Botschafter des Heils in Christo 1860
Leben durch den Tod Teil 4/5
Zuerst möchte ich hier den Leser daran erinnern, dass ich keineswegs beabsichtige, alle Beweise der heiligen Schrift, welche auf diesen so köstlichen Gegenstand Bezug haben, anzuführen. Ich bin weit davon entfernt. Vielmehr beschäftige ich mich nur mit einigen der bekanntesten Stellen; aber alle, für welche dieser Gegenstand von Interesse ist, können leicht ähnliche Schriftstellen auffinden, welche die große Wahrheit, dass wir allein „das Leben durch den Tod“ erlangen können, ganz klar darstellen.
Wir gehen jetzt zum 3. Buch Moses über, von welchem gesagt werden kann, dass es beinahe eine ununterbrochene Reihe von Beweisen für unseren Gegenstand hat. Wer nur einen flüchtigen Blick auf die Opfer dieses Buchs wirft, wird bald erkennen, dass wir in ihnen eine Menge schlagender und schöner Vorbilder haben – Vorbilder, welche das eine große Opfer, welches auf dem Kreuz für uns und unsere Errettung geopfert ist, klar darstellen. Wenigstens wird er auf das deutlichste sehen, dass der Tod die große, hervorragende Sache in allen ist. Ich spreche nicht von dem Speisopfer, in welchem nichts vom Blutvergießen vorkam. Blicken wir aber auf das Brandopfer, das Dankopfer, das Sündopfer und das Schuldopfer, so finden wir immer dieselbe Sache. In jedem und allen begegnen wir den Worten: „Er soll es töten.“ Das Blutvergießen war eine wesentliche Notwendigkeit zur Vollkommenheit des Opfers. Der vollbrachte Tod bildet die Grundlage zu allem. Dieser Punkt kann nicht zu stark hervorgehoben werden. Er ist in jedem Teil der Schrift klar und völlig bestätigt, und in keinem völliger, als in den Vorbildern des dritten Buches Moses, welche wir jetzt etwas näher zu betrachten gedenken. selbst in ihren wunderbaren Einzelheiten, finden wir die Bestätigung der Wahrheit unseres Gegenstandes.
1. Wir beginnen mit dem Brandopfer (3. Mo 1). Hier haben wir den Tod Christi, als den Ausdruck meiner vollkommenen Ergebenheit an Gott. Das Opfer wurde ganz verbrannt; weder der Anbeter, noch der Priester hatten Teil daran. Es wurde ganz auf dem Altar verzehrt – alles stieg auf als ein lieblicher Geruch zu dem Thron Gottes. Aber wie wurde diese Ergebenheit ausgedrückt? War es nur durch ein fleckenloses Leben? Nein, sondern durch den vollbrachten Tod. Es war da in der Tat ein fleckenloses Leben – ein heiliges Leben – ein unterwürfiges Leben – ein köstliches Leben – ein unvergleichliches Leben; aber dies alles würde nichts genützt haben, um eine Versöhnung zu bewirken, oder, um es noch deutlicher zu sagen, durch alle die Tiefen der Ergebenheit in dem Herzen Christi würde das Blut nicht vergossen worden sein. – „Von Rindern und Kleinvieh“ mühte „ein Männlein ohne Wandel“ vor der Tür der Hütte des Stifts „zum Wohlgefallen des Herrn dargebracht werden“ (V 3). Es musste den Forderungen des Zeremonialgesetzes völlig entsprechen; aber solange das Leben nicht genommen, solange das Blut nicht vergossen war, konnte keine Versöhnung gemacht – kein lieblicher Geruch dargebracht werden. Es war der Tod, welcher die Basis von allem bildete. Zehntausend tadellose und zum Wohlgefallen dargebrachte Rinder konnten dem Menschen keine Versöhnung bereiten und Gott keinen Wohlgeruch darbringen, ausgenommen aus Grund des vollbrachten Todes. Es ist wahr, das Leben Christi war sehr köstlich vor Gott – unendlich köstlich in jeder Beziehung; aber als Gegenbild des Brandopfers gab Er sein Leben dar, um den völligen Ausdruck der Ergebenheit darzustellen.
Hier haben wir mm einen „seelenbefriedigenden“ Anblick von dem Tod Christi und von der Versöhnung durch diesen Tod. Das Brandopfer stellt Christus auf dem Kreuz nicht als Träger der Sünde, sondern als die Erfüllung des Willens Gottes dar. Wie können wir dies wissen? Weil „von den Tieren, deren Blut für Sünde durch den Hohepriester in das Heiligtum gebracht wird, die Leiber außerhalb des Lagers verbrannt werden“ (Heb 13,11). Das Brandopfer aber wurde auf dem „Altar“ verzehrt und nicht „außerhalb des Lagers“ (3. Mo 1,9). Es handelt sich hier nicht um die Zurechnung der Sünde. Es ist das Bild von Christus, „welcher sich selbst ohne Flecken Gott geopfert hat“ (Heb 9,14). Es stellt nicht die Hässlichkeit der Sünde vor uns, sondern die Köstlichkeit und die göttliche Vortrefflichkeit Christi und seine Ergebenheit an Gott, sogar bis in den Tod. Es wurde gänzlich verbrannt – alles stieg als ein süßer Geruch auf. Das Blut wurde nicht „durch den Hohepriester für Sünde in das Heiligtum gebracht,“ und darum wurde der Leib auch nicht „außerhalb des Lagers verbrannt“, sondern „auf dem Altar, um sein Brandopfer zu sein – ein Opfer, durch Feuer gemacht, zum lieblichen Geruch dem Herrn“ (Kap 1,9). Der Tod des Brandopfers erzählt uns nicht, wie Gott die Sünde hasst, sondern wie Christus Gott liebt und seinen Willen tut, sogar bis zum Tod am Kreuz.
Wenn wir also auf Christus, als Brandopfer, hinschauen, so sehen wir eine Versöhnung, welche nach der Vollkommenheit des Gehorsams Christi ist. Wir haben hier nicht Christus im Wegnehmen der Sünde, eine Sache, – gepriesen sei Gott! – die vollkommen wahr ist, sondern Christus als Erfüller des Willens Gottes. Tat Er es vollkommen? Gewiss. Nun, dann ist die Versöhnung ebenso vollkommen gemacht worden. Christus handelte in dem Brandopfer direkt vor Gott. Er begegnete zwar ebenso sehr den Bedürfnissen des Menschen – dessen tiefsten Bedürfnissen – den Bedürfnissen seines Herzens und seines Gewissens; aber hier sehen wir Ihn als den Erfüller des Willens Gottes. Dies ist von großer Wichtigkeit. Solange wir den besonderen Punkt, welcher im Brandopfer uns vorgestellt ist, nicht erkennen, werden wir auch die Lehre vom Kreuz – die Lehre von der Versöhnung – die Lehre von „dem Leben durch den Tod,“ nie richtig verstehen können.
2. In dem Dankopfer (Kap 3) haben wir ein Vorbild von Christus, als dem, der unser Friede ist. Hier war auch der Tod wesentlich. „Er soll seine Hand auf seines Opfers Haupt legen, und es schlachten vor der Tür der Hütte des Stifts. Und die Priester, Aarons Söhne, sollen das Blut auf den Altar umher sprengen“ (V 2). Bevor das Fett auf dem Altar Gottes verbrannt werden konnte – bevor der Opfernde „das Fleisch“ essen konnte – bevor der Priester die „Webebrust“ und die „Hebeschulter“ empfangen konnte (Kap 7), musste das Opfer gelobtet werden. „Ohne Blutvergießung ist keine Vergebung“ (Heb 9,22). Und wenn keine „Vergebung“ da ist, so kann auch kein Friede – keine Anbetung – keine Gemeinschaft da sein. Um mich eines vollkommenen Friedens zu erfreuen, muss ich eine vollkommene Rechtfertigung haben, und zu einer vollkommenen Rechtfertigung eine vollkommene Versöhnung, und zu einer vollkommenen Versöhnung einen vollendeten Tod.
Alles dieses habe ich in Christus. Er ist das wahre Dankopfer. „Er hat durch das Blut seines Kreuzes Frieden gemacht“ (Kol 1,20). Bemerken wir wohl, es war „durch das Blut seines Kreuzes“ dass Er Frieden machte. Es war nicht durch sein gehorsames Leben, wie köstlich dies auch immerhin sein mochte – und in der Tat, geht dessen Köstlichkeit weit über alle Gedanken der Menschen hinaus. Es war durch sein Blut, und durch sein Blut allein, dass Er Frieden machte. Er gab auf dem Kreuz sein Leben hin und mit diesem Leben wurde alle Sünde, welche durch Zurechnung damit verknüpft war, hinweggetan, so dass in der Auferstehung alle seine Glieder ewiglich mit Ihm verbunden sind als Teilnehmer desselben Lebens und als stehend in derselben Gerechtigkeit und in derselben unendlichen Gunst vor Gott.
Beachte dies wohl, mein christlicher Leser. Die ganze Frage ist in Ordnung gebracht. Durch das vollendete Werk des Kreuzes ist ein ewiger Frieden gestiftet worden. Das Blut deines göttlichen Dankopfers hat alles weggenommen, was durch irgendeine Möglichkeit weggenommen werden konnte, und hat es aus der Gegenwart Gottes weggenommen. Es ist dein glückliches Vorrecht, Dich in dem reinen Gefühl der vollkommenen Rechtfertigung und Annahme bei Gott, von dem Fleisch deines Dankopfers zu ernähren. Es ist im „Angesicht des Allmächtigen“ kein Flecken mehr auf dir. Du bist in Christus und bist vor dem Thron Gottes, wie Er. Du wirst nicht mehr nach dem früheren oder alten Zustand von Gott betrachtet. „Du bist nicht im Fleisch, sondern in dem Geist.“ Du bist zwar noch im Leib, aber in Betreff deiner Stellung vor Gott „bist du nicht mehr im Fleisch.“ Das Fleisch ist zwar noch in dir und wird es auch bis zum Ende deiner irdischen Laufbahn sein; aber Gott ficht es als tot und beseitigt an. Es fand sein Ende, als dein Dankopfer am Kreuz sein Leben übergab. Jetzt ist Er dein Leben, deine Gerechtigkeit, dein Frieden, deine Heiligkeit, deine Erlösung, deine Hoffnung, deine Herrlichkeit, dein alles. O der Herr möge deiner Seele ein klares, völliges und tiefes Gefühl davon geben! Du kannst versichert sein, dass, wenn du in Betreff dieser Fundamentalwahrheit im Unklaren bist, du nicht das Fleisch deines Dankopfers essen kannst. Du wirst beständig auf dich selbst sehen. Du wirst auf die eine oder andere Weise auf die Darbringung eines neuen Opfers sehen, anstatt dich in den ewigen Resultaten des einen Opfers zu erfreuen, welches schon dargebracht ist. Möge der Geist Gottes dich befähigen, in den sicheren Trost dieser Wahrheit recht tief einzudringen!
3. Das Sündopfer gibt Zeugnis von demselben evangelischen Gedanken (3. Mo 4). In ihm sehen wir einen Schatten von Christus, als unserem Sündenträger, als „Dem, welcher für uns zur Sünde gemacht war.“ Wenn wir das Sündopfer mit dem Brandopfer vergleichen, so werden wir zwei sehr verschiedene Seiten von Christus finden; aber wenn diese auch verschieden sind, so ist es doch ein und derselbe Christus. In jedem Fall war es „ein Männliches, ohne Makel.“ Dies ist sehr leicht zu verstehen. Es kommt nicht darauf an, nach welcher Seite hin ich Christus betrachte, Er muss immer als derselbe Reine, Fleckenlose, Heilige und Vollkommene angesehen werden. Es ist wahr, in seiner vollkommenen Gnade erniedrigte Er sich selbst, um der Sündenträger seines Volkes zu sein; aber es war ein vollkommener fleckenloser Christus, welcher dies tat. Die wesentliche Vortrefflichkeit, die unbefleckte Reinheit und die göttliche Herrlichkeit unseres gesegneten Herrn erschien in dem Sündopfer sowohl als auch in dem Brandopfer. Es kommt nicht darauf an, in welcher Beziehung Er stand, welchen Dienst Er erfüllte, welches Werk Er vollbrachte, welche Stellung Er einnahm – überall strahlte seine persönliche, seine innerliche, seine wesentliche Herrlichkeit in all ihrem eigentümlichen und göttlichen Glänze hervor. Mag auch die Sonne am natürlichen Himmel, wie die Astronomen lehren, in jedem Monat durch ein anderes Zeichen laufen, so bleibt es doch, mögen auch die Zeichen sein, welche sie wollen, immer ein und dieselbe Sonne, welche uns durch ihre Strahlen Licht gibt und erfreut.
Ebenso ist es mit dem Brandopfer und dem Sündopfer. Beide weisen auf dasselbe große Gegenbild hin, obgleich sie die entgegengesetzten Seiten seines Werkes vorstellen. In dem Brandopfer sehen wir Christus, wie Er der Liebe und der Zuneigung des Herzens Gottes begegnet; in dem Sündopfer sehen wir Ihn, wie Er den Bedürfnissen des Gewissens des Sünders begegnet. Jenes stellt uns Ihn als den Erfüller des Willens Gottes dar; dieses als den Träger der Sünde des Menschen. In ersterem werden wir über die Köstlichkeit des Opfers belehrt; in letzterem über die Hässlichkeit der Sünde. – So viel in Betreff der beiden Opfer überhaupt. Die genaueste und sorgfältigste Untersuchung der Einzelheiten kann allein dazu dienen, das Herz in der Wahrheit dieser großen Sache zu befestigen. In diese Einzelheiten wünsche ich aber in dieser kurzen Betrachtung nicht einzugehen. Ich möchte die Aufmerksamkeit meines Lesers nur auf diese eine Tatsache hinlenken, dass, ob wir das Brandopfer, das Dankopfer oder das Sündopfer betrachten, wir sehen immer, dass ein geopfertes Leben wesentlich notwendig war. Der „süße Geruch“ des Brandopfers stieg auf, wenn das Blut vergossen war, und nicht eher. Die Sünde war durch das Sündopfer beseitigt, wenn das Blut vergossen war, und nicht eher.
4. Endlich kommen wir zu dem Schuldopfer, (3. Mo 5) in welchem der Tod ebenfalls ganz wesentlich war, und wodurch also dieselbe Wahrheit bezeugt wurde. In diesem Opfer sehen wir Christus als den, welcher nicht nur für die Sünde in der Natur des Gläubigen, sondern auch für die Sünden in dem Leben des Gläubigen büßt. Das eine wie das andere ist nur durch Blutvergießung, und nur dadurch allein geschehen. Christus war nicht allein „für uns zur Sünde gemacht“ (2. Kor 5,21), sondern „Er trug auch unsere Sünden an seinem eigenen Leib auf dem Holz“ (1. Pet 2,24). Er wurde nicht während seines Lebens zur Sünde gemacht, sondern in seinem Tod; und also trug Er auch nicht unsere Sünden während seines Lebens, sondern „auf dem Holz.“ Dies ist einfach und bestimmt genug. Ob wir die Vorbilder des Alten, oder die vollendeten Tatsachen des Neuen Testaments betrachten, überall finden wir dieselbe herrliche Wahrheit, dass nämlich das Blut vergossen sein muss, ehe die Sünde vergeben, die Gerechtigkeit zugerechnet, der Friede genossen, die Gemeinschaft verwirklicht, und die Anbetung dargebracht werden kann. Alle Schriften bestätigen diese köstliche und über alles wichtige Lehre von dem „Leben durch den Tod.“
Bevor ich nun diese kurze Betrachtung schließe, geliebter Leser, erlaube ich mir noch einige Fragen. Hast du das Leben durch den Tod gefunden? Hast du durch das vollkommene Opfer des Kreuzes Frieden gefunden für dein schuldbeladenes Gewissen – Frieden für dein gebrochenes Herz – Frieden für deinen ermüdeten Geist? Bist du befriedigt – tief, wahrhaft, vollkommen und ewig befriedigt durch das, was Christus für dich getan hat? Hast du in Ihm alles gefunden – alles, was du für Zeit und Ewigkeit bedarfst? Wenn nicht, so lass es dir doch mit dieser so höchst notwendigen Sache ein völliger Ernst werden. Es handelt sich um die Wahrheit Gottes und um deine ewige Errettung. Der Herr möge dich mit seiner reichen Gnade segnen! (Schluss folgt)