Gedanken über den Brief des Apostels Jakobus
Botschafter des Heils in Christo 1860
Gedanken über den Brief des Apostels Jakobus Teil 2/3
Kapitel 2
Meine Brüder, habt den Glauben unseres Herrn Jesus Christus, des Herrn der Herrlichkeit, nicht mit Ansehen der Person. Denn wenn in eure Synagoge ein Mann kommt mit goldenem Ring, in prächtiger Kleidung, es kommt aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung herein, ihr seht aber auf den, der die prächtige Kleidung trägt, und sprecht: Setze du dich bequem hierher, und zu dem Armen sprecht ihr: Stelle du dich dorthin, oder setze dich [hier] unter meinen Fußschemel – (
). Jak 2,1–3
In diesem Kapitel fährt der Apostel in seinen Ermahnungen fort, indem er besonders auf vorhandene Zustände eingeht.
Zunächst tadelt er, dass sie „die Person ansehen“, und zeigt, dass dies weder mit dem Glauben an Jesus Christus, dem Herrn der Herrlichkeit, (V. 1) noch mit den Gedanken und der Handlungsweise Gottes (V. 5), noch mit dem Gesetz (V. 9) in Übereinstimmung sei.
Christus und seine Herrlichkeit stehen in dem völligen Gegensatz zu der scheinbaren Herrlichkeit des Fleisches, dem Reichtum dieser Welt. Das Kreuz Christi hat beides für immer geschieden. Der Unglaube huldigt dieser und verwirft jene, wie auch in Vers 7 von den Reichen gesagt wird: „Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch angerufen ist?“ Deshalb kann der Glaube auch nicht Christus und seine Herrlichkeit verehren und zugleich der scheinbaren Herrlichkeit des Fleisches, welches Ihn verworfen hat, huldigen. Diese Huldigung würde nur beweisen, wie wenig das Kreuz Christi, die völlige Scheidewand zwischen Ihm und dem Fleisch, verstanden würde.
Der zweite Vers hier ist deshalb besonders beachtenswert, weil er uns das Verständnis des ganzen Briefes sehr erleichtert. Er zeigt uns, wie schon bemerkt, dass sowohl dieser Brief, als auch die Personen, an welche er gerichtet ist, noch in Verbindung mit der Synagoge standen. Dorthin kamen sie zur gemeinschaftlichen Erbauung und Belehrung zusammen, und jeder hatte, nicht als Christ, sondern als Israelit ein Recht, dort zu sein. Es war also eine gemischte Versammlung von wahren Gläubigen und Nichtgläubigen. Ebenso wenig handelt es sich auch darum, ob die in Vers 2 und 3 erwähnten Arme und Reiche Gläubige waren oder nicht. Wir haben sie hier nach ihrer äußeren Stellung in dieser Welt, und nach dieser wurden sie von denen behandelt, welche die Person ansahen.
Habt ihr nicht unter euch selbst einen Unterschied gemacht und seid Richter mit bösen Gedanken geworden? Hört, meine geliebten Brüder: Hat Gott nicht die weltlich Armen auserwählt, reich zu sein im Glauben, und zu Erben des Reiches, das er denen verheißen hat, die ihn lieben? Ihr aber habt den Armen verachtet. Unterdrücken euch nicht die Reichen, und ziehen nicht sie euch vor die Gerichte? Lästern nicht sie den guten Namen, der über euch angerufen worden ist? (
). Jak 2,4–7
In diesen Versen nun sehen wir, wie schon vorhin bemerkt, dass das Ansehen der Person auch nicht nach den Gedanken und der Handlungsweise Gottes ist. Vor Ihm hat das Fleisch kein Ansehen. Er urteilt vielmehr so: „Alles Fleisch ist Gras, und all seine Anmut wie die Blume des Feldes. Das Gras ist verdorrt, die Blume ist abgefallen“ (
Bei Gott finden also die Vorzüge des Fleisches keine Anerkennung, sondern vielmehr Verwerfung. Und deshalb handeln alle, welche die „Person ansehen“, den Gedanken und der Handlungsweise Gottes entgegen. „Ihr aber habt den Armen verachtet“ (V. 6). Sie erniedrigen, was Gott erhöht, und erhöhen, was Gott erniedrigt. Sie begehen ein Unrecht an den Armen und machen eine Trennung oder einen Unterschied, der vor Gott ganz und gar verwerflich ist. Sie urteilen oder richten nach den bösen Gedanken ihres Herzens (vgl. V. 4).
Wenn ihr wirklich das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, so tut ihr recht. Wenn ihr aber die Person anseht, so begeht ihr Sünde und werdet von dem Gesetz als Übertreter überführt. Denn wer irgend das ganze Gesetz hält, aber in einem strauchelt, ist aller Gebote schuldig geworden. Denn der gesagt hat: „Du sollst nicht ehebrechen“, hat auch gesagt: „Du sollst nicht töten.“ Wenn du nun nicht ehebrichst, aber tötest, so bist du ein Gesetzes-Übertreter geworden (
). Jak 2,8–11
Endlich ist das Ansehen der Person wider das Gesetz, welches sagt: „Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst“ (V. 8). Dies wird das königliche genannt, weil es alle die übrigen Gebote, die auf unseren Nächsten Bezug haben, in sich einschließt. Die Erfüllung dieses einen Gebots ist die Erfüllung des ganzen Gesetzes nach dieser Seite, denn es steht geschrieben: „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe die Summe des Gesetzes“ (
Ebenso kann es mir nicht gleichgültig sein, ob ich in irgendeinem Punkt des Gesetzes fehle. Denn dieser eine Punkt macht mich zum Übertreter des ganzen Gesetzes und bringt mich unter dessen Urteil. Alle Gebote des Gesetzes haben eine Quelle und entsprechen dem Wesen und der Natur dessen, der sie gegeben hat. Da ist kein Widerspruch, kein Gegensatz. Das Gesetz offenbart in allen seinen Geboten ein und denselben Charakter. Die eine Übertretung aber offenbart, was in mir ist. Wäre wirkliche Übereinstimmung mit dem Gesetz vorhanden, so würde ich dies überall kundgeben. Tue ich irgendeine Handlung, die dem Gesetz gemäß zu sein scheint, so zeigt dies noch nicht meine Übereinstimmung mit demselben. Es mag gerade der augenblickliche Wunsch und Wille meines Fleisches sein, etwas zu tun, was auch das Gesetz fordert. Wenn ich aber in dem nächsten Augenblick, wo das Gesetz etwas fordert, was meiner Neigung und meinem Willen entgegensteht, dasselbe übertrete, so bin und handle ich also, jetzt wie vorhin, in Übereinstimmung mit meinem Fleisch, aber nicht mit dem Gesetz. Deshalb macht auch die Übertretung des einen Gebots mich zum Übertreter des ganzen Gesetzes. Ich bin „in allem schuldig geworden“, weil alles in völliger Übereinstimmung ist, und ich durch die eine Übertretung im Gegensatz zu allem bin.
So redet und so tut als solche, die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen. Denn das Gericht wird ohne Barmherzigkeit sein gegen den, der keine Barmherzigkeit geübt hat. Die Barmherzigkeit rühmt sich gegen das Gericht (
). Jak 2,12.13
Bei Betrachtung des 25. Verses des ersten Kapitels haben wir schon über die Bedeutung dieses „Gesetzes der Freiheit“ gesprochen. Hier sind mir ermahnt, stets als solche zu leben, „die durch das Gesetz der Freiheit gerichtet werden sollen“ (V. 12). Auch der Christ ist nicht ohne Verantwortlichkeit, aber stets ist er verantwortlich unter der Gnade, die ihn für immer vor jeder Verdammnis sicherstellt. Der Maßstab seiner Verantwortlichkeit ist aber dies „Gesetz der Freiheit“, welches in völliger Übereinstimmung mit der neuen Natur ist, die wir in Christus Jesus empfangen haben. Nach diesem Gesetz wird unser Wandel von Gott beurteilt. Und entspricht dieser Wandel dem Leben, welches wir in Christus Jesus haben, so entspricht er auch dem „Gesetz der Freiheit“, weil dies der völlige Ausdruck jenes Lebens ist. Das „Gesetz der Knechtschaft“ richtet nur das äußere Verhalten, das „Gesetz der Freiheit“ aber auch die Gesinnung des Menschen. Zugleich ist dieses Gesetz der Ausdruck des Wesens Gottes, als offenbart in Christus Jesus. Und so richtet Gott nach dem, was Er selbst ist und wie Er sich in Christus Jesus dem Menschen offenbart hat. Er hat sich aber als ein barmherziger Gott geoffenbart und darum kann auch nur der Barmherzige im Gericht triumphieren, denn er wird Barmherzigkeit erlangen (vgl.
Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, hat aber keine Werke? Kann etwa der Glaube ihn erretten? Wenn [aber] ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt, jemand von euch spricht aber zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht das für den Leib Notwendige – was nützt es? So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, in sich selbst tot. Aber es wird jemand sagen: Du hast Glauben, und ich habe Werke; zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, und ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen. Du glaubst, dass Gott einer ist, du tust recht; auch die Dämonen glauben und zittern (
–19). Jak 2,14
In diesem Abschnitt und bis zum Ende des Kapitels tritt der Apostel denen entgegen, die sich mit einem äußeren Scheinglauben beruhigen und darauf ihre Errettung gründen. „Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, hat aber keine Werke?“ (V. 14). Ein solcher werkloser Glaube ist in der Tat nichts weiter, als ein äußeres Zustimmen der Dinge, welche durch Glauben erkannt und verwirklicht werden. Er errettet aber eben so wenig, wie auch fromme Wünsche einen Hungrigen speisen und einen Nackten kleiden (vgl. V. 15.16). Dennoch gibt es eine unzählige Menge die in ihren Sünden und in ihren bösen Werken beharren und dabei bekennen: „Ich glaube, dass Gott gnädig ist und dass Jesus Christus am Kreuz sein Leben für unsere Sünden dahin gegeben hat.“ Und mit diesem Selbstbetrug suchen sie sich zu beruhigen. Der wahre Glaube aber offenbart sich in lebendiger und wirksamer Kraft, wie es uns namentlich in
Willst du aber erkennen, o nichtiger Mensch, dass der Glaube ohne die Werke tot ist? Ist nicht Abraham, unser Vater, aus Werken gerechtfertigt worden, da er Isaak, seinen Sohn, auf dem Altar opferte? Du siehst, dass der Glaube mit seinen Werken zusammen wirkte und dass der Glaube durch die Werke vollendet wurde. Und die Schrift wurde erfüllt, die sagt: „Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet“, und er wurde Freund Gottes genannt. Ihr seht also, dass ein Mensch aus Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein. Ist aber ebenso nicht auch Rahab, die Hure, aus Werken gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg hinausließ? Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne [die] Werke tot (
). Jak 2,20–26
Jetzt zeigt der Apostel an einigen Beispielen aus der Schrift, dass der wahre Glaube stets mit Werken verbunden ist. Abraham offenbarte in der Opferung seines Sohnes Isaak den vorhandenen Glauben, der ihn zu diesem Werk fähig machte (vgl. V. 21). Es ist der Glaube, welcher die Werke hervorbringt, und diese sind es, wodurch der Glaube offenbart und vollendet wird (vgl. V. 22). Daher sind Glaube und Werke unzertrennlich. Ebenso war auch die Tat der Hure Rahab, „da sie die Boten aufnahm und auf einem andern Weg hinaus ließ“ (V. 25), ein Zeugnis des in ihr vorhandenen Glaubens, durch welchen sie das Volk Israel, als Gottes Volk erkannte, ehe dieses noch im Genuss seines Erbteils war (vgl. V. 25). Ihre Tat war eine Tat des Glaubens.
Wenn der Apostel Paulus in
(Fortsetzung folgt.)
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