Botschafter des Heils in Christo 1854
Gedanken über das Brotbrechen
Große Unwissenheit, ja selbst Geringschätzung herrscht bei vielen Christen über diesen so kostbaren Gegenstand. In dieser Zeit der Verwirrung wissen viele Kinder Gottes ihre teuren Vorrechte wenig zu schätzen. Das Gefühl der Dankbarkeit ist so schwach, weil sie die liebende Fürsorge ihres guten Herrn, so wie seine mannigfachen Segnungen nicht recht verstehen. –
In dem Abendmahl hat uns der Herr ein Gedächtnis seiner Liebe gestiftet; Er hat vor uns einen Tisch ausgebreitet, um welchen nicht nur einige, sondern alle seine Kinder sich versammeln sollen. Gerade hier soll jede Verschiedenheit vergessen sein und nur die brüderliche Liebe und Gemeinschaft walten. Hier soll man nur solche sehen, welche die Liebe Gottes zu diesem Mahl eingeladen und das Blut Christi zur Teilnahme würdig gemacht hat. An diesem Tisch soll jedes Herz ganz und gar auf seinen gebrochenen Leib und sein vergossenes Blut gerichtet und von dem so teuren Lamm und seiner unaussprechlichen Liebe für uns erfüllt sein. Hier sollen die Versöhnten seinen Tod verkündigen und wartend auf die Wiederkunft des Herrn, sich in Hoffnung seiner und ihrer Herrlichkeit erfreuen.
Suchen wir 1. über die Beschaffenheit der Verordnung des Herrn Abendmahl klar zu werden. Wird diese nicht verstanden, so gehen wir gewiss in allen unseren Begriffen darüber irre. Das Abendmahl ist ein Mahl der Danksagung für die schon empfangene Gnade. Der Herr selbst bezeichnet den Charakter des Mahls bei der Einsetzung durch Danksagung. „Er nahm das Brot und dankte usw.“ Das Lob und nicht die Bitte ist der passende Ausdruck der Herzen derer, die um den Tisch des Herrn sitzen. Gewiss ist es nicht zu leugnen, wir haben viel zu bitten, zu bekennen und zu beklagen; aber des Herrn Tisch ist nicht der Platz für Klagende. Der „gesegnete Kelch“ ist für uns ein Kelch der Danksagung; er ist das von Gott eingesetzte Sinnbild jenes köstlichen Blutes, welches uns die Erlösung verschaffte. „Das Brot, das wir brechen ist das nicht die Gemeinschaft das Leibes Christi?“ Wie könnten wir denn dieses brechen mit einem traurigen Herzen und mit betrübtem Angesicht? Die Gottes–Familie soll sich da versammeln, und sich ungeheuchelt in der Liebe dessen erfreuen, der sie zusammen gebracht hat. Jedes Herz mag seine besondere Erfahrungen, seine verborgenen Sorgen, seine Anfechtungen und Gebrechen haben; aber diese Gegenstände sollen nicht bei des Herrn Tische betrachtet werden. Wenn es geschieht, so ist dieses dem Mahl des Herrn eine Unehre; es wird alsdann der Kelch des Segens zu einem Kelch der Sorgen gemacht. Der Herr hat uns zu diesem Fest eingeladen, und, trotz unserer Mängel und Gebrechen, soll nichts als die Fülle seiner Liebe und die reinigende Kraft seines Blutes zwischen Gott und unserer Seele stehen. Bleibt unser Auge unverrückt auf Jesus gerichtet, dann ist für etwas anderes kein Raum mehr da. Beschäftige ich mich mit meinen Sünden, so werde ich mich unglücklich und elend fühlen; ich gedenke an das, was Gott mir zu vergessen gebietet und ich vergesse, was allein der Gegenstand meiner Gedanken sein sollte. Des Herrn Mahl ist mir dann nicht ein Fest der Freude und Wonne, vielmehr eine Zeit der Dunkelheit und Niedergeschlagenheit. Der wahre Charakter seiner Verordnung ist alsdann verloren und ich bin geeigneter in den Reihen der Zitternden unter dem Berg Sinai, als in der Mitte einer glückseligen Familie am Tisch des Herrn.
Bei der Einsetzung des Abendmahls waren gewiss alle Dinge vereinigt, große Traurigkeit und Trostlosigkeit des Geistes hervorzubringen; doch der Herr Jesus konnte „danken.“ Der Strom der Freude, welcher durch seine Seele floss, war zu mächtig, als dass er durch die umgebenden Umstände hätte gehemmt werden können. Es war gerade seine Freude, seinen Leib hinzugeben, dass er gebrochen, und sein Blut, dass es vergossen würde; und diese Freude konnte durch menschliche Gedanken und Gefühle nicht gestört werden. Und konnte Er sich im Geist erfreuen und danken bei jenem Brotbrechen, welches allen Gläubigen ein Gedächtnis seines gebrochenen Leibes sein sollte, sollten wir uns denn nicht freuen im Genuss all der Segnungen seiner Mühen und Leiden? Es kann ja nicht anders sein. Unser himmlischer Vater sagt: „Lasst uns essen und fröhlich sein“ (Lk 15,23). Sollen wir den Tisch, wo der Vater und der verlorene Sohn bei einem fetten Kalb zusammen sitzen, zu einer Szene voll Kummers und düsteren Misstrauens machen? Das sei ferne! Wir müssen nicht Kummer in die Gegenwart Gottes bringen; denn „vor Ihm ist Freude die Fülle.“ Sind wir nicht glücklich und selig, so sind wir auch nicht in der Gegenwart Gottes; vielmehr stehen wir dann vor unseren Sünden und Sorgen, oder vor sonst etwas, was außer Gott liegt.
Es mag vielleicht gefragt werden: ist denn keine Vorbereitung nötig? Sollen wir uns zu dem Tisch des Herrn mit derselben Gleichgültigkeit niedersetzen, wie zu einer gewöhnlichen Mahlzeit? Gewiss nicht. Wir bedürfen der Vorbereitung; es ist dies aber die Vorbereitung Gottes, die für seine Gegenwart passt, und nicht unsere eigene. Nicht unsere Seufzer oder Reuetränen machen uns würdig, sondern allein das vollendete Werk des Lammes Gottes, bezeugt durch den Heiligen Geist. Manche glauben dadurch den Tisch des Herrn zu ehren, wenn sie sich mit einer in den Staub gebeugten Seele nähern, niedergedrückt von dem Gefühl einer unerträglichen Sündenlast. Dieser Gedanke kann nur aus der Gesetzlichkeit des menschlichen Herzens stießen, aus dieser so fruchtbaren Quelle von Gedanken, die Gott und das Kreuz Christi verunehren, die den Heilige Geist betrüben und unseren Frieden gänzlich umstürzen. Gewiss wird die Reinheit des Herrn Tisches völliger gewahrt, wenn dem Blut Christi die alleinige Ehre gegeben wird, als wenn menschliche Betrübnis und Neue hinzugetan werden soll.
In dem Abendmahl des Herrn liegt ferner eine wirkliche Anerkennung der Einheit des Leibes Christi. Denn ein Brot ist es, so sind wir viele ein Leib, die weil wir alle eines Brotes teilhaftig sind (1. Kor 10,17). Die Kirche zu Korinth schien diese Einheit des Leibes aus dem Gesicht verloren zu haben. Es waren dort schlimme Fehler und eine traurige Verwirrung eingerissen. Der Apostel sagt: „Wenn ihr nun zusammen kommt, so hält man da nicht des Herrn Abendmahl, denn ein jeglicher nimmt sein eigenes.“ Hier herrschte Trennung und nicht Einheit des Leibes. Nur da kann des Herrn Mahl sein, wo der ganze Leib des Herrn, die Einheit aller Gläubigen anerkannt wird. Die Einheit einer gewissen Anzahl, vereinigt durch bestimmte Formen oder Grundsätze, welche sie von anderen Gläubigen trennen, ist Sektiererei. Der Glaube an das Versöhnungswerk Christi und ein Wandel, der mit diesem Glauben übereinstimmt, kann nur die Grenze der Gemeinschaft bilden. Wenn anders, so hört der Tisch auf, des Herrn Tisch zu sein, sondern wird der eigene Tisch einer Sekte und hat kein Recht Ansprüche an die Herzen der Getreuen zu machen. Ein solcher Tisch wird die, so rechtschaffen sind, offenbar machen.
Es könnte gefragt werden: Hindert nicht die schreckliche Verwirrung unserer Zeit den ganzen Leib in einem zu sammeln? Und ist es deshalb unter den jetzigen Umständen nicht besser, dass jede Benennung oder Partei ihren eigenen Tisch habe? Die leiseste Bejahung dieser Fragen würde nur beweisen, dass Gottes Volk nicht länger fähig sei nach seinen Grundsätzen einherzugehen, und dass es der traurigen Ungewissheit übergeben sei, nach menschlichen Anordnungen zu handeln. Gott sei Dank, dass dies nicht der Fall ist. „Die Wahrheit des Herrn währt ewiglich;“ und was der Heilige Geist in 1. Korinther 11 lehrt, dazu sind alle Glieder der Kirche Gottes verbunden. In der Gemeinde zu Korinth waren große Unordnungen, Spaltungen und Rotten. Sie unterschieden nicht mehr den Leib des Herrn, was zeitliche Gerichte nach sich gezogen hatte. Der Heilige Geist wurde betrübt und entehrt. Sein Werk war es, die Kirche in eins zu sammeln und dem Haupt entgegen zu führen. Die Korinther hatten dieses Werk und somit den wohlgefälligen Willen Gottes vergessen. Der Apostel sagt: „Hierin lobe ich euch nicht.“ Er sucht sie durch ernste Ermahnungen wieder zu der so wichtigen Anerkennung der Einheit des Leibes zurückzuführen. Seine Ermahnungen gelten auch uns und die Rechtschaffenen werden darauf merken und offenbar werden. Wir sehen große Unordnung und Verwirrung in der bekennenden Kirche; aber menschliche Mittel und Anordnungen helfen nichts, sondern allein Gottes Wort. Diese Anordnungen sind fleischlich; sie bergen die schrecklichen Schäden höchstens vor den Augen der Menschen, aber vor dem Angesicht Gottes ist die Verwirrung nur umso gräulicher. Nur wer die Einheit des Leibes Christi anerkennt und darin lebt, steht im Einklang mit den Gedanken des Heiligen Geistes und mit dem Willen Gottes.
Nachdem der Herr Jesus von den Toten auferstanden war und sich zur Rechten Gottes gesetzt hatte, sandte Er den Heiligen Geist auf die Erde, seinen Leib zu sammeln. Er sollte einen Leib und nicht viele Leiber sammeln. Mit den vielen Leibern, wie wir sie sehen, hat Er kein Mitgefühl. Wohl hat Er sein segensvolles Mitgefühl mit den vielen Gliedern in diesen Leibern; denn wenn diese auch Glieder menschlicher Sekten oder Parteien sind, so sind sie dennoch Glieder des einen Leibes. Aber Er wohnt nicht in den vielen Leibern, denn „wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Knechte oder Freie und sind alle zu einem Leib getränkt“ (1. Kor 12,13). Ich sage, der Heilige Geist kann nicht in allen Spaltungen der bekennenden Kirche wohnen, denn Er sagt selbst zu solchen: „Hierin lobe ich euch nicht.“ Er wird betrübt durch sie; Er arbeitet ihnen entgegen; sie sind Ihm ein Schmerz und eine Unehre, denn Er will alle Gläubigen zur Einheit des Leibes hinan bringen. Wir müssen jedoch des Geistes Wohnen in der Kirche und sein Wohnen in dem Einzelnen unterscheiden. Er wohnt in dem Leib Christi, das ist die Kirche. Er wohnt aber auch in dem Leib des Gläubigen; wie wir lesen: „Euer Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes, der in euch ist, welchen ihr habt von Gott“ (1. Kor 6,19). Deshalb ist der einzige Leib, in welchem der Heilige Geist wohnt und segensreich wirkt und wo diese anerkannt und gepflegt wird, die ganze Kirche Christi. So soll auch der Tisch des Herrn an irgend einem Orte, die Darstellung der Einheit der ganzen Kirche sein und wo dieses nicht ist, da ist auch nicht der Tisch des Herrn.
Es kann nicht stark genug hervorgehoben werden, dass alle Gläubigen „ein Brot und ein Leib sind.“ Es ist auch ein sehr gewöhnlicher und allgemeiner Irrtum, das Abendmahl nur als ein Mittel anzusehen, wodurch dem einzelnen Gläubigen Gnade und Segen zufließe. Es ist dies gewiss wahr, denn jeder Gehorsam hat Segen zur Folge; aber es ist dies nur ein kleiner Teil des Segens, wie wir bei aufmerksamem Lesen von 1. Korinther 11 sehen können. Beim Abendmahl wird vornehmlich des Herrn Tod und sein Kommen unseren Seelen dargestellt und wird hiervon ein Teil des Leibes ausgeschlossen, da ist etwas verkehrt. Wird die vollkommene Verkündigung des Herrn Todes, oder von seinem Kommen, oder die Darstellung des ganzen Leibes Christi durch irgendetwas gehindert, so ist etwas Falsches beim Brotbrechen. Wir werden diesen Irrtum schnell entdecken, wenn unser Herz einfältig dem Wort Gottes und dem Geist Christi unterworfen ist. Der rechtschaffene Christ wird jede Spaltung von sich abwerfen, er wird entschieden festhalten an dem weiten, göttlichen Grundsatz, der alle Glieder des Leibes Christi als solche umfasst und einschließt. Er wird nicht allein besorgt sein, würdig vor dem Herrn zu wandeln, sondern auch prüfen, dass nichts mit dem Mahle, woran er Teil, nimmt, verbunden sei, welches die Einheit der Kirche hindert. Jede menschliche Grenze wird er verwerfen, selbst wenn sie einen göttlichen Schein hat. Es ist nicht zu leugnen, dass in dieser Beziehung in unseren Tagen der Heilige Geist in einer furchtbaren Ausdehnung betrübt wird. Man denkt an sich, an seine seligen Gefühle und nicht an die Ehre und Herrlichkeit Christi oder die Einheit seiner geliebten Kirche. Eine solche Selbstsucht kann nur traurige Folgen haben. Wo die freie Wirksamkeit des Heiligen Geistes gehemmt wird, da ist auch wenig Erkenntnis, Freude, Kraft, Dank und Anbetung. – Betrachten wir 2. die Umstände, unter welchen des Herrn Abendmahl ein gesetzt ist. – Auch dies ist besonders wichtig und lehrreich. Der Herr war im Begriff in den Kampf gegen alle Mächte der Finsternis zu treten und all der grausamen Feindschaft der Menschen entgegen zu gehen; Er wollte Jehovas gerechten Zorneskelch gegen die Sünde bis auf die Hefen ausleeren. Es nahte für Ihn ein schrecklicher Morgen, schrecklicher als je ein Mensch oder Engel einen gesehen hat, und dennoch, „in derselben Nacht, da Er verraten ward, nahm Er das Brot.“ Welch eine Liebe ohne Selbstsucht sehen wir hier! – „Dieselbe Nacht“ – die Nacht der Sünde und Schmerzen, die Nacht seines Todeskampfes und blutigen Schweißes, die Nacht wo ein Jünger Ihn verriet, ein anderer Ihn verleugnete und alle Ihn verließen, – in solch einer Nacht, war das Herz Jesu voll von Empfindungen für seine Kirche, – in einer solchen Nacht setzte Er das Abendmahl ein. Das zerstoßene Korn und die gepresste Traube geben uns vereinigt Stärke und Freude und beides bestimmte der Herr zu Sinnbildern seines gebrochenen Leibes und seines vergossenen Blutes. An seinem Tisch ist Er noch immer gegenwärtig, als der das Brot und den Wein gibt. Unser Glaube sieht Ihn und hört Ihn noch immer sagen: „Nehmt und esst, das ist mein Leib,“ und von dem Kelch: „Trinkt alle daraus, denn dies ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen ist für viele zur Vergebung der Sünden.“ Diese Anordnung führt die Seele in jene verhängnisvolle Nacht zurück; sie bringt vor unsere Angesichter die Wahrheit des Kreuzes und die Leiden des Lammes Gottes, wenn unsere Seelen ruhen, sich weiden und erfreuen können; sie erinnert uns an die tiefe Liebe ohne Selbstsucht, an die willige Hingabe und Aufopferung dessen, der den gerechten Zorneskelch Jehovas für die Sünde ausleerte, und dennoch für uns beschäftigt war, und uns ein Fest bereitete, welches den herrlichsten Ausdruck unserer innigen Vereinigung mit Ihm und allen Gliedern seines Leibes offenbarte. Wer kann an jene Nacht denken und nur mit sich beschäftigt sein? Kann die Selbstsucht im Angesicht des Kreuzes bestehen? Können wir in der Gegenwart dessen, der sich selbst für uns opferte nur an unsere Interessen denken? Ist es möglich herzlos und eigenwillig den Leib Christi zu zerreißen und durch menschliche Grenzen und Satzungen teuer erkaufte und geliebte Glieder von seinem Tisch zurückzuweisen? Gewiss, es konnte nicht sein, wenn alle Gläubigen den gebrochenen Leib und das vergossene Blut unseres Herrn Jesus Christus recht im Geist auffassten. Diese Wahrheit würde sie frei und aller Ketzerei und Spaltung ein Ende machen. „Nehmt euch unter einander auf, gleich wie Christus euch hat aufgenommen zu Gottes Lobe“ (Röm 15,7).
Welches sind nun 3. die Personen, für welche allein des Herrn Abendmahl eingesetzt ist? – Es ist die Kirche Gottes, die Familie der Erlösten. Alle Glieder dieser Familie sollen Teil nehmen. Es ist ihr alleiniges Vorrecht; denn nur sie kann den Tod des Herrn verkündigen und sein Kommen freudig erwarten; sie hat vollen Anteil an den reichen Segnungen, die mit dem Opfer Christi verbunden sind. Wer unter ihnen eigenwillig und ohne die triftigsten Gründe abwesend sein kann, der beweist nur, dass er diese Fülle von Segnungen gering schätzt, oder auch sich des Ungehorsams gegen das ausdrückliche Gebot des Herrn schuldig macht. Wenn eine Versammlung von Christen selten, oder nur, wenn es sich gerade so macht, das Brot zusammen bricht, so gibt sie ihre Gleichgültigkeit gegen den Tisch des Herrn und seine Segnungen und Freuden zu erkennen, und dass sie das Abendmahl nur als eine Nebensache ansteht. Viele klagen über Gaben zur Erbauung und Belehrung und der Tisch des Herrn, wo ohne diese Gaben Kraft und Freude den Teilnehmenden dargereicht wird, wird versäumt. Und gewiss, wo der Tisch des Herrn eigenwillig, durch einzelne oder eine ganze Versammlung, vernachlässigt wird, kann das göttliche Leben nur Schaden leiden. – Sollten sogar einzelne Christen denken: ich werde reichlich gesegnet, wenn ich zu Haus allein bin; der Herr kann mit mir das Abendmahl innerlich halten, so beweisen sie nur ihren Ungehorsam gegen Gott, ihre Unwissenheit und Geringschätzung. Es heißt: „Verlasst nicht die Versammlung, wie etliche pflegen.“ „Ihr sollt den Tod des Herrn verkündigen, bis dass Er kommt.“ Wollen wir nun klüger sein, als der Herr? O möchten alle Glieder der Kirche lebendigen Eifer für die Herrlichkeit Christi und die Einheit seines Leibes beweisen! Möchten sie den Leib des Herrn unterscheiden und in kindlichem Gehorsam ihre seligen Vorrichte mit Freuden genießen! Durch unsere Trägheit und Gleichgültigkeit hemmen wir den Wachstum unserer Seelen, schaden den Brüdern, schätzen Gottes Gebote gering und verkennen den Gegenstand der göttlichen Liebe und Fürsorge.
Niemand aber gehört an den Tisch des Herrn, der nicht ein wahres Glied der Kirche Christi ist. Die unbeschnittenen Fremden durften an dem Passah der Gemeinde Israel nicht Teil nehmen. Christus ist unser Passah für uns geopfert und es darf niemand dieses Fest feiern, niemand von dem Brot essen und den Wein trinken, als der den köstlichsten Wert seines Blutes kennt. Ohne diese Erkenntnis zu essen und zu trinken, heißt unwürdig oder das Gericht essen und trinken. In dieser Beziehung hat die Christenheit große Schuld auf sich geladen. Die äußerlich bekennende Kirche legt, gleich Judas, beim Abendmahl ihre Hände an den Tisch des Herrn und – verrät Ihn; sie isst mit Ihm und in demselben Augenblicke hebt sie ihren Fuß gegen Ihn auf. Was wird ihr Ende sein? Ganz das Ende des Judas. „Da er nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus und – fügt der Heilige Geist in einer schauerlichen Feierlichkeit hinzu – es war Nacht“ (Joh 13,30). Schreckliche Nacht! Der stärkste Ausdruck göttlicher Liebe bringt den stärksten Ausdruck menschlichen Hasses hervor. Also wird es mit der falschen bekennenden Kirche insgesamt sein und mit allen einzelnen falschen Bekennern. Obschon sie sich in dem Namen Jesu für getauft halten mögen und sich in ihrem Wahn zu dem Tisch des Herrn niedersetzen; sie sind seine Verräter gewesen und werden sich zuletzt in die äußerste Finsternis hinausgestoßen finden, umarmt von einer Nacht, die nimmer die Strahlen des Morgens sehen wird; gestürzt in einen Abgrund von endlosem und unaussprechlichem Weh. Wenn sie auch sagen werden zum Herrn: „Haben wir nicht vor dir gegessen und getrunken? hast du uns nicht gelehrt?“ – so wird doch seine feierliche, seine herzzerreißende Antwort sein: „Weicht von mir, ich kenne euch nicht!“ – Mein lieber Leser, ich bitte dich, bedenke diese Zeilen. Bist du noch in deinen Sünden, so entehre und verunreinige nicht des Herrn Tisch durch deine Gegenwart und anstatt hier zu erscheinen als ein Heuchler, gehe lieber nach Golgatha als ein armer, schuldiger und verlorener Sünder, bis du von deiner Versöhnung durch das Blut Jesu Christi durch den Heiligen Geist überzeugt bist. Dein bloßes Sündenbekenntnis mit dem Mund, ein Freisprechen von Seiten der Menschen und dann durch den Genuss des Abendmahls die Versiegelung deiner Versöhnung mit Gott empfangen zu wollen, ist nur Selbstbetrug und leere Menschensatzung.
Schließlich wollen wir 4. noch einige Worte in Betreff der Zeit und der Art und Weise der Feier desselben hinzufügen. – Wenn des Herrn Abendmahl auch nicht am ersten Tage der Woche eingesetzt wurde, so sehen wir doch in dem Lukasevangelium 24,30 und der Apostelgeschichte 20,7, dass die Christen an diesem Tag zum Brotbrechen versammelt waren. „Und da Er mit ihnen zu Tische saß, nahm Er das Brot, brach es, dankte und gab es ihnen“ (Lk 24,30). Dies war am ersten Wochentag. Und „am ersten Tage der Woche kamen die Jünger zusammen, das Brot zu brechen“ (Apg 20,7). Es war der Auferstehungstag; – und nur in Kraft seiner Auferstehung vermögen wir seinen Tod in der rechten Weise zu verkündigen. Nachdem der Kampf vorüber war, kam Melchisedek hervor und brachte Brot und Wein und segnete Abraham in dem Namen des Herrn. Also kam auch unser Melchisedek, nachdem der Kampf vorüber war, in der Auferstehung mit Brot und Wein hervor zu stärken und zu erfreuen, die Herzen seines Volkes und sie anzuhauchen mit dem Frieden, den Er so teuer erkauft hatte. Dieser Tag sah die ersten Christen, nur getrennt durch die Örtlichkeit, versammelt am Tisch des Herrn, als ein Leib, durch einen Geist getauft und belebt. Sie hielten fest an dem Grundsatz der Einheit der Kirche Christi. Welch ein, Tag des Segens war dieser erste Tag der Woche! Wie sehr wurde durch diese Einheit der Name Gottes und das vollgültige Werk Christi verherrlicht und mit welcher Kraft und Freude wurde an diesem Tag der Tod des Herrn verkündigt und sein Kommen erwartet! Wer hat den Christen ein Recht gegeben von dieser Ordnung und diesem Tag abzuweichen? Der Abfall etwa? Warum denken sogar manche Christen, es ist genug alle drei oder sechs Monate oder gar alle Jahr einmal dieses Mahl zu feiern? Können wir zu oft gesegnet werden und seinen Tod verkündigen? Lasst uns doch in jeder Beziehung einfältig zu des Herrn Wort zurückkehren.
Was nun endlich die Art und Weise der Feier betrifft, so sollten die Christen doch vor allen zeigen, dass das Brotbrechen ihr höchster und erster Gegenstand sei, weshalb sie am ersten Wochentage zusammenkommen. Es wurde das Werk Christi durch das Mahl verkündigt und diesem gebührte der Erste Platz. Es ist auch der persönliche Verkehr mit Gott etwas Vorzüglicheres, als der Verkehr unter einander. Wie die gemeinschaftliche Anbetung und Lobeserhebung, die sich direkt an Gott wendet, einen höheren Platz einnimmt, als die gegenseitige Erbauung, also auch das Abendmahl, wo wir direkt mit dem Lamm, das für uns abschlachtet ist, verkehren. Die Feier der Stunde ist geheiligt durch die Gegenwart Christi. Nach dem Brotbrechen sollte auch dem Heiligen Geist Raum gelassen werden, durch Erbauung und Belehrung zu dienen. Es ist das Amt des Geistes, den Namen, die Person und das Werk Christi zu erhöhen und zu verkündigen; Ihm allein kommt es zu die Versammlungen der Christen zu ordnen und zu regieren, und Er wird dem Werk Christi stets den ersten Platz geben.
Das Brotbrechen ist in der Tat in den Hintergrund gestellt. Der Tisch, an welchem der Herr den ersten Platz haben sollte, ist aus dem Gesicht verloren und irgend einem Menschen der Vorsitz eingeräumt werden. Solange die Christen nicht alles aufgeben, ausgenommen das, was sie als Christen haben, wird nie die Einheit der Kirche erlangt werden. Solange sie sich nicht einfach als Jünger zu des Herrn Tisch vereinigen, sondern als Lutheraner, Reformierte, Baptisten Methodisten usw., wird der Leib des Herrn zerrissen und der Heilige Geist verunehrt bleiben. Ich sage nicht, dass solche unter ihnen, welche unseren Herrn Jesus von Herzen lieb haben, nicht wertvolle Wahrheit besitzen, aber ich sage, sie haben keine Wahrheit, die sie hindern könnte mit allen wahrhaft Gläubigen sich zum Brotbrechen zu versammeln. Wie kann jemals eine Wahrheit Christus hindern, die Einheit der Kirche darzustellen? Unmöglich! – Dies kann nur ein Sektengeist in solchen, die Wahrheit haben, aber die Wahrheit selber kann dies nimmer. Alle Christen sind „ein Leib und ein Geist.“
Der Herr gebe seinem ganzen Volk einfältig Auge und einen demütigen und aufrichtigen Geist. Amen.