Botschafter des Heils in Christo 1858
Das Werk des Hauses Gottes und die Arbeiter darin
Die Bücher Esra, Nehemia, Haggai und Sacharja stehen in Verbindung. In Esra finden wir den Tempel gebaut und den Gottesdienst wiederhergestellt; in Nehemia die Wiederherstellung der Stadt; in Haggai das Geheimnis in Betreff der Hindernisse dieses Werkes; und in Sacharja ist die Wahrheit dargestellt, durch welche der Herr die Herzen des Überrestes stärkte.
Die Wahrheit betrifft heutzutage nicht wenige Christen, die viel mit äußerlichen Dingen beschäftigt sind. Beim Betrachten der heiligen Schriften fällt ihnen die Tatsache auf, wie dort die Dinge, im Vergleich zu denen, welche sie um sich her wahrnehmen, so ganz anders dargestellt sind, und sie sind oft eifrig bemüht, eine größere Ordnung wieder herzustellen; allein Gott verfolgt einen anderen Weg. Er fängt mit ihnen selbst an, und sucht die Unordnung, die in ihren Herzen liegt, zu heilen.– Wir haben „das Wort des Herrn.“ Bringen wir unser Gewissen hinein, und sind wir bereit, in aufrichtigem und heiligem Gehorsam in all unserer Schwachheit gerade das zu tun, was uns Gott als das Richtige hat erkennen lassen, ohne zu warten, bis wir noch mehr Licht und mehr Kraft haben? Wir lesen in Philipper 2,13: „Denn Gott ist es, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Wirken, nach seinem Wohlgefallen.“ Wenn ich auf mehr Kraft warte, ehe ich das tue, was ich als seinen wohlgefälligen Willen erkenne, so leugne ich, dass Er das Wollen und das Vollbringen in mir wirkt, um durch seine Kraft seinen Willen zu erfüllen.
Wir haben Schritt für Schritt nach dem Licht zu wandeln, welches Er uns gibt. Einige möchten sagen: „Ja, wenn die Tür geöffnet und die Kraft wirksam ist, wie es hier bei den Juden der Fall war, dann wollen wir vorangehen.“ – Allein sie sehen nicht, dass Gott, wenn die Juden im Ungehorsam wandelten, äußere Feinde gegen sie erweckte, und sie in deren Gefangenschaft kommen ließ. – Der Jude konnte sagen: „Wir müssen in Knechtschaft sein, bis die Gefangenschaft vorüber ist.“ Nicht so der Christ; Gott hat ihn in Christus von aller Gefangenschaft befreit. Wenn er sich durch die Lust des Fleisches, durch die Lust der Augen und dem Hochmut des Lebens in Knechtschaft befindet, so ist Gott bereit, ihm in demselben Augenblick Licht zu geben, um zu sehen, wo er ist; es gilt ihm dann das Wort: „Stehe ab von dem Bösen und lerne Gutes tun!“ – In der Zeit der Reformation (sowie auch jetzt) war die Frage: „Haben wir dem Wort Gottes zu gehorchen oder nicht?“ Der Herr hat gesprochen, und sollten wir nicht gehorchen? Gott schaut auf unseren Gehorsam gegen sein Wort, insoweit wir es erkennen, und es wird mehr Erkenntnis gegeben werden, – „dem, welcher hat, wird mehr gegeben werden.“
Es ist aber für uns nötig, zu bedenken, dass wir über den Glauben hinausgehen können; und wenn dieses geschieht, so werden wir fallen. Das rechte Verhalten wird seinen Zweck verfehlen, wenn es aus einem unrichtigen Beweggründe hervorgeht. In Esra Kapitel 3 finden wir die Juden für Gott wirksam und zwar dem geschriebenen Wort gemäß. – Denn was Moses befohlen hatte, beobachteten sie (V 10). Dennoch fehlten sie. Die Widersacher von Juda kamen und hinderten das Werk (Kap 4) Hätten wir – die Sache nach ihrer äußeren Erscheinung betrachtet, so würden wir gesagt haben: „Hier ist ja Gehorsam.“ Gottes Auge aber schaute durch alles hindurch auf den Grund. Die Eigenliebe war auf dem Plan, das verdorbene Herz war da. Der Prophet Haggai reicht uns den Schlüssel dazu her. Das Herz war nicht gereinigt. Was waren diese Widersacher? – Der Überrest war entronnen, er war in das Land gekommen, er hatte angefangen, zu bauen, – und warum gingen sie nicht weiter voran? Gott gebrauchte die Widersacher von Juda als eine Gelegenheit, um ihnen die Ursache dieser Verhinderung aufzudecken. Die Umstände werden benutzt, um uns unseren Fehler zu offenbaren. Die Ursache, dass sie nicht weiter gehen konnten, ist nicht in den Widersachern zu suchen, sondern in dem Herzen des Volkes. Sie waren auf ihre eigenen Dinge und nicht auf die Dinge Gottes gerichtet; sie unterschieden nicht das Haus des Herrn. Die Gelegenheit, welche Gott benutzt, darf nie mit der Ursache der Verhinderung verwechselt werden. Wir finden im ganzen Wort Gottes diese beiden Dinge immer getrennt. – Das, was nicht dem Herrn getan ist, ist nicht im Glauben getan.
Haben wir einen bestimmten Vorsatz in unserer Seele, geliebte Brüder? Bei Jesu finden wir denselben und Er hielt unverrückt daran fest. Aber ach! wie ist dieser aufrichtige und entschiedene Vorsatz für den Herrn in unserer Seele oft so mangelhaft! Die Juden hatten eine Fülle von Gedanken; aber wenn Schwierigkeiten entstanden, so fehlte dieser wahre Vorsatz. Gott war deshalb bemüht, denselben in ihnen zu erwecken, sie zu unterweisen, ob sie in seiner Kraft oder in ihrer eigenen wandelten, und um sie dahin zu bringen, auf Ihn allein zu vertrauen. Gott erwartet von uns, dass wir in der Zeit der Schwierigkeit handeln, und zwar als solche, die die Kraft, welche wir in Ihm haben, kennen und in derselben zu handeln verstehen – dass wir vorwärts gehen in dem Vorsatz Gottes – der Kanal, in welchen seine Energie ausströmt – um zu zeigen, dass in Ihm Kraft und Energie ist, welche weit über alle hindernde Umstände, die da kommen mögen, um unseren Vorsatz zu erproben, hinausgehen.
Die göttliche Energie in uns wird niemals ihren Vorsatz für Gott verlieren; die menschliche Energie aber wird sagen: „Die Zeit ist noch nicht gekommen – die Zeit, wo des Herrn Haus soll gebaut werden,“ (Hag 1,2) und wird sich mit den Weinstöcken und Feldern und Häusern beschäftigen, und also die Zeit verschwenden, anstatt unter all den Schwierigkeiten und Gefahren, welche uns drohen, oder entgegenstehen, mit unerschütterlicher Energie den entschiedenen Vorsatz zu verfolgen.
In Haggai sehen wir Gott wirksam; und dort finden wir eine Aufgabe für uns; denn wir haben es mit Gott zu tun. Wir sehen die Heuchelei des Menschen, welche das Richtige tut, aber es nicht dem Herrn tut; es kommt aus einem unrichtigen Beweggrund hervor. Was wir nicht im Glauben dem Herrn tun, wird seinen Zweck verfehlen. Sobald aber das wahre Bekenntnis da ist, „dass wir den Herrn fürchten,“ folgt auch die gnadenreiche Antwort: „Ich bin mit dir, spricht der Herr.“
Wir haben also drei große Punkte vorgestellt: 1. Wandeln wir nach der Erkenntnis und nach dem Licht, was wir haben? 2. Das Fleisch kann nicht wandeln in den Wegen Gottes, sondern die Energie des Glaubens allein; und endlich 3. Was für einen Zusammenhang die Umstände der Vorsehung mit den Dingen Gottes auch zu tun haben mögen, so geben sie doch keine Kraft in dem Werk Gottes. Die Vorsehung Gottes mag die Tür des Gefängnisses öffnen, mag das Volk hinausführen, und einen Kyrus, einen Serubabel usw. erwecken; wenn sie aber Kraft zum Handeln begehren, so finden wir, dass der Geist der Prophezeiung ihnen die Augen öffnet, um sie ihre Entfremdung von Gott sehen zu lassen, – und um ihnen zu sagen, was in ihren eigenen Herzen ist, – dann aber auch, um ihnen die Gnade, die in dem Herzen Gottes für sie ist und die Herrlichkeit, welche sie erwartet, zu offenbaren.
Durch die Gnade Gottes ist die Regierung in diesem Land günstig. Wir erfreuen uns der Ruhe; wir genießen jetzt das Vorrecht, uns ohne Furcht vor Gewalttätigkeit zu versammeln. Dies stellt uns unter eine große Verantwortlichkeit; aber hierin liegt für uns keine wahre Kraft zum Dienst, sondern ein: „Also sagt der Herr.“ Es liegt auch keine Kraft für uns in dem Buchstaben des Wortes, sondern es muss die Wahrheit Gottes in unseren Seelen sein. Die Wahrheit Gottes muss als Gottes Wahrheit von uns erkannt werden, und unser ganzes Handeln nur ein Handeln für Gott sein. Betrachten wir das Wort Gottes, um Gott selbst darin zu finden? Welch einen geringen Wert hat es, alle die vergangenen und zukünftigen Szenen, die uns im Wort Gottes mitgeteilt sind, zu sehen, wenn wir Gott selbst nicht darin finden. Bist du bemüht, wenn du irgend einen Teil der Schrift gelesen hast, um zu sehen, wie Gott sich in diesen oder jenen Umständen offenbart hat? Bist du Ihm dort begegnet? War es der Fall, so wirst du gedemütigt worden sein, und bist du gedemütigt worden, so hast du Ruhe gefunden. Eine geistliche Aufnahme der Schrift wird immer eine entsprechende Handlung hervorbringen, ein Vorangehen, ein: „Hier bin ich!“ du magst auch oft sagen: „Ich kann diese Stelle nicht verstehen.“ Es ist möglich; wenn aber der Geist lehrt, so lehrt Er uns, was wir verstehen können. Die Kraft für den Dienst wird in der Gegenwart Gottes gelernt und dort allein; denn in der Gegenwart Gottes werden wir erniedrigt und ruhen in seiner Gnade.
O, möchte unser Forschen in der Schrift dazu dienen, um immer besser zu lernen, was Gott ist und was wir sind.