Botschafter des Heils in Christo 1853
Ihr seid gestorben
Der Tod ist der Lohn der Sünde und darum ist auch der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben. Gott aber ist gerecht und deshalb musste Er dem Gesetz freien Lauf lassen. Dieses Gesetz nun hat jedem Sünder Fluch und Tod zugesprochen und dem Gesetz muss sein Recht werden. So überaus reich die göttliche Gnade ist, so ist Gott dennoch nicht gnädig auf Kosten seiner Gerechtigkeit. Ist seine Gerechtigkeit nicht zufrieden gestellt, so ist keine Gnade zu erwarten. Manche sprechen zwar in ihrer Blindheit und in ihrem schrecklichen Leichtsinn: „Gott wird am Ende wohl gnädig sein“, aber sie täuschen sich, weil die Gerechtigkeit Gottes zufrieden gestellt werden muss.
Gott sei Dank, dass uns das Geheimnis des Evangeliums offenbart ist, dass wir wissen, dass die Gerechtigkeit Gottes zufriedengestellt ist und wir in dem Reichtum seiner Gnade leben. Unaussprechlich groß ist das Geheimnis: Gott ist offenbart im Fleisch. Das Wort wurde Fleisch. In unser Fleisch und Blut hüllte es sich und nahm Knechtsgestalt an. So spricht der Glaube, der sich nur auf Gottes Wort gründet. Wie alle Menschen von Adam abstammen und in ihm vereinigt waren, so sind alle, die da glauben, in Jesus Christus dargestellt und aus Gott geboren. Es ist sehr wichtig, dass wir uns stets in Christus vereinigt wissen, weil wir nur in Ihm Teil an der Erlösung und Teil an all den Verheißungen haben. Eine Rebe, welche vom Weinstock getrennt ist, verdorrt und wird ins Feuer geworfen.
Jesus war ohne Sünde. Wir dagegen sind von Natur durch und durch Sünde und Verderben. Weil wir nun in Ihm dargestellt sind, wurde alle unsere Sünde auf Ihn geworfen. Er starb, Er litt für uns den Lohn der Sünde, Er hing am Fluchholz und trug unseren Fluch. Er wurde für uns zur Sünde gemacht und um unserer Sünde willen dahin gegeben. „Denn was er gestorben ist, ist er ein für alle Mal der Sünde gestorben“ (Röm 6,10). „Indem wir so geurteilt haben, dass einer für alle gestorben ist und somit alle gestorben sind“ (2. Kor 5,14). Wir waren in Ihm dargestellt, in Ihm vereinigt. Er hatte unser Fleisch und Blut angezogen. Gott sah in Ihm uns an und ließ dem Gesetz und der Gerechtigkeit freien Lauf und beiden ist volles Recht widerfahren. So machten wir in Ihm den ganzen Prozess des göttlichen Gerichts mit durch. Wir wurden in Ihm als Gotteslästerer, als solche, die sein wollten wie Gott, verurteilt und verworfen, am Fluchholz gekreuzigt, von Gott verlassen und getötet. Der Leib der Sünde wurde am Kreuz ganz abgetan und vernichtet, die Gerechtigkeit Gottes war zufrieden gestellt, dem Gesetz sein Recht geschehen und der Lohn der Sünde getragen. „Wir wissen, dass unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde abgetan sei, dass wir der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm 6,6). „Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von dem Leib des Todes? – Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Röm 7,24.25). Hat der sündige Leib aufgehört, ist er durch den Tod hinweggetan und zwar dadurch, dass Gesetz und Sünde ihr Recht geltend gemacht haben. Beide haben nichts mehr zu fordern. Sie sind befriedigt durch den Tod des sündigen Leibes am Fluchholz. Als Christus starb, traf den Leib der Sünde die volle Gerechtigkeit, er wurde durch den Tod um der Sünde willen beseitigt. Jetzt ermahnt der Apostel: „So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid“ (Röm 6,11). „Also auch ihr, meine Brüder, seid getötet dem Gesetz durch den Leib Christi.“ (Röm.7,4) „Denn ich bin durch das Gesetz dem Gesetz gestorben“ (Gal 2,19). So haben denn Gesetz und Sünde an dem Glaubenden ihre Ansprüche und ihre Macht verloren, weil Christus Jesus für ihn den Fluch und den Tod getragen hat und der sündige Leib ganz abgeschafft ist. Er spricht mit Recht zum Gesetz und zur Sünde: Am Kreuze habt ihr mich in Jesus getroffen und getötet. Geht jetzt zu den lebenden, die noch nicht durch den Glauben mit Jesus gestorben sind! Siehe da, die göttliche Macht und Weisheit, die dem natürlichen Menschen wie Schwachheit und Ohnmacht zu sein scheint! Es ist aber überaus wertvoll für den Glauben, zu wissen, dass die Gerechtigkeit Gottes befriedigt ist und Sünde und Gesetz durchaus kein Recht und keine Forderungen mehr haben. „Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde“ (Röm 6,7). „Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist es, der verdamme?“ (Röm 8,33.34).
Es ist aber nicht allein von großer Wichtigkeit, sondern auch durchaus nötig, dass wir immerdar an dem Bekenntnis im Glauben festhalten: Als Christus am Fluchholz starb, da starb ich mit. Als sein Leib für mich den Tod als Sünder trug, da wurde mein Sündenleib hinweggetan. Gott sieht uns nur in Christus an, da nur in Ihm seine Gerechtigkeit befriedigt ist. Sein Wort spricht nur davon, was in Christus Jesus mit uns geschehen ist, wenn es vom Ablegen des alten Menschen, vom Kreuzigen unseres Fleisches und Blutes samt den Lüsten und Begierden und vom Töten der Glieder usw. spricht. Sehen wir es nicht genau so durch den Glauben an, so können wir leicht in viele Verkehrtheiten und Irrtümer geraten: Der eine wird sagen: „Ich bin noch nicht gestorben, weil ich ja sehe, dass sich noch Sünde in mir regt.“ Der Andere wird sich für gestorben halten wollen, obwohl er in der Sünde lebt und ihr dient. Und der Dritte wird in eine fleischliche selbstgemachte Heiligung verfallen und ein Raub des Hochmuts werden. Darum müssen die Glieder stets am Haupt bleiben.
Es fordert aber Kampf, ja beharrlichen Kampf, sich immerzu durch den Glauben in und mit Christus als der Sünde gestorben anzusehen, stets dafür zu halten, dass der sündige Leib aufgehört hat, dass er vor Gott nicht mehr existiert – und deshalb ihn als nicht mehr da, als gestorben und begraben zu betrachten. Es fordert beharrlichen Kampf, fort und fort zu glauben, dass die Gerechtigkeit Gottes befriedigt ist, dass Gesetz und Sünde ihr Recht durch unseren Tod mit Christus am Fluchholz gefunden und ihre Forderungen aufgehört haben. Dieser Glaube versetzt uns unter die Gnade und stehen wir wirklich in Ihm, so erfahren wir, dass die Herrschaft und Macht des Gesetzes und der Sünde ganz zu Nichte geworden ist. Wir werden es in unserem ganzen Leben beweisen: „Denn die Sünde wird nicht herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade“ (Röm 6,14). Weil nun Christus für uns im Fleisch gelitten hat, so hält sich der Gläubige mit eben demselben Bewusstsein gewappnet: dass der, der im Fleisch gelitten hat, Ruhe hat von Sünde (1. Petr 4,1). „So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid.“