Botschafter des Heils in Christo 1853
Gedanken zu Apostelgeschichte 26,29
„Paulus aber sprach: Ich möchte wohl zu Gott beten, dass über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen diese Fesseln“ (Apg 26,29).
Es ist viel, teure Freunde, so reden zu können. Der Apostel Paulus sprach diese Worte aus dem Innersten seines Herzens zu dem König Agrippa und allen denen, die ihn umgaben, damit sie solche würden, wie er, ausgenommen seine Fesseln. Er hätte Agrippa, der zu ihm gesagt hatte: „In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden“ (Apg 26,28), auch antworten können: „Wollte Gott, du würdest es!“ Diese Antwort wäre gut gewesen und der Liebe gemäß, aber sie würde uns nicht so die innere Herzensstellung des Apostels enthüllt haben, wie die, die er gab. Sein Herz fließt über in seliger Freude, als er diesen liebevollen Wunsch ausspricht, einen Wunsch, der dem Glückseligen so natürlich ist.
Der Apostel war auch bereit, das mitzuteilen, was er selbst besaß. Er war bereit zu offenbaren, was eine Seele genießt, die in Gott ruht. Diese Glückseligkeit war so überfließend in ihm, dass er auch für andere wünschte, was ihm zu Teil geworden war. Die Freude im Herrn beweist immer diese Bereitwilligkeit. Wie gesagt lässt der ausgesprochene Wunsch uns einen tiefen Blick in die Herzensstellung des Apostels tun. Trotz seiner misslichen Lage nach außen, trotz seiner Gefangenschaft, die schön über zwei Jahre dauerte, war sein Herz vollkommen fröhlich in Gott. Dieses Fröhlichsein hatte einen sicheren und festen Grund. Und so war auch das Höchste, was er allen, die ihn umgaben, selbst dem König Agrippa wünschen konnte, – dass sie würden, wie er. Diese außerordentliche Freude bewirkt das Christentum nur bei einem Menschen, der völlig in den Heilsweg Gottes eingegangen ist. Es ist eine Freude, die nichts zu wünschen übrig lässt. Sie ist immer begleitet von dieser Tatkraft der Liebe, wie sie sich bei dem Apostel in dem herzlichen Wunsch kundgab, dass andere sein möchten, wie er selbst. Noch mehr, es ist eine Freude, die die äußeren Verhältnisse nicht antasten können, ein Freudenbrunnen, der in dem Innersten der Seele entquillt. Die ganze Lage des Apostels war sonst wenig geeignet, Freude zu erwecken. Natürlich wusste er schon lange, dass Fesseln und Trübsale seiner warteten, und in freudiger Hingabe an den Herrn sagte er: „Aber ich nehme keine Rücksicht auf mein Leben als teuer für mich selbst, damit ich meinen Lauf vollende und den Dienst, den ich von dem Herrn Jesus empfangen habe, zu bezeugen das Evangelium der Gnade Gottes“ (Apg 20,24).
Paulus war, um dem Hass des jüdischen Volkes zu entgehen, gefangen genommen und auf eine Festung gebracht worden. Geschleppt von Richterstuhl zu Richterstuhl hatte er schon zwei Jahre im Gefängnis geschmachtet und war genötigt worden, sich auf den Kaiser zu berufen. Mit einem Wort, alle Umstände waren der Art, dass man erwarten konnte, er würde ermattet sein, indem er von allen Seiten durch alles angefochten wurde, was das Herz brechen und den Mut lähmen konnte. Doch nichts von alledem. Er spricht vor dem Richterstuhl über das, was ihn veranlasst hatte, nach Jerusalem zu kommen und nicht von seinen Leiden. Er suchte in allen diesen Dingen, wie er selbst sagte, vor Gott und Menschen ein unbelastetes Gewissen zu haben. Alle diese schwierigen Verhältnisse, durch die er ging, waren für ihn eine Kleinigkeit und erreichten sein Herz nicht (vgl. 2. Kor 4,17). Er war in seiner Seele glücklich und hatte nur das innige Verlangen, dass auch andere mit ihm dieses Glück teilten. Das ist sicherlich eine außerordentliche Glückseligkeit, die uns vollkommen zufrieden macht. Wohl war er mit Ketten gebunden, aber das Eisen seiner Bande berührte sein Herz nicht. Man kann den Befreiten Gottes nicht mit Ketten binden. Und er wünscht nichts weniger als diese vollkommene Befreiung, weder für sich noch für andere. Ja, es war sein sehnlichster Wunsch, dass alle solche würden, wie er war, ausgenommen seine Fesseln.
Wir wollen untersuchen, wodurch eine solche Freude, eine solche Ruhe, die nichts zu wünschen übrig lässt, bewirkt wird. Man kann wohl Freude haben bis zu einem gewissen Grad, aber nicht den Frieden, so lange noch etwas zu wünschen übrig bleibt. In Paulus wohnte eine völlige Glückseligkeit, eine freie und brennende Liebe. Freilich, wie er selbst sagt, war er noch nicht zur Vollendung, noch nicht zum Ziel gekommen: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei“ (Phil 3,12). Aber er besaß eine so überfließende Glückseligkeit und Liebe, dass er vor König und Statthalter, Angesichts ihrer großen Pracht, den dringenden Wunsch aussprach, dass sie würden wie er, und sein Zeugnis war so kräftig, dass Agrippa zu ihm sagte: „In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden.“
Es können Leute in schwierige Verhältnisse kommen, wo sie von einer großen Beklemmung des Herzens überfallen werden. Wir sehen hier den Apostel Paulus in einer Lage, wo er der „Elendeste“ hätte sein können. Er musste nicht allein leiden, auch sein Werk war unterbrochen, er konnte nicht für die teure Herde des Herrn sorgen. Alle Quellen der Freude, die er in seiner so reich gesegneten Tätigkeit hätte haben können, waren verstopft. Und trotz alledem, dass er, menschlich gesprochen, mit vollem Recht hätte klagen können, steht er da als ein Muster der Glückseligkeit. Diese war unabhängig von allen äußeren Verhältnissen, denn diese waren es nicht, welche ihn glücklich machten. Es gibt Leute, die sich einbilden, erst dann glücklich zu sein, wenn diese oder jene äußeren Verhältnisse eintreffen. Das war es aber nicht, was Paulus die Freude hätte bringen können, die er besaß. Gott war allein die Quelle, woraus er schöpfte. Man kann mancherlei Trübsale haben, aber die Freude, wovon wir gesprochen, kann dadurch nicht getrübt werden. Wir bedürfen aber auch die völlige Gewissheit dieser Freude, denn wenn wir die Verhältnisse des Lebens, sei es bei Reichen oder Armen, kennen, so wissen wir auch, dass es an Trübsalen nicht fehlen wird. Doch lasst uns wieder auf das Verhältnis der Seele zu Gott zurückkommen, so werden wir die Quelle sehen, woraus Paulus seine Freude schöpfte.
Vor seiner Bekehrung besaß er diese innere Freude nicht. Seine Vorzüge als Jude konnten sie ihm nicht geben. Wohl hatte er als Mensch ein gutes Gewissen, aber es war nicht erleuchtet. Er tat Dinge gegen Jesus, die er glaubte tun zu müssen. Das Gewissen wird oft durch die Erziehung in eine falsche Richtung geprägt (und das war hier der Fall). Dieser folgte Paulus und tat, was das Gewissen ihm vorsagte, nämlich sich mit aller Kraft dem Herrn Jesus zu widersetzen. Er tat die größte Ungerechtigkeit gewissenhaft. Übrigens war er sehr unterrichtet nach der Religion seiner Väter, nach der strengsten Sekte als Pharisäer, sehr tätig und durch seinen rastlosen Eifer überall wohl bekannt. Zu den Füßen Gamaliels erzogen, war er jetzt, zu der Zeit durch die Hohenpriester geleitet, im offenen Krieg mit dem Herrn Jesus. Man kann mit seinem Gewissen, mit seiner Religion, seinem Unterricht und guten Zeugnissen von vorgesetzten Behörden im offenen Krieg mit Christus sein.
Mit dem Genuss aller dieser Vorteile müssen wir vor Gott bankrott machen, und es ist sehr peinlich zu erfahren, dass die Dinge, die man geschätzt hat, nicht nur uns nicht helfen, sondern auch als Werkzeuge der Blindheit unserer Seele erfunden werden. Obwohl der Apostel vor Menschen ein gutes Gewissen hatte, obwohl er fromm war und durch die Hohenpriester geleitet wurde, hatten alle diese Vorteile letztendlich doch keinen anderen Zweck gehabt, als ihn in offenen Krieg mit Gott zu bringen. Man rühmt sich, man ist stolz darauf, wenn uns niemand etwas vorwerfen kann, und doch muss man letztendlich entdecken, dass das Ganze uns nur dahin gebracht hat, gegen den Herrn zu streiten.
Das Fleisch hat seine Religion, wie es seine Lüste hat. Aber es tut alles mögliche, um zu verhindern, dass das Gewissen Gott begegnet. Als Paulus im Fleisch (fleischlich) wirkte, war er mit sich selbst zufrieden, und mit Hilfe der guten Werke, die er zu tun meinte, glaubte er fertig zu sein. Die Religion, die das Fleisch benutzt, wird in die Waagschale gelegt. Auf der anderen Seite der Waage ist das Gewissen, das bezeugt, dass wir nicht gewesen sind, wie wir sein sollten. Es werden noch gewisse Formen, gewisse Zeremonien, die das Fleisch gut vollbringen kann, hinzugelegt, und dann ist man fertig und beruhigt sich. Glaube ist dies nicht, denn der Glaube naht sich Gott. Vor diesen lebendigen Gott bringt man seine Religion nicht. Man hat ein Gewissen, von Sünde überzeugt, und ist zu sehr mit dem Urteil Gottes darüber beschäftigt, als dass man dabei noch an seine Religion denken könnte. Vielmehr weiß man dann von keiner. Es gibt sicher niemand unter uns, der, würde er vor dem Angesicht Gottes stehen, noch an seine Religion, an seinen selbstgewählten Gottesdienst denken könnte. Die Frömmigkeit der Welt gilt nur da, wo man sie nicht nötig hat. Da, wo man sie nötig hat, sei es Angesichts der Gerechtigkeit Gottes, sei es, weil das Herz zerbrochen ist, ist sie Null. Sie hat nur dazu gedient uns zurückzuhalten, dem Gefühl unserer inneren Bedürfnisse als Sünder zu folgen.
Was hat Paulus glückselig gemacht? Nichts anderes als die Wahrheit, aber nicht auf den ersten Augenblick, denn er befand sich, als er ihr begegnete, auf dem Weg nach Damaskus, im offenen Krieg mit seinem Gott. Bis dahin war er mit sich zufrieden gewesen, doch jetzt hatte diese Zufriedenheit ihr Ende erreicht, denn der Herr Jesus offenbarte sich ihm in seiner Herrlichkeit und überzeugte ihn von seiner großen Sünde. Durch das begegnen des Herrn niedergeworfen, blieb er drei Tage ohne Essen und Trinken und konnte nichts sehen. Zu der Zeit war er noch nicht im Stand zu sagen: „Ich wünschte, dass du und alle solche würden, wie ich bin.“ Der Herr schickte ihn nach Damaskus, um dort das Wort der Wahrheit zu hören, und nach drei Leidenstagen, verursacht durch die Überzeugung, dass Jesus, gegen den er mit solcher Wut gekämpft hatte, der Herr war. Derselbe Herr schickte Ananias zu ihm und man sieht dann, dass seine Bekehrung vollständig ist. Aus einem Feind wird ein Freund Jesu und der Apostel der Gnade. Gott machte aus einem Saulus, dem Verfolger, einen Paulus, den mächtigen Zeugen der Liebe des Herrn Jesus. Paulus war gewissenhaft und sehr eifrig gewesen für die Religion seiner Väter und bei all seinem Gewissen und seiner Religion doch ein Feind Gottes. Er war der böseste und wie er selbst von sich sagt „der erste“ der Sünder (vgl. 1. Tim 1,15).
Und dennoch wurde er in drei Tagen der vornehmste Apostel der Gnade. Wie geschah dies? Ganz einfach, er hatte Bekanntschaft mit Jesus gemacht. Nicht im ersten Augenblick konnte er offenbaren, was er sein sollte, denn er war niedergedrückt worden, als er den Zustand des Todes erkannte, in dem er sich befand. Aber in seinem Herzen hatte er die Stimme vernommen: „Sei man Jude oder Heide, es bleibt sich gleich, solange die Seele nicht von ihrer eigenen Gerechtigkeit lässt und das Gewissen von der Sünde überzeugt ist, solange man nicht verstanden hat, dass seine ganze Religion nur Feindschaft gegen Gott ist.“
Dieses Sündenbewusstsein kommt nicht bei allen auf dieselbe Weise. Es gibt verschiedene Wege, aber immer muss die Seele ins Licht gestellt worden sein und Christus muss ihr sein Verhältnis zu den Seinen offenbaren. Es gibt Christen, die arm sind, verschmäht von solchen, die angesehen sind und durch allerlei Spottnamen bezeichnet werden. Nun, in solchen verachteten Leuten, die ihres Glaubens wegen offenbar geworden sind, offenbart der Herr selbst auf eine deutliche Weise sein Verhältnis zu ihnen. Jesus überzeugt Paulus, dass sie eins mit ihm sind. Er sagt ihm, dass er nicht alle diese Menschen verfolgt, sondern Ihn selbst. Paulus sieht die Herrlichkeit, seine Schritte werden gehemmt und es ist ihm kein Zweifel, dass es der Herr ist, und dieser Herr ist Jesus, der ihm zeigt, dass er Ihn verfolgt, indem er die Christen verfolgt. Ich bin es selbst, sagt Jesus, den du verfolgst. Es gab unter den Christen jener Zeit Verschiedenheit im Glauben, in der Geduld und Frömmigkeit. Jesus aber trägt sie alle auf dem Herzen. Er sagt von allen: „Ich bin es!“ Und da gibt es eine vollständige Revolution in Paulus, in diesem gelehrten und frommen Verfolger der Christen. Je mehr von dieser fleischlichen Religion vorhanden ist, desto feindlicher sind wir gegen Jesus. Je mehr Glanz das Äußere hat, je mehr ich von mir halte, dass ich ehrenhaft, brav und gerecht sei, desto mehr bin ich ein Feind Gottes, desto mehr werde ich der Gnade Jesu Christi widerstreben.
Unter denen, die glauben, gibt es gewiss verschiedene Grade des „Geistlichgesinntseins“, aber ich kann doch von allen sagen, dass sie mit dem Herrn Jesus eins sind. Offenbar wird diese einfache Wahrheit, nämlich eins zu sein mit dem, der in der Herrlichkeit ist, alles betreffs des inneren Seelezustandes ändern. Als er auf dem Weg nach Damaskus aufgehalten wurde, hatte er noch viele Fortschritte zu machen, denn er selbst glaubte sich verloren, bis Ananias ihm erklärt und begreiflich gemacht hatte, was Jesus mit ihm wollte, indem er sagte: “Der Gott unserer Väter hat dich dazu bestimmt, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und eine Stimme aus seinem Mund zu hören. Denn du wirst ihm an alle Menschen ein Zeuge sein von dem, was du gesehen und gehört hast“ (Apg 22,14.15). Und von dem Augenblick an, wo er wirklich den Herrn Jesus erkannt hat, ist er eins mit Ihm gewesen, und er wusste es.
Wie nun auch die Lage des Apostels gewesen sein mag, sei es in Jerusalem oder in Cäsarea, sei es vor Festus oder vor dem Kaiser, nun konnte er sagen: „Ich möchte wohl zu Gott beten, dass [...] alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen diese Fesseln“, denn er wusste, was er in Christus besaß. Es handelte sich um die große Wahrheit, mit Christus eins zu sein und wenn er auch noch viel von dem Herrn zu lernen hatte, so wusste er doch, dass er eins mit Ihm war. Er hatte verstanden, dass, wenn er die Christen verfolgte, er die Geliebten des Herrn Jesus verfolgte so wie Jesus selbst. Warum verfolgst du mich? Je näher wir bei dem Herrn Jesus sind, desto besser verstehen wir, dass der, der seine Brüder antastet, den Augapfel Gottes antastet.
Lassen wir nun noch einige Auseinandersetzungen folgen über das, was wir in Jesus sind. In uns allen war nur Feindschaft gegen Gott: unsere Religion, unser Tun, unser ganzes Leben – so dass wir in diesem Zustand Ihm gar nicht gefallen konnten. Es ist traurig, aber wahr. Dies erkannte auch Paulus, darum schätzte er nicht mehr, was er sonst für Gewinn hielt. Im Gegenteil, er sieht es an als Dreck, er versteht aber, dass wir durch den Glauben alle eins mit Christus sind. Der Glaube lässt Ihm eine Stelle mitten unter ihnen einnehmen.
Alles in der Welt war Sünde. Es gab kein Mittel mehr, mit Gott in Berührung zu kommen. Um diese Verbindung wieder herzustellen, musste Jesus in die Welt kommen, um den Willen Gottes zu vollbringen, um den Sündern das tiefe Interesse zu offenbaren, was Gott für sie hat. Aber in dem Fall habe ich nur zu erwägen, was Christus für mich ist und das ist meine ganze Sache. Ich finde in Ihm Alles, was jedes Misstrauen von mir wegnimmt, weil er mich bis auf den Grund kennt. Er kennt mein Verderben besser, als ich selbst. Indem ich zu ihm gehe, wird das Herz weit und frei, weil er alles weiß und weil er gerade dafür gekommen ist. In Ihm finde ich alle Freiheit, alle Gnade und alle Liebe. Dazu weiß ich, dass er Gott ist, mein Heiland, und was für eine Veränderung entsteht in einer Seele, die da weiß, dass sie es zu tun hat mit dem Gott, der nie lügt und welcher die Liebe ist. Er ist nicht nur gekommen, um mir zu helfen die Last zu erleichtern, sondern auch um mich zu erretten, und es ist sehr wertvoll zu wissen, dass, wo der Mensch Jesus mir begegnet, mir dort Gott selbst begegnet ist. Ich bin eins mit ihm, nicht am Kreuz, (da hat er meine Stelle angenommen), sondern in all seinen Vorrechten. Er hat sich für mich in den Riss gestellt als Sünder und hat sich zum Sühnopfer dargegeben. Gott kann mein Heil nicht mehr in Frage stellen, da ich eins mit ihm bin droben im Himmel, und wenn ich mich quäle, so ist es allein mit mir selbst, denn von Gottes Seite kann ich nicht die geringste Furcht haben. Satan hat alles getan, was er konnte, das diente aber nur dazu, um zu offenbaren, dass seine Macht für immer zerstört ist. Es bleibt nichts mehr, was mich vor Gott beunruhigen könnte. Jesus hat alles, um die Quelle des Lebens und der Freude zu sein. In Ihm, worin die Fülle der Gottheit wahrhaftig wohnt, finde ich alles. Ich finde alle Gnade in Ihm für meine Bedürfnisse, meine Kraft und meine Gerechtigkeit.
Eine andere Gerechtigkeit hat die Stelle der menschlichen Gerechtigkeit eingenommen, nämlich die Gerechtigkeit Gottes. Christus ist das Haupt aller Dinge geworden und die ganze Herrlichkeit ist in Ihm offenbart zur Rechten Gottes, in Folge der Versöhnung, die für meine Sünde geschehen ist. Also ist die ganze Fülle offenbart. Als Jesus schon verherrlicht war, sagte er, dass Er eins mit uns sei. Und durch seinen Geist, den Er gesandt, hat er uns die Erkenntnis darüber gegeben. Christus hat von uns gesagt: „Ich bin es.“ Also brauche ich nur zu sehen, was Christus ist, um mich zu freuen, weil er von den Seinen gesagt hat: „Ich bin es.“
Der Heilige Geist ist gegeben, in den Herzen dieser Elenden vor der Welt das Siegel und Unterpfand des Erbes zu sein. Wird man sich aber, wenn man den Heiligen Geist hat, nicht mehr darum kümmern, ob man sündigt? Im Gegenteil, denn dann ist man eins mit Christus, der uns betrachtet als seinen Leib und der uns pflegt. Vielleicht muss er uns wohl noch manchmal verwunden, weil er uns nicht vernachlässigen kann, die wir sein Leib sind, und der Heilige Geist gibt uns ein zartes Gewissen, das nicht zu tun, was Jesus nicht gefällt, denn wir sind eins mit Ihm, sind sein Leib und je näher wir bei Ihm sind, desto zarter wird unser Gewissen. Außer der Tatsache, dass wir eins mit Christo sind, muss der Heilige Geist nicht betrübt werden, wenn wir dieses Vorrecht vollkommen genießen wollen, wenn das Herz in der Freude überfließend sein soll, in der Freude, Ihn zu besitzen. Wenn das Herz von Paulus nicht weit gewesen wäre, hätte er, obwohl das Einssein mit Christus blieb, nicht sagen können, dass er wünschte, dass sie alle würden wie er. Seine Vernunft würde vielleicht diese Wahrheit erkannt haben, aber sein Herz hätte es nicht durch den Heiligen Geist sagen können. Dieser aber wird weder durch Gefängnis, noch durch Trübsale aller Art unterdrückt, – nichts hindert Paulus, die Gnade des Herrn Jesus zu genießen. Er konnte sich unter allen Umständen glücklich schätzen, und zu denen, die ihn hörten, sagen: ich wünschte, ihr würdet, wie ich. Agrippa sagte zu Paulus: „In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden“ (Apg 26,28). Wäre die Aussage an uns gerichtet worden, wie würde dann die Antwort gewesen sein? Vielleicht würden wir geantwortet haben: Wollte Gott, du seiest es. Aber hätten wir auch sagen können: ich wollte, du würdest so, wie ich? Dies zeigt uns die innere Freude, die Paulus besaß. O, wie glückselig ist der Mensch, der das sagen kann! Und alle können es sagen in Christus, denn Christus hat von Allen gesagt: „Ich bin's!“ Aber sind wir nicht nahe bei Christus wie Paulus, so werden wir nicht freudig sein.
Es kann manches in dem Leben eines Christen geben, was Christus nötigt, ihn zu züchtigen. Es gibt verschiedene Offenbarungen der Liebe. Das ändert aber diese Wahrheit nicht, dass er eins mit Ihm ist. Der Christ sieht in Gott die ganze Güte für ihn (den Sünder) und als Sünder nur Gnade. In Christus ist die Gerechtigkeit, die Liebe und die Herrlichkeit Gottes. Er erklärt mit der Versammlung eins zu sein, wenn er sagt: „Was verfolgst du mich?“– In den Christen wohnt der Heilige Geist, der sie über das alles belehrt und ihnen den Genuss davon gibt und damit sie durch dieses Unterpfand wissen, dass die Gemeinschaft und die Seligkeit Gottes ihnen für immer gehört. Ist es dann verwunderlich, dass der Apostel den liebevollen Wunsch ausspricht: „Wollte Gott, ihr würdet, wie ich.“ Wenn wir vor Gott stehen, so wird alles zerstört, was das Gewissen hindert, zart zu sein. Mit all unserer Religion sind wir vor dem Gott entblößt, vor dem alle Schleier reißen. Alles, was wir tun, um uns vor Gott zu verbergen, alle Sorgen, alle Vergnügungen, kurz alles wird uns zum Ekel, wenn das Gewissen erwacht ist. Seid ihr darüber zufrieden, dass euer Gewissen vor Gott entblößt ist, dann seid ihr selig, denn dann kann Christus euch sagen: ihr seid eins mit mir. Gott ist mit uns beschäftigt, wie mit Jesus selbst, indem wir ja eins sind mit Ihm, als solche, von denen Er sagt: „ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9,5).
Möge Gott uns die Gnade geben, diese, für unsere Seele so kräftige und gesegnete Wahrheit zu verstehen.