Botschafter des Heils in Christo 1860
Der Friede des Heiligtums
Als der Herr Jesus durch „sein eigenes Blut“ die Sünden getilgt und „eine ewige Erlösung erfunden hatte, ist Er ein für allemal in das Heiligtum eingegangen“ (vgl. Heb 9,12). Dies lesen wir auch in dem oben erwähnten Kapitel in Vers 24: „Denn Christus ist nicht eingegangen in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des wahrhaftigen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“. Wie tröstlich und gesegnet sind diese Worte! Sie leiten unsere Seele in das Heiligtum Gottes, als unsere wahre Heimat und unsere Ruhestätte. Nichts ist so gesegnet, als in der Gegenwart Gottes zu sein, und dies ist unser Vorrecht. Der Herr ließ Aaron sagen, „Dass er nicht zu aller Zeit in das Heiligtum hineingehe innerhalb des Vorhangs, vor den Deckel, der auf der Lade ist, damit er nicht sterbe“ (3. Mo 16,2). Jesus aber, als unser Hoherpriester ist in dieselbe Gegenwart Gottes eingegangen und hat sein eigenes Blut dargebracht. Dort ist Er jetzt offenbart, und zwar „für uns“. Der Zorn geht von diesem „heiligen Ort“ nicht mehr aus. Nein! Friede und Versöhnung sind dort. Die Darbringung des Blutes Jesu hat den Zorn Gottes gestillt und für alle, die glauben, für immer weggetan. Nicht aber für die Welt. Für sie ist kein Priester, kein Heiligtum, kein Gnadenthron, kein kostbares Blut, kein Friede mit Gott. Nichts als Zorn, als unvermischter Zorn erwartet sie alle. Wenn irgendjemand fähig ist, zu sagen: „Ich habe einen Hohenpriester in der Gegenwart Gottes, welcher allezeit für mich dort verweilt“, der ist sicher errettet. Jesus ist aber nur ein Priester für jene, welche glauben. Für sie ist Er jetzt in der Gegenwart Gottes.
Lasst es uns wohl beherzigen, geliebte Brüder, dass der Zorn für immer gestillt ist, der Zorn, welcher unserem Gewissen sagt, was wir verdient hatten, ja verdient für jede böse Tat unseres natürlichen Herzens, worin sich nicht ein Wunsch, nicht ein Gefühl oder Gedanke befindet, welcher gut ist. Und jeder von uns muss noch jetzt stets bekennen, „dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt“ (Röm 7,18). In seinem bösen Fleisch findet er grundsätzlich alle diese Dinge, gegen welche der Zorn offenbart wird. Und wird nicht das Bewusstsein dieses Bösen im Fleisch seinen Einfluss auf das Herz des Gläubigen ausüben, sodass er die Heiligkeit Gottes fürchtet, welche gegen dies alles ist, was sich in ihm befindet? Wird er nicht sagen: „Ach, der Zorn Gottes wird wegen all dieser Dinge über mich hereinbrechen, ehe der Hohepriester mich vertreten und für mich zu Gott reden kann?“ Aber der Zorn Gottes ist weggetan. Dies ist das Zeugnis Gottes in der Gabe des Heiligen Geistes. Der Geist Gottes ist aus dem Heiligtum zu uns gekommen, aber nicht eher, bis der Zorn für immer gestillt war. Im Heiligtum gibt es nur Versöhnung und Frieden. Was sich auch immer bei uns (bei der Versammlung) ereignen mag, nichts kann irgendeine Wolke zwischen den Vater und den Sohn bringen, nichts kann die Liebe schwächen, und nichts den Frieden und die Annahme verändern, weil dies alles allein auf das, was Christus ist und was Er für uns getan hat, gegründet ist. Ja, es ist unmöglich, dass irgendetwas je einen Schatten oder eine Dunkelheit dort hervorbringen kann, wodurch die gesegnete Beziehung, in welcher Jesus „für uns“ vor Gott steht, verändert werden könnte. Es ist sehr wichtig, dass wir dieses Bewusstsein stets in unserem Herzen tragen. Denn Satan versucht uns auf alle Weise die Zuversicht dieser Wahrheit zu rauben, und so unseren Seelen die Freude und den Frieden zu entziehen.
Es ist weit wunderbarer, dass der Friede des Heiligtums, während wir hier noch im Fleisch sind, ungeschwächt bleibt, als dass die Freude, welche wir in der Herrlichkeit haben werden, bleiben wird. Denn der Gnadenstuhl im Heiligtum ist der Platz, wo Gott mit uns im wegtun der Sünde handelt. Es ist kein Wunder, dass da, wo von keiner Sünde mehr die Rede sein kann, wo wir dem Bild Jesu gleichgestaltet sind, wo wir nie einen Gedanken oder einen Wunsch gegen Gott haben und nicht mehr die geringste Spur von Sünde oder Unreinigkeit an uns tragen, dass da Gott fähig sein sollte, bei uns zu wohnen und wir bei Ihm in unaufhörlicher Freude und Frieden. Doch welch eine gesegnete Wahrheit, dass wir fähig sind, zu sagen, dass Jesus in das „Heiligtum“ droben eingegangen, und dort „für uns“ offenbart ist, und dass wir deswegen ausrufen können, dass der Friede und die Freude, die Liebe und die Segnung des Heiligtums jetzt völlig unser sind, und dass, da Gott nur in seinem Sohn auf uns hernieder schaut, wir ganz versichert sein können, dass alles, was sein Auge dort sieht, alles, worin Er sich erfreut, „für uns“ ist. Solange wir aber das Heiligtum nicht recht erkennen, werden wir auch keinen wahren Frieden haben. Nur vom Heiligtum aus sind wir fähig, auf uns selbst und auf die Umstände um uns her zu schauen und sie Gott gemäß zu beurteilen. Wir werden dann auch in Wahrheit erkennen, wie verderbt und wertlos wir sind. Aber die Erkenntnis, welche wir von Ihm, unserem Stellvertreter dort, haben, wird uns über alle diese Gedanken von unserer Wertlosigkeit und Verderbtheit erheben, und wir werden als solche auf der Erde leben, welche vollkommenen Segen besitzen.
Es ist bei vielen Gläubigen oft der Fall, dass sie dann, wenn sie fühlen, dass sie irgendwie abgeirrt sind, schwach und niedergeschlagen werden. Das Bewusstsein der Sünde lässt sie befürchten, dass auch im Heiligtum eine Wolke sei. Sie beurteilen das Heiligtum nach ihren Gefühlen und darum befürchten sie eine Veränderung in demselben. Und sie bitten und flehen, dass doch die Wolke weggenommen und der Friede dort wieder hergestellt werden möchte. Wo aber keine Wolke existiert, da braucht auch keine weggenommen zu werden, und wo der Friede nie weggenommen ist, da braucht er auch nie wieder hergestellt zu werden. Wir müssen wohl achthaben, was wir tun, wenn das Bewusstsein der Sünde und der Entfernung von Gott auf der Seele ist. Denn dann gerade ist Satan beschäftigt, das Priesteramt Christi und die Wirkung seines Blutes ganz und gar bei Seite zu setzen.
Wenn es nötig wäre, den Frieden des Heiligtums zu erneuern, so müsste Christus sich wiederum opfern (vgl. Heb 9,25.26). Aber nein, Geliebte, nichts kann je den Frieden im „Heiligtum“ unterbrechen, er ist gemacht für immer. Jesus hat einmal das Opfer dargebracht und ist durch sein eigenes Blut ein für alle Mal in das Heiligtum eingegangen, nachdem Er eine ewige Erlösung erfunden hatte. Er wird es nie wieder tun. Er kann sich auf das, was Er ein für alle Mal getan hat, für immer stützen. Er kann sich immer berufen auf sein eigenes kostbares Blut, was Er ein für alle Mal vergossen hat. Unsere Beziehung zu dem Heiligtum bleibt stets dieselbe. Jeder Gläubige ist von Gott angenommen, wie Christus selbst.
Der Friede des Heiligtums bleibt also ununterbrochen und ungeschwächt. Jeder Gedanke, dass etwas von unserer Seite geschehen müsse, um den Verlorenen Frieden wieder herzustellen, ist sehr entehrend für Gott und ganz und gar gegen sein Wort. Ebenso wie die Sonne fortwährend scheint, so bleibt auch der Friede des Heiligtums ununterbrochen. Wolken mögen unserem Gesicht die Strahlen der Sonne verbergen, ja dicke Wolken sie uns gar verdunkeln, aber die Sonne scheint immer fort. Und ebenso bleibt das Heiligtum derselbe ungetrübte Platz des Segens. Wir mögen oft fehlen, aber die Stellvertretung Christi wird stets den Weg für uns offen halten. Wenn es aber keine vollkommene Kraft und Wirkung in seinem Blut gäbe, dann würde eine augenblickliche und schreckliche Finsternis im Heiligtum unvermeidlich sein. Fände nur ein Lächeln der Verachtung oder des Mitleidens statt, wo es nicht sein sollte, so würde dies reichen, um das Heiligtum zu beflecken. Und wenn es mit diesen kleinen Dingen so wäre, wie müsste es dann mit jenen größeren Fehlern sein, deren wir uns bewusst sind! Aber alles wird durch die Stellvertretung Jesu im Heiligtum abgemacht. Er ist droben damit beschäftigt, droben wird die Sache entschieden. Wenn aber ein Heiliger das Gefühl davon haben soll, so geschieht es nur, damit er der Heiligkeit Gottes teilhaftig werde (vgl. Heb 12,10). Dies wünscht Gott und deshalb züchtigt und straft Er ihn. Diese Züchtigungen aber sind ein Beweis seiner Liebe, denn es steht geschrieben: „Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er“ (Spr 3,12). O möchten wir dies nie vergessen, und auch stets in der völligen Überzeugung sein, das der Friede des Heiligtums unverändert bleibt, weil Christus dort eingegangen ist, um für uns vor dem Angesicht Gottes zu erscheinen!