Das Berufsleben des Christen
Biblische Grundsätze für das Berufsleben

Zusammenfassung & Schlussgedanken

Das Berufsleben des Christen

Wir haben nun eine ganze Reihe von Gesichtspunkten beleuchtet, die aus der Sicht des Wortes Gottes für die berufliche Tätigkeit eines Christen eine Rolle spielen. In diesem Buch finden die vielen und vielfältigen Beispiele aus dem Alten und Neuen Testament als Grundlage für praktische Belehrungen für unser Arbeitsleben (noch) keinen Platz. Auch eine Reihe von Fragen, die immer wieder zu diesem Thema gestellt werden, sollten an anderer Stelle noch einmal aufgegriffen werden.

Zum Abschluss1 dieses Buches richten wir nochmals den Blick auf die Haltung und die innere Einstellung, die uns bei der Ausübung dieser Arbeit prägt. Wie bei allen anderen Dingen, die wir in unserem Leben tun, ist es letztendlich entscheidend, wie unser Herz dazu steht, auch wenn es in einem ersten Schritt notwendig ist, dass wir mit dem Verstand erfasst haben, was die Bibel darüber sagt.

Einstellung zur Arbeit

Die Arbeit wurde dem Menschen bereits im Garten Eden gegeben: „Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, ihn zu bebauen und zu bewahren“ (1. Mo 2,15). Aber wir lesen, dass erst nach dem Sündenfall die Arbeit Mühe machte: „So sei der Erdboden verflucht um deinetwillen: Mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens … Im Schweiß deines Angesichts wirst du dein Brot essen“ (1. Mo 3,17.19). Seitdem hat die Arbeit sowohl angenehme („bebauen und bewahren“) als auch unangenehme Seiten („Mühsal“).

Der Sündenfall hatte jedoch nicht nur zur Folge, dass die Arbeit von diesem Zeitpunkt an anstrengend war. Der Christ muss sich immer die Frage stellen, was für positive Aspekte zu der von Gott gegebenen Arbeit gehören. Andererseits muss er sich klarmachen, was als Folge der Sünde über ein gesundes Maß an Arbeit hinausgeht. In diesem Spannungsfeld bewegen wir uns.

Zum Abschluss dieses Buches gehen wir auf einige dieser Spannungsmomente noch einmal zusammenfassend ein. Wir werden immer wieder feststellen, dass es noch relativ einfach ist, die beiden gegensätzlichen Standpunkte zu benennen. Die Herausforderung aber besteht oft darin, für die konkrete Situation in unserem Arbeitsalltag ein geistliches Urteil zu fällen.

Lebensunterhalt oder Reichtum?

Der eigentliche Zweck der Arbeit ist es, „sein eigenes Brot zu essen“ (2. Thes 3,12; 1. Mo 3,17), das heißt, den Lebensunterhalt für sich und, falls vorhanden, seine Familie zu verdienen (1. Tim 5,8). Darüber hinaus haben wir durch unseren Verdienst dem Bedürftigen etwas weiterzugeben (Eph 4,28). Die Kritik am „unordentlichen Lebenswandel“ in 2. Thessalonicher 3,12 zeigt, dass ein Christ finanzielle Abhängigkeit vom Staat (d. h. in westlichen Ländern von der Arbeitslosen- bzw. Sozialhilfe) oder von Geschwistern vermeiden sollte, soweit es in seiner Macht steht.

Sofern wir eine Arbeitsstelle haben, droht uns in aller Regel eher Gefahr von einer anderen Seite: Unter Lebensunterhalt versteht die Bibel, dass wir „Nahrung und Bedeckung“ haben. Daran „sollen wir uns genügen lassen“ (1. Tim 6,8). Allzu leicht verwechseln wir diesen Lebensunterhalt mit einem Lebensstandard, der von der Gesellschaft als erstrebenswertes Ziel vorgegeben wird. Dann geht es (nur noch) um Wohlstand und Lifestyle. Mit zunehmendem Wohlstand steigt dann das Anspruchsdenken: „Wer das Geld liebt, wird des Geldes nicht satt, und wer den Reichtum liebt, nicht des Ertrags. Auch das ist Eitelkeit“ (Pred 5,9).

Es ist für jeden von uns immer wieder eine persönliche Herausforderung, die Grenze zwischen Sparsamkeit einerseits (die gut ist, denn ein „Versorge-Auftrag“ ist unter anderem ein Vorsorge-Auftrag, vgl. 1. Tim 5,8) und Geldliebe beziehungsweise dem Wunsch, reich werden zu wollen, andererseits für sich zu erkennen und nicht zu überschreiten. Davor warnt das Wort Gottes sehr eindrücklich (z. B. 1. Tim 6,9.10; Ps 62,11).

Der Weg zu einem Leben in Unabhängigkeit von Gott ist hier nicht weit. Daher drückt es Agur einmal so aus: „Armut und Reichtum gib mir nicht, speise mich mit dem mir beschiedenen Brot, damit ich nicht satt werde und spreche: Wer ist der Herr?“ (Spr 30,8).

Bestätigung oder Selbstverwirklichung

Bei vielen Menschen ist gar nicht unbedingt die Geldliebe der Antrieb zur Arbeit, sondern der Wunsch, sich durch die Arbeit selbst zu verwirklichen. Man identifiziert sich mit dem Beruf und sieht diesen als ein Statussymbol an. Manche suchen darin gar den Sinn des Lebens. Trotzdem muss die eigentliche Sehnsucht des Menschen ungestillt bleiben, weil sie über das Irdische hinausgeht: „Alle Mühe des Menschen ist für seinen Mund, und dennoch wird seine Seele nicht gefüllt“ (Pred 6,7).

Auf der anderen Seite ist das „Bebauen und Bewahren“ im Garten Eden ein positiver Auftrag von Gott. Die Arbeit gibt dem Gläubigen positive Impulse. Sie kann ihm ein gesundes Selbstwertgefühl2 geben. Man hat das Empfinden, etwas Nützliches zu tun oder gebraucht und gelobt zu werden. Die berufliche Tätigkeit kann darüber hinaus einfach Freude machen oder umgekehrt helfen, Leid zu vergessen. 

Die Grenze zum „Aufgehen in der Arbeit“ ist wieder fließend. So besteht die Gefahr, Vertrauen oder gar Stolz auf die eigene Stärke zu empfinden: „… und du in deinem Herzen sprichst: Meine Kraft und die Stärke meiner Hand haben mir dieses Vermögen geschafft“ (5. Mo 8,17). Auch können wir uns durch unsere berufliche Position einen gewissen Status in unserem Freundeskreis oder gesellschaftlichen Umfeld versprechen. Dies kann zum Beispiel ein Status sein, der sich über Einkommen oder Vermögen definiert.

Aber kann nicht schon einfach der Stolz auf die interessante Tätigkeit oder die erreichte Position uns zu einer Gefahr werden? Die Schrift sagt dazu: „Des Menschen Stolz wird ihn erniedrigen; wer aber demütig ist, wird Ehre erlangen“ (Spr 29,23).

Umgekehrt darf man nicht unbedingt Selbstbestätigung im Beruf erwarten. Weder eine – nach eigener Meinung – unterdurchschnittliche Ausbildung noch eine eintönige Tätigkeit sollten den Gedanken aufkommen lassen: „Ich tue etwas Minderwertiges und bin dadurch minderwertig!“ Wir neigen leicht zu Extremen. Entweder sind wir stolz oder wir resignieren. Beides will Gott nicht.

Unsere eigentliche Anerkennung ist uns immer sicher, da sie von unserem Herrn kommt, für den wir unseren Beruf ausüben: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass ihr vom Herrn die Vergeltung des Erbes empfangen werdet; ihr dient dem Herrn Christus“ (Kol 3,23). Der Zweck unserer Arbeit ist letztlich der Broterwerb. Das wird oft mit „Mühsal“ verbunden sein. Spaß oder menschliche Anerkennung ist uns nicht verheißen.

Himmlische Berufung oder irdischer Beruf

Als Menschen bedeutet die Arbeit für uns Lebensunterhalt, als Gläubige stehen wir noch in einer anderen Beziehung zu ihr. Unser irdischer Beruf ist nämlich im Grundsatz eine Tätigkeit für unseren Herrn, nicht für die Menschen um uns herum: „… indem ihr … mit Gutwilligkeit dient, als dem Herrn und nicht den Menschen“ (Eph 6,5–9).

In diesem Sinn sind wir alle stets im „vollzeitlichen Dienst“ für unseren Herrn tätig. Das bedeutet, dass wir uns immer zur Ehre Gottes verhalten sollten: „Ob ihr nun esst oder trinkt oder irgendetwas tut, tut alles zur Ehre Gottes“ (1. Kor 10,31). Dies bedeutet, dass wir unsere Kraft und Fähigkeiten in den Dienst dieser Arbeit stellen. Schon bei der Berufswahl sollten wir darauf achten, dass die uns von Gott gegebenen Fähigkeiten, jedenfalls wenn es möglich ist, in der angestrebten Tätigkeit eingesetzt werden können.

Auf der anderen Seite bleibt der Beruf eine Tätigkeit für unser irdisches Dasein. Unser Sinnen sollte sich dabei jedoch nicht auf die Dinge dieser Erde richten. Denn „unser Bürgertum ist in den Himmeln“ (Phil 3,19.20; Kol 3,2). Unsere eigentliche Berufung ist nicht irdisch, sondern himmlisch. Dieses Bewusstsein gibt jeder irdischen Institution den richtigen Stellenwert. Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass es nach den Gedanken Gottes ist, wenn wir im Büro treu arbeiten – sogar für Ihn –, sonst aber keine Anstrengungen im Reich Gottes unternehmen. Wenn wir diese Prioritäten beachten, wird Gott uns im Irdischen versorgen: „Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden“ (Mt 6,33).

Zeit und Kraft wofür?

Oft ist es aber gar nicht eine Frage des grundsätzlichen Stellenwerts der Arbeit, der unseren Entscheidungen zugrunde liegt. Es sind die begrenzte Zeit und Kraft, die wir zur Verfügung haben, die uns dazu zwingen, immer wieder die richtigen Prioritäten für Beruf, Familie, Freunde, Entspannung, Gemeinde und Dienst für den Herrn Jesus zu setzen.

Auch für uns Gläubige kann der Einfluss des Wortes Gottes durch die Beschäftigungen des Alltags erstickt werden: „Was aber in die Dornen fiel, das sind solche, die gehört haben und hingehen und durch Sorgen und Reichtum und Vergnügungen erstickt werden und nichts zur Reife bringen“ (Lk 8,14). Ein ausgewogenes zeitliches Engagement im Beruf erfordert Disziplin und Zeitmanagement.

Da Aufgaben, je nach Tätigkeit, nicht immer konkret vorgegeben werden, sondern sich aus der Funktion im Unternehmen ableiten, wird dort selbstständiges Arbeiten in vielen Bereichen vorausgesetzt. Nur mit Eigeninitiative lassen sich die vorgegebenen Ziele erfüllen. Dadurch stehen wir manchmal selbst vor der Entscheidung, etwas zu tun oder zu lassen. Dabei reicht die reguläre Arbeitszeit für die Menge der Aufgaben oft nicht aus. Unsere Herausforderung besteht dann darin, im richtigen Moment Nein zu sagen. Dies ist vergleichsweise einfach, wenn man eine Aufgabe ablehnen kann, die auf freiwilliger Basis vergeben wird. Schwierig kann es aber werden, wenn man dem Vorgesetzten deutlich machen muss, dass man trotz erheblichem Einsatz an Grenzen stößt.

Auch die Motive für unsere Einsatzbereitschaft sollten wir im Auge behalten. Anstatt der Erfüllung unserer Aufgaben kann nämlich Ehrgeiz unser Motor sein. Oder sogar ein gewisses Machtstreben, denn Einfluss kann durch fleißiges „Schaffen von Fakten“ erreicht werden. Manchmal kann die Arbeit zu einer Flucht werden – vor der Verantwortung in der Familie oder der örtlichen Versammlung (Gemeinde, Kirche) oder vor anderen Problemen.

Die richtige Einstellung zur Arbeit ist damit nicht etwas, was man einmal lernt und dann begriffen hat. Wir benötigen dazu täglich neue Weisheit, die wir von unserem Herrn erbitten können. „Wer weisen Herzens ist, nimmt Gebote an“ (Spr 10,8).

Gott hat uns die Arbeit als segensreiche Beschäftigung übertragen. In seinem Wort verpflichtet Er uns, fleißig und engagiert zu arbeiten. Er ist unser höchster Vorgesetzter, dem wir letztlich verantwortlich sind. An uns ist es daher, auch in diesem Bereich unseres Lebens treu zu sein.

Fußnoten

  • 1 Dieses Schlusskapitel stammt, so wie das Kapitel über die Projektarbeit, von Olaf Müller, München. Es wurde im Jahr 2006 (Heft 9) in der Jugendzeitschrift Folge mir nach (online abrufbar unter: www.folgemirnach.de) im Verlag „Christliche Schriftenverbreitung“, Hückeswagen, veröffentlicht. Wir drucken es hier mit freundlicher Genehmigung des Autors in wieder leicht überarbeiteter Fassung ab.
  • 2 Dieses positive Selbstwertgefühl ist nicht zu verwechseln mit einem falschen Selbstbewusstsein. Dieses ist von Vertrauen auf die eigene Kraft (Selbstvertrauen) geprägt und zeigt sich in selbstsicherem Auftreten. Es geht vielmehr um das Bewusstsein, dass Gott gerade in mir einen Wert sieht. Daher kann ich durch mein Verhalten Gott erfreuen und meinen Mitmenschen eine Hilfe sein.
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