Botschafter des Heils in Christo 1860
Das Werk des Heiligen Geistes in Irland Teil 2/2
Der zweite Brief, welchen wir hier mitzuteilen gedenken, ist von einem Bruder, der einige Monate lang die Provinz Ulster bereiste, um die großen Werke Gottes mit eignen Augen anzuschauen. Er schreibt nun wie folgt:
Geliebter Bruder in Christus! Seit zwei Monaten bin ich hier in der Provinz Ulster; und mit fröhlichem Herzen setze ich mich heute nieder, um dir von dem, was ich bisher sah und hörte, einiges mitzuteilen. Meine Reist hierher hat einen doppelten Zweck; zuerst, um mir ein persönliches Urteil über dieses Werk zu verschaffen und dann auch, um durch Verkündigung des Wortes nach der mir dargereichten Gnade dem Herrn Seelen zuzuführen. Der Eindruck von allem, was ich bisher sah und hörte, hat mir die tiefe und vollkommene Überzeugung gegeben, dass es Gottes Werk ist.
Es ist unmöglich, eine richtige Beschreibung von der Art und Weise zu machen, wie Gott die Seelen zu Jesu gebracht hat. Oft fielen an hundert und fünfzig Personen in einer einzigen Versammlung zur Erde, und weil sich dies oft im ganzen Land wiederholt hat, so kann man daraus schließen, dass es unmöglich ist, jede einzelne Begebenheit mitzuteilen. Ich will darum bloß eine allgemeine Übersicht von diesem Werk Gottes geben.
Ein jeder, der hier gewesen ist, bezeugt, dass der Heilige Geist die herrlichen Wunder seiner neuen Schöpfung in unserer Mitte entfaltet. Überall wurden vor unseren Augen Seelen ins Leben gerufen. Gegenden, wo sonst nur Satan thronte, sind durch das herrliche Licht des Evangeliums bestrahlt; ganze Distrikte, wo sonst bloß kalte, religiöse Formen zu sehen waren, haben die Leben gebende Stimme von Jesu gehört; Straßen und Häuser, wo das Getöse der berauschenden Lustbarkeit und Schwelgerei vernommen wurde, erschallen jetzt von Lob– und Dankgesängen; Familien, wo früher Unordnung und Streit herrschte, sind jetzt ein Beispiel von Ordnung und lieblicher Gemeinschaft. Die Häuser der Unsittlichkeit sind geschlossen; die Wirtshäuser sind ohne Besuche; die lästerliche und unsittliche Sprache ist in erbauliche und liebliche Reden Verwandelt. Dies sind Tatsachen. Und mit solchen vor unseren Augen können wir nicht zweifeln, von wem dieses Werk seinen Ursprung hat. Man findet freilich auch Irrende, solche, die nicht wahrhaft bekehrt sind; aber das Werk im Allgemeinen ist aus dem Heiligen Geist.
Das treffendste Zeugnis aber für die Göttlichkeit dieses Werkes ist, dass die Liebe Jesu das Einzige ist, was die bedrängte Seele befriedigt, Die Meisten haben nicht den geringsten Zweifel über ihre persönliche und vollkommene Errettung. Sie vertrauen nicht allein auf das vergossene Blut Jesu, auf den einzigen Grund ihres Heils, sondern haben auch ein großes Vertrauen auf seine Person. Ihr einziges Bekenntnis ist: „Er hat mich lieb und hat sich selbst für mich in den Tod gegeben.“ Ist eine Seele über ihre Sünde beängstigt, so kann man sicher sein, dass die Anführung irgendeiner Schriftstelle, worin die Person oder das Opfer Christi vorgestellt wird, einen gesegneten Einfluss hat und ein Balsam für das Herz ist. Keine Feder vermag die Freude zu beschreiben, womit so viele Junge und Alte den Herrn Jesus als ihren alleinigen und geliebten Heiland bekennen.
Es ist besonders auffallend, dass sehr viele aus ihrem Sündenschlaf aufwachen, ohne dass vorher ein einziges Wort mit ihnen geredet worden ist. In den Feldern, auf dem Weg und in den Häusern werden in einem Augenblick Seelen mit einer furchtbaren Angst erfüllt und schreien laut um Gnade. In einem solchen Zustand ist es von großer Wichtigkeit, dass ihnen das reine Evangelium des Heils – die Errettung allein aus Gnaden – die Errettung durch das Blut Jesu – die Errettung durch den Glauben verkündigt wird. Sie müssen die Fülle, die Genugtuung und die Kostbarkeit des Opfers Jesu schauen; alles andere wird sie in einem Zustand von Finsternis und Zweifel zurücklassen.
Ein anderer Charakterzug ist ebenso erfreulich. In fast jedem Ort scheint der Herr einige große und allgemein bekannte Sünder bekehrt zu haben, um dadurch ein sichtbares Zeichen seiner freien Gnade für seine Feinde zurückzulassen. Die verworfensten Personen, die von allen gescheut wurden, sind durch die mächtige Kraft der Gnade Gottes niedergeworfen worden und sitzen jetzt zu den Füßen Jesu, und erzählen anderen, welche große Dinge der Herr an ihren Seelen getan hat.
Die folgende Bekehrung wurde mir ungefähr mit diesen Worten durch die betreffende Person selbst erzählt: „Ich war in der Stadt gewesen, und befand mich den ganzen Morgen in großer Unruhe. Als ich nach Haus kam, ging ich an meine Arbeit, und nach wenigen Augenblicken schoss ein Lichtstrahl durch meine Seele. Ich sprang auf, lief zu meinen Nachbarn und musste vier Stunden lang ununterbrochen um Gnade schreien.“
Viele wurden ergriffen während sie an ihrer Arbeit waren und blieben bisweilen sechs und dreißig Stunden ohne zu essen und zu schlafen, und riefen aus: „O, Jesu komm! O komm und reinige mich durch dein Blut.“
Zum Schluss will ich hier noch zwei Gespräche mitteilen.
Auf meiner Reise besuchte ich eine kranke Frau, die seit einigen Tagen bekehrt war. Ich fand sie in einem Zustand von Frieden und Glück. Sie wusste, dass sie in der Hand des Herrn war und war sehr glücklich, sich auf Ihn verlassen zu können. Nachdem ich ein wenig mit ihr gesprochen hatte, fragte ich sie:
„Und hat denn der Herr Sie wirklich so glücklich gemacht?“
„O ja, das hat Er getan; gepriesen sei sein heiliger Name. Ich bin jetzt vollkommen glücklich in Ihm. Ich kann sagen, dass ich zufrieden bin.“
„Aber sind Sie auch jetzt mit seinen Wegen so vollkommen zufrieden, da Sie hier krank liegen müssen?“
„Gewiss! Ihm sei die Ehre! Wenn es sein Wille ist, dann bin ich zufrieden, hier zu liegen. Ich bin vollkommen glücklich. Und ist es sein Wille, so kann Er mich auch bald wieder gesundwerden lassen.“
„Das ist wahr: und ich glaube auch, dass Sie sehr wohl tun, Ihn zu bitten; nicht aber so sehr, dass Er Sie wieder gesundmache, sondern dass Er Ihnen Gnade gebe, das zu lernen, was Sie durch diese Krankheit lernen sollen. Doch erzählen Sie mir, was Sie eigentlich so glücklich macht.“
„Es ist Jesus, der teure Jesus! Ich habe nichts als Ihn; über ich habe auch nichts mehr nötig. Er hat alle unsere Sünden durch sein kostbares Blut getilgt und Er will uns nimmer verlassen?“
„Aber sind Sie denn auch völlig gewiss, dass Er auch ihre Sünden weggenommen hat?“
„Ja, vollkommen gewiss! Daran zweifele ich keinen Augenblick. Er hat mich lieb und hat sich selbst für mich in den Tod gegeben. Ich habe gar keinen Zweifel; Ihm allein sei die Ehre!“
Nicht wahr, lieber Bruder! nichts ist köstlicher, als aus dem Mund einer solchen Jüngerin des Herrn, solche Worte zum Lob der Gnade Gottes zu hören?
Einige Tage später besuchte ich einen Zimmermann, der vor seiner Bekehrung ein sehr schändliches Leben geführt hatte. Er war in der ganzen Gegend als ein großer Sünder bekannt und hatte sich vieler Missetaten schuldig gemacht, die mit seinem schwelgerischen Leben in Verbindung standen. Nachdem er viele Jahre durch sein Betragen eine wahre Plage und Pest für die Leute der ganzen Gegend gewesen war, wurde er des Lebens überdrüssig und beschloss demselben ein Ende zu machen. Er schrieb einen Brief an seine Frau, worin er den Zustand seiner Seele schilderte, und ihr auch zu gleicher Zeit den Platz angab, wo sie seinen Leichnam finden könnte. Dann ging er aus, um seinen unglücklichen Plan auszuführen; aber – wer kann den Reichtum der Gnade Gottes begreifen! – auf diesem Weg traf ein Pfeil, mit unendlicher Liebe aus dem Köcher Gottes abgeschossen, sein Gewissen, und er fiel Plötzlich zur Erde. O, welche Gnade! welche unendliche, unverdiente Gnade! Erlöst aus den Händen Satans, die ihn mit raschen Schritten zur Hölle führten, ist er jetzt in den Händen Gottes. Bald wurde sein Blick auf die Liebe des Herrn und auf das reinigende und Frieden gebende Blut Jesu gerichtet. Wahrlich, dies ist in der Tat ein Brand aus dem Feuer gerissen! Welch ein herrliches Monument der Gnade Gottes!
Hier hast du also einige Erlebnisse von meinem Aufenthalt in Irland. Ich könnte noch vieles hinzufügen; jedoch will ich für diesmal schließen. Der Herr Gott, der solche große Wunder in unseren Tagen tut, sei reichlich dein Trost und deine Freude und stärke dich durch seinen Geist in jeder Ihm wohlgefälligen Arbeit! Dein Bruder in Christus
Nicht wahr? geliebte Brüder, das sind herrliche Früchte von der allmächtigen Kraft Gottes! Lasst uns erfüllt sein mit Lob und Dank für die große Gnade, die Er noch in diesen letzten Tagen erweist; aber lasst uns auch ausharren im Gebet des Glaubens, auf dass der Herr noch viele, viele Seelen aus dieser elenden Welt errette, um sie zu einem Wunder seiner Gnade zu machen. Gott erhört das Gebet des Glaubens. Er hat es in seinem Wort verheißen, und hat es aufs Neue in Irland gezeigt. Er scheint noch viele aus dieser Welt zu der Versammlung Christi hinzufügen zu wollen. Mit raschen Schritten eilt die Zeit dahin; wer weiß, wie bald das letzte Glied hinzugefügt sein wird! Dann ist der Leib vollendet – dann kommt Jesus, um ihn in seine Herrlichkeit aufzunehmen. Ja, Er kommt bald! „Amen, ja komm, Herr Jesu!“