Botschafter des Heils in Christo 1853

Korrespondenz

Lieber Bruder!
Es steht noch gut in unserer Versammlung; der Herr ist mit uns und segnet uns reichlich. Von Seiten der Obrigkeit erleiden wir keine Störung und auch die Welt lässt uns ziemlich in Ruhe, so dass wir ungestört uns erbauen können. Wir haben aber gehört, dass es in einigen Versammlungen nicht still hergeht und manche Brüder und Schwestern viel zu leiden haben. Wohl ihnen, wenn ihr bewährter Glaube köstlicher erfunden wird, als das vergängliche Gold! Doch nehmen wir den herzlichsten Anteil an ihren Trübsalen und gedenken ihrer stets in unseren Gebeten. Ebenso erfahren wir durch Briefe aus mehreren Orten viel Erfreuliches, was unsere Herzen mit Lob und Dank erfüllt. O, der Herr ist sehr treu in unseren Tagen. Er gedenkt seiner Braut auf Erden wieder mit der herzlichsten innigsten Liebe und Zuneigung. O möchten es doch alle die Seinen recht erkennen und verstehen, denn nicht lange mehr kann Er verziehen. Er wird bald kommen und seine teuer erkaufte Gemeinde heimholen. Und wenn Er erscheinen wird, so wird auch sie mit Ihm erscheinen in Herrlichkeit. Lass uns die wenigen Tage ausharren, lieber Bruder, und auch unsere Brüder und Schwestern zur Geduld ermahnen. Wir können hienieden in manche schwierige Lagen kommen und auf viele Hindernisse stoßen, aber der uns gerufen hat, ist treu, und Er weiß uns wohl hindurch zu führen. Richten wir unseren Blick nur getrost nach oben zum Vater im Himmel. Er liebt seine Kinder und an seinem Herzen ruhen wir ganz sorgenlos. Es ist so köstlich für uns, zu wissen, dass unser Herr Jesus, unser Haupt und Bräutigam, ja unser Bruder zu seiner Rechten sitzt und unser Leben mit Ihm in Gott verborgen ist. Schon jetzt sind wir durch seinen Geist im Glauben in der seligen Gemeinschaft mit Gott, dem Vater und seinem Sohn. Lass uns darin beharren, denn es ist ein köstliches Vorrecht und eine segensreiche Gemeinschaft. Wenn wir uns mit unseren Verhältnissen hier auf Erden einlassen, wenn wir daran denken, was uns hienieden noch treffen kann, so findet gleich der Unglaube Nahrung und uns wird bange. Wir sind hier in der Fremde. Unsere Heimat ist droben; was gehen uns die Dinge in der Fremde an, unser Erbteil ist im Himmel. Die Durchreise hienieden ist mit viel Beschwerde und Ungemach verknüpft, der Glaube beschäftigt sich nur mit dem, was droben ist, wo Christus ist, und wir genießen schon jetzt die himmlischen Segnungen, die unser Herz mit Frieden und Freude, mit Lob und Anbetung erfüllen!
Seit einiger Zeit ist in unserer Versammlung mehr Tragsamkeit wie früher; das richtende Gesetz ist gewichen und Gnade und Liebe hat in den Herzen Raum gewonnen, und ich freue mich sehr darüber. Früher sähe ein jeder leicht etwas an dem anderen und fiel richtend darüber her, jetzt waltet die Liebe und das Band des Friedens hält die Herzen umschlungen.
Der richtende Bruder glaubt in vollem Recht zu sein, wenn er seinen Mitbruder zu der Gesinnung Christi ermahnt, aber er gedenkt nicht daran, dass ihm selbst der Charakter Christi abgeht. Wehe uns, wenn Jesus uns nur das Gesetz vorgehalten und zum Tun aufgefordert hätte! Er stellte sich vielmehr für die Sünder in den Riss und nahm ihre Schuld auf sich und versöhnte sie als ein treuer Hohepriester, indem Er sich selbst zum Opfer darbrachte; und nun preist Gott seine Liebe gegen uns und lasst uns den Reichtum seiner Gnade verkündigen. Dies ist es allein, was den Sünder aufrichtet und ihm Kraft und Freudigkeit gibt, des Herrn würdig zu wandeln und in solchem Wandel zu beharren. Als Priester Gottes, der in der Gesinnung Jesu Christi einher geht, habe ich die Sünden meines Mitbruders, als meine eigenen vor Gott zu bringen, und diesen auf unsere hohe Berufung und unsere gesegnete Stellung, als Kinder zum Vater, aufmerksam zu machen, damit er sein Herz von allem ab, zu der Fülle der Segnungen hinwendet.
Ich fühle immer mehr, wie viel Liebe und Weisheit zum Ermahnen nötig ist. Ich darf nicht vergessen, dass eine jede gläubige Seele, auch die schwächste, ein teuer erkauftes Eigentum des Herrn, und ein Gegenstand seiner Liebe und Sorge ist. Ich darf nur mit Ihm verkehren, als mit einem Bruder Jesu Christi. Nicht darf ich irgend eine Sünde übersehen oder gutheißen, sie soll hin weggeschafft werden, aber dies darf nur im Geist und Sinne des Vaters und des Sohnes geschehen; denn die Liebe deckt der Sünden Menge.
Die meisten Anfechtungen haben wir hier von Christen zu erdulden, die an unserer Versammlung nicht Teil nehmen. Bis jetzt sind uns diese nur von Segen gewesen, denn sie haben unsere Herzen in der lauteren Wahrheit befestigt, und uns zum Forschen in der Schrift aufgemuntert. Alle, die es aufrichtig meinen, werden nimmer des rechten Weges fehlen. Die eben genannten Christen berufen sich stets auf ihre, und auf die Erfahrungen älterer Mitchristen; sie prüfen dabei aber sehr wenig, ob dieselben dem Wort Gottes gemäß sind, oder nicht. In Betreff des Wortes beziehen sie sich am meisten und liebsten auf die Gläubigen unter der Haushaltung des Gesetzes, und bedenken nicht, dass diese vor Gott als Knechte, wir aber vor dem Vater als Kinder stehen. Dieser alttestamentliche Geist hat in unseren Tagen die Kirche Christi vielfach durchdrungen, und die so sehr gesegnete und köstliche Stellung als Kinder in den Hintergrund gedrängt. Dem Buchstaben nach wird noch wohl vielfach diese kindliche Stellung festgehalten und ausgesprochen, aber nicht mehr dem Geist und Wesen nach, und die Brüder erkennen nicht, wie viel sie dadurch verloren haben. Es muss uns nun einerseits sehr zum Lob und Dank auffordern, dass wir durch den Heiligen Geist das nahe und kindliche Verhältnis, in welches uns Jesus durch sein Opfer zu Gott und dem Vater gestellt hat, erkennen und verstehen, und uns andererseits im Gebet für unsere Mitbrüder verharren lassen, die es noch nicht in Wahrheit erkannt haben. Allen Aufrichtigen wird es gelingen, und da wir sehen, dass der Herr so Großes an uns getan hat, so lass uns nicht müde werden, alle unsere Brüder und Schwestern mit Sanftmut und Liebe auf unsere großen Vorrechte in Christus Jesus und auf die Reichtümer der Gnade und Herrlichkeit hinzuweisen. Unsere Arbeit wird nicht vergeblich sein und das teure Werk Christi nicht unfruchtbar bleiben. Wir müssen, namentlich in diesen Tagen des Abfalls und der Verwirrung, alle Geduld und Langmut beweisen und nie vergessen, dass auch wir allein durch das wirksame Werk und die reiche Gnade Jesu Christi bestehen.
Grüße alle Heiligen und Geliebten Gottes in eurer Versammlung; möchten auch sie samt uns die Ermahnung des Apostels recht beherzigen: „Wacht, steht im Glauben, seid männlich und seid stark!“ Lasst uns unter einander unsere Seligkeit mit Furcht und Zittern schaffen, mit Reizen zur Liebe und guten Werken, damit das Werk Christi seine reichen Früchte unter uns trage; lasst uns fortfahren, uns zu ermahnen und zu erbauen, umso viel mehr, da wir sehen, dass sich der Tag seiner Zukunft naht.
Es grüßt auch dich in herzlicher Liebe
dein Bruder im Herrn

Liebe Schwester!
Dein Brief hat mir Freude gemacht; er kam gerade zu rechter Zeit, als Satan eben damit beschäftigt war, mich auf mich selbst zu weisen. Ich befolgte aber deine Ermahnungen, schwang mich im Glauben empor, und setzte mich in seliger Ruhe und Sicherheit zur Rechten des Vaters und lobte und dankte Gott. Lass es uns recht fest halten, dass unser Wandel im Himmel ist, dass wir ein himmlisches Volk und der göttlichen Natur teilhaftig worden sind. Es liegt eine große Kraft darin, um in allen Lagen des Lebens stille vor dem Herrn zu bleiben. Latz uns recht bitten um den Geist des Gebets; es tut noch, dass wir uns oft durch dasselbe stärken; man geht mit einem neuen geheiligten Willen daraus hervor, und ist sich so lebendig bewusst, dass man mit Gott in Gemeinschaft lebt, und wird so mutig und gerüstet zu neuem Kampf. Wir beten ja in des Sohnes Namen und wissen, dass der Vater uns allezeit erhört.
Einige Brüder von hier sind nach F. zu unseren lieben Mitschwestern. Ich wünschte, du lerntest letztere kennen, du würdest gewiss deine Freude an ihnen haben. Sie müssen viel leiden, aber das ist ja auch unser Los, nicht wahr? Wir rühmen uns auch der Trübsale, und wissen, dass sie unsere Ehre sind. Das erfahren auch jene Geschwister und sie gehen siegreich aus jeder Verfolgung hervor; immer mehr die Liebe des Herrn erkennend, loben und danken sie stets. – Trage sie auch auf betendem Herzen, es tut noch, besonders, da sie sehr auf sich angewiesen sind, und die Gemeinschaft viel entbehren müssen. Schreibe ihnen auch einmal, damit sie erkennen, dass wir alle eine Familie sind.
O geliebte Schwester, ich habe große Freude. Denke dir, was wird es sein, wenn wir heute oder morgen Ihn und uns untereinander mit einem verklärten Angesicht sehen werden; ja, dann brauchen wir nicht mehr in unseren Häusern als Fremdlinge umher zu schleichen. Harre noch ein wenig, liebes Herz; bald verwandelt sich unser Glaube in ein seliges Schauen, dann hören alle Trübsale auf. Freilich sind wir auch jetzt schon selig, wenn auch in Hoffnung; denn ob wir auch leiden, so haben wir dennoch stets Geistesfreudigkeit. Es wird uns wohl zuweilen ein wenig schwül, wir sind in dieser Hütte beschwert und sehnen uns nach unseres Leibes Erlösung, aber wir sind allezeit getrost.
Lass es gehen, wie es will, es bleibt dabei, ein Kind Gottes hat eine beneidenswerte Stellung, ein sorgenfreies und herrliches Leben. – Gott zum Vater, Jesus zum Bruder, und die Engel ausgesandt zu unserem Dienst! Niemand darf es ohne Zulassung wagen, uns anzutasten; ja sie müssen freundlich mit uns reden, wenn Gott es sie heißt und selbst die Teufel müssen uns untertan sein. Latz dir nicht bange werden, wenn zuweilen die feurigen Pfeile etwas dicht aufeinander kommen, wir sollen darin zum Streit geübt und geschickt werden. Lass nur den Schild des Glaubens nicht wanken oder gar fallen; und wenn es ein Kugelregen gibt, wenn es donnert und kracht, als ob unser Herz durchbohrt werden sollte, lass es nur nicht hinfallen. Jesus ist stark; sein ist der Sieg und Gott ist unversuchbar. Satan weiß es auch, dass er ein geschlagener Feind ist; aber er ist klug und denkt, wenn er einen so schrecklichen Alarm mache, verlören wir die Besinnung, ließen den Schild des Glaubens fallen und liefen davon. Dann würden wir freilich ohne alle Kraft sein, aber wir sehen auf Jesus und fürchten uns nicht.
Gott hat uns einen erleuchteten Sinn gegeben zur Unterscheidung des Guten und Bösen, und einen geheiligten Willen, der nur will, was Er will; ein zartes Gefühl für alles, was ungöttlich ist; ja unaussprechliche Dinge erhielten wir, da uns Jesus geschenkt ward. O lass uns Dank opfern, denn Gott hat uns über alle Maßen reich gemacht!
Wir sind glücklich, ja sehr glücklich! Neulich fragte man mich, wie ich mit diesen Grundsätzen wohl durch die Welt kommen wollte. Die Welt steht, dass wir so sorglos einher gehen und kann es nicht begreifen, dass wir dem Vater so sehr am Herzen liegen. Ich antwortete mit großer Freudigkeit: „Ich bin schon längst durch die Welt; mein Jesus hat mich schon mit sich zur Rechten des Vaters gesetzt.“ Welch herrliches Los, dass wir nicht mehr, wie die armen Kinder dieser Welt, Erde essen müssen, sondern täglich mit Himmelsmanna gespeist werden.
Hiermit muss ich schließen. Im Geist bin ich alle Tage bei dir!
Es grüßt deine im Herrn dich innig liebende Schwester.

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