Der Brief an die Römer
Kapitel 6
Bei dem, was wir bisher in diesem Brief über das Evangelium gelernt haben, handelte es sich darum, daß Gott kundgetan hat, was Er zu unseren Gunsten ist, das, was Er für uns durch den Tod und die Auferstehung Christi gewirkt hat und was wir im einfältigen Glauben empfangen. In allem hat Gott, wenn wir es einmal so auszudrücken dürfen, Seine Meinung geäußert. Kapitel 6 beginnt mit der passenden Frage: „Was sollen wir nun sagen?“
Das zeigt, daß ein neuer Gedankengang beginnt. Nichts kann das Wunder dessen übertreffen, was Gott unsertwegen gewirkt hat, doch was sind wir infolge davon für Ihn? Was soll die Antwort des Gläubigen sein angesichts der wunderbaren Gnade, die erwiesen worden ist? Läßt sich durch das Evangelium eine Kraft gewinnen, die den Gläubigen befähigt, Gott eine Antwort zu geben, die Seiner würdig ist? Indem wir uns nun Kapitel 6 zuwenden, beginnen wir, diese Fragen zu untersuchen. Wir werden den Weg entdecken, auf dem das Evangelium uns freimacht, damit wir unser Leben in praktischer Gerechtigkeit und Heiligkeit führen können.
Wenn Menschen sich ein bloßes Kopfwissen über die Gnade Gottes aneignen und ihre Herzen davon unberührt bleiben, können sie leicht die Gnade in Zügellosigkeit umwenden und sagen: „Nun, wenn Gottes Gnade unsere Sünde zu überströmen vermag, dann laßt uns fortfahren zu sündigen, damit die Gnade weiter überströmen kann.“ Wird das Evangelium solche Gefühle irgendwie gutheißen? Nicht einen Augenblick. Ganz im Gegenteil. Es sagt uns deutlich, daß wir der Sünde gestorben sind. Wie können wir dann noch darin leben? Einst lebten wir bewußt in der Sünde. Alles, was mit unserem zügellosen Willen zu tun hatte, mit unserem eigenen Vergnügen, darauf waren wir erpicht, während wir Gott und Seiner Sache gegenüber völlig abgestorben waren. Nun hat eine völlige Umkehrung stattgefunden, wir sind der Sünde gestorben, der wir früher so zugetan waren, und sind empfänglich für die Dinge, für die wir früher tot waren.
Waren wir darüber unwissend, oder haben wir es nur verschwommen gewußt? Das hätte nicht so sein sollen, denn der Sachverhalt ist klar in der christlichen Taufe dargestellt, einer Handlung an der Schwelle zum christlichen Leben. Wissen wir, was unsere Taufe bedeutet, oder wissen wir es nicht?
Wir sollten vielleicht vorher eine andere Frage stellen: Bist du getauft? Wir stellen sie deshalb, weil es scheint, daß in einigen Kreisen eine auffällige Nachlässigkeit in dieser Sache anzutreffen ist, vermutlich hervorgerufen durch die Überbetonung, die ihr in früheren Tagen eingeräumt wurde. Wenn wir sie jedoch vernachlässigen, bedeutet das einen Verlust für uns. In der Taufe werden wir mit Christus begraben, wie Vers 4 feststellt. Nicht mit Ihm begraben zu sein, ist ein Unglück. Außerdem verliert, wenn wir fehlen unter denen, die „auf Christus getauft worden sind“, dann die Beweisführung des Apostels in den Versen 4 und 5, soweit es uns angeht, ihre Kraft.
Was ist nun die Bedeutung der Taufe? Sie bedeutet die Einsmachung mit Christus in Seinem Tod. Sie bedeutet, daß wir mit Ihm begraben sind und daß uns die Verpflichtung auferlegt ist, in Neuheit des Lebens zu wandeln, gleichwie Er in eine neue Ordnung der Dinge auferweckt wurde. Das ist ihre Bedeutung und das die Verpflichtung, die sie auferlegt. Unkenntnis darüber wäre für uns ein großer Verlust. Wir fürchten sehr, daß die schlimmen Streitigkeiten, die über die Art und Weise und ihren Hauptinhalt gewütet haben, für viele dazu geführt haben, ihre eigentliche Bedeutung gänzlich zu übersehen. Beweisführungen über die Taufe sind auf sehr „ungetaufte“ Weise vorgetragen worden, so daß kein Beobachter hätte annehmen können, die Streitenden seien „der Sünde gestorben“.
Jedoch ist die Handlung der Taufe ein äußeres Zeichen. Sie bewirkt kein Leben, und ach, Millionen getaufter Menschen werden sich in einer verlorenen Ewigkeit wiederfinden! Wohl weist sie auf das hin, was in seiner vollsten Bedeutung lebenswichtig ist, nämlich auf das Kreuz, wie wir sehen werden.
Laßt uns aufmerken auf die letzten Worte von Vers 4, „Neuheit des Lebens“, denn sie geben eine bündige Antwort auf die Frage am Anfang des Kapitels. Statt daß wir in der Sünde verharren, was nichts anderes ist, als mit dem alten Leben fortzufahren, sollen wir in einem neuen Leben wandeln. Indem wir das Kapitel weiter untersuchen, wird sich uns das Wesen dieses neuen Lebens zeigen.
Unsere Taufe war – im Bild – unser Begrabenwerden mit Christus. Es war die „Gleichheit seines Todes“, und darin wurden wir mit Ihm einsgemacht oder sind mit Ihm „verwachsen“, wie die Fußnote zu Vers 5 sagt. Dem haben wir uns in dem Vertrauen unterworfen, daß wir mit Ihm in Seinem Auferstehungsleben einsgemacht werden. Die Neuheit des Lebens, in der wir wandeln sollen, ist in der Tat verbunden mit dem Leben der Auferstehung des Christus heute.
In Vers 3 sollten wir die Bedeutung unserer Taufe erkennen; in Vers 6 werden wir nun aufgerufen, die Bedeutung des Kreuzes in der Beziehung zu „unserem alten Menschen“ und dem „Leib der Sünde“ zu erkennen. Das Kreuz liegt der Taufe zugrunde; ohne das Kreuz würde die Taufe ihre Bedeutung verlieren.
Wir haben bereits den Tod Christi in seiner Tragweite im Blick auf unsere Sünden und ihre Vergebung vor Augen gehabt. Hier geht es um seine Bedeutung im Blick auf unsere sündige Natur, aus der alle Sünden, die wir je begingen, hervorgekommen sind.
Vielleicht ist es nicht so ganz einfach, den Gedanken zu erfassen, den der Ausdruck „unser alter Mensch“ vermittelt. Wir möchten ihn so erklären, indem wir sagen, der Apostel personifiziert hier all das, was wir als natürliche Kinder Adams sind. Wenn wir uns eine Person vorstellen könnten, deren Charakter all die häßlichen Eigenschaften in sich vereinigte, die jemals bei allen Nachkommen Adams zum Vorschein gekommen sind, eine solche Person könnte man als „unseren alten Menschen“ beschreiben.
Alles, was wir als Kinder eines gefallenen Adams sind, ist mit Christus gekreuzigt worden, und das müssen wir wissen. Es ist keine bloße Vorstellung, sondern eine wirkliche Tatsache. Es war eine Tat Gottes, die im Kreuz Christi vollbracht wurde. Es war ebensosehr eine Tat Gottes und ebenso wirklich wie das Wegtun unserer Sünde, das gleichzeitig damit geschah. Das sollten wir durch Glauben wissen, so wie wir wissen, daß unsere Sünden vergeben sind. Wenn wir es durch Glauben wissen, folgen gewisse andere Ergebnisse. Doch wir beginnen damit, es durch einfältigen Glauben wirklich zu wissen.
Gottes Absicht bei der Kreuzigung unseres alten Menschen war, daß „der Leib der Sünde“ abgetan oder „vernichtet“ wäre, so daß wir fortan der Sünde nicht mehr dienen könnten. Auch diese Aussage ist nicht leicht zu verstehen. Wir müssen uns erinnern, daß die Sünde früher in unserem Leib über uns herrschte, der folglich – es ist schrecklich zu sagen – ein Leib der Sünde war. Nun, es ist nicht so, daß unser physischer Leib vernichtet worden ist, sondern daß die Sünde, die in ihrer ganzen Macht unseren Leib beherrschte, zunichte gemacht ist und wir so von ihrer Gewalt befreit sind. Sie ist durch die Kreuzigung unseres alten Menschen vernichtet worden als Ergebnis unserer Einsmachung mit Christus in Seinem Tod, so daß Sein Tod auch der unsere war.
Beachte den Schluß von Vers 6. Er erhellt sehr deutlich, wie Sünde in diesem Kapitel gesehen wird. Die Sünde ist ein Despot, ein Sklavenhalter, unter dessen Gewalt wir gekommen waren. Der Kernpunkt dieses Kapitels ist nicht die Anwesenheit der Sünde in uns, sondern die Macht der Sünde über uns. Wir sind von der Sünde freigelassen worden. Wir sind davon gerechtfertigt worden (V. 7).
Unsere Freisprechung ist durch den Tod Christi bewirkt worden. Aber sehr bedeutsam ist, die enge Verbindung zwischen Seinem Tod und Seiner Auferstehung aufrechtzuerhalten. Wir sahen das, als wir den letzten Vers von Kapitel 4 betrachteten, und hier sehen wir es wieder. Unser Tod mit Christus geschah im Blick auf unser Leben mit Ihm in der Auferstehungswelt.
Das Wort wissen begegnet uns in Vers 9 zum dritten Mal. Wir sollten wissen, was die Bedeutung der Taufe ist. Wir sollten wissen, was die Bedeutung des Todes Christi ist mit Bezug auf unseren alten Menschen. Drittens sollten wir wissen, was die Bedeutung der Auferstehung Christi ist. Seine Auferstehung war keine bloße Wiedererweckung. Sie glich nicht der Auferweckung des Lazarus – eine Rückkehr zum Leben in dieser Welt für eine Anzahl von Jahren, nach denen der Tod doch wieder eintrat. Als Er auferstand, ließ Er den Tod für immer hinter sich und trat in eine andere Ordnung der Dinge ein, die wir der Einfachheit halber die Auferstehungswelt nennen. Für einen kurzen Augenblick übte der Tod Herrschaft über Ihn aus, und das auch nur, weil Er sich ihm kraft Seines eigenen Willens unterwarf. Jetzt ist Er jenseits des Todes, und das für immer.
Was Er gestorben ist, ist Er ein für allemal der Sünde gestorben. Hier heißt es „Sünde“, nicht „Sünden“, achten wir darauf; gemeint ist das Wurzelprinzip, das unsere Natur durchdrungen und die Herrschaft über uns an sich gerissen hat. Es handelt sich hier also nicht um die von ihm hervorgebrachten tatsächlichen Übertretungen. Es heißt auch nicht „für Sünden gestorben“, sondern „der Sünde gestorben“. Sünde konnte nicht über Ihn in Seiner Natur gebieten, wie es bei uns der Fall ist. Doch er gebot ihr, als Er in Seinem Opfer die ganze Sündenfrage auf sich nahm. Diese Frage berührte die Herrlichkeit Gottes in Seiner dem Ruin verfallenen Schöpfung, und sie berührte uns, weil sie gleich einer machtvollen Barriere unseren Segnungen entgegenstand. Weil Er über sie gebot, als Er ihretwegen das Gericht trug, ist Er ihr gestorben, und jetzt lebt Er Gott.
Laßt uns innehalten und uns im Blick auf diese Wahrheit überprüfen. Kennen wir sie wirklich? Verstehen wir den Tod und die Auferstehung Christi tatsächlich in diesem Licht? Begreifen wir, wie vollständig unser Herr aus der alten, von der Sünde beherrschten Ordnung der Dinge herausgestorben ist, in die Er einmal in Gnade kam, um die Erlösung zu vollbringen? Und wie völlig Er Gott lebt in jener neuen Welt, in die Er eintrat? Es ist so wichtig, daß wir dies alles begreifen, weil Vers 11 fortfährt, uns zu unterweisen, daß wir uns entsprechend dem, was wir wissen, auch dafür halten sollen, uns so betrachten sollen.
Wenn wir nicht richtig verstehen, können wir uns nicht richtig „dafürhalten“. Kein Geschäftsmann wird seine Bücher richtig zusammenrechnen, wenn er nicht das Einmaleins kennt. Kein Kapitän kann die Position seines Schiffes richtig bestimmen, wenn er nicht die Grundsätze der Navigation kennt. Ebenso vermag kein Gläubiger seine Stellung und Haltung richtig zu beurteilen, weder im Verhältnis zur Sünde noch im Verhältnis zu Gott, wenn er nicht die Auswirkung des Todes und der Auferstehung Christi auf sich erkennt.
Wenn wir das einmal wissen, wird uns auch das in Vers 11 eingeschärfte Dafürhalten vollkommen verständlich. Was Christus widerfuhr, bestimmt auch uns, denn wir sind mit Ihm einsgemacht. Starb Er der Sünde? Dann sind auch wir der Sünde gestorben, und wir betrachten uns so. Lebt Er jetzt Gott? Dann leben wir jetzt Gott, und wir betrachten uns so. Unser Dafürhalten ist nicht ein So-tun-als-ob. Es besteht nicht darin, daß wir versuchen, uns für etwas zu halten, was wir nicht wirklich sind. Ganz im Gegenteil. Wir sind für die Sünde tot und lebendig vor Gott durch Seine eigenen Taten, die im Tod und der Auferstehung Christi geschehen sind (damit sie in uns durch den Heiligen Geist wirksam gemacht werden, wie wir später sehen werden). Weil das so ist, haben wir das einfach anzunehmen und unsere Gedanken dem anzupassen. Wie die Dinge sind, so und nicht anders haben wir sie anzusehen.
Bevor wir uns bekehrten, waren wir Gott gegenüber tot und lebten der Sünde. Was mit Gott zu tun hatte, interessierte uns nicht. Wir verstanden Seine Dinge nicht, sie ließen uns kalt und tot. Ging es jedoch um eine Sache, die unsere natürlichen Wünsche ansprach oder unserer Eitelkeit und Selbstliebe Nahrung gab, dann waren wir lebhaft interessiert. Nun ist die Situation durch Gottes Gnade genau umgekehrt, und das, weil wir in Christus Jesus sind.
Wenn wir uns nun so betrachten in Übereinstimmung mit den Tatsachen des Todes und der Auferstehung Christi, die wir kennen, dann bleibt ein weiterer Schritt zu tun. Wir haben uns Gott auszuliefern oder darzustellen, damit Sein Wille auch in den täglichen Dingen unseres Lebens geschieht. Das Wort „darstellen“ kommt, wie man bemerken wird, im letzteren Teil unseres Kapitels fünfmal vor.
Da wir der Sünde gestorben sind, besteht nun offensichtlich die Verpflichtung, der Sünde jegliches Recht über uns zu verweigern. Einst regierte sie in unserem sterblichen Leib, und wir gehorchten ihr beständig in mannigfachen Lüsten. Das darf aber nicht länger so sein, wie Vers 12 uns sagt. Nachdem wir der Sünde, unserem alten Fronherrn, abgestorben sind, ist sein Anspruch an uns erloschen. Als Lebende aus den Toten gehören wir Gott an und sind glücklich, Seine Rechte über uns anzuerkennen. Wir stellen uns Ihm dar.
Vers 13 verdeutlicht, daß dieses Darstellen eine sehr praktische Sache ist. Das geht alle Glieder unseres Leibes an. Früher stand jedes Glied irgendwie im Dienst der Sünde und war so ein Werkzeug der Ungerechtigkeit. Ist es nicht wunderbar, daß jetzt jedes Glied in den Dienst für Gott eingereiht wird? Unsere Füße mögen laufen, um Seine Aufträge auszuführen. Unsere Hände mögen Seine Arbeit verrichten. Unsere Zungen mögen Seinen Lobpreis verkünden. Und damit dies geschehen kann, müssen wir uns selbst Gott darstellen.
Laßt uns wiederum in allem Ernst an uns selbst die Frage richten, ob dieses Darstellen eine lebendige Wirklichkeit bei uns ist? Haben wir uns und unsere Glieder so endgültig Gott und Seinem Willen übergeben? Wenn ja, so laßt uns zusehen, daß wir unseren Treueeid zu keiner Zeit vergessen und nicht der Schlinge verfallen, unsere Glieder für einen Augenblick der Ungerechtigkeit zu überlassen, denn die Folge wäre Sünde.
Sünde darf also keine Herrschaft über uns haben, eben aus dem Grund, weil wir nicht unter dem Gesetz, sondern unter Gnade sind. Hier ist die göttliche Antwort für solche Menschen, die uns sagen, wenn wir den Leuten erzählten, sie seien nun nicht mehr unter Gesetz, so würden diese sicher in die Sünde fallen. Es ist eine Tatsache, daß nichts so sehr die Herzen überwindet und Heiligkeit fördert wie die Gnade Gottes.
Vers 15 bezeugt, daß es immer Leute gegeben hat, die denken, der einzige Weg, Heiligkeit zu fördern, sei der, uns unter der festen Knechtschaft des Gesetzes zu halten. Solche gab es auch in den Tagen des Apostels Paulus. Er nimmt ihren Einwand vorweg, indem er dem Inhalt nach die Frage wiederholt, mit der er das Kapitel begann. Als Beantwortung wiederholt er seine Stellungnahme ausführlicher. Die Verse 16–23 sind eine Erweiterung und Verstärkung dessen, was er in den Versen 12–14 bereits dargelegt hat.
Er wendet sich an eine uns allen gemeinsame praktische Einsicht. Wir alle wissen, daß, wenn wir jemand gehorchen, wir faktisch dessen Knecht sind, mögen wir dieses Wort auch meiden. Dasselbe ist in geistlichen Dingen der Fall, wo es darum geht, ob ich der Sünde oder Gott diene. Beurteilt nach diesem Maßstab, waren wir einst fraglos Sklaven der Sünde. Aber als das „Bild der Lehre“ des Evangeliums uns erreichte, gehorchten wir ihm – Gott sei gepriesen! Die Folge war, daß wir von der Knechtschaft der Sünde frei wurden, um Diener Gottes und der Gerechtigkeit zu werden. Nun, da wir Sklaven der Gerechtigkeit sind, sollen wir unsere einzelnen Glieder Gott darstellen, damit Er Seinen Weg mit uns gehen kann.
Diese Übergabe nun ist eine äußerst wichtige Sache. Was wir nun wissen und wofür wir uns halten dürfen, führt zu ihr hin. Wenn wir davor zurückschrecken, richten Wissen und Dafürhalten nichts aus. Zweifellos stoßen wir hier auf den Grund, weshalb so vieles schwach und fruchtlos bei Christen ist, die theoretisch sehr gut belehrt sind. Sie schrecken davor zurück, sich selbst und ihre Glieder Gott auszuliefern oder darzustellen. Oh, laßt uns zusehen, daß, wenn wir es bis jetzt nicht getan haben, wir es sofort nachholen! Danach werden wir zu einer beständigen Darstellung unserer Glieder im Dienst für Gott Gnade brauchen und sie finden.
All das setzt voraus, daß der alte Despot, die Sünde, noch in uns ist und nur auf Gelegenheiten wartet, sich durchzusetzen. Aber das macht den Triumph der Gnade um so größer. Es steigert den Wert der Lektionen, an denen wir lernen. Wir lernen, unsere Glieder zum Dienst der Gerechtigkeit zur Heiligkeit darzustellen, selbst während die Sünde im Innern lauert und giert, sich zur Geltung zu bringen. Indem wir der Gerechtigkeit dienen, dienen wir Gott, denn den Willen Gottes zu tun, ist das erste Element der Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit in all unseren Handlungen führt zur Heiligkeit in Leben und Charakter.
Anstatt daß wir in der Sünde fortfahren als solche, die unter ihre Macht versklavt sind, sind wir von ihr freigemacht dadurch, daß wir unter Gottes Herrschaft gebracht worden sind. Zweimal haben wir den Ausdruck „von der Sünde freigemacht“ (V. 18 und 22). Früher waren wir „Freie von der Gerechtigkeit“. Wir sind der alten Macht entronnen und unter die neue gekommen. Das ist der Weg zu Leben und Heiligkeit.
Hier rückt ewiges Leben ins Blickfeld als Vollendung des wunderbaren Geschehens. In den Schriften des Apostels Johannes finden wir es als gegenwärtigen Besitz des Gläubigen dargestellt. Da ist kein Widerspruch zwischen beiden Betrachtungsweisen. Was uns seinem Wesen nach schon jetzt gehört, wird in seiner Fülle unser sein, wenn die Ewigkeit erreicht ist.
Der letzte, so wohl bekannte Vers dieses Kapitels faßt den Inhalt treffend zusammen. Wir können nicht der Sünde dienen, ohne ihren Lohn zu empfangen, nämlich den Tod. Tod ist ein Wort von umfassender Bedeutung. In einem Sinn ereilte der Tod den Menschen, als er durch die Sünde völlig in die Entfremdung von Gott geriet. Der Tod des Leibes tritt ein, wenn dieser vom geistigen Teil des Menschen abgetrennt wird. Der zweite Tod erfolgt dann, wenn verlorene Menschen endgültig von Gott getrennt werden. Der volle Lohn der Sünde schließt den Tod in diesem dreifachen Sinn ein.
In Verbindung mit Gott wird von Lohn nicht gesprochen. Alles ist Gabe. Selbst das Leben, in dem wir Ihm dienen können, ist Seine eigene Gabe durch Jesus Christus, unseren Herrn. So kommen wir am Schluß des Kapitels auf den Gedanken zurück, mit dem das vorhergehende Kapitel endete. Wir mögen uns wohl des ewigen Lebens rühmen, das als Gottes unentgeltliche Gabe unser ist, und von Herzen all die Folgen ergreifen, die es uns erschließt.