Botschafter des Heils in Christo 1854
Einige Gedanken über Epheser 1,5-9
In dem Brief an die Epheser wird uns der Ratschluss Gottes in Betreff der Kirche offenbart. Gott selbst macht uns das Geheimnis seines Willens, die Tragweite seiner Liebe und unsere Teilnahme daran in Christus kund. Der Heilige Geist spricht in diesem Brief nicht von der Ankunft Christi, weil Er hier die Kirche als schon im Himmel darstellt. Ihr Segen ist in himmlischen Örtern in Christus (Kap 1,3); sie ist in Ihm mitauferweckt und mitversetzt in die himmlischen Örter (Kap 2,6); ihr Zeugnis ist im Himmel (Kap 3,10) und ihr Kampf ist mit bösen Geistern in himmlischen Örtern (Kap 6,12).
In den beiden ersten Versen finden wir die Adresse des Briefes und den gewöhnlichen Gruß. Dann lesen wir Vers 3: „Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit aller geistlicher Segnung in den himmlischen Örtern in Christus.“
Der Name Gottes ist immer der Ausdruck seines Wesens. Er hat sich offenbart unter den Namen: „der Allmächtige“, „Jehova“, „Vater“ und was diese Namen bezeichnen, das ist Gott. Hier nennt Ihn der Heilige Geist, den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er ist der Gott unseres Herrn Jesus Christus, weil Christus Mensch ist; sowohl Mensch in seiner Niedrigkeit, als auch jetzt Mensch verherrlicht vor Gott. Es ist nicht allein köstlich für uns, dass Gott als Mensch auf Erden offenbart war, sondern auch, dass ein Mensch verherrlicht vor Gott im Himmel ist. Er ist der Vater unseres Herrn Jesus Christus, weil Christus der Sohn ist. Diese beiden Namen oder Charaktere Gottes im Verhältnis zu Christus, als „Gott und Vater“ sind der Grund und die Urquelle aller Segnungen. Der Name „Gott“ entspricht dem 4. Verse, sowie dem Gebet in Vers 15–23; der Name Vater dem 5. Verse und dem Gebet in Kapitel 3,14–21. – Im Gegensatz zu Israel, welches seine Segnungen auf dieser Erde und in irdischen Dingen hatte, ist unsere Segnung in himmlischen Örtern in geistlichen Gütern. Und nicht allein sind wir durch Christus, sondern auch in und mit Ihm gesegnet. Sein Gott und Vater ist auch unser Gott und Vater. Also sagte Er zu Maria, als Er sein Werk vollendet hatte und auferstanden war: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17). Christus ist der Erstgeborene vieler Brüder und alles, was Er von seinem Gott und Vater empfangen hat, haben wir mit Ihm gemein. Er hat uns mit sich in die gleiche Stellung versetzt. Wir haben dieselbe geistliche Segnung, in den himmlischen Örtern die sein ist, und werden sie da besitzen und genießen, wo Er sie besitzt und genießt. Alles was Er hat und alles was Gott und der Vater Ihm tun und geben konnte, haben wir auf die beste Art, das ist in Christus selbst.
„Gleichwie Er uns hat auserwählt in Ihm vor Grundlegung der Welt, auf dass wir sein sollten heilig und ohne Tadel vor Ihm in der Liebe.“ Vers 4. Hier haben wir den Ratschluss Gottes in Betreff der Kirche.
Die Welt ist freilich der Ort, worin die Kirche in der Zeit gefunden wird; allein in den Ratschlüssen Gottes war sie schon vor Grundlegung der Welt. Doch war sie in Gott verborgen und also sollte es sein. Solange der Zaun, das Gesetz, die Juden und Heiden trennte, konnten diese Gedanken, die nur auf dem Grundsatz der Gnade beruhen, nicht offenbart werden. Jetzt aber, nachdem der Zaun abgebrochen ist, scheint dieser Ratschluss in aller Fülle aus. – Gott findet nur Wohlgefallen in sich selbst. Sein Wesen ist Heiligkeit und Liebe. Christus aber ist das Ebenbild und der vollkommene Ausdruck seines Wesens. In Ihm findet Gott alles was Er selbst ist, darum ist Er der Gegenstand seines Wohlgefallens und seiner Liebe. Jetzt sind auch wir oder die Kirche es in Ihm. Heilig tadellos und in Liebe, das ist das Wesen Gottes und das unsrige. Nur in diesem Charakter konnten wir vor Ihm und in seiner Gegenwart. bleiben. Wir sind nach dem Ratschluss Gottes auserwählt in Christus, um vor Gott ein Gegenstand seines Wohlgefallens und seiner Wonne zu sein. Welch ein Vorrecht! und Gott will, dass wir es recht verstehen lernen. Wir hätten nach seinem Ratschluss heilig und tadellos und in Liebe vor Ihm sein, und also seinem Wesen ganz und gar entsprechen können, und doch hätte Er uns vor sein Angesicht als Engel, Knechte usw. hinstellen können; aber wir lesen Vers 5 weiter: „Der uns zuvor verordnet hat zur Kindschaft durch Jesus Christus durch sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens.“
Er verordnete uns zur Kindschaft nach dem Wohlgefallen seines Willens. Gott erwählte für uns das Beste, damit wir ganz und gar seinen Charakter genießen konnten. Christus ist der Sohn Gottes, aber wir sind auch Söhne und zwar in derselben Beziehung und in denselben Neigungen des Herzens zum Vater. In einem gewissen Sinne werden auch Adam, Israel und die Engel Kinder Gottes genannt, aber in einer anderen Beziehung; wir sind es durch Christus. Gott mangelt nichts; Er ist sich selbst genug; aber seine Liebe musste etwas vor sich haben, wo Er alle die Gefühle seines Herzens und alles, was Er ist, niederlegen konnte. Welch ein Vorrecht und welche Freude für uns, dass wir der Gegenstand dieser Liebe geworden sind? Habe ich meine Gemeinschaft an dem Ratschluss Gottes in Vers 4 erkannt, so verstehe ich, was Gott ist, und erkenne ich meine Verordnung zur Kindschaft in Vers 5, so erfahre ich was der Vater ist. Gott muss, wie wir gesehen, einen Gegenstand haben, der Ihm gleich ist; wozu wir erwählt sind und wozu Er uns selbst bereitet hat; weil Er uns aber nun seine Natur mitgeteilt, so kann kein anderer Gegenstand uns erfreuen und glücklich machen, als Gott selbst; und wir rühmen uns Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus. Wir werden stets mit etwas beschäftigt sein, entweder mit der Sünde oder mit Gott, je nachdem wir der Welt oder Ihm angehören. Wenn unsere Herzen das Verhältnis zu Gott dem Vater und zu Christus Jesus verstanden haben und in Wahrheit davon erfüllt sind, und wenn nur in dieser so nahen Stellung mit Gott verkehren und seine Gemeinschaft genießen, so sind wir in der Tat glücklich und voll des Friedens Gottes.
Im Vers 6 fährt denn der Apostel weiter fort: „Zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, durch welche Er uns begnadigt hat in dem Geliebten.“
Wir sind auserwählt in Christus (V 4), zur Kindschaft verordnet durch Christus (V 5), und begnadigt in dem Geliebten (V 6). Er fügt auch hier hinzu „in dem Geliebten“. Der Heilige Geist will uns in diesem Ausdruck vor Augen stellen, was Christus vor Gott und dem Vater ist; und wir sind in dem Geliebten vor Ihm. „Auf dass die Liebe, womit du mich liebtest, sei in ihnen und ich in ihnen“ (Joh 17,26). Wir genießen dieselbe Liebe Gottes, womit Christus geliebt ist. Wir müssen uns aber erinnern, dass hier nicht die Rede von der Erlösung, sondern vom Ratschluss ist. Die Erlösung ist das Mittel für den Ratschluss Gottes. Der Heilige Geist stellt uns in diesem Kapitel das Herz Gottes vor und das was wir vor Ihm sein sollen. Dieser Ratschluss scheint jetzt ans in seinen Kindern und dies ist die Herrlichkeit seiner Gnade.
In Vers 7 aber redet der Heilige Geist von der Erlösung: „in welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen nach dem Reichtum seiner Gnade.“ Von Natur sind wir Sklaven der Sünde, ohnmächtig und elend, ja was es nur Schlechtes und Schwaches geben kann, finden wir in dem Menschen. Sein ganzes Wesen ist Sünde und Verderben, und nicht umsonst spricht hier der Heilige Geist von dem Reichtum Gnade, wie Er vorher, als von dem Ratschluss Gottes und unserer Stellung vor Gott die Rede war, von der Herrlich, seit seiner Gnade sprach. Dieser Reichtum seiner Gnade dringt in die Tiefen unseres Elends, und es muss unserem Herzen wohl tun, uns in diesem Reichtum vor Gott zu wissen.
Ich muss diesen Reichtum verstehen, wenn ich anders frei vom bösen Gewissen die Gegenwart Gottes genießen will. Dieser Reichtum seiner Gnade wird uns in Vers 8 und 9 in einer anderen Beziehung vorgestellt, wenn der Apostel sagt: „Mit welcher er überschwänglich gewesen ist über uns in aller Weisheit und Einsicht, und hat uns kund gemacht das Geheimnis seines Willens, nach seinem Wohlgefallen, welches er sich vorgenommen hat in sich selbst.“
Haben wir als arme Sünder den Reichtum seiner Gnade in der Erlösung ernannt, so lernen wir auch verstehen, in welche Stellung Er uns nach seinem Ratschluss gesetzt und nach dem Wohlgefallen seines Willens verordnet hat. Gott selbst eröffnet uns diese herrlichen Gedanken nach seiner Weisheit und Einsicht. „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn ein Knecht weiß nicht was sein Herr tut: aber Ach habe euch Freunde genannt, denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kund getan.“ Dem Freund öffnen wir unser Herz und weilen ihm alles mit, was uns selbst beschäftigt. So offenbart uns Gott nicht allein das, was uns zu wissen nötig ist, sondern alles das, was sein eigenes Herz erfüllt und beschäftigt; alles, was Ihm selbst teuer und köstlich ist. Gott nannte den Abraham seinen Freund, und sagte: „Sollte ich dem Abraham etwas verbergen, was ich tun will?“ Ferne von dem Gerichte, was Sodom und Gomorra treffen sollte, offenbart ihm der Herr das, was Er zu tun vor hatte. Die Kirche ist in Christus vor Gott gestellt, im Besitz der vollkommen Liebe, in der Gemeinschaft Gottes mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus. Die Sünde ist hinweg getan, und diese Tatsache und Gewissheit im Herzen lässt uns die Gegenwart Gottes genießen. Der Heilige Geist überzeugt uns, dass das Werk Christi in Betreff unserer Sünden vollbracht ist, und dass wir als Kinder von Gott geliebt sind. Solange wir aber dieses Bewusstsein nicht haben, solange wir nicht frei sind, sind wir noch mit der Sünde beschäftigt und nicht mit Gott. Wir sind glücklich, wenn wir verstanden haben, dass wir uns der Liebe Gottes ganz anvertrauen und stets darauf rechnen dürfen. Gott rechnet aber auch auf unsere Liebe. Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, dass ich zu euch gesagt habe ich gehe zu meinem Vater.“ Ihre Liebe sollte es gewünscht und auch verstanden haben, dass beim Vater zu sein, viel köstlicher war, als in einer feindseligen Welt, wo für den Sohn Gottes keine Liebe zu finden war.
So köstlich es für uns ist mit Christus, das Erbe zu besitzen und zu genießen, so ist es doch viel köstlicher für uns, Gott selbst, sowohl den Vater als den Sohn zu haben und uns seiner Gemeinschaft und Gegenwart zu erfreuen; wie für die Braut der Besitz des Bräutigams selbst köstlicher sein wird, als dessen noch so großes Erbteil. Wir sind jetzt zu Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade, dort werden wir zu Lobe seiner Herrlichkeit sein. In seiner Gegenwart werden wir stets das Bedürfnis fühlen mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein, um alle seine herrlichen Gedanken zu verstehen, seine Gemeinschaft zu genießen und mit Ihm zu wandeln. Darum wolle uns der treue Herr ganz und gar mit seinem Geist erfüllen.