Die Offenbarung
Kapitel 7
Das sechste Siegel war jetzt geöffnet worden, die Öffnung des siebten sieht Johannes erst in Kapitel 8. Kapitel 7 bietet uns deshalb eine Einschaltung, in der über göttliches Wirken und dessen Ergebnisse berichtet wird, bevor wir noch schwerere Gerichte auf die Erde fallen sehen. Getreu der Ordnung, die sich durch die ganze Schrift zieht, haben wir es zuerst mit den Juden und danach mit den Heiden zu tun.
Im Ablauf des göttlichen Handelns erfolgt eine kurze Pause. Das sechste Siegel hatte Auswirkungen, die wir einem „mächtigen Wind“ vergleichen können, aber jetzt werden die vier Winde der Erde durch die Macht von Engeln vollständig zurückgehalten. Sie sollten nicht wehen, bis die Knechte Gottes an ihren Stirnen versiegelt worden waren, dem Teil ihres Körpers, wo es am deutlichsten sichtbar war. Diese Knechte Gottes wurden in den zwölf Stämmen Israels gefunden; Levi wird hier mitgerechnet und auch die beiden Stämme, die Joseph vertreten; die Zahl zwölf bleibt bestehen, wobei Dan ausgelassen wird. Viele denken, daß der prophetische Ausspruch Jakobs über Dan in 1. Mose 49,16-18 Licht hierauf wirft. Wenn die „Schlange am Weg“ und die „Hornotter am Pfad“ eine Anspielung auf den Antichristen sind, der, von Satan angestiftet, aus dem Stamm Dan aufstehen wird, dann mag das eine ausreichende Erklärung sein.
Die angeführten Zahlen könnten natürlich wörtlich verstanden werden, wahrscheinlich sind sie aber symbolisch zu verstehen, besonders deshalb, weil die Zwölf und das Quadrat der Zwölf weiterhin in diesem Buch vorkommen und dort symbolische Bedeutung haben. Der gottesfürchtige Überrest aus Israel wird im Tausendjährigen Reich eine verwaltungsmäßig bedeutsame Stellung einnehmen, und zwölf ist die Zahl verwaltungsmäßiger Vollständigkeit.
Wir stellen fest, daß hier Engel wieder in den Vordergrund treten. Die Gleichnisse des Herrn in Matthäus 13 sagen uns, daß sie bedeutenden Anteil an den Gerichten zum Ende des Zeitalters haben. Sie „lesen aus seinem Reich alle Ärgernisse zusammen“; sie „sondern die Bösen aus der Mitte der Gerechten aus“. Hier sehen wir, daß sie die Gerechten in Israel versiegeln, so daß diese bewahrt und hindurchgebracht werden können. Bis solche versiegelt sind, dürfen die Winde des Gerichts nicht wehen.
Johannes hörte die Zahl der Versiegelten und zeichnete sie auf. Dann beschreibt er die nächste Vision, die sich vor seinen Augen entfaltete. Er sah eine große Volksmenge aus allen Nationen, die vor dem Thron und dem Lamm stand. Dies war deutlich das Gesicht einer großen Schar, die aus den Heiden gesammelt war und sich von dem versiegelten Überrest Israels unterschied, der soeben vor uns war. Beide Gruppen sind durch weitere Merkmale klar zu trennen: Die Auserwählten Israels sind versiegelt und so zur Bewahrung gekennzeichnet, bevor die unmittelbaren Gerichte Gottes beginnen. Die Volksmenge aus den Völkern ist mit weißen Kleidern der Gerechtigkeit geschmückt und hält Siegespalmen in den Händen zum Zeichen, daß sie aus der großen Drangsal gekommen sind. In dem einen Fall sehen wir, daß Gott solche zu bewahren weiß, die in einer Beziehung zu Ihm stehen, bevor das Gericht beginnt. In dem anderen sehen wir, wie Gott über Drangsale, sogar solche der schrecklichsten Art, erhaben ist und Menschen erreicht, die vorher keine Beziehung zu Ihm hatten, die Er aber in Beziehung zu sich selbst bringt und die Er siegreich durch die Drangsal hindurchträgt.
In diesem Gesicht begegnet die große Volksmenge aus den Völkern mit Jubel Gott und dem Lamm als dem Ursprung ihrer Rettung. Sie tun das mit lauter Stimme, daß alle es hören können. Eine unmittelbare Antwort einer Schar von Engeln folgt. Die Volksmenge stand vor dem Thron, während die Engel den Thron umgaben, zusammen mit den Ältesten und den lebendigen Wesen, die den inneren Kreis bildeten. Die Engel sind bewegt und beten an. Sie sprechen ihr Amen, wenn das Heil Gott und dem Lamm zugeschrieben wird, obwohl sie selbst keine Erlösung erleben und sie folglich in ihrem eigenen siebenfachen Lobpreis in Vers 12 auch nicht nennen. Wenn sie auch keinen Anteil an der Erlösung haben, so sehen sie doch die Herrlichkeit und den Ruhm Gottes in ihr. Sie bringen von Ewigkeit zu Ewigkeit Ehre und Macht dem dar, der sie gewirkt hat.
Es ist bemerkenswert, daß einer der Ältesten dem Johannes die beiden Fragen stellen mußte, die sicher in unser aller Herzen aufgekommen wären. Wer sind diese vielen Menschen, und woher sind sie gekommen? Die Antwort des Johannes „Mein Herr, du weißt es“, war angebracht. Der Älteste wußte es und gab die Erklärung. Durchweg in dem Buch sehen wir bei den Ältesten einen Geist der Anbetung und ein tiefes Verstehen Gottes und Seiner Wege. Da sie die verherrlichten Gläubigen darstellen, sollten wir dies auch von ihnen erwarten, in Übereinstimmung mit dem, was der Apostel Paulus sagt: „Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie auch ich erkannt worden bin“ (1. Kor 13,12).
Die Antwort des Ältesten zeigt, daß die Menschen dieser großen Volksmenge einen besonderen Platz einnehmen, da sie durch schwere Leiden und Drangsale gegangen sind. Das Weiß ihrer Gewänder wurde nicht durch ihre eigenen Werke hervorgebracht und auch nicht durch ihre vielen Leiden, sondern allein dadurch, daß sie im Blut des Lammes gewaschen worden sind. Doch haben sie eine Belohnung, die eine passende Antwort auf ihre Leiden ist und für die ihre Leiden sie zubereitet und tüchtig gemacht haben.
Ihr Platz ist „vor dem Thron“, ein Ausdruck, der die Stellung anzeigt, die sie moralischer- und geistlicherweise haben: sie sind in eine enge Beziehung zu Gott gesetzt. Sie nehmen ferner eine priesterliche Stellung ein, da sie Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel dienen. Alle Bürde und Unterdrückung, die sie erduldet haben, ist für immer gewichen. Im Gegensatz dazu bedient sie das Lamm selbst zu ihrer Freude und Befriedigung. Was die Ursache ihrer Tränen war, das hat Gott für immer beseitigt.
So sehen wir ein schönes Gemälde von der Belohnung und Segnung im Tausendjährigen Reich, die eine unzählbare, aus den Völkern herausgerufene und durch die Drangsalsperiode hindurchgerettete Schar genießen wird. In der geordneten Darlegung dieses Buches haben wir das Tausendjährige Reich noch nicht erreicht, doch dieses eingeschaltete Kapitel gestattet uns einen flüchtigen Eindruck davon, wie Gott Sein Volk im Ausblick darauf bewahren wird, ob es sich nun um Juden oder solche aus den Völkern handelt.
Natürlich wird es noch andere Volksmengen geben, die im Lauf des künftigen Zeitalters geboren werden und ebenso seine Segnungen genießen. Sie werden jedoch nicht zu dieser Schar gehören noch an der besonderen Nähe zu Gott teilhaben, weil sie die geistliche Übung nicht erfahren haben, die mit dem Erleben der großen Drangsal verbunden ist. Dieser Grundsatz ist für uns in dem Wort enthalten: „Wenn wir ausharren, so werden wir auch mitherrschen“ (2. Tim 2,12). Der gleiche Grundsatz gilt für sie, obwohl die Art der Belohnung verschieden sein wird.