Botschafter des Heils in Christo 1853
Der Glaube ist eine Gnade des Heilandes
„So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben“ (Joh 1,12).
Die Tür und der Weg, wie man aus der Armut zu den Schätzen Gottes kommt, wie man die Gnade Gottes erlangt, ist in den Worten zu finden: „Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden“ (Mt 5,4). Wenn ein Mensch sich so arm und elend sieht und denkt: „Mein Gott! Wie kann ich errettet werden? Der Glaube an den Herrn Jesus soll ganz einfach sein, aber wie bekomme ich den Glauben? Wann werde ich an den Tod und die Auferstehung Jesu glauben können?“ Dann macht ihn das natürlich traurig, es bringt ihm wahrhaftige Leiden und Schmerzen. Das kann man nicht leugnen: Ohne Traurigkeit, Tränen, Verzagen an sich selbst, ohne Sehnsucht nach Gnade, kommt man nicht dazu. Aber es gibt zwei Wege, auf denen man schnell die Gnade erlangt: Der eine ist, wenn man Gnade sucht. Der andere, wenn der Heiland sie entgegenbringt, obwohl man sie nicht sucht. Die gewöhnliche Empfindung bei beiden ist, dass man Angst fühlt, bevor man die Gnade bekommt.
Zwei große Beispiele von dem letzten Fall haben wir in der Schrift. Eines ist ein Verfolger, das andere ein Lästerer, die von der Gnade während dem Sündigen angetroffen und zurecht gebracht worden sind.
Paulus schnaubte und wütete gegen die wenigen Gläubigen und reiste deswegen nach Damaskus, um seinen Eifer zu beweisen. Auf dem Weg umstrahlte ihn ein helles Licht, und der Heiland sprach zu ihm: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apg 9,4). Paulus erschrak und fragte: „Was soll ich tun, Herr?“ (Apg 22,10). Indem er das sagte, hatte er die Gnade. Er ging hin und wurde dem Ananias schon als ein Begnadigter gezeigt. Er brachte aber drei Tage zu, ehe er sich besonnen hatte, ehe er wusste, wie hoch er von Gott begnadigt worden ist.
Der Mörder am Kreuz war ein Mensch ohne Gefühl. Er war traurig und es war ihm nicht wohl, weil er gekreuzigt wurde. Aber es fehlte ihm die göttliche Traurigkeit. Er half dem, der mit ihm gekreuzigt war, Jesus zu lästern: „Auch die mit ihm gekreuzigt waren, schmähten ihn“ (Mk 15,32). Währenddessen fängt die Gnade an, ihn aufzuwecken. Er sieht die Dinge, die mit Jesus geschehen und bekommt Angst. Es fällt ihm ein, dass er den Menschen gelästert hat, der doch unschuldig ist. Er entschuldigt sich nicht lange, er bittet nicht ab, er spricht gleich die zuversichtlichen Worte aus: „Gedenke meiner, Herr, wenn du in deinem Reich kommst!“ (Lk 23,42). Es mag ihm wohl mancher Gedanke durch den Kopf gegangen sein. Es kann sein, dass er große Traurigkeit gehabt hat, aber wir hören davon nichts, als sein Herz überzeugt ist und er seinen Mitgenossen ermahnt, und auch nicht, als er um die Gnade des Herrn bittet. „Gedenke meiner, Herr“ war sein Zugang zur Gnade oder vielmehr dazu, dass ihm die Gnade bekannt gegeben wurde, die ihm geschenkt worden war. Sonst heißt es: Dir sind deine Sünden vergeben. Da hieß es: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43).
Von der Stunde an, in der man die Gnade bekommen hat, vermag man alles durch den, der uns kräftigt, durch Christus (Phil 4,13).