Das Berufsleben des Christen
Biblische Grundsätze für das Berufsleben
Darf der Arbeitnehmer ein bestimmtes Gehalt fordern?
In biblischen Zeiten bestand vermutlich eine große Anzahl an Arbeitsverhältnissen darin, dass ein Herr Sklaven besaß. In diesem Fall mussten keine Arbeitsverträge und Löhne ausgehandelt werden. Der Herr legte alles fest.
Heute leben wir dagegen in einer Gesellschaft, in der Mitarbeiter viele Rechte haben. Die meisten Unternehmen unterliegen den Mitbestimmungsregelungen, die ihre unternehmerischen Entscheidungen beeinflussen. Das heißt, Arbeitnehmer müssen bei Veränderungsprozessen, die Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben (Kurzarbeit, Entlassungen, Wechsel in eine andere Abteilung), zumindest angehört werden. Oft werden Mitarbeitervertreter direkt an Veränderungsprozessen und ihren Planungen beteiligt. Auf diese Weise haben Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen heute großen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen. Nur wenige, besonders kleinere (oder auch „christliche“) Unternehmen haben keinen Betriebsrat.
Diese gesetzlichen Veränderungen der letzten rund 100 Jahre in Deutschland haben schon längst dazu geführt, dass Arbeitgeber nicht einfach von sich aus Löhne festlegen können. Löhne und Gehälter für Arbeiter und Angestellte werden zum Teil in Tarifverträgen vereinbart. Bei Mitarbeitern mit Führungsverantwortung handelt es sich allerdings oftmals um Einzelverträge. Diese werden zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer direkt verhandelt.
Lohnverhandlungen
Nun stellt sich die Frage, ob ein Christ überhaupt über seinen eigenen Lohn oder das Gehalt verhandeln sollte. Vielleicht erscheint manchem diese Frage seltsam, unnatürlich und theoretisch. Manche kennen es auch heute noch nicht, dass sie selbst an der Festlegung des Gehaltes beteiligt werden. Andere wiederum finden es ganz selbstverständlich, den Lohn, das Gehalt auszuhandeln. Wir wollen nicht übersehen, dass gerade wir als Christen sowohl in den großen Dingen als auch in sogenannten alltäglichen Bereichen nach dem Willen Gottes fragen sollten.
In Matthäus 20 berichtet der Evangelist ein Gleichnis, das der Herr Jesus seinen Jüngern erzählte. Der Besitzer eines Weinbergs will tüchtige Arbeiter für die Arbeit in seinem Weinberg anwerben. Sie verhandeln mit dem Hausherrn über ihren Lohn: „Nachdem er aber mit den Arbeitern über einen Denar den Tag einig geworden war, sandte er sie in seinen Weinberg“ (Mt 20,2).
Wir können diesem Gleichnis entnehmen, dass es schon damals Arbeiter gab, die als Tagelöhner und nicht als Sklaven tätig waren. Sie sprachen mit dem Herrn des jeweiligen Unternehmens – hier des Weinbergs – über ihre Anstellung und ihren Lohn. Das kann man mit den Lohn- und Gehaltsverhandlungen vergleichen, die in Verbindung mit einem Anstellungsvertrag geführt werden. Die Tatsache, dass der Herr Jesus dieses Gleichnis erzählt und diese „Lohnverhandlungen“ nicht negativ kommentiert, sondern als natürlich hinstellt, können wir vielleicht als eine Bestätigung verstehen, dass Lohnverhandlungen nicht grundsätzlich falsch sind. Auch wir heute dürfen mit Vorgesetzten bzw. mit dem Arbeitgeber über unser Gehalt verhandeln.
Lohnforderungen
Eine Lohnverhandlung zu führen ist das eine. Entscheidend ist aber, wie hoch der Lohn am Ende des Tages ausfällt. Hier erinnern wir uns daran, dass Habsucht bzw. Gier eines Christen nicht würdig ist.
Man ist erschrocken, dass Habsucht auf eine Stufe mit Hurerei und Unreinheit gestellt wird. In Epheser 5,3 heißt es: „Hurerei aber und alle Unreinheit oder Habsucht werde nicht einmal unter euch genannt, wie es Heiligen geziemt“ (Eph 5,3). Habsucht ist Gier und wird vom Apostel Paulus an anderer Stelle regelrecht gebrandmarkt: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind: Hurerei, Unreinheit, Leidenschaft, böse Lust und Habsucht, die Götzendienst ist, um derentwillen der Zorn Gottes über die Söhne des Ungehorsams kommt“ (Kol 3,5.6).
Schon im Alten Testament wird davor gewarnt, aus Habgier zu arbeiten: „Wehe denen, die Haus an Haus reihen, Feld an Feld rücken, bis gar kein Raum mehr ist und ihr allein sesshaft seid inmitten des Landes“ (Jes 5,8).
Wenn wir künftig Lohnverhandlungen führen, sollten wir an diese Verse denken. Gott hat nichts dagegen, wenn wir in vernünftiger Weise mit unseren Vorgesetzten bzw. mit dem Arbeitgeber über unseren Lohn verhandeln. Er hat auch den Grundsatz festgelegt, dass der Arbeiter seines Lohnes wert ist (vgl. Lk 10,7; 1. Tim 5,18). Unsere Wünsche sollten allerdings angemessen sein. Investmentbanker beispielsweise haben sich den Ruf erworben, bei Gehaltsansprüchen oftmals weit über das Ziel hinauszuschießen. So sollte niemals der Ruf eines Christen sein. Und vergessen wir nicht: Wer viel fordert, darf davon ausgehen, dass umso mehr von ihm selbst gefordert wird – an Zeit, an Energie, an Leistungsbereitschaft usw. Das alles fehlt dann der Familie und im Dienst für den Herrn.
Geldliebe
Die Geldliebe ist eine gewaltige Gefahr für jeden Menschen, auch für Christen. „Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, der nachstrebend einige von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben. Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge“ (1. Tim 6,10.11). In manchen Bereichen unserer Wirtschaft kann man heute sehr viel Geld verdienen. Aber auch unabhängig von der Höhe des Verdienstes kann uns diese Geldliebe charakterisieren. Wer aber das Geld liebt, kann nicht zugleich den Herrn Jesus lieben und Ihm hingebungsvoll dienen: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ (Mt 6,24). Christus, der Sohn Gottes, wurde um unsertwillen arm (2. Kor 8,9). Wie könnten wir dann in der Welt, die Ihn gekreuzigt hat, reich werden wollen? Wer viel Geld sammeln will, reicht Satan den kleinen Finger. Judas war ein Dieb und geldgierig; sein Ende war und ist furchtbar.
Da ist es besser, der Weisheit des Königs Salomo zu folgen: „Besser wenig mit der Furcht des HERRN, als ein großer Schatz und Unruhe dabei“ (Spr 15,16). Einem Christen sollte es nicht auf den vergänglichen materiellen Segen ankommen, sondern darauf, dass er von Gott geistlich gesegnet wird und im beruflichen Umfeld an der Hand seines Retters lebt. Das gilt im Übrigen für gläubige Arbeitgeber (Vorgesetzte) sowie für Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte).
Gehaltserhöhung
Das Thema Lohnforderung schließt die Frage nach Gehaltserhöhungen mit ein. Dass ein Christ sein Gehalt vertraglich vereinbaren kann, haben wir behandelt. Darf er aber in einem bestehenden Angestelltenverhältnis nach einer Gehaltserhöhung fragen, sie anmahnen oder gar fordern?
Um diese Frage zu beantworten, kommen wir noch einmal auf Matthäus 20 zurück. Dort lesen wir, dass ein Arbeitgeber mit einem interessierten Arbeiter über den Tageslohn einig wird. Damals wurden Arbeiter offenbar für eine bestimmte Zeit angeworben. Für einen neuen Tag konnte das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten neu verhandelt werden. In diesem Sinn kann man es auf die heutige Zeit übertragen. Es ist sicher nicht verkehrt, dass Mitarbeiter nach einer angemessenen Zeitspanne ein entsprechendes Gehaltsgespräch mit ihren Vorgesetzten suchen, auch wenn es bei uns nicht um ein neues Arbeitsverhältnis geht. Das ist im Übrigen heute regelmäßig Teil des Beurteilungsgesprächs.
In vielen Unternehmen ist es für einen Teil der Arbeitnehmer ohnehin üblich, jährlich ein solches Beurteilungsgespräch zu führen. Dazu gehört nicht nur die Beurteilung der geleisteten Arbeit vonseiten des Arbeitgebers bzw. der gezeigten Arbeitseinstellung des Mitarbeiters. Weitere wichtige Aspekte sind eine Diskussion über die aktuelle Gehaltssituation sowie die Zufriedenheit des Mitarbeiters. Solch einem Gespräch kann sich ein Christ nicht entziehen. Er mag nüchtern darüber nachdenken, ob es wirklich sinnvoll ist, ein höheres Gehalt zu fordern bzw. dieses Thema in dem Gespräch von sich aus anzusprechen. Oftmals wird dies jedoch geradezu erwartet.
Wenn man nun den 13. Vers von Matthäus 20 noch hinzunimmt, kann man eine Grenze im Blick auf Gehaltsforderungen erkennen. In diesem Vers heißt es: „Er [der Herr des Weinbergs, also der Arbeitgeber im übertragenen Sinn] aber antwortete und sprach zu einem von ihnen: Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht über einen Denar mit mir einig geworden? Nimm das deine und geh hin“ (Mt 20,13.14).
Zufrieden sein
Es geht in dieser Auseinandersetzung der Arbeiter im Weinberg mit dem Hausherrn darum, dass ein Arbeiter die vereinbarte Gehaltsleistung im Nachhinein verändern wollte. Er hatte mitbekommen, dass ein anderer Arbeiter für viel weniger Einsatz und Zeit dasselbe Gehalt bekam wie er selbst. Vielleicht kann man darüber hinaus aus diesen Versen ableiten, dass wir vorsichtig sein sollten, in einem unverhältnismäßigen Maß Gehaltsforderungen zu stellen. Zudem sollten wir an das Wort des Apostels Paulus denken: „Wenn wir aber Nahrung und Bedeckung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen“ (1. Tim 6,8). Wir wissen allerdings alle, dass es leichter ist, das zu lesen und zu sagen, als es zu tun.
Paulus hat uns diese Gesinnung vorgelebt – daher besitzen seine Worte Autorität. Er konnte von sich selbst sagen: „Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß, Überfluss zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein, als zu hungern, sowohl Überfluss zu haben, als Mangel zu leiden. Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Phil 4,12.13). Der Apostel bat Gott nie um eine „Gehaltserhöhung“. Er war zufrieden mit dem, was Gott ihm durch einzelne örtliche Gemeinden an materieller Unterstützung schenkte. Auch darin ist er uns ein Vorbild.
Für viele besteht allerdings nicht die Möglichkeit, den Lohn oder das Gehalt zu „verhandeln“, weil von vornherein Tarife festgelegt sind. Andere sind froh, wenn in ihrer Branche ein Mindestlohn vereinbart worden ist, so dass sie von ihrem Gehalt überhaupt leben können. Auch beamtete Lehrer und andere Beamte haben nur geringe Möglichkeiten, ihr Gehalt zu verhandeln. Für sie gilt umso mehr, mit dem zufrieden zu sein, was Gott ihnen gewährt. Wer die Möglichkeit hat, die Höhe seiner Entlohnung zu beeinflussen, tut sicher gut daran, an solche zu denken, die es nicht so einfach haben.
„Quervergleich“
Noch ein Wort in diesem Abschnitt zum sogenannten „Quervergleich“, den wir mit unseren Kolleginnen und Kollegen gern anstellen. Wir erwarten, dass unsere Vorgesetzten ein gerechtes Lohn- und Gehaltssystem anwenden. Grundsätzlich ist gegen eine solche Erwartungshaltung nichts einzuwenden. Bedenken wir aber, dass Sklaven zur Zeit des Apostels Paulus nie aufgefordert wurden, eine gerechte Behandlung einzufordern. Das hätte in vielen Fällen ihren Tod bedeutet. Sie sollten lernen, sich mit dem zu begnügen, was ihnen gegeben wurde. Sie hätten gar keine Möglichkeit gehabt, „gerecht“ bezahlt zu werden. Das sollte uns maßvoll machen.
Auch hier dient uns Paulus als Vorbild. „Ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen“ (Phil 4,11). Von Johannes dem Täufer lernen wir: „Misshandelt und erpresst niemand, und begnügt euch mit eurem Sold“ (Lk 3,14). Es geht also nicht darum, durch unsere berufliche Tätigkeit möglichst viel Geld zu scheffeln, sondern darum, treu und vorbildlich zu sein. Wir Christen sollten auch in dieser Beziehung beispielhaft leben.
Es ist leicht, Unfrieden in eine Abteilung oder Arbeitsgruppe hineinzubringen, wenn man negativ über den Kollegen oder die Kollegen spricht. Zu solch einer Haltung könnten wir besonders dann neigen, wenn der Betroffene mehr verdient als wir selbst. Doch nicht nur im beruflichen, sondern in gleicher Weise im geistlichen Bereich sollten wir uns abgewöhnen, ständig Quervergleiche anzustellen. Wenn man weiß, dass der Kollege mehr verdient als man selbst, wird einen das eher unzufrieden machen, denn ändern kann man daran in der Regel sowieso nichts. Daher sollte man sich lieber weniger Gedanken über das Gehalt seines Kollegen machen. Viel wichtiger ist es, dass wir im eigenen Aufgabenbereich treu arbeiten. Dadurch ehren wir unseren Herrn und das wird uns glücklich machen.
Im Miteinander unter Kollegen ist es im Übrigen gut, sich an ein Wort des Herrn in der sogenannten Bergpredigt zu erinnern: „Alles nun, was irgend ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen ebenso! Denn dies ist das Gesetz und die Propheten“ (Mt 7,12). Es ist zwar noch kein christlicher Standard, das zu tun, was zum Segen und zur Freude des anderen ist, aber schon allein wenn wir uns nach diesem Maßstab richteten, sähe das Miteinander in der Kollegenschaft sicher anders aus, selbst wenn wir der einzige Christ in der Abteilung wären.
Betriebsrat und Gewerkschaften
In Verbindung mit Lohnforderungen stellt sich Christen die Frage, was für eine Einstellung sie zu Betriebsrat und Gewerkschaft haben sollten, die im Allgemeinen die Lohnverhandlungen mit der Arbeitgeberseite führen. (Umgekehrt sind Arbeitgeberverbände für Christen, die selbst ein Unternehmen führen, von gleicher Relevanz.)
Ohne dieses Thema an dieser Stelle ausführlich zu behandeln, kann man sicher Folgendes sagen: Betriebsrat und Gewerkschaften stehen in einer Tradition, die ihren Anfang beim Turmbau zu Babel hatte. „Machen wir uns einen Namen, dass wir nicht zerstreut werden über die ganze Erde!“ (1. Mo 11,4). Zwei wesentliche Gründe gibt es für den Zusammenschluss von Menschen:
- Gemeinsam ist man stärker als allein.
- Gemeinsam will man Freude, Spaß und Zerstreuung genießen. Allein ist das nur in beschränktem Maß möglich.
Um den ersten Punkt geht es bei Betriebsrat und Gewerkschaften. „Stark und groß sein“ ist ein oft verfolgtes Motto in unserer modernen Gesellschaft. Christliche Tugenden dagegen sind das Gegenteil. Allein schon aus diesem Grund wird sich ein Christ solch einem Verbund nicht anschließen, ganz abgesehen davon, dass es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss mit ungläubigen Menschen handelt, der neben Rechten ja auch Pflichten umfasst. Davor aber warnt uns Gottes Wort ausdrücklich: „Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen … Welches Teil hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“ (2. Kor 6,14.15).
Wir sind himmlische Menschen, die eine ganz andere Lebensausrichtung haben als Menschen dieser Welt. Daher wären wir in Gewerkschaften immer ein Fremdkörper, der nicht zu ihnen und ihren Zielen passt. Wer einmal das Gebaren von Betriebsräten und Gewerkschaften erlebt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, dass viele Bemühungen gegen die Autorität der Unternehmensführung gerichtet sind. Damit kann sich ein Christ nicht identifizieren. Denn er respektiert Autorität, weil Gott ihn dazu auffordert.
Nun mag man einwenden, dass durch die Bildung der Gewerkschaften doch viel Gutes erreicht worden ist. Als Beispiele könnte man nennen:
- fairer Lohn für faire Arbeit
- Mindestlöhne
- 8-Stunden-Arbeitstag (+/-)
- 5-Tage-Woche
- Arbeitsschutz
- Kündigungsschutz
- usw.
Zweifellos dürfen wir als Christen, die in Arbeitnehmerverhältnissen stehen, für diese „Errungenschaften“ sehr dankbar sein, gerade in einer Zeit großer Hektik und nervlicher Beanspruchung. Zudem darf man nicht übersehen, dass Gewerkschaften und ähnliche Einrichtungen, mit denen wir Christen nichts zu tun haben sollten, durch das Fehlverhalten der „Herren“, der Arbeitgeber, entstanden sind. Wie so oft ist das Pendel von einem Extrem – Unterdrückung, die in vielen Unternehmen herrschte – in ein anderes zurückgeschlagen. Weil also Arbeitgeber ihre Mitarbeiter oft im Übermaß unterdrückt hatten, entstand inmitten der Arbeiter eine Bewegung, die für faire Arbeitsbedingungen kämpfte. Bei allem Nutzen, den wir heute aus manchen Errungenschaften der Arbeit von Gewerkschaften persönlich ziehen dürfen, sollten wir uns im Blick auf Ursprung und Charakter der Gewerkschaften nicht den klaren Blick verstellen lassen.
Auch aus ökonomischer Sicht stellen sich manche Fragen, wenn es zum Beispiel um Mindestlöhne, Begrenzung von (Wochen-)Arbeitszeiten und Ausmaß des Kündigungsschutzes geht. Ein weiterer Punkt ist, dass man heute zwar von „Tarifpartnern“ spricht – aber ist das eine wirklichkeitsnahe Beschreibung?
Dennoch wollen wir eine ausgewogene Sicht zu diesem Thema bewahren. Auch wenn man die Bewegung als solche und ihre Mittel nicht unterstützt, darf man heute dankbar sein, dass Gott es so geführt hat, dass die Bedingungen für Arbeitnehmer durch diese Entwicklungen viel leichter geworden sind. So darf man nicht außer Acht lassen, dass die Gewerkschaften aus der Arbeiterbewegung hervorgegangen sind. Diese hatte das Ziel, die soziale Lage der Arbeiter zu verbessern und zugleich politische Rechte (auch in Unternehmen) zu erkämpfen. Sie diente damit der Emanzipation der Arbeiterklasse.
Das Gebet für das Unternehmen und Führungskräfte
Etwas anderes aber können und sollten wir tun: für unsere Arbeitgeber beten. Das ist sozusagen das Gegenteil von „Lohnforderungen“ – es ist neben einer treuen Arbeit das, womit wir unserem Arbeitgeber das meiste geben können. Daher bringen wir diesen Punkt auch in dem Kapitel über Gehaltsforderungen.
In manchen Unternehmen treffen sich Christen, um gemeinsam für das Wohl des Unternehmens und der Mitarbeiter zu beten. Auch wenn das Unternehmen, für das wir arbeiten, keine christlichen Ziele verfolgen mag: Es zahlt uns als Christen ein regelmäßiges Gehalt. Ist es da nicht angemessen, Gott um Hilfe für die verantwortlichen Manager zu bitten, damit sie Entscheidungen fällen, die zum Wohl des Unternehmens und zum Segen der Mitarbeiter sind?
Der Apostel Paulus ruft uns auf: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, dass Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst. Denn dies ist gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim 2,1–4).
Gebetsinhalte
Natürlich geht es dem Apostel in diesem Vers in erster Linie um Politiker. Aber Unternehmensverantwortliche sind in gewisser Hinsicht ebenfalls „Menschen in Hoheit“. So können wir aus diesen Versen lernen:
- Wir sollen für unsere Vorgesetzten und den Vorstand / die Geschäftsführung beten. Das ist der Wille unseres Gottes. Umgekehrt sollten dies auch Christen, die Führungspositionen in Unternehmen haben, im Blick auf die übrigen Mitarbeiter tun.
- Wir sollten darum beten, dass es uns im Unternehmen möglich ist, ein Leben in Gottesfurcht zu führen. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die Zeit finden, die christlichen Zusammenkommen (Gottesdienste) zu besuchen. Wir sollten uns nicht wundern, dass wir es oft nicht schaffen, an diesen teilzunehmen, wenn wir nicht einmal dafür gebetet haben.
- Wir sollten auch dafür danken, dass wir es in Deutschland noch so gut haben, was unsere Arbeitsverhältnisse betrifft. Wenn selbst ein Sklave für seine Umstände danken sollte, wie viel mehr sollten wir es tun in der Freiheit, die wir als Arbeitnehmer besitzen. Diesen Dank kann im Übrigen auch ein Unternehmensführer Gott gegenüber aussprechen. Wo gibt es – bei allem Facharbeitermangel – sonst noch so viele ausgebildete Fachkräfte?
- Wir dürfen Gott dafür danken, wenn das Unternehmen Erfolg hat und so in der Lage ist, seine Mitarbeiter zu bezahlen. In diesem Sinn können wir auch für das Gelingen der Geschäftstätigkeit unseres Arbeitgebers beten.
- Wenn wir mitbekommen, dass eine Führungskraft Probleme im Leben hat (Krankheit, familiäre Probleme, geschäftliche Schwierigkeiten), sollten wir für sie Fürbitte tun.
- Schließlich sollten wir auch für die Bekehrung der Führungskräfte und natürlich auch unserer Kollegen beten.
Würden wir unsere Vorstände und Kollegen nicht mit ganz anderen Augen betrachten, wenn wir mehr für sie beteten?