Der Brief an die Epheser
Kapitel 1
Nach den einleitenden Grußworten kommt der Apostel in der Haltung eines Anbeters unmittelbar zum Kern seines Themas. Wir sind von dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus in so reichem Maß gesegnet worden, daß er Gott dafür preist und unsere Herzen dazu mitreißt. Unsere Segnungen sind durch drei Dinge gekennzeichnet:
- Sie sind geistlich, nicht materiell wie Israels Segnungen im alten Bund, die reichliche Nahrung, Gesundheit und Frieden unter göttlicher Herrschaft beinhalteten.
- Sie sind himmlisch und nicht irdisch, denn die Sphäre, in der sie ganz verwirklicht und vollendet sein werden, ist der Himmel, und vom Himmel her werden sie gegenwärtig für uns ausgeteilt.
- Sie sind in Christus. Er als der Auferstandene und nicht Adam, der Gefallene, ist die Quelle dieser Segnungen. Wenn wir in Christus sind, gehören sie alle uns.
Aber indem Gott uns auf diese wunderbare Art gesegnet hat, hat Er in Übereinstimmung mit Seinem Entschluß in einer vergangenen Ewigkeit gehandelt. Vor Grundlegung der Welt hat Er uns in Christus auserwählt. Laßt uns auf die beiden Wörter „in ihm“ achten, denn immer wieder erscheinen sie oder ihre Entsprechungen in diesem Kapitel. Als geschichtliche Tatsache war jeder von uns in Adam, ehe wir in Christus waren. Aber schon bevor Adam geschaffen wurde, sah uns Gott in Christus, und auf dieser Grundlage wurden wir auserwählt. Das Ziel Seiner Auserwählung war, daß wir heilig und tadellos sein sollten vor Ihm in Liebe.
Die Wirksamkeit des Werkes Christi ist so, daß heute jeder Gläubige heilig und tadellos vor Gott steht, umschlossen von dieser göttlichen Liebe. Nichts kann ihn davon trennen. Das haben wir in Römer 8 gesehen. Diese Worte in Vers 4 werden jedoch ihre volle und endgültige Anwendung erst in einer zukünftigen Ewigkeit finden. Es ist gesagt worden, daß der Himmel in der Bibel kaum beschrieben wird; aber diese Worte sind praktisch genau das. Wenn das Werk des Geistes in uns erfüllt ist, einschließlich der Auferweckung unserer sterblichen Leiber bei der ersten Auferstehung, werden wir im Himmel angekommen sein. Wir werden dann, was unsere Natur betrifft, von vollkommener Heiligkeit gekennzeichnet sein und, was unser Verhalten betrifft, völlig tadellos sein. Wir werden für immer in der Gegenwart des Gottes und Vaters unseres Herrn Jesus Christus in einer Atmosphäre vollkommener Liebe sein. Das wird wirklich der Himmel sein. So beginnt Vers 4 in einer vergangenen Ewigkeit und endet in einer zukünftigen Ewigkeit.
Vers 5 führt den Gedanken ein Stück weiter. Gott hatte für uns eine bestimmte Beziehung vorgesehen und hat uns zu dieser Beziehung ausersehen, als Er uns erwählte, nämlich zu der Stellung von Söhnen. Nun war das nicht ein Bedürfnis oder eine Notwendigkeit unsererseits. Wir wären auch sehr glücklich gewesen, wenn wir, von unseren Sünden befreit, einen Platz unter Seinen Dienern zugewiesen bekommen hätten. Die Beziehung entspricht nicht unserer Not, sondern „dem Wohlgefallen seines Willens“. Wie dankbar sollten wir sein, daß das Wohlgefallen Seines Willens dieses Ziel hatte! Wir sind jetzt schon Söhne Gottes, aber im Himmel werden wir die ganze Würde und Herrlichkeit der Sohnschaft besitzen. Dann wird tatsächlich die wahre Herrlichkeit Seiner Gnade sichtbar sein und zu ewigem Lob führen.
Um dieses herrliche Vorhaben zuwege zu bringen, wurden bestimmte Schritte unternommen, und diese werden jetzt ausführlich behandelt: Annahme oder Begnadigung, Erlösung, Vergebung. Wir beginnen mit dem einfachsten und grundlegendsten Punkt, der nach unserem Verständnis die Vergebung der Sünden ist. Danach verstehen wir vielleicht die Bedeutung der Erlösung, die wir durch das Blut Christi haben, und beginnen, die Freiheit zu erleben, die uns durch die Erlösung erkauft worden ist. Dann kommt dazu die Entdeckung, daß wir nicht nur von der Sklaverei befreit sind, sondern daß wir vor Gott stehen als wirklich Begnadigte, ja, als angenehm gemacht in Christus, dem Geliebten. Seine Annehmlichkeit vor Gott gibt unserer Begnadigung das Gepräge. In Kolosser 3,12 wird von den Gläubigen als Geliebten Gottes gesprochen, und das ergibt sich natürlich aus der Tatsache, daß sie in dem Geliebten angenehm gemacht sind.
All das, sei es Erlösung oder Vergebung, gehört uns „nach dem Reichtum seiner Gnade“. Wir waren in der Armut unserer Sünde, und das wurde für Ihn der Anlaß, den Reichtum Seiner Gnade zu entfalten. Wenn wir 1. Könige 10 lesen, können wir sehen, wie Salomo der Königin von Scheba alles gab, was sie begehrte, und dann alles überbot durch das, was er ihr „nach der Freigebigkeit des Königs“ gab. Er stillte ihr großes Verlangen und ging dann in seiner unübertrefflichen königlichen Großzügigkeit darüber hinaus. Darin handelte er als Vorbild. Gott hat nach dem überströmenden Reichtum Seiner Gnade gehandelt. Allein schon die Vergebung der Sünden, die Er uns gewährt hat, hat Er in einer Art und mit einer Fülle gewährt, die Seiner als des großen und gnädigen Gottes würdig ist.
Aber das ist noch nicht alles. Nicht nur hat Er sie auf uns überströmen lassen in Verbindung mit Seiner Gnade, sondern auch mit Seiner Weisheit. Vers 8 spricht von „Weisheit und Einsicht“. Er hat die Geheimnisse Seiner Weisheit bekanntgemacht, damit wir sie einsichtig verstehen und uns daran erfreuen können. Gott hat immer entsprechend Seinem Willen gehandelt, obwohl Er es angesichts der Sünde und ihrer verheerenden Folgen lange Zeit vorzog, das Hauptziel Seines Willens als Geheimnis zu bewahren. Das Wohlgefallen Seines Willens und Sein Vorsatz waren immer gut, denn Er ist gut. Das ist eine großartige Tatsache, und wir tun gut daran, sie festzuhalten. Das „Wohlgefallen seines Willens“ ist gut (Vers 5). Das „Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat in sich selbst“, ist gut (Vers 9). Gottes Wohlgefallen und Plan sind nicht mit Gericht verbunden, obwohl ein solches Werk, das Er Sein „fremdes Werk“ (Jes 28,21) nennt, nötig ist und zu Seiner Zeit ausgeübt werden wird.
Vers 10 sagt uns, worin das wahre Geheimnis Seines Willens und Plans besteht. Im kommenden Zeitalter, hier bezeichnet als „Fülle der Zeiten“, wird Er alle Dinge in eins zusammenfassen in Christus, sowohl irdische als auch himmlische. Von der Hölle wird hier nichts erwähnt, denn dieses vorausgesagte Zusammenbringen geschieht in Verbindung mit einer Welt des Segens, und deshalb liegen die Dinge, die die Hölle betreffen, außerhalb. Bei der Einsetzung Christi als erhabenes und verherrlichtes Haupt aller Dinge wird sowohl auf der Erde als auch im Himmel ein göttliches System der Einheit und des Segens aufgerichtet werden. Sünde ist Gesetzlosigkeit: Sie macht folglich aus jedem Menschen eine kleine eigenständige Einheit, die den Mittelpunkt einzig in sich selbst findet. Deshalb ist in allen Zeiten, in denen die Sünde regiert hat, Auseinanderstreben an der Tagesordnung gewesen, obwohl die Menschen in geschickter Weise versucht haben, ihre Einheiten zu organisieren. Gott hat Seine Einheit. Er wirkt darauf hin. Wenn Christus öffentlich in Herrlichkeit als Haupt eingesetzt ist, wird Gottes Plan für die Einheit erreicht sein, was Seine Regierung über die himmlischen und irdischen Dinge angeht.
Das kommende Zeitalter wird endlich die größtmögliche Harmonie von Himmel und Erde erleben, und Christus wird als Haupt in beiden Bereichen die Einheit schaffen. Alles ist in Ihm. Aber durch die Gnade sind wir ja bereits jetzt in Ihm und haben so ein Erbteil an all diesem Reichtum des Segens erhalten. Wozu wir bestimmt sind, ist schon im voraus geregelt, nicht nach unserer Not, nicht einmal nach unseren Gedanken oder Wünschen, sondern nach dem Plan Gottes, der alles nach Seinem Wohlgefallen verwirklicht. Wir können sicher sein, daß uns daher nichts von dem Erbe trennen kann, für das wir bestimmt sind.
Der Apostel bleibt nicht bei diesem Punkt stehen, um uns über den besonderen Charakter dieses Erbes zu unterrichten, sondern er sagt uns, daß, wenn alles erfüllt sein wird, wir zum Preise der Herrlichkeit Gottes sein werden. Engel und Menschen werden voll Staunen sehen, was Gott im Blick auf uns zustande gebracht hat, und sie werden darin einen erneuten Beweis Seiner Herrlichkeit sehen und Ihm ihr Lob bringen. Wir brauchen jedoch nicht bis zu diesem Tag zu warten. Wir werden über diese Dinge belehrt, damit wir neue Blicke auf Seine Herrlichkeit werfen können und schon jetzt mit Seinem Lob erfüllt sind. Wir dürfen uns der Gemeinschaft mit Gott über diese Absichten Seiner Gnade erfreuen, und indem uns bewußt wird, daß alles in Christus seinen Mittelpunkt findet und zu Seiner Ehre ist, finden wir allen Grund für unser Lob und unsere Anbetung.
Wenn wir von Vers 12 zu Vers 13 weitergehen, bemerken wir einen Wechsel der Fürwörter von „wir“ zu „ihr“. Als der Apostel schrieb: „... die wir zuvor auf den Christus gehofft haben“, dachte er an die Heiligen, die aus dem Volk Israel gesammelt worden waren – er selbst eingeschlossen. Dagegen bezieht sich „ihr“ auf die Gläubigen aus den nichtjüdischen Völkern. Die jüdischen Gläubigen waren eine Art Erstlingsfrucht aus ihrem Volk. Später einmal wird ein erlöstes und wiederhergestelltes Israel zur Ehre des HERRN auf der Erde sein. Aber solche, die vorher auf Christus gehofft haben, nämlich in dieser Zeit der Gnade, werden an der himmlischen Berufung teilhaben und zu Seiner Ehre in den himmlischen Örtern sein.
Daran waren die Gläubigen aus den nichtjüdischen Völkern allerdings voll und ganz beteiligt. Auch sie hatten das Evangelium gehört, das ihnen das Heil brachte. Nachdem sie geglaubt hatten, waren sie mit dem Heiligen Geist versiegelt worden, der das Unterpfand (oder die Anzahlung) des Erbes ist. In Seiner Eigenschaft als Siegel kennzeichnete der Heilige Geist sie als zu Gott gehörend. Als das Unterpfand ist Er die Zusicherung des Erbes, das vor uns liegt, und Er gibt uns auch einen Vorgeschmack der damit verbundenen Segnungen.
Wir wollen die Reihenfolge in diesem Vers genau beachten. Erstens das Hören des Evangeliums, zweitens der Glaube daran, drittens das Empfangen des Heiligen Geistes. Diese Reihenfolge ist nicht umkehrbar. Wir glauben nicht, bevor wir hören. Wir empfangen nicht, bevor wir glauben. Wenn jemand fragt: „Habe ich den Heiligen Geist empfangen?“, müssen wir zurückfragen: „Hast du das Evangelium des Heils gehört und daran geglaubt?“ Das eine kommt aus dem anderen hervor.
Wieder tun wir gut daran, darauf zu achten, daß wir nicht nur auf Christus gehofft haben, sondern auch mit dem Heiligen Geist der Verheißung in Christus versiegelt worden sind. „In dem ihr auch ... versiegelt worden seid.“ Alles ist in Christus. Der Heilige Geist ist eine Person der Gottheit und von Christus zu unterscheiden, und doch dürfen wir Ihn in unserem Denken nicht völlig von Christus trennen. Das ist bei allen drei göttlichen Personen der Fall. Sie müssen unterschieden, dürfen aber nicht voneinander getrennt werden. Der Geist ist uns vom Vater durch Christus gesandt worden, und in Christus hat Er uns versiegelt – versiegelt nämlich, bis der ganze Besitz, der durch den Tod am Kreuz erworben wurde, von der letzten feindlichen Macht befreit ist, die ihn in Knechtschaft halten will; d. h. bis zum Kommen des Herrn. Der Geist ist gegeben, um immer bei uns zu wohnen. Wir können ihn betrüben, aber nicht so, daß Er uns verläßt.
Nachdem Paulus nun die charakteristischen Segnungen des einzelnen Gläubigen entfaltet hat, schreibt er den Ephesern jetzt über seine Gebete und seinen Dank ihretwegen. Er dankte für sie, wenn er an den Reichtum der geistlichen Segnungen dachte, in die sie eingeführt worden waren, und er betete dafür, daß sie ein einsichtsvolles und geistliches Verständnis hätten für alles, was mit der Berufung und ihrem Erbe zusammenhing, das ihnen gehörte. Wir können sicher sein, daß das, was er den Ephesern wünschte, genau das ist, was auch für uns heute sehr wünschenswert ist.
Diese Gebete richtete der Apostel an den „Gott unseres Herrn Jesus Christus“, den „Vater der Herrlichkeit“. Gott ist wirklich der Urheber und die Quelle aller Herrlichkeit, und zu Ihm blickte unser Herr Jesus als zu Seinem Gott auf, als Er als abhängiger Mensch hier war, wie es prophetisch in Psalm 16 ausgedrückt ist. So werden unsere Gedanken in der rechten Weise zu der Stellung hingelenkt, die der Herr Jesus als Mensch einnahm, insofern Er als Mensch Seinen Platz als verherrlichtes Haupt in der weiten Schöpfung des Segens einnimmt. Außerdem sehen wir in Ihm als Menschen das Vorbild und die Fülle all dessen, was uns in Ihm zuteil geworden ist. Alles findet seine Darstellung in Christus, und außerhalb von Christus haben wir nichts. Es ist so sehr zu wünschen, daß wir ganz erkennen, was alles im Zusammenhang mit Ihm beabsichtigt ist.
Die Wunder der Absichten Gottes und Seines Werkes erkennen wir in Verbindung mit der Erkenntnis Seiner selbst. Wenn wir Ihn kennen, wissen wir, was aus Ihm entspringt. Deshalb betrifft die erste Bitte des Apostels „den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst“. Wir können Ihn nur durch Offenbarung kennen, denn durch keine noch so große Forschertätigkeit können wir Ihn entdecken; und dennoch ist Weisheit unsrerseits gefragt, der Geist der Weisheit, der von dem Geist Gottes kommt.
Das Wissen in Vers 18 ist ein Verstehen des Herzens. Es ist nicht eine Sache kalten intellektuellen Verständnisses, sondern vielmehr ein Verstehen aus warmherziger Zuneigung. Kann denn etwas kalt sein, das in Christus seinen Mittelpunkt hat? Das ist nämlich so, denn das „seiner selbst“, mit dem Vers 17 schließt, bezieht sich zwar grammatisch auf Gott, den Vater, weist jedoch auch auf Christus hin, denn Er allein offenbart den Vater. Um den Vater ganz zu erkennen, müssen wir Christus, den Sohn, kennen.
In erster Linie geht es dem Apostel in seinem Gebet um den geistlichen Zustand seiner Leser. Die Dinge Gottes können nur von denen wahrgenommen werden, deren Herzen erleuchtet sind. Es gibt vieles in der Welt um uns herum und in unserem Fleisch, was unweigerlich wie der graue Star unsere geistlichen Augen trübt und unser Verstehen behindert, wenn wir es einlassen. Das hilft uns zu verstehen, warum Paulus an Timotheus schrieb: „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre“ (1. Tim 4,16). Wenn er nicht zuerst auf sich selbst achtgab, würde er wahrscheinlich nicht viel Nutzen von der Lehre haben. Das gilt auch für uns.
Das nun folgende Gebet läßt sich in drei Teile teilen, die sich jeweils auf die Berufung, das Erbe und die Kraft beziehen, durch die Gott Seine Absichten mit uns verwirklicht. Die Berufung wurde in den Versen 3-7 angesprochen und das Erbe in den Versen 10-14, während die Kraft bisher nicht erwähnt wurde. Sie wird uns in den abschließenden Versen unseres Kapitels und in Kapitel 2 vorgestellt.
Wir könnten vielleicht „Seine Berufung“, wie sie uns in den ersten Versen dargelegt worden ist, in dem Begriff Sohnschaft zusammenfassen. In dem Gebet geht es jedoch nicht nur darum, daß wir die Berufung kennen, sondern auch darum, daß wir verstehen, was die Hoffnung Seiner Berufung ist. Nun, was ist dies für eine Hoffnung? Wenn der, der uns beruft, GOTT ist, wenn die Stellung, zu der wir berufen sind, die von SÖHNEN ist, wenn dieser Platz uns zukommt „durch Jesus Christus“ und „IN CHRISTUS“ – was haben wir zu erwarten? Was anders als himmlische Herrlichkeit?
Das war durchaus kein geringes Gebet. Neigen wir dazu, es leicht zu nehmen und zu sagen: „Ja, das wissen wir doch alle; wir erwarten alle, daß wir in den Himmel kommen, wenn wir sterben“? Wenn wir so reden, zeigen wir nur, daß wir noch nicht wirklich wissen, was die Hoffnung beinhaltet und bedeutet. Wären die Augen unseres Herzens so erleuchtet, daß wir es wirklich verständen, dann wären wir gründlich befreit von der umgarnenden Anziehungskraft des Weltsystems, das uns umgibt. Wir wären völlig erhaben über seine unheiligen Einflüsse und in der Lage, so zu leben, daß es zu Gottes Ehre wäre.
Es geht auch nicht nur darum zu wissen, was das Erbe ist. Dieses Wissen könnte man intellektuell leicht durch das Lesen der wenigen Verse erwerben, die davon reden. Aber was ist der Reichtum der Herrlichkeit dieses Erbes? Beachte, daß es Sein Erbe ist, nicht unseres. Und es ist „in den Heiligen“. Das bedeutet nach unserem Verständnis nicht so sehr, daß die Heiligen dieses Erbe bilden – obwohl sie zweifellos einen Teil davon ausmachen –, sondern daß Er durch und in den Heiligen Sein Erbe antreten wird.
Als Gott Israel durch den Jordan führte, damit sie das Land Kanaan eroberten, ergriff Er selbst die Initiative durch die Bundeslade. Es heißt: „Die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde zieht vor euch her in den Jordan“ (Jos 3,11). Die Lage war die, daß Gott in Seinem Volk Israel von dem Land Besitz ergriff, d. h. indem Er es ihnen zum Besitz gab. In Kürze wird Er Sein Anrecht auf die ganze Erde in Israel einlösen, und die Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches wird beginnen. Es wird eine überaus große Herrlichkeit auf der Erde geben. Was wird das für ein Reichtum der himmlischen Herrlichkeit sein, wenn Satan und seine Heerscharen aus dem Himmel geworfen sind, die Heiligen in den Himmeln sind und, wie uns Vers 10 sagt, Christus der höchste und einigende Mittelpunkt in diesem Reich des Segens ist! Das ist Reichtum jenseits unseres Vorstellungsvermögens. Nur der Vater der Herrlichkeit kann uns das geistliche Augenlicht schenken, das zu erfassen.
Drittens sollen wir die Größe der Kraft Gottes kennen, die für uns, die wir geglaubt haben, wirkt. Diese Kraft hat sich völlig gezeigt in der Auferweckung Christi aus den Toten und in Seiner Erhöhung und wirkt nun auch zu unseren Gunsten. Wir brauchen nur an die Auferstehung und Erhöhung Christi zu denken, um zu sehen, wie angemessen das Adjektiv „überragend“ ist. Seine Kraft ist nicht nur durch Größe, sondern durch überragende Größe gekennzeichnet.
Wir sollten nicht vergessen, daß der Herr Jesus, als Er in den Tod ging, sich – wenn wir es so sagen dürfen – unter das ganze Gewicht der Macht menschlichen Widerstandes und auch der ganzen durch Satan ausgeübten Macht der Finsternis und noch tiefer unter das ganze Gewicht des göttlichen Gerichts wegen der Sünde begeben hat. Aus all dem wurde Er emporgehoben durch die Kraft Gottes, indem Er auferweckt wurde. Darin erwies sich die Größe der Kraft Gottes sehr deutlich.
Nun müssen wir auch noch all das bedenken, wozu Er erhoben wurde. Die Schlußverse von Kapitel 1 gehen im einzelnen darauf ein. Hier sehen wir wirklich eine überragende Größe. Er ist in die himmlischen Örter eingegangen und sitzt zur Rechten Gottes, d. h. an dem Ort der höchsten Regierung. In dieser Stellung steht Er über jedem anderen Namen und jeder anderen Macht, sei es in diesem Zeitalter oder in dem zukünftigen. Man kann keinen Vergleich zwischen irgend jemand anders und Ihm anstellen. Alles ist Seinen Füßen unterworfen, und Er ist Haupt über alles. All das sind Tatsachen, obwohl wir Ihm zur Zeit noch nicht alles unterworfen sehen.
In all dem gibt es etwas, was uns tief berührt. An dem Ort der höchsten Erhöhung, an dem Er Haupt über alles ist, ist Er Haupt der Versammlung, die Sein Leib ist. Zu dieser Versammlung gehört jeder wahre Gläubige. Es liegt ein großer Unterschied in diesen zwei Ausdrücken, was man am Beispiel Adams verdeutlichen kann, „der ein Vorbild des Zukünftigen ist.“ Adam wurde geschaffen als Haupt über alle anderen geschaffenen Dinge, die den Garten füllten, aber er war das Haupt Evas, die sein Leib war wie auch seine Frau. Das zweite „Hauptsein“ ist viel enger und wunderbarer als das erste.
Christus ist nicht nur Haupt über alles, sondern Er wird auch alles erfüllen, so daß letztlich alles von Ihm geprägt ist. Die Versammlung ist Sein Leib und folglich Seine Fülle – der Leib, in dem Er angemessen zum Ausdruck kommt. Dieser Abschnitt betrachtet die Versammlung offensichtlich unter ihrem größten und weitesten Gesichtspunkt, als Gesamtheit der Heiligen dieser Haushaltung, d. h. der Heiligen, die zwischen dem Kommen des Geistes am Pfingsttag und der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus herausgerufen wurden.