nötige, und wir müssen den Herrn der Ernte bitten, viele wahre Hirten für seine Schafe zu erwecken und zu ermutigen, denn so wie in den Tagen Christi gibt es auch heute viele, die „erschöpft und hingestreckt (sind), wie Schafe, die keinen Hirten haben“ (Mt 9,36). Möge jeder, der die Gabe des Hirten besitzt, wie klein die Gabe auch sei, zu einem neuen Bewusstsein seiner Verantwortung erweckt werden, sich um Gottes Schafe in Bemühungen der Liebe zu kümmern, und in diesem edlen Werk ermutigt werden. Wenn wir nicht die Gabe eines Hirten besitzen, mögen wir auf das Herz eines Hirten einwirken, der für die Schafe Christi sorgt.
Lehrer
Die Gabe des Lehrers ist ebenfalls eine sehr wichtige und eng verbunden mit der des Hirten, die wir gerade betrachtet haben, denn ein Hirte wird kaum jemandem zum Nutzen sein, wenn er nicht in gewissem Maße fähig ist, ihn zu lehren. Eine Person kann lehren, ohne die Gabe eines Hirten zu haben, aber man wird kaum ein Hirte sein, ohne in gewissem Sinne zu lehren. Der Hirte hat mehr die Menschen vor sich, während der Lehrer sich mehr mit der Wahrheit beschäftigt. Der Lehrer stellt die Wahrheit Gottes heraus und der Hirte bemüht sich zu sehen, wie die Wahrheit von den Einzelnen aufgenommen wird.
Ein gottgegebener Lehrer ist jemand, der sich daran freut und es liebt, anderen zu helfen, die Wahrheit Gottes zu genießen. Er ist begabt, die Wahrheiten aus Gottes Wort zu verstehen und zu erfassen und Unterschiede der Wahrheit und Schattierungen der Bedeutung zu erkennen, und er ist durch die Kraft des Geistes fähig, diese Wahrheiten offen zu legen und anderen weiterzugeben. Viele erfreuen sich an der Wahrheit in ihren eigenen Seelen, aber sie sind nicht fähig, anderen dabei zu helfen oder ihnen das zu vermitteln, was sie selbst genießen. Hier setzt die Gabe des Lehrers an. Jemand, der diese Gabe besitzt, ist fähig, Gläubigen diese Wahrheit in klarer und überzeugender Weise vorzustellen, um ihre Zuneigung zu wecken und die Wahrheit mit Energie vor ihre Seele zu stellen. Die Wahrheit wird in so überzeugender Weise vorgestellt, dass das Gewissen ins Licht gebracht wird und seine Verantwortung empfindet, diesem Licht nachzufolgen. Das ist die Auswirkung eines von Gott begabten und vom Geist geleiteten Lehrers.
Der Lehrer ist insbesondere ein Erforscher der Schriften und weiß ihre Wahrheiten in richtiger Weise anzuwenden, indem er „das Wort der Wahrheit recht teilt“. Er entfaltet ihre Vollkommenheit, legt ihre Lehren aus und erklärt schwierige Bibelverse. Er liebt es, die Kinder Gottes in die Tiefe des Wortes Gottes einzuführen und ihnen den Charakter Gottes vorzustellen. Es ist der Lehrer, der fehlerhaften Lehren begegnet, falsche und böse Lehren bloßstellt und auf diese Weise Seelen schützt und bewahrt. Weil Christus das Thema und der Mittelpunkt der ganzen Schrift und aller ihrer Wahrheiten ist, wird der göttlich unterwiesene Lehrer immer Ihn erhöhen und die Herrlichkeiten seiner Person und seines Werkes darlegen. Das ist der herausragende Charakter seines Dienstes.
Was für ein wertvolles Geschenk an die Versammlung ist die Gabe von Lehrern! Wie nötig sind sie und wie dankbar sollten wir dem Herrn für sie sein, denn Er ist es, der jeden fähigen Lehrer gegeben hat für die Auferbauung seiner Heiligen, damit sie nicht hin und her geworfen werden von jedem Wind der Lehre (Eph 4,14). Weil Fehler und böse Lehren überhand nehmen, haben wir es nötig, für die Erweckung und Ermutigung göttlich begabter Lehrer zu beten, die die Wahrheit Gottes in Kraft und Klarheit herausstellen, um Seelen von irrigen und bösen Belehrungen zu befreien und Christen im Glauben zu erbauen. Es ist auch nötig für uns, dafür zu beten, dass diese Gaben an die Versammlung von dem „kirchlichen Apparat“ und menschlichen Systemen befreit werden, so dass sie in freier Weise ihren von Gott gegebenen Dienst unter der alleinigen Leitung des Heiligen Geistes ausüben können.
In unseren Tagen verkehrter und verfälschter Lehre besteht ein großer Bedarf an einem „Lehr-Evangelium“, um erweckte Seelen zu befestigen und zu bewahren. Damit ist die Mischung des Werkes des Lehrers und des Evangelisten gemeint, was im Römerbrief verdeutlicht wird, wo der Apostel Christen über die Grundsätze des Evangeliums belehrt. In Paulus finden wir viele Gaben vereinigt. Er war Apostel, Prophet, Evangelist, „Lehrer der Nationen“ und ein wahrer Hirte. Seine Worte an Barnabas: „Lass uns nun zurückkehren und in jeder Stadt, in der wir das Wort des Herrn verkündigt haben, die Brüder besuchen und sehen, wie es ihnen geht“ (Apg 15,36), sind der Beweis für ein wahres Hirtenherz und ein gutes Motto für jeden Hirten der Schafe Christi.
Andere Gaben
Wir haben nun die fünf bedeutendsten Gaben an die Versammlung gesehen – Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, wie sie in Epheser 4,11 genannt werden. Dies sind die großen Gaben, und insbesondere von den letzten dreien erwarten wir, dass sie fortbestehen, bis die Versammlung in die Herrlichkeit heimgeführt wird (Eph 4,13). Diese Verse im Epheserbrief geben uns keine vollständige Aufzählung aller Gaben, die Christus seiner Versammlung gegeben hat, sondern nur die wichtigsten. Nachdem er sie erwähnt hat, fährt der Apostel fort, von dem ganzen Leib Christi zu sprechen und von jedem „Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maß jedes einzelnen Teiles“ (V. 16). Alle Glieder des Leibes haben etwas, womit sie zur Auferbauung des Leibes Christi beitragen können. Jedes hat seinen Platz und Dienst: Der eine mag öffentlich unterweisen, während ein anderer ein kleines Wort der Weisheit hat, obwohl er niemals in der Öffentlichkeit erscheint. Wenn wir von dem Dienst eines jeden Teiles des Leibes Nutzen haben möchten, muss es in der Versammlung Raum und Gelegenheit für solche Dienste geben. Ein festgelegter „Ein-Mann-Dienst“ behindert ein solches Wirken und ist niemals im Sinne der Schrift.
In Römer 12,4–8 und 1. Korinther 12 werden verschiedene Gaben erwähnt. Einige von ihnen sind in etwa dieselben Gaben wie die in Epheser 4 genannten, obwohl sie teilweise Unterschiede und Abwandlungen in ihrer Form aufweisen. Die Gaben der Weissagung, des Dienstes, des Lehrens, der Ermahnung und des Ältestendienstes, von denen in Römer 12 gesprochen wird, können alle zweifellos zu den Gaben des Lehrers und Hirten gerechnet werden. Das „Wort der Weisheit“ und das „Wort der Erkenntnis“, das in 1. Korinther 12 als allein vom Geist gegeben erwähnt wird, würden jeweils unter die Gabe des Hirten und des Lehrers fallen.
Gaben der Wunder
Diese Gaben werden in 1. Korinther 12 erwähnt, nämlich die Gaben der Heilungen, das Wirken von Wundern, verschiedene Arten von Sprachen und Auslegungen. Sie begleiteten das Kommen des Heiligen Geistes auf die Erde und die Einführung des Evangeliums und der Versammlung. Es gibt keine Verheißung, dass diese Gaben bis zum Kommen Christi fortbestehen, wie es für die in Epheser 4 genannten gilt. Tatsächlich sagt 1. Korinther 13,8, dass Sprachen aufhören werden, dort wird zwischen Sprachen, Weissagungen und Erkenntnis unterschieden, um zu zeigen, dass nur die beiden letzten bleiben werden bis „das Vollkommene gekommen sein wird“ – das Kommen Christi (V. 8–10). Im letzten Teil des Neuen Testamentes lesen wir mit fortschreitender Zeit immer weniger von Wundern. Die Wunder des Alten Testamentes waren nichts Beständiges, sondern außergewöhnliche Ereignisse, wenn Gott ein neues Werk begann. So war es ohne Zweifel auch bei den wunderwirkenden Kräften der frühen Versammlung. Im heutigen, von Unordnung, Zertrennung und Auflehnung geprägten Zustand der Versammlung ist der Geist betrübt und kann sich nicht in voller Weise offenbaren und sein äußerlich sichtbares Siegel auf eine solche Menge an Verwirrung setzen. Wir sind uns dessen bewusst, dass manche behaupten, heute noch diese Gaben zu besitzen, aber die wahren Kennzeichen des Wirkens des Geistes fehlen, und wir können ihre Behauptungen nicht als wahr annehmen.
2.2 Der einzelne Diener und sein Dienst
Wir haben uns bisher mit den verschiedenen Gaben beschäftigt, die der Versammlung von ihrem verherrlichten Haupt gegeben wurden. Nun werden wir uns dem einzelnen Diener und seinem Dienst zuwenden. Bevor wir jedoch dieses Thema aufgreifen, wollen wir unsere Leser daran erinnern, dass wir den Gegenstand des Dienstes in der „Versammlung des lebendigen Gottes“ so betrachten, wie er uns in der Schrift offenbart ist. Es ist nicht unsere Absicht zu betrachten, wie in den verschiedenen Benennungen und unabhängigen Kirchen Dienst ausgeübt wird, noch wollen wir uns durch die Lehrmeinung gelernter Theologen oder durch die heute allgemein anerkannte und gängige Art und Weise, Dienst auszuüben, leiten lassen.
„Was sagt die Schrift?“ – Für das gehorsame Kind Gottes, das darin geübt ist, den Willen seines Herrn und Heilandes zu tun, gibt es nur eine Fragestellung und Überlegung, die da lautet: „Was sagt die Schrift?“ (Röm 4,3). Wie sieht die Führung des Herrn in dieser Sache aus? Für die treue, gewissenhafte Seele ist Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes das Wichtigste. Das, was der Herr gesprochen und als seinen Willen für sein Volk und seine Versammlung offenbart hat, sollte umgesetzt werden. Für denjenigen, der von Gottes Wort regiert wird, zählt es wenig, was der Mensch sagt, denkt oder tut. Er würde mit Jesaja ausrufen: „Zum Gesetz und zum Zeugnis! Wenn sie nicht nach diesem Wort sprechen, so gibt es für sie keine Morgenröte“ (Jes 8,20).
Nunmehr sind wir der festen Überzeugung, dass der Herr uns in seinem Wort ausdrückliche Anweisungen und Belehrungen zur Ordnung und zum Verhalten seiner Versammlung und seiner Diener im Dienst wie auch in jeder anderen Sache gegeben hat und dass Er nichts unserer Wahl und Entscheidung überlassen hat. Der Weg und die Ordnung für die Versammlung und für seine Diener werden in der Schrift genauso klar aufgezeigt wie der Weg des Heils und jede andere Wahrheit. Wir müssen sie nur herausfinden und die Gedanken des Herrn darüber kennen lernen.
In der Apostelgeschichte finden wir den göttlichen Bericht über die von Christus gebildete Versammlung. In den Briefen, insbesondere in denen des Apostels Paulus, haben wir die inspirierten Anweisungen und Belehrungen über ihre Ordnung und ihre Stellung in dieser Welt. Insbesondere der erste Brief an die Korinther stellt uns die Ordnung der Versammlung vor. In diesen Schriften der Apostel ist das göttliche Muster für die Versammlung für alle Zeiten niedergelegt. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses Muster zu studieren und es zu befolgen. Wir sollen nicht das tun, was zweckmäßig ist oder von dem wir denken, dass es in unseren Tagen das Beste ist. Im Hinblick auf den Bau des Zeltes der Zusammenkunft, den Wohnort Gottes in Israel, wurde Mose dreimal ermahnt, alles „nach ihrem Muster (…) das dir auf dem Berg gezeigt worden ist“ zu machen (2. Mo 25,9.40; 26,30). Dieselbe Ermahnung gilt heute für uns in Bezug auf die Versammlung, die in diesem Zeitalter der Gnade das Haus Gottes ist. Möge es der aufrichtige Wunsch des Schreibers und Lesers sein, diesem Muster der Versammlung, das uns in Gottes Wort gezeigt wird, immer zu folgen.
Ein Herr
Wir haben bisher herausgestellt, dass der öffentliche geistliche Dienst des Predigens und Lehrens nur von solchen ausgeführt werden kann, die von Christus für diesen Dienst begabt und berufen werden, egal ob dies nur für eine bestimmte Zeit oder für ihr ganzes Leben geschieht. Deshalb haben menschliche Bestimmungen und persönliche Auswahl keinen Platz in dem geheiligten Werk des Dienstes. Es hat dabei Priorität, dass der Diener Christi immer daran denkt, wer es ist, der ihn zum Dienst begabt und berufen hat. Er sollte sich immer die Tatsache vor Augen halten, dass Christus das lebendige Haupt im Himmel ist, und dass er unter Ihm dient, indem er durch Ihn allein geleitet werden muss.
Der Herr sagt in Matthäus 23,8: „Einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder.“ Es ist dann auch von allergrößter Bedeutung, dass der Diener Gottes sich selbst frei erhält, dem Herrn und Haupt zu dienen und sich nicht unter das Joch der Knechtschaft von religiösen Autoritäten und Systemen zu stellen, wo er häufig nicht das tun kann, was sein Herr und Heiland ihm aufträgt zu tun. Der Apostel Paulus gibt uns hierin ein gutes Beispiel. Er besaß niemanden als Herrn oder Autorität über sich außer Christus. Er bekannte, seinen Dienst nicht von Menschen, sondern vom Herrn empfangen zu haben (Gal 1,10–20).
Als der Herr seine Apostel bevollmächtigte, mit dem Evangelium in die ganze Welt hinaus zu gehen, tat Er es mit den Worten: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28,18). Diese Macht und Autorität hat Er nie aufgegeben noch sie an irgendjemand anderen auf der Erde delegiert, sei er Papst oder Bischof oder irgendeine andere Person mit einem anspruchsvollen Titel. Christus wirkt durch den Heiligen Geist hier auf der Erde, und Er ist Gottes einziger rechtmäßiger Stellvertreter und Statthalter. Das ist klar erkennbar aus den neutestamentlichen Schriften, in denen sich keine Grundlage für religiöse Systeme finden lässt, bei denen eine Führerschaft eingesetzt wird. Diese besitzt Autorität über die Diener Christi und ihr gegenüber befinden sich die Diener in einer dienstbaren Position, wie es in der Kirchenwelt von heute gängig ist. Diese Form der Autorität des Menschen ist eine widerrechtliche Besitzergreifung der Autorität Christi und beraubt Ihn seines Platzes als Haupt seiner Versammlung.
Wir sollten alle einander unterworfen sein – besonders die Jüngeren den Älteren gegenüber, wie Petrus uns ermahnt (1. Pet 5,5) – sowie in Gemeinschaft miteinander arbeiten. Zwar sollte es in der Versammlung Zucht geben, um fleischliche Aktivitäten zu zügeln, aber Christus allein hat Autorität über seine Diener, sie in ihren von Gott gegebenen Aktivitäten zu leiten. Er ist derjenige, der sie zu ihrem Dienst beruft, sie mit Gaben ausstattet und sie für sein Werk befähigt und ausbildet. Er allein kann sie darin leiten, wann und wo sie dienen sollen und welche Botschaft sie weitergeben sollen. Niemand hat das Recht, sich zwischen den Herrn der Ernte und seine Diener zu stellen oder Autorität über sie auszuüben. Selbst der Apostel Paulus, der apostolische Autorität hatte, wie sie niemand heute in der Versammlung besitzt, (und so auch Timotheus und Titus, die von Gott dazu berufen waren, mit ihm zu arbeiten, für ein bestimmtes Werk hierhin und dorthin aussenden konnte,) begehrte nicht danach, über Apollos zu herrschen und von ihm zu fordern, nach Korinth zu gehen. Er wünschte von ihm, dass er dorthin gehe, um den Korinthern zu helfen, aber da Apollos durchaus nicht gewillt war, zum damaligen Zeitpunkt dorthin zu gehen, stellte er es ihm frei, so zu handeln, wie sein Herr ihn führen würde (1. Kor 16,12).
Der Diener Christi, der erkennt, dass der Herr sein alleiniger Herr und alleiniges Haupt ist, wird von da ab immer danach streben, dem zu gefallen, „der ihn angeworben hat“, um ein „Streiter Christi Jesu“ und ein Diener des Gekreuzigten zu sein (2. Tim 2,4) und den Willen seines Herrn zu tun. Wenn jemand dazu berufen wird, ein Diener des Herrn zu sein, wie kann er sich dann anstellen lassen, um Diener einer Benennung oder einer Gemeinde zu sein und das zu tun, was der Mensch ihm zu tun aufträgt? Wenn ein Mensch angestellt ist, wird er ein Diener derer, die ihn angestellt haben, und muss ihnen gefallen. Geziemt es sich nicht für ihn, sich als Diener Christi frei zu erhalten, Ihm allein zu dienen, wohin und wie auch immer sein Herr ihn Tag für Tag führt? Sicherlich! Wieder ist der Apostel Paulus unser edles Vorbild. Den Galatern schrieb er: „Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht“ (Gal 1,10). Die Apostel bezeichneten sich selbst als „Knechte Jesu Christi“ (Röm 1,1; 2. Pet 1,1; Jud 1). Wir, die wir mit dem Preis seines kostbaren Blutes erkauft worden sind, werden ermahnt, „nicht Sklaven von Menschen“ zu werden (1. Kor 7,23). Wir sollen den Menschen dienen in liebevollem Dienst, aber Christus ist unser Herr.
Die göttliche Berufung
Die Berufung zum Dienst des Evangeliums oder zur Pflege der Schafe Gottes kommt heute noch genauso vom Herrn wie zur Zeit der frühen Kirche, als Er die Apostel berief und andere erweckte, um an seinem Wort zu dienen (Eph 4,11; Röm 12,6–8; 1. Pet 4,10). Selbst die wahren Propheten des Herrn im Alten Testament wurden von Ihm zu ihrem Werk berufen. Von anderen Propheten, die in seinem Namen Lügen weissagten, sagte Er: „Ich habe sie nicht gesandt und ihnen nichts geboten“ (Jer 14,14) – Worte, die sicherlich auf viele falsche Lehrer und Prediger heute zutreffen.
Aber jeder wahre Diener Christi wird sich in seiner eigenen Seele völlig der göttlichen Berufung zum Dienst bewusst sein. Der Heilige Geist wirkt im Herzen derer, die der Herr als seine Diener gebrauchen möchte. Seine Berufung wird von der Seele erkannt, und das Herz wird darin geübt und willig gemacht, der himmlischen Aufforderung zu folgen. Viele Beispiele dieser himmlischen Berufung werden im Alten Testament bereits angedeutet und im Neuen Testament vorgestellt, womit der interessierte Leser sich mit großem Nutzen beschäftigen möge (siehe Jes 6; Jer 1; Mk 1,16–20; 3,13.14; Apg 9 und 22 als einige Beispiele).
Ohne diese vom Heiligen Geist hervorgerufenen Herzensübungen, das Bewusstsein der göttlichen Berufung und ein bestimmtes Maß an Gnadengabe hierfür sollte sich kein Christ in den öffentlichen Dienst des Herrn vorwagen. Es ist uns nämlich nicht gegeben, unseren Platz oder Dienst im Leib des Christus zu wählen – dieses Vorrecht gehört dem Herrn allein. Unsere Aufgabe besteht darin, seinen Willen für einen jeden von uns persönlich kennenzulernen und den uns aufgezeigten Platz einzunehmen. Wenn jemand ausgeht, um zu predigen oder zu lehren, ohne von Gott für dieses heilige Werk berufen worden zu sein, wird er nicht von Gott darin gestützt werden und früher oder später aufhören bzw. in der Ausführung des Werkes des Herrn scheitern. Diejenigen, die der Herr beruft, macht Er passend und fähig für den Dienst, und ohne diese göttliche Befähigung kann der Dienst nicht richtig ausgeführt werden.
Das Wesen und Ausmaß der Berufung zum öffentlichen Dienst variiert sehr. Der Herr der Ernte wird jedem geübten Diener, den Er beruft, verdeutlichen, wo, wie und in welchem Ausmaß er Ihm dienen sollte. Der eine mag dazu berufen sein, örtlich zu arbeiten, ein anderer dazu, im Heimatland umherzureisen, und wieder ein anderer, in entfernte heidnische Länder zu gehen. Der eine mag dazu berufen sein, nach harter Vorbereitung und Ausbildung in der Schule Gottes seine ganze Zeit dem Werk des Herrn zur Verfügung zu stellen, während ein anderer dazu berufen sein mag, in seinem täglichen Beruf weiterzumachen, während er in seiner Freizeit predigt und lehrt.
Es ist eine falsche Vorstellung, dass jemand, der seinen irdischen Beruf für seinen Lebensunterhalt weiterführt, nicht gleichzeitig ein Diener Christi sein könne oder dass nur diejenigen, die ihre ganze Zeit dem Dienst des Herrn weihen, Diener des Herrn seien. Wir finden in der Schrift nicht den Gedanken einer Aufteilung der Christen in die beiden Klassen „offizieller Klerus“ und „Laientum“, wie er heute allgemein bekannt ist. Auch stützt sie nicht den Gedanken, dass der Dienst eine Art ehrenvoller Beruf sei, den man wie andere Berufe zum Bestreiten des Lebensunterhalts aufnehmen könne. Es ist vielmehr eine heilige Berufung und ein himmlischer Dienst, der aus Liebe zu Christus ausgeführt werden sollte sowie in Abhängigkeit von Ihm, was den Unterhalt darin anbelangt. Während es einerseits wahr ist, dass „der Arbeiter (...) seines Lohnes wert“ ist (1. Tim 5,18) und dass „die, die das Evangelium verkündigen (...) vom Evangelium leben“ sollen (1. Kor 9,14), so haben wir dennoch das Beispiel von Paulus, dem großen Apostel, der Nacht und Tag arbeitete, Zelte machte und das Evangelium kostenfrei predigte (Apg 18,3.4; 1. Thes 2,9; 1. Kor 9,18).
In diesem Zusammenhang wollen wir die inhaltsreichen Worte von C. H. Mackintosh zitieren: „Wir sind davon überzeugt, dass es in der Regel für jeden Mann besser ist, zum Broterwerb mit seinen Händen oder seinem Verstand einen Beruf auszuüben und – wenn er eine entsprechende Gabe hat – auch zu predigen und zu lehren. Es gibt ohne Zweifel Ausnahmen von dieser Regel. Es gibt einige, die so offenkundig von Gott berufen, ausgestattet, benutzt und unterstützt werden, dass es unmöglich einen Irrtum in Bezug auf ihren Weg geben kann. Ihre Hände sind so voller Arbeit, jeder ihrer Momente so durch Dienst in Wort und Schrift beschlagnahmt, durch Lehren in der Öffentlichkeit und von Haus zu Haus, dass es eine schlichte Unmöglichkeit für sie wäre, einen sogenannten irdischen Beruf aufzunehmen – auch wenn wir diesen Ausdruck nicht lieben. Alle diese müssen mit Gott vorangehen, auf Ihn blicken, und Er wird sie tadellos erhalten bis ans Ende.“1
Zubereitung und Ausbildung
Nachdem wir den einen Herrn des Dieners und dessen göttliche Berufung gesehen haben, möchten wir uns nun mit dem Gegenstand der Vorbereitung und Schulung für den Dienst für Christus beschäftigen. Auch hier muss wieder die Schrift unser Führer sein und nicht die Meinung von Menschen oder die gegenwärtigen Gewohnheiten und Praktiken der kirchlichen Welt.
Ihm nachfolgen: Als der Herr Jesus zwölf Apostel als seine Diener zur Weiterführung seines großen Werkes berufen wollte, ging er zum See von Galiläa hinab, rief Simon, Andreas, Jakobus und Johannes von ihrer Arbeit als Fischer weg und sprach zu ihnen: „Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen“ (Mk 1,17). Er erwählte einfache, ungelernte Fischer mit dem, was sie gerade besaßen, und berief sie in seine Nachfolge, indem Er ihnen versprach, dass Er aus ihnen Werkzeuge machen würde, die Er in dem wunderbaren Werk der Errettung von Menschenseelen gebrauchen konnte. Ihre Zubereitung und Schulung für dieses Werk konnte nur durch die tägliche Nachfolge hinter Ihm her, durch das Aufhalten in seiner Gegenwart und das Lernen von Ihm erlangt werden. Er würde sie alles Notwendige lehren und würde sie zu wahren Seelengewinnern für Ihn machen.
Markus 3,14 teilt uns außerdem mit, dass Er zwölf bestellte, „damit sie bei ihm seien und damit er sie aussende zu predigen“ usw. Allein die Gemeinschaft mit Jesus Christus kann jeden begabten und berufenen Diener für seinen Dienst befähigen und ausbilden. In der Einsamkeit der eigenen Stube lernt man Ihn durch das Gebet und das Nachsinnen über sein Wort kennen, und dort lehrt Er viele Dinge. Von diesem verborgenen Platz kann der Einzelne in der Kraft des innewohnenden Geistes Gottes ausgehen, um vor den Menschen ein Zeuge Christi zu sein. Er ist der große Lehrer und niemand kann so lehren, wie Er es kann. Er weiß, welche Lektionen jeder Diener lernen muss und wie er für seinen speziellen Dienst im Leib Christi zubereitet und passend gemacht werden muss.
Die Schule der praktischen Erfahrung
Der Herr gibt denen, die Er beruft, Gaben, aber diese sind nicht vollkommen ausgereift. Die Gaben müssen durch ein langes und beständiges Wachstum in der Schule Gottes vollendet und entwickelt werden. Wenn der Herr jemanden zu seinem Werk beruft, stellt Er ihn in seine Schule und führt mittels verschiedener Wege und Umstände sowie verschiedener Instrumente unter seiner Aufsicht selbst die Ausbildung durch. Gott möchte außerdem, dass wir in seiner Schule einer vom anderen lernen. Wir sollten von den Erfahrungen anderer profitieren. Das ist die Schule der praktischen Erfahrung, die der Diener niemals abschließt, sondern in der er Tag für Tag im Dienst und im Lernen voranschreitet, in Gemeinschaft mit seinem Herrn, dem geduldigsten, gnädigsten und gründlichsten Lehrer von allen. In dieser Schule dient und arbeitet man für den Herrn, indem man lernt, und lernt, indem man dient. Praxis wird mit Theorie verbunden und die Wahrheit wird mit dem Herzen ebenso wie mit dem Kopf gelernt, wie es immer der Fall sein sollte.
Diese praktische Schule Gottes ist die einzige Ausbildungsschule für Diener Christi mit göttlicher Zulassung, die man in der Bibel finden kann. Sie ist auch heute noch die einzige Schule, die seine Diener wirklich ausbilden und befähigen kann. Keine Schule oder Hochschule, die von Menschen eingerichtet wurde, kann diesen Weg Gottes mit seinen Dienern übertreffen. Es gibt keine Ausbildung, die dem Lernen zu den Füßen des Herrn und in täglichem Kontakt mit Menschen zu vergleichen wäre.
Gott erwählt
Gott erwählt für den Dienst Männer aus allen Klassen der Gesellschaft und aus allen sozialen Schichten, um alle Klassen von Menschen zu erreichen. Er nimmt sie gerade mit dem, was sie an Wissen und Erfahrung besitzen, und durch seinen Geist und sein Wort tut Er den Rest. Dies wird sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament sichtbar. Mose, der in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen war, wurde aus dem Palast an den entlegensten Ort der Wüste gerufen, wo er in Gottes Schule 40 Jahre lang gelehrt wurde, während er Schafe hütete. Dann wurde er in Gottes Dienst ausgesandt. Gideon wurde von seiner Arbeit des Weizendreschens weg zu Gottes Werk berufen. David wurde von den Schafweiden weggeholt, Elisa von seiner Arbeit hinter dem Pflug und Esra von den Schriftrollen des Gesetzes Moses. Saulus von Tarsus wurde von seiner großen Gelehrsamkeit und seiner hohen Stellung im Judentum abberufen, um sich zu den Füßen Jesu aufzuhalten, von wo er nach einiger Zeit der Abgeschiedenheit in Arabien für den Herrn Jesus Christus ausgesandt wurde.
Wenn wir Gott gewähren, dass Er seine Diener auswählt und ausbildet, werden wir einen göttlich eingerichteten Dienst haben, der aus allen Schichten der Gesellschaft kommt, von der höchsten bis zur niedrigsten. Er ist geeignet, um alle Arten und Zustände von Menschen zu erreichen – ohne die Hilfe einer religiösen Hochschule. Unter den Dienern werden Männer von höchstem Verstand sein, die das Wort auslegen, wie sie es auf ihren Knien gelernt haben, und ebenso einfache Männer, die die Botschaft in derselben Weise klar darlegen.
Es gibt heute theologische Hochschulen und Akademien, in denen ein Maximum an menschlichem Wissen zusammen mit einem Minimum an biblischer Lehre vermittelt wird. Gerade dort hat sich der Modernismus mit seinen satanischen Angriffen gegen die Heilige Schrift und die wirklichen Grundlagen des wahren christlichen Glaubens verankert, und die zukünftigen Pastoren werden darin unterrichtet. Dies hat zur Folge, dass ihr Glaube an die Bibel untergraben wird und sie ihrerseits mit einer Lehre zu den Menschen hinausgehen, die Seelen ins Verderben führen kann. Dies ist ein Ergebnis der Einführung eines Plans, welcher der Methode, die der Herr zur Unterrichtung seiner Diener anwendet, entgegensteht.
Jeremia 1,5 und Galater 1,15.16 zeigen, dass Gott seine Diener absondert und beruft, noch bevor sie geboren werden. Angesichts dessen formt Er das Gefäß für seine Zwecke und ordnet alle Umstände seines späteren Lebens. Alles, was er durchmacht, ist von Gott geplant, um ihn für seine göttliche Berufung in seinem Leben vorzubereiten und auszubilden, selbst wenn er noch unbekehrt und sich seiner himmlischen Berufung nicht bewusst sein mag. Der Apostel Paulus ist ein Beispiel für einen Mann, der einen höchst bemerkenswerten natürlichen Charakter besaß, ebenso wie eine außergewöhnliche Ausbildung und besondere Fertigkeiten vor seiner Bekehrung, die allesamt von Gott in seiner Vorsehung eingerichtet wurden, um ihn für seinen besonderen Platz des Dienstes in der Versammlung Gottes passend zu machen.
Das Wort studieren
Die Anweisungen von Paulus an den jungen Diener Timotheus zeigen, was in der Zurüstung des Dieners Jesu Christi am wichtigsten ist: „Halte an mit dem Vorlesen, mit dem Ermahnen, mit dem Lehren. (...) Bedenke dies sorgfältig; lebe darin, damit deine Fortschritte allen offenbar seien. Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen“ (1. Tim 4,13–16). „Bedenke, was ich sage; denn der Herr wird dir Verständnis geben in allen Dingen. (...) Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt. (...) Weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die imstande sind, dich weise zu machen zur Errettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werk völlig geschickt“ (2. Tim 2,7.15; 3,15–17).
Das, was jeden begabten Diener für das Werk des Herrn passend machen wird, ist eine gründliche Kenntnis der Schrift, wie sie durch den Dienst des Heiligen Geistes gelehrt wurde, verbunden mit einem heiligen Wandel in der Wahrheit und Erfahrung im Dienst. Der Diener muss die Bibel studieren und darüber nachdenken, nicht über menschliche Theologiebücher und dergleichen. Beachte: Es ist das Befolgen des Wortes Gottes, das den Menschen Gottes vollkommen macht, „zu jedem Werk völlig geschickt“.
Absonderung notwendig
Ein weiterer wichtiger Punkt, den es in Verbindung mit unserem Thema zu beachten gilt, findet sich in 2. Timotheus 2,19–21: das notwendige Abstehen von der Ungerechtigkeit. „Wenn nun jemand sich von diesen (den Gefäßen zur Unehre) reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“ Hier ist ein wesentlicher Bestandteil in der wahren Zubereitung für den Hausherrn: Gehorsam gegenüber der Wahrheit Gottes und Absonderung von allem, das im Widerspruch zu seinem Wort steht. Man kann nicht erwarten, von Gott gelehrt oder von Ihm im Dienst gebraucht zu werden, wenn man gleichzeitig in Gemeinschaft mit solchem bleibt, von dem man weiß, dass es böse ist.
Das Gleichnis von den Talenten in Matthäus 25,14–30 stellt uns einen weiteren lebensnotwendigen Grundsatz in Verbindung mit dem Dienst vor. „Jedem, der hat, wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben; von dem aber, der nicht hat, von dem wird selbst das, was er hat, weggenommen werden“ (V. 29). Der Herr zeigt in diesem Gleichnis, dass demjenigen, der seine Talente gewissenhaft verwendete, mehr gegeben wurde, während jenem, der keinen Gebrauch von seinem Talent machte, es weggenommen wurde. So, wie wir die Fähigkeit und die Kenntnis in göttlichen Dingen, die der Herr gegeben hat, nutzen, wird Er mehr geben, um es für Ihn zu verwenden. Auf diese Weise wächst der Diener in der Schule Gottes und nimmt zu an Nützlichkeit für den Herrn.
Ordination
Der allgemeine Grundgedanke und die gängige Lehre in der Kirchenwelt bestehen darin, dass jemand, der ein Diener Jesu Christi werden möchte, erst in einer religiösen Schule oder Universität ausgebildet werden muss und dann von einer Körperschaft von religiösen Autoritäten ordiniert (d.h. eingesetzt und mit geistlichen Funktionen ausgestattet) wird. Er ist dann ein berufener Diener, völlig befähigt und ordnungsgemäß autorisiert, um das Werk des geheiligten Dienstes in der Kirche aufzunehmen. Ohne diese formale Ordination durch Menschen ist man gemäß der allgemeinen theologischen Denkweise kein vollwertiger, autorisierter Diener und kann nicht alle Dienste eines ordnungsgemäß anerkannten Dieners ausführen, so wie die Darreichung der Taufe und des Mahles des Herrn.
Das ist die heutige Lehre des Menschen, aber in unserer Beurteilung sollte stets die Frage „Was sagt die Schrift?“ gestellt werden. Was lehrt uns Gottes Wort über diesen Gegenstand? Das sollte unser Hauptinteresse sein. Es spielt keine Rolle, was ein Mensch sagt oder denkt, sei er noch so gelehrt oder habe er noch so große Autorität.
Gott setzt ein
Wir finden in der Schrift, dass von einer Einsetzung durch Gott gesprochen wird, die von höchster Bedeutung ist. Als wir den Gegenstand der Zubereitung und der Ausbildung der Diener Gottes erörterten, haben wir uns auf Jeremia 1,5 und Galater 1,15.16 bezogen, um zu zeigen, dass Gott seine Diener absondert und beruft, bevor sie geboren sind und sie von Geburt an zubereitet. Wir wollen diese Abschnitte nun in Verbindung mit dem Gegenstand der Ordination zitieren.
Jeremia schreibt: „Und das Wort des Herrn erging an mich, indem er sprach: Bevor ich dich im Mutterleib bildete, habe ich dich erkannt, und bevor du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt: Zum Propheten an die Nationen habe ich dich bestellt.“ (Jer 1,5) Und Paulus schreibt in seinem Brief an die Galater: „Ich tue euch aber kund, Brüder, dass das Evangelium, das von mir verkündigt worden ist, nicht nach dem Menschen ist. Denn ich habe es weder von einem Menschen empfangen noch erlernt, sondern durch Offenbarung Jesu Christi. (...) Als es aber Gott, der mich von meiner Mutter Leib an abgesondert und durch seine Gnade berufen hat, wohlgefiel, seinen Sohn in mir zu offenbaren, damit ich ihn unter den Nationen verkündigte, ging ich sogleich nicht mit Fleisch und Blut zu Rate“ (Gal 1,11–16).
In 1. Timotheus 1,12 dankt Paulus Gott dafür, dass Er ihn in den Dienst gestellt hatte. In 2. Timotheus 1,8–11 spricht er von der Errettung und der Berufung in Christus und von dem „Evangelium, zu dem ich bestellt worden bin als Herold und Apostel und Lehrer der Nationen.“ So ist auch bei der Beschreibung der Berufung der zwölf Apostel in Markus 3,14 zu sehen, dass sie vom Herrn selbst bestimmt, befähigt und ausgesandt wurden.
Diese Verse sprechen eindeutig davon, dass die Einsetzung und die Ernennung zum Dienst durch Gott selbst geschehen. Paulus sagt mit Bestimmtheit, dass das Evangelium, das er predigte, und der Lehrdienst, der ihm gegeben war, nicht nach Menschenweise geschah oder von Menschen empfangen worden war, nicht einmal von den Aposteln, die vor ihm waren. Wenn dann Paulus von Gott berufen und bestellt wurde und sein Dienst nicht von den Aposteln, die ihm vorangingen, erlernt wurde, wie konnten sie oder irgendjemand anderes ihn ordinieren? Und warum würde er, oder irgendjemand anderes, eine menschliche Ordination oder Bevollmächtigung benötigen, wenn Gott, der die höchste Autorität hat, ihn auserwählt, berufen, begabt und gelehrt hatte?
Keine menschliche Ordination
Es gibt weder im Alten Testament noch im Neuen Testament eine menschliche Ordination oder Bevollmächtigung in Verbindung mit Paulus oder einem anderen Propheten oder Prediger. Ja, Paulus sagt sogar, dass, als Gott ihn berief, er sich nicht mit irgendwelchen menschlichen Personen beriet, noch nach Jerusalem hinaufging, um sozusagen das Einverständnis und die Bevollmächtigung der Apostel dort einholte.
Nun gilt dasselbe Prinzip, nach dem Paulus und andere in der Apostelgeschichte eingesetzt wurden, auch heute. Gottes Einsetzung kommt von höchster Stelle und ist ausreichend. Denn wenn Christus jemandem eine Gabe gegeben hat, um sie für Ihn zu verwenden, und jenen für seinen Dienst berufen und bestimmt hat, ist dieser sicherlich untreu, wenn er zu irgendeiner Körperschaft von Menschen geht und sie um ihre Erlaubnis bittet, die Gabe zu benutzen, oder wenn er darin versagt sie zu benutzen, weil Menschen es nicht gutheißen. Die Gabe bringt die Verantwortung mit sich, sie zu benutzen, und die Berufung Gottes zieht Gehorsam Ihm gegenüber nach sich. Natürlich müssen die Ansprüche, was Gabe und Berufung angeht, immer geprüft werden. Diejenigen, die geistlich gesinnt sind, werden leicht erkennen, ob jemand eine Gabe hat und von Gott berufen ist oder nicht und werden die fragliche Person dementsprechend ermutigen oder warnen.
Wenn es die Aufgabe der Versammlung oder irgendeines Menschen wäre, einen Lehrer, Hirten oder Evangelisten zu ordinieren oder zu ernennen, den der Herr mit einer Gabe ausgestattet hat und der vom Heiligen Geist befähigt wird, um Christus zu predigen und zu lehren, würde dies bedeuten, dass man die Ernennung und die Handlung Christi als unzureichend beiseitesetzen würde. Sicherlich kommt es der Versammlung zu, die Gaben Christi anzuerkennen und anzunehmen. Das ist Gehorsam Ihm gegenüber. Wenn nicht so gehandelt wird, ist das Ungehorsam gegenüber Christus. Die Versammlung kann aber keine geistlichen Gaben austeilen. Daher hat sie kein Recht darauf, ihre Diener auszuwählen oder zu ordinieren. Sie kann materielle Gaben austeilen und ist berechtigt, ihre Diener auszuwählen und solche zu ernennen, die sich um ihre finanziellen Mittel und andere Angelegenheiten kümmern sollen, was aber einen großen Unterschied zu der Berufung der Diener des Wortes darstellt.
Die Schrift spricht von Ältesten und Aufsehern, die von den Aposteln Paulus und Barnabas eingesetzt wurden oder von solchen, die für diesen Zweck einen speziellen Auftrag von dem Apostel besaßen, aber wir lesen niemals davon, dass jemand von Menschen ordiniert wurde, um das Evangelium zu predigen oder zu lehren oder ein Hirte in der Versammlung zu sein. Es gibt in der Schrift einen solchen Gedanken nicht. Das ist eine ganz und gar menschliche Erfindung. Älteste und Aufseher (was beides dasselbe ist, wie Titus 1,5–7 zeigt) waren ernannte Männer, die ein Amt oder örtliche Verantwortung in der Versammlung innehatten. Sie dürfen niemals mit Gaben zum Dienst verwechselt werden. Ämter und Gaben sind völlig verschiedene Dinge. Älteste und Diener sowie ihre Ämter werden uns später beschäftigen. Unser jetziges Thema ist der geistliche Dienst und die zugehörigen Diener.
Um den Gegenstand sehr eindeutig auszudrücken, wollen wir hier versichern, dass es keinen einzigen Abschnitt in der ganzen Bibel gibt, der zeigt, dass eine mit einer Gabe ausgestattete Person, wie ein Evangelist, Hirte oder Lehrer, von Menschen ordiniert werden muss, bevor sie einen geistlichen Dienst ausüben kann und ein anerkannter Diener in der Versammlung Gottes sein kann. Wir werden uns nun einige Beispiele in dem inspirierten historischen Buch über die frühe Versammlung, der Apostelgeschichte, ansehen, die unsere Feststellung beweisen.
Lasst uns den Fall von Stephanus in Apostelgeschichte 6 und 7 betrachten. Wer bestimmte Stephanus dazu das Wort Gottes zu predigen und darzureichen? Er war einer von denen, der von der Menge der Jünger ausgewählt wurde, um in der Angelegenheit der Versorgung der Witwen in der Versammlung zu dienen. Er wurde von den Aposteln für diese Arbeit ernannt oder eingesetzt – die Arbeit eines Dieners (Diakons). Später finden wir, dass Stephanus vor dem jüdischen Rat über das Wort Gottes sprach, wobei nicht erwähnt wird, dass er von einem Menschen für diesen Dienst ordiniert wurde, noch lesen wir etwas davon, dass die Versammlung ihn an der Predigt zu hindern suchte, weil er nur zur Arbeit eines Dieners berufen worden war. Welcher von Menschen ordinierte Prediger hat jemals so kraftvoll gepredigt und in so treuer und christusähnlicher Weise Zeugnis abgelegt wie dieser nicht ordinierte Stephanus!
Betrachten wir auch Apostelgeschichte 8,4. Nach der Verfolgung, die nach dem Märtyrertod des Stephanus aufkam, gingen die Zerstreuten umher „und verkündigten das Wort.“ Wer setzte sie ein oder wer hinderte sie an ihrer Predigt? Dasselbe Kapitel berichtet von dem gesegneten Predigtdienst und der Evangelisationsarbeit des Philippus, der wie Stephanus nur zu dem Werk eines Dieners bestellt worden war. Es gibt nicht einmal einen Hinweis darauf, dass er von Menschen ordiniert worden war, um zu predigen, nicht einmal von Petrus und Johannes, die von Jerusalem nach Samaria kamen, um dort zu helfen. In Apostelgeschichte 11,19–23 werden uns weitere Einzelheiten mitgeteilt in Bezug auf das Werk jener, die nach dem Tod des Stephanus zerstreut worden waren. Aber Barnabas, der von der Versammlung in Jerusalem zu ihnen gesandt wurde, ordinierte sie nicht oder versuchte gar es zu tun. An so etwas wurde nie gedacht.
Lasst uns nun nach Apostelgeschichte 13,1–4 gehen. Dies war lange die Textstelle, die theologische Führer zur Autorisierung der Ordination von Dienern bereitwillig als Referenz zitierten. In dem Abschnitt wird uns mitgeteilt, dass es in der Versammlung in Antiochien bestimmte Propheten und Lehrer gab. Fünf von ihnen werden namentlich erwähnt. „Während sie aber dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: Sondert mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werk aus, zu dem ich sie berufen habe. Da entließen sie sie, nachdem sie gefastet und gebetet und ihnen die Hände aufgelegt hatten. Sie nun, ausgesandt von dem Heiligen Geist, gingen hinab nach Seleuzia“.
Meint diese Schriftstelle, dass Barnabas und Saulus nun zum Dienst ordiniert wurden? Beide waren schon seit Jahren aktiv in der Arbeit für den Herrn tätig gewesen und hatten zuvor mehr als ein Jahr in Antiochien zugebracht, indem sie das Volk lehrten und die Gläubigen dort befestigten. Wie absurd ist es zu denken, dass diese Versammlung nun die Kraft haben sollte, sie zu ordinieren oder sie zu Aposteln zu machen. Es wird hier gewiss keine Ordination angedeutet.
Empfehlung und Gemeinschaft
Was wird dann in dem Fasten, Beten und Händeauflegen bei Barnabas und Saulus ausgedrückt? Das Händeauflegen wurde schon in 1. Mose praktiziert, wenn ein Vater oder ein Großvater die Hände auf die Kinder legten. Es war ein Zeichen des Anbefehlens an Gott durch jemanden, der sich dessen bewusst war, dass er Gott so nahe war, dass er mit seinem Segen rechnen konnte. So wurde diese Handlung im Neuen Testament häufig praktiziert – ohne den Anspruch, ihr irgendeinen amtlichen Charakter zu verleihen. Hier in Apostelgeschichte 13 stellte das Handauflegen einen feierlichen und kostbaren Akt der Gemeinschaft mit diesen geehrten Dienern Christi in dem besonderen Missionswerk dar, zu dem der Heilige Geist sie berufen hatte. Apostelgeschichte 14,26 drückt die wirkliche Bedeutung dieser Handlung klar aus, wenn es heißt, dass sie später nach Antiochien segelten, „von wo aus sie der Gnade Gottes anbefohlen worden waren zu dem Werk, das sie erfüllt hatten.“
Empfehlung und Gemeinschaft mit den Dienern Gottes ist folglich der eigentliche Gedanke, der hier in Apostelgeschichte 13,1–4 ausgedrückt wird. Dieser biblische Grundsatz verbleibt bis in die heutige Zeit und sollte praktiziert werden. Jeder auserwählte und mit einer Gabe ausgestattete Diener Christi sollte die Empfehlung, Gemeinschaft und Gebete seiner Heimatversammlung verspüren, wenn er in das Werk des Herrn einsteigt, zu dem der Heilige Geist ihn berufen hat. Alles sollte geordnet sein, damit seine Brüder ihn für das Werk des Herrn und für die Gemeinschaft mit Christen und der Versammlung an anderen Orten empfehlen können. Das ist die schriftgemäße und göttliche Ordnung im Hinblick auf den Diener und seinen Dienst, während eine Ordination nicht schriftgemäß ist. So wird auf der einen Seite das Extrem der Unabhängigkeit und Unordnung in der Versammlung vermieden, und auf der anderen Seite das Extrem des kirchlichen Systems, das sich auf Ordination stützt, um seine Macht zu sichern.
Der besondere Fall des Timotheus
Bevor wir unser Thema abschließen, müssen wir den eigentümlichen Fall des Timotheus ansprechen, bei dem durch das Auflegen von apostolischen Händen eine ganz besondere Wirkung hervorgerufen wurde. Wir zitieren hier die Worte von W. Kelly: „Timotheus wurde durch Prophezeiungen im Voraus für das Werk bestimmt, zu dem der Herr ihn berief. Geleitet durch Weissagung (1. Tim 4,14; 2. Tim 1,6) legt der Apostel seine Hände auf Timotheus und überträgt an ihn eine direkte Kraft durch den Heiligen Geist, die passend war für diesen besonderen Dienst, den er zu erfüllen hatte. Die Ältesten, die an dem Ort waren, schlossen sich dem Apostel an und legten ebenfalls ihre Hände auf. Aber es gibt einen Unterschied in dem vom Geist Gottes verwendeten Ausdruck, der zeigt, dass die Vermittlung der Gabe effektiv in keiner Weise von den Ältesten, sondern nur vom Apostel abhing. Das Auflegen der Ältesten begleitete die Handlung des Apostels, der geweissagt hatte (meta, mit, sie handelten zusammen mit dem, was der Apostel getan hatte, 1. Tim 4,14). Er selbst hatte Timotheus ebenfalls die Hände aufgelegt. Hier aber sind seine Hände das Mittel (dia, durch), durch das Timotheus die Gnadengabe übertragen bekommen hat. Es war ein Apostel, der eine solche Gabe vermittelte. Nie hören wir von Ältesten, die auf diese Weise eine Gabe übertrugen. Es gehörte nicht zu den Funktionen der Ältesten, sondern war ein apostolisches Vorrecht, entweder geistliche Kräfte zu vermitteln oder Männer durch Autorität mit einer Verantwortung zu bekleiden … aber wer kann dies heute tun?“
Der interessierte Leser mag auch die Fälle von Judas und Silas in Apostelgeschichte 15,22–34 und von Apollos in Apostelgeschichte 18,24–28 betrachten. Diese dienten ebenfalls ohne Ordination durch Menschen.
Dem ganzen System der Ordination durch Menschen unterliegt die Lehre der Nachfolge. Diese beruht auf der Macht, die Autorität, die angeblich ursprünglich von Gott empfangen wurde, von einem zum anderen weiterzugeben, so dass Bischöfe Aposteln nachfolgten etc. Aber wir haben gesehen, dass es so etwas nicht gab, dass Apostel für den geistlichen Dienst ordinierten. Wie kann es dann eine schriftgemäße Nachfolge von etwas geben, dass nicht existierte? Es ist alles eine Erfindung des einfallsreichen Geistes des Menschen. Was apostolische Nachfolge angeht, so gibt es in der Schrift einen solchen Gedanken nicht.
Lasst uns zum Abschluss dieses Themas 1. Petrus 4,10.11 betrachten – eine Schriftstelle, die gesunde Worte der Führung für den Diener Christi enthält und die bemerkenswerte Einfachheit der Ordnung Gottes für die Ausübung von Dienst vorstellt: „Je nachdem jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dient einander damit als gute Verwalter der mannigfaltigen Gnade Gottes. Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht, damit in allem Gott verherrlicht werde durch Jesus Christus, dem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit.“
Schmeichelnde Titel
Eng verbunden mit der Ordination durch Menschen ist die Vergabe von schmeichelnden Titeln, wie „Hochwürden“, „Pater“ etc., an den Ordinierten. Da diese Praxis in der Christenheit so allumfassend ist, muss sie ebenfalls durch die Schrift geprüft werden2. Das Wort Gottes lehrt, dass die Diener Christi geschätzt und geehrt werden sollten. In 1. Thessalonicher 5,12.13 heißt es in Bezug auf die Ältesten: „Wir bitten euch aber, Brüder, dass ihr die erkennt, die unter euch arbeiten und euch vorstehen im Herrn und euch zurechtweisen, und dass ihr sie über die Maßen in Liebe achtet, um ihres Werkes willen.“ Und in 1. Timotheus 5,17 finden wir die Ermahnung: „Die Ältesten, die wohl vorstehen, lass doppelter Ehre für würdig erachtet werden, besonders die, die in Wort und Lehre arbeiten.“ Aber nirgendwo gibt es einen Hinweis, dass die, die arbeiten, mit „Hochwürden“ etc. angeredet werden sollten. Unsere Wertschätzung und Ehre wird nicht dadurch gezeigt, dass wir ihnen einen Titel geben, der nur Gott zukommt. Das ist fehlende Ehrerbietung Ihm gegenüber und Ihm gewiss nicht wohlgefällig, dem alle Ehre und Herrlichkeit gebührt.
Die Worte von C. H. Spurgeon sind es wert, in diesem Zusammenhang beachtet zu werden: „Es gibt sehr viel ehrwürdige, sehr ehrwürdige und hoch ehrwürdige Sünder in der Welt. Was mich angeht, so wünsche ich mir, fortan einfach als ein Diener Gottes bekannt zu sein, und ich möchte, dass mein Wandel und mein Reden beweist, dass ich tatsächlich sein Diener bin. Wenn ich, der Diener Gottes, in irgendeinem Maß von meinen Mitchristen wertgeschätzt werden sollte, so soll dies nicht geschehen, weil eine Beifügung, die man Gott gestohlen hat, durch ein ordinierendes Konzil vor meinen Namen gesetzt wurde. Auch soll es nicht geschehen, weil mein Kragen hinten geknöpft ist oder mein Mantel vom Schnitt her wie der eines Geistlichen aussieht, sondern nur um meiner Arbeit willen.“
Gott sprach von Mose mit diesen Worten: „Mein Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus“ (4. Mo 12,7). Was für eine große Ehre ist es doch, von Gott „mein Knecht“ genannt zu werden! So sprachen die Apostel im Gebet zu Gott von sich selbst als „deine Knechte“ (Apg 4,29). Und in Philipper 1,1 nennen Paulus und Timotheus sich „Knechte Christi Jesu“. Dies ist sicherlich Ehre genug.
Der Herr sagte zu seinen Jüngern: „Ihr aber, lasst euch nicht Rabbi (Meister oder Lehrer) nennen; denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder. Nennt auch niemand auf der Erde euren Vater, denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist. Lasst euch auch nicht Meister nennen; denn euer Meister ist nur einer, der Christus. Der Größte aber unter euch soll euer Diener sein“ (Mt 23,8–11). Diese Worte sind gewiss deutlich genug gegenüber allen heutigen amtlichen Titeln.
Sogar schon in den Tagen Hiobs sagte Elihu: „Dass ich nur ja für niemand Partei nehme! Und keinem Menschen werde ich schmeicheln. Denn ich weiß nicht zu schmeicheln: Sehr bald würde mein Schöpfer mich wegnehmen“ (Hiob 32,21.22). Es ist sicher unangebracht für Jünger des verworfenen und gekreuzigten Heilands, schmeichelnde Titel zu tragen. Wir sollten vielmehr damit rechnen, dass wir beleidigende Titel von der Welt erhalten, wie es bei unserem Herrn der Fall war. „Doktor der Theologie“ wurde vom Heiligen Geist niemals als Titel an einen Menschen verliehen, und das Wort Pastor (lat. für Hirte) beschreibt die Natur einer der Gaben vom Herrn und wird in der Schrift nicht als ein Titel verwendet. Aber wir lesen von „Philippus, dem Evangelisten“ (Apg 21,8).
Materielle Unterstützung
Wie soll den materiellen Bedürfnissen des Dieners des Herrn im Dienst für den Meister begegnet werden? Dies ist eine sehr praktische Frage, die jeden wahren Diener früher oder später in Übung bringt. Wir können sicher sein, dass das Wort Gottes uns auch in Bezug auf diesen notwendigen Bereich im Werk des Dienstes wichtige Grundsätze und Regeln gibt.
Lasst uns zunächst in unser Gedächtnis rufen, was wir bezüglich des Dienstes in der Versammlung wiederholt betont haben, nämlich dass Christus unser lebendiges Haupt ist, dass die Gabe zum Dienst von Ihm kommt, dass Er den Diener zu seinem Dienst berufen hat und dass Er allein sein Meister ist, im Blick auf den dieser Dienst ausgeführt wird. Der Herr selbst stellt seine eigenen Diener an und sendet sie in seinen Weinberg. Sie sind die „Knechte Jesu Christi“, wie wir soeben gesehen haben.
Blick auf den Herrn! – Wenn diese Tatsachen endgültig in der Seele erfasst werden, wird der Diener in der Würde des Glaubens steigen – durch den kräftigenden Gedanken und das Bewusstsein, dass er der Diener des Herrn Jesus Christus ist. Die Angelegenheit der materiellen Unterstützung im Werk Gottes wird dann einfach und endgültig klar werden. Der Diener wird dann so handeln, wie es alle Diener tun. In Bezug auf ihren Lohn blicken sie auf den Herrn, dem sie dienen. Der Herr mag als seinen Zahlmeister gebrauchen, wen Er will. Wenn also jemand wahrhaft ein Diener Christi ist, wird er in Bezug auf all seine Bedürfnisse zu Christus aufblicken. Seine Aufgabe besteht darin, dem Herrn zu dienen. Die Sache des Herrn ist es, für seinen Diener zu sorgen. Ja, Er hat eindeutig verheißen es zu tun und wird als seine Zahlmeister gebrauchen, wen Er will, indem Er für seine Diener sorgt und sie für ihre Arbeiten in seinem Weinberg belohnt.
Der Weg des Dieners ist daher ein Weg der Abhängigkeit von seinem Herrn und Meister und des Vertrauens auf Ihn, was materielle Unterstützung angeht. Er soll nicht einmal vom Volk des Herrn abhängig sein, noch weniger von den Ungläubigen dieser Welt. Obwohl der Herr sein Volk als seine Instrumente benutzen möchte, um die Bedürfnisse seines Dieners zu erfüllen, muss der Diener stets auf den Herrn allein blicken. „Nur auf Gott vertraue still meine Seele, denn von ihm kommt meine Erwartung“ (Ps 62,6) – dies ist stets die Haltung wahren Glaubens. Er hat gesagt: „Mein ist das Silber und mein das Gold, spricht der Herr der Heerscharen“ (Hag 2,8) und „Denn mein ist alles Getier des Waldes, das Vieh auf tausend Bergen. (…) Denn mein ist der Erdkreis und seine Fülle“ (Ps 50,10.12). Es ist also für Gott ein Kleines, den Bedürfnissen seiner Diener zu begegnen, wie viele über Jahre hinweg bewiesen haben.
Der Herr sagte zu seinen Jüngern: „Seid nicht besorgt für das Leben, was ihr essen, noch für den Leib, was ihr anziehen sollt, (…) und seid nicht in Unruhe (…) euer Vater aber weiß, dass ihr dies nötig habt. Trachtet jedoch nach seinem Reich, und dies wird euch hinzugefügt werden“ (Lk 12,22–31). Wenn jemand seine Zeit und seine Kraft im treuen Dienst für den Herrn einsetzt, wird Er einem solchen beweisen, dass jede Verheißung seines Mundes wahr und zuverlässig ist. Dies ist die gesegnete Erfahrung jedes Dieners gewesen, der im einfachen Vertrauen auf den Herrn betreffs aller Dinge vorangeschritten ist.
Wenn Petrus sagt: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird uns nun zuteilwerden?“, so antwortete der Herr Jesus: „Jeder, der verlassen hat Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Frau oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, wird hundertfach empfangen und ewiges Leben erben“ (Mt 19,27–29). Der Herr wird niemandem etwas schuldig bleiben. Er ist ein treuer und gnädiger Meister, der es sogar belohnt, wenn man in seinem Namen einen Becher mit kaltem Wasser darreicht. Niemand dient Ihm jemals ohne Belohnung.
Bemühung der Liebe und des Glaubens
Aber der Dienst, der ausgeübt wird, muss stets eine „Bemühung der Liebe“ sein (1. Thes 1,3), „nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig“ (1. Pet 5,2). Paulus konnte sagen: „Ich habe niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisst, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben“ (Apg 20,33.34). Er sagte auch: „Ich suche nicht das Eure, sondern euch“ und „alles aber, Geliebte, zu eurer Auferbauung“ (2. Kor 12,14.19). Der wahre Diener Christi arbeitet nicht für Geld, oder um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er arbeitet aus Liebe zum Herrn und zu kostbaren Seelen, indem er danach strebt, dass sie gesegnet werden, und nicht nach ihrem Besitz trachtet. Was seine Bedürfnisse und die seiner Familie angeht, so vertraut er auf den Herrn und nimmt dankbar an, was ihm als von dem Herrn gegeben wird, dem er dient. Ein solcher, dessen Herz so voller Liebe und Glauben ist, wird es nicht nötig haben, sich bei Menschen zu verdingen oder einen Vertrag über ein festgelegtes Gehalt zu unterschreiben, um im Gegenzug gewisse Dienste zu tun. Die Liebe Christi wird ihn drängen, im Werk des Herrn stets überströmend zu sein, indem er sein Auge auf seinen Erretter und Herrn richtet, der versprochen hat jedes Bedürfnis zu erfüllen.
Es ist auch wichtig zu beachten, was Paulus den Korinthern in Bezug auf seinen Dienst schrieb. „Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkündigte! Denn wenn ich dies freiwillig tue, so habe ich Lohn. (...) Was ist nun mein Lohn? Dass ich, das Evangelium verkündigend, das Evangelium kostenfrei mache“ (1. Kor 9,16–18). Dies sollte das Ziel jedes Verkündigers des Evangeliums sein – die freie Gabe Gottes vorzustellen, ewiges Leben in Christus Jesus umsonst. Wenn der Sammelbeutel nach dem Dienst herumgeht und die Leute – sowohl Ungläubige als auch Gläubige – gezwungen werden zu geben, so wird das Evangelium nicht kostenfrei gemacht. In den Tagen Johannes‘ gingen die Brüder für den Namen Christi aus und nahmen „nichts von denen aus den Nationen“ (3. Joh 7). Von den Ungläubigen wird nicht erwartet, dass sie etwas für das Werk des Herrn geben. Die Gläubigen sollen es mit Freuden aus freiem Willen heraus tun.
Verantwortung der Christen
Bislang haben wir uns mit dem Weg des Dieners im Glauben und Vertrauen auf den Herrn beschäftigt, was materielle Unterstützung angeht. Es gibt jedoch eine andere Seite dieser Angelegenheit, nämlich die Verantwortung und das Vorrecht des Volkes des Herrn, etwas von ihren Mitteln für das Werk des Herrn und für die Versorgung seiner Diener zu geben und jenen darzureichen, die ihnen dienen. Der Diener blickt auf den Herrn, was seine Bedürfnisse angeht, und der Herr blickt auf sein Volk, um diesen Bedürfnissen in einer natürlichen, praktischen Weise zu begegnen. Einige Schriftstellen werden diese Seite der Verantwortung vor uns bringen.
Viele Male im Alten Testament wurde Israel ermahnt, dem Herrn ihre Zehnten und freiwilligen Opfer zu bringen und des Leviten zu gedenken, der dem Herrn völlig diente (5. Mo 12). Und in 1. Korinther 9,7–14 spricht Paulus davon, dass der Diener des Herrn ein Recht darauf hat, materielle Dinge zu bekommen. „Wenn wir euch das Geistliche gesät haben, ist es etwas Großes, wenn wir euer Fleischliches ernten? (...) Wisst ihr nicht, dass die, die mit den heiligen Dingen beschäftigt sind, aus dem Tempel essen? Dass die, die am Altar dienen, mit dem Altar teilen? So hat auch der Herr für die, die das Evangelium verkündigen, angeordnet, vom Evangelium zu leben.“ So werden wir auch in Galater 6,6 ermahnt: „Wer in dem Wort unterwiesen wird, teile aber von allem Guten dem mit, der ihn unterweist.“ In Lukas 10,7 sagte der Herr zu seinen Jüngern: „In demselben Haus aber bleibt, und esst und trinkt, was sie euch anbieten; denn der Arbeiter ist seines Lohnes wert“ (vgl. auch 1. Tim 5,18). Seine Diener haben Anspruch auf das, was ihnen gegeben wird. In 1. Korinther 16,2 wird uns gesagt: „An jedem ersten Wochentag lege ein jeder von euch bei sich zurück und sammle auf, je nachdem er Gedeihen hat.“ Das Volk des Herrn wird also ermahnt, regelmäßig, persönlich und entsprechend dem eigenen Einkommen für seine Belange zu geben.
Kraft für den Dienst
Bevor wir dieses Thema „Der einzelne Diener und sein Dienst“ abschließen, müssen wir etwas über die Kraft für diesen himmlischen Dienst sprechen. Wir haben die Notwendigkeit betont, dass man für den Dienst eine Gabe von dem Herrn haben muss, aber der bloße Besitz einer Gabe genügt nicht. Für ihre fruchtbare Ausübung muss Kraft vorhanden sein. Diese Kraft wird im Heiligen Geist gefunden, der in jedem Gläubigen wohnt. Kraft besteht nicht in Beredsamkeit oder Redekunst, die Menschen in ihren Bann zieht. Es ist die Kraft Gottes, die in einem menschlichen Gefäß wirkt und auf Herzen Einfluss nimmt. Auf diese göttliche Kraft verließ sich der Apostel Paulus. „Und meine Rede und meine Predigt war nicht in überredenden Worten der Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft“ (1. Kor 2,4).
Für einen gesegneten Dienst muss daher eine deutliche Abhängigkeit vom Heiligen Geist vorhanden sein, um den Gläubigen zu führen und das Wort in lebendiger Kraft weiterzugeben. Dazu darf der Geist in dem Gefäß nicht betrübt werden, und der Diener muss sich viel in Gebet und Selbstgericht üben. Jedes Wissen und jede Fähigkeit muss zu den Füßen des Herrn gelegt werden, und man muss als ein leeres Gefäß auf Ihn warten, um von dem Geist erfüllt und gebraucht zu werden. Dann wird die Verkündigung des unergründlichen Reichtums des Christus mit Sicherheit in Kraft geschehen. Und ein solcher Dienst, der durch Hingabe an Christus und Leitung des Geistes gekennzeichnet ist, ist gewiss das, was die Versammlung Gottes benötigt.
In diesem Zusammenhang möchten wir dem Leser gerne die folgenden Zeilen von C. H. Mackintosh über das Geheimnis des Dienstes vorstellen:
„Das wahre Geheimnis jedes Dienstes ist geistliche Kraft. Es ist nicht die Begabung, der Intellekt oder die Energie des Menschen, sondern einfach die Kraft des Geistes Gottes. Dies traf in den Tagen Moses zu (4. Mo 11,14–17) und ist immer noch wahr. ‚Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr der Heerscharen‘ (Sach 4,6). Es ist für alle Diener gut, dies stets im Gedächtnis zu behalten. Es wird das Herz stützen und ihrem Dienst anhaltende Frische verleihen.“
Ein Dienst, der aus beständiger Abhängigkeit vom Heiligen Geist entspringt, kann niemals fruchtlos werden. Wenn ein Mensch sich auf seine eigenen Hilfsmittel stützt, wird er bald kraftlos sein. Es kommt nicht darauf an, worin seine Kräfte bestehen mögen oder wie belesen er ist oder wie riesig sein Informationsschatz ist. Wenn der Heilige Geist nicht die Quelle und Kraft seines Dienstes ist, muss er früher oder später seine Frische und seine Leistungsfähigkeit verlieren.
Wie wichtig ist es daher, dass alle diejenigen, die dienen – sei es im Evangelium oder in der Versammlung Gottes –, sich fortwährend und ausschließlich auf die Kraft des Heiligen Geistes stützen! Er weiß, was Seelen brauchen, und Er kann es zur Verfügung stellen. Aber man muss auf Ihn vertrauen und von Ihm Gebrauch machen. Es wird nicht ausreichen, sich teilweise auf sich selbst und teilweise auf den Geist Gottes zu stützen. Wenn nur etwas Vertrauen auf die eigene Kraft vorhanden ist, wird es bald offenbar werden. Wir müssen wirklich allem auf den Grund gehen, was zu unserem Ich gehört, wenn wir Gefäße des Heiligen Geistes sein sollen.
Das heißt nicht – müssen wir das erwähnen? –, dass es nicht heilige Sorgfalt und heiligen Ernst im Studium des Wortes Gottes geben sollte, ebenso wie auch in dem Studium der Übungen, Prüfungen, Konflikte und verschiedenen Schwierigkeiten der Seele. Ganz im Gegenteil. Wir fühlen uns überzeugt, dass wir umso sorgfältiger und ernsthafter das Buch erforschen sollen, je mehr wir uns in Anerkennung der eigenen Unzulänglichkeit auf die mächtige Kraft des Heiligen Geistes stützen. Es wäre ein fataler Fehler für einen Menschen, vorgebliche Abhängigkeit vom Geist als eine Ausrede dafür zu gebrauchen, vom Gebet gekennzeichnetes Studium und Sinnen zu vernachlässigen. „Bedenke dies sorgfältig; lebe darin, damit deine Fortschritte allen offenbar seien“ (1. Tim 4,15).
Aber lasst uns nach allem stets daran denken, dass der Heilige Geist die immer lebendige, niemals versagende Quelle des Dienstes ist. Er allein ist es, der in göttlicher Frische und Fülle die Schätze des Wortes Gottes hervorbringen und sie in himmlischer Kraft auf das gegenwärtige Bedürfnis der Seele anwenden kann. Es geht nicht darum, neue Wahrheiten hervorzubringen, sondern einfach das Wort selbst zu entfalten und dafür zu sorgen, dass es auf den moralischen und geistlichen Zustand des Volkes Gottes einwirkt. Dies ist wahrer Dienst.“
Möge der Herr allen seinen teuren Dienern helfen, ihren Dienst stets in der Kraft des Heiligen Geistes auszuüben.
Fußnoten