Botschafter des Heils in Christo 1858

Das köstliche Land wurde verschmäht

Können unsere Herzen, Geliebte, wirklich sagen: Wir sind auf unserem Weg zu Gott? Glauben wir, dass wir bald mit der unzähligen Schar der Erlösten den ewigen Lobgesang des Lammes singen werden? Es ist erfreulich, zu sehen, wie sehr die Einfalt des Herzens vorhanden ist, wenn wir die völlige Überzeugung in uns tragen, dass unser Weg zu Gott geht. Wenn die Seele wirklich an Gott glaubt und seine Liebe kennt, wenn sie versteht, dass Er uns aus Ägypten herausgeführt hat, und dass wir jetzt auf dem Weg nach dem himmlischen Kanaan sind, so ist dies eine Quelle der Freude, die alles überströmt. Gewiss werden wir auf dem Weg eine Menge Gegenstände treffen, die geeignet sind, unsere Herzen und unsere Gesinnung zu üben; aber es ist köstlich, zu verstehen, dass gerade diese Gegenstände den Weg charakterisieren, und dass sie uns deshalb begegnen, weil wir auf diesem Weg sind. – Wenn nun aber mein Herz nur auf die gegenwärtigen Umstände und Schwierigkeiten gerichtet bleibt, und auf die Hilfe Gottes darin, so wird gewiss nicht dieselbe Quelle der Freude vorhanden sein; denn alsdann mache ich Gott nur zum Diener aller meiner Bedürfnisse. Anders aber ist es, wenn das Herz in Gott ruht, als in seiner sicheren Burg, und Gott in den Zeiten der Drangsal als eine wirkliche Hilfe hernieder kommt. Und gewiss ist es völlig wahr, dass „Gott unsere Zuflucht und Stärke ist, eine Hilfe, reichlich gefunden in Drangsalen;“ (Ps 46,1) aber Ihn herunterzuziehen, um nur dieses zu sein, verändert die ganze Anschauung der Dinge. Wenn unsere Herzen auf unsere gesegnete Stellung mit Christus in der Ruhe und in der Herrlichkeit, und als schon dort im Vaterhaus seiend, gerichtet sind, so werden unsere gegenwärtigen Schwierigkeiten freilich immer noch den Charakter von Schwierigkeiten an sich tragen; aber wir vermögen uns dann über die Umstände, wie sehr sie auch immer gefühlt werden mögen, zu erheben. Unsere Gedanken von Gott sind dann nicht nur die, dass Er uns in den Umständen helfen will, sondern unsere Herzen bleiben auch auf Ihn gerichtet, und wir leben in der Freiheit, welche sich an der beständigen Gewissheit aufrecht hält, dass alles das, was Christus ist, auch unser ist.

Es ist sehr gesegnet, unsere Herzen stets auf die Hoffnung der Herrlichkeit, die vor uns gestellt ist, gerichtet zu haben. Doch ist es eine traurige Erfahrung, dass durch den Unglauben und die Trägheit des Herzens diese Hoffnung bei so vielen mehr oder weniger aufhört, den Geist zu erfreuen und zu beleben. Vorausgesetzt, dass ich noch zwanzig Jahre zu leben hätte, so sollte doch der nächste Gedanke meiner Seele kein anderer sein, als der an die Herrlichkeit. Der Unglaube hatte bei den Kindern Israel verschiedene Formen; ein Charakterzug desselben war der, dass sie „das köstliche Land verschmähten“ (Kap 14,31; Ps 106,24). Diese Verschmähung des herrlichen Landes findet praktisch, wenn auch nicht auf eine so halsstarrige und augenscheinliche Weise, sehr oft in unseren Herzen statt. Ich rede nicht von einer vorhandenen Ungewissheit, ob das Land wirklich unser sei. Wenn mir aber irgend ein Freund einen sehr großen Schatz gegeben hätte, über dessen Vorhandensein ich völlig sicher wäre, und ich betrachtete diesen Schatz nur selten, oder es bekümmerte mich wenig, um viel daran zu denken, würde das nicht ein Beweis sein – nicht von meiner Ungewissheit über dessen Vorhandensein, – sondern von dessen Geringschätzung und von der mangelhaften Kenntnis seines Wertes? So ist es sehr häufig der Fall in Betreff der himmlischen Herrlichkeit, welche uns gehört. Wir bezweifeln zwar die Wahrheit der Verheißung nicht; aber wenn unsere Seelen nicht in der vor uns gestellten Herrlichkeit ruhen und sich darin erfreuen, so ist dies nichts anders, als eine Geringschätzung des „köstlichen Landes.“ Ja, dies ist leider viel und oft bei den Heiligen der Fall. Und keine Beschäftigung mit den gegenwärtigen Dingen, sogar mit den gegenwärtigen Pflichten kann der Seele den Verlust des Friedens und des Trostes ersetzen, wenn sie nicht in dem, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben, (1. Kor 2,9) als in ihrem Eigentum, ruht. Anstatt, dass Gott inmitten der jetzigen Trübsale die Kraft und die Fülle unserer gegenwärtigen Freude ist, wie geschrieben steht: „Wir rühmen (oder erfreuen) uns Gottes,“ (Röm 5,11) machen wir Ihn nur zu einer Hilfe in den Zeiten der Drangsal. Und in diesem Fall wird nur große Schwachheit und Gebrechlichkeit, aber nicht jene bleibende Freude in Gott vorhanden sein. Das Herz ist herabgezogen und weilt hier unten, und es zieht ebenfalls auch Gott zu sich hernieder; und gewiss, Er ist so gnädig und barmherzig, sich in unsere Nöten herniederziehen zu lassen. Statt dessen aber sollte das Herz sich über die gegenwärtigen Dinge zu Gott erheben und dort ruhen.

Natürlich wird dieser Charakter des Unglaubens in den Herzen der Heiligen nicht so offenbar sein, wie es bei den Kindern Israel der Fall war; aber im Grunde betrachtet, ist es dieselbe Sache. – Die Kundschafter (4. Mo 13,3) wurden durch Mose nach dem Befehl des Herrn ausgesandt, um das Land zu erkunden – „welches,“ wie Jehova sagte, „ich den Söhnen Israel gebe,“ – und dessen Frucht zu bringen. Der Geist Gottes, welcher als ein gegenwärtiges Zeugnis persönlich in uns wohnt, nimmt von der Herrlichkeit des Herrn Jesus, von den Dingen des Landes der Verheißung, (von dem himmlischen Kanaan, von welchem der Glaube sagt: mein Land) und zeigt uns auf diese Weise unser Teil. – „Und sie gingen hinauf und erkundeten das Land von der Wüste Zin bis gen Rehob, da man gen Hamat geht … Und sie kamen bis an den Bach Eskol, und schnitten daselbst eine Rebe ab mit einer Weintraube, und ließen sie von Zweien auf einem Stecken tragen; dazu auch Granatäpfel und Feigen. Der Ort heißt Bach Eskol, um der Traube willen, welche die Kinder Israel daselbst abschnitten. Und sie kehrten um, da sie das Land erkundet hatten, nach vierzig Tagen; und sie gingen hin und kamen zu Mose und Aaron, und zu der ganzen Gemeinde der Kinder Israel, in die Wüste Paran gen Kades, und sagten ihnen wieder, und der ganzen Gemeinde, wie es stände und ließen sie die Früchte des Landes sehen; und erzählten ihnen und sprachen: Wir sind in das Land gekommen, dahin ihr uns sandtet, und es stießt Milch und Honig darinnen, und dies ist seine Frucht“ (Kap 13,22–28). – dem Bericht der Kundschafter wurde nicht widersprochen. Diese Trauben zeugten von der Güte des Landes; eine solche köstliche Frucht brachte dies Land hervor. – Wenn uns der Heilige Geist die Wirklichkeit unserer Freude und Herrlichkeit vorstellt, wer wollte widersprechen? Wer fühlt nicht den unermesslichen Wert, auf dem Weg zu sein, um dorthin zu gelangen? Die Wirklichkeit ist so überaus köstlich. 1

„Nur dass,“ sagen die Kundschafter, „starkes Volk darinnen wohnt, und sehr große und feste Städte sind; und wir sahen auch die Kinder Enaks daselbst. Die Amalekiter wohnen im Land gegen Mittag, die Hethiter und Jebusiter und Amoriter wohnen auf dem Gebirge; die Kanaaniter aber wohnen am Meer und um den Jordan“ (V 29–30). – Als das Volk hörte, dass es Schwierigkeiten gab, wurde es mit Sorge und Unruhe erfüllt.

„Kaleb aber stillte das Volk gegen Mose und sprach: Lasst uns hinaufziehen, und das Land einnehmen, denn wir sind wohl fähig, es zu überwältigen. – Aber die Männer, die mit ihm hinaufgezogen waren, sprachen: Wir vermögen nicht hinaufzuziehen gegen das Volk; denn sie sind uns zu stark. Und machten dem Land, das sie erkundet hatten, ein böses Geschrei unter den Kindern Israel, und sprachen: Das Land, durch welches wir gegangen sind, um es zu erkunden, frisst seine Einwohner; und alles Volk, was wir darinnen sahen, sind Leute von großer Länge. Wir sahen auch Riesen daselbst, Kinder Enaks von den Riesen; und wir waren vor unseren Augen wie Heuschrecken, und also waren wir auch vor ihren Augen“ (V 31–33). – Das ist es, was diese Kundschafter taten: sie suchten das Volk in ihrem Unglauben zu bestärken, und sie wagten sogar alles, was sie vorher gesagt hatten, zu leugnen, sobald sie sahen, dass ihr Bericht nicht angenommen wurde. Zuerst erzählten sie dem Moses die einfache Wahrheit, dass es ein schönes Land wäre; aber dann, als sie in den Herzen des Volkes den Unglauben wirksam sahen, war ihr Urteil in Betreff desselben ganz anders, und sie sagten, dass es ein schlechtes Land wäre. Das ganze Gefühl der Güte des Herrn in Betreff des Landes, welches Er ihnen gegeben hatte, war verloren, und folglich überfiel sie beim Gedanken an die Schwierigkeiten nur Mutlosigkeit. Da war nicht nur Misstrauen in Betreff der Überwindung dieser Feinde, sondern sie verloren auch das Gefühl der Güte des Herrn; und deshalb fehlte ihnen jetzt die Aufmunterung in ihren Schwierigkeiten. Der Glaube wurde schwach. Ebenso ist es mit dem Christen. Wenn er die Freude der Herrlichkeit verliert, so sind die Schwierigkeiten, welche ihm auf dem Weg begegnen, unüberwindlich; denn sein Herz weiß nicht, wofür es zu kämpfen hat.

„Da fuhr die ganze Gemeinde auf, und erhoben ihre Stimme, und das Volk weinte die ganze Nacht“ (Kap 14,1). – Als im Anfang ihres Auszugs aus Ägypten sich ihre Sünde offenbarte, warfen sie nicht, so sehr auch ihr Benehmen zu tadeln war, die Schuld auf Gott, sondern sie sagten: „dieser Moses, der Mann, welcher uns aus Ägypten führte … „ Aber von dem Augenblick an, als der Unglaube sich in ihrem Herzen befestigt hatte, wurde die Wüste unerträglich für sie, und sie sagten: „Ach, dass wir in Ägypten gestorben wären, oder noch stürben in der Wüste! Warum führt uns der Herr in dies Land, dass wir durchs Schwert fallen, und unsere Weiber und Kindlein zum Raub werden? Ist es nicht besser, wir ziehen wieder nach Ägypten?“ (V 2–3) – Wir sehen hier, in welch einen jämmerlichen Zustand des Unglaubens sie gekommen waren, so dass sie sogar dem Herrn selbst ihre Versuchungen und Schwierigkeiten zuschrieben. Dies ist eine Schlinge, welcher auch die Christen ausgesetzt sind. Wir sind uns bewusst, dass es der Herr ist, welcher uns aus Ägypten geführt hat, und wenn uns auf dem Weg durch die Wüste Versuchungen begegnen, so sind unsere Herzen so leicht geneigt, zu sagen: Dies kommt daher, weil ich ein Christ bin; der Herr hat mich in die Schwierigkeiten gebracht usw. Hätten die Kinder Israel das Land Kanaan in ihrem Herzen gehabt, so würden sie gesagt haben: Dank dem Herrn, dass wir schon so weit auf dem Weg nach Kanaan sind. Mochten auch die Schwierigkeiten sein, welche sie wollten –– wenn sie gefühlt hätten: Wir sind durch das Wort des Herrn hierher gebracht worden, so würden sie dankbar gewesen sein, und nicht gemurrt haben. Allein sie blieben stehen auf dem Punkt, wo sie waren, anstatt daran zu denken, dass es nur noch ein kurzer Weg bis zu dem köstlichen Land war, das vor ihnen lag. Sie wandten vor, dass ihre Besorgnis anderen gelte – ihren Weibern und Kindern; obgleich es in Wahrheit nur ihre Eigenliebe war.

Josua und Kaleb sprachen von der außerordentlichen Güte des Landes (V 7) und fügten dann hinzu: „Wenn der Herr uns gnädig ist, so wird Er uns in dasselbe Land bringen und es uns geben – welches ein Land ist, darinnen Milch und Honig stießt. Fallt nur nicht ab vom Herrn, und fürchtet euch vor dem Volk dieses Landes nicht; denn wir wollen sie wie Brot essen. Es ist ihr Schutz von ihnen gewichen; der Herr aber ist mit uns, fürchtet euch nicht vor ihnen“ (V 8–9). „Da sprach die ganze Gemeinde, man solle sie steinigen“ (V 10). – Man sollte meinen, eine solche Sprache hätte sie erfreuen müssen; aber sie brachen in offenbare Feindseligkeit aus.

In Vers 13–19 sehen wir, wie die Vermittlung des Mose für das Volk eintritt, indem er dem Herrn, der das Volk vertilgen will, vorstellt, wie sehr das Zeugnis, welches Er von sich selbst gegeben habe, (2. Mo 34,6–7) dadurch herabgewürdigt werden würde; er gründet sich dabei auf die Identität (Gleichheit) des Herrn mit seinem Volk. Er erinnert daran, dass seine eigene Herrlichkeit mit der Erhaltung und der Segnung seines Volkes, als unzertrennlich von demselben, verbunden sei. – Und wir sehen, wie der Herr nach dem Glauben des Moses handelt, wie Er auch immer nach dem Glauben handelt, der in uns ist; (V 20) Die Kinder Israel aber sendet Er in die Wüste, um dort zu bleiben, bis alle, die aus Ägypten ausgegangen, gestorben sind. Es gibt hier aber noch eine andere Sache zu bemerken. Wenn die Kinder Israel nicht durch den Glauben in das verheißene Land eingehen wollen, so lässt Er sie auf einem langen Weg in der Wüste umherziehen. Dann aber, wenn sie in der Wüste umherzuziehen haben, kann Er sie nicht allein lassen. Er muss mit ihnen ziehen und sie auf dem ganzen Wege durch seine Wolke und Feuersäule leiten. Seine Gnade überströmt die Sünde. – Wir bemerken aber auch noch dieses: Kaleb und Josua müssen ebenfalls diesen langen Weg mitmachen. Sie hatten mit dem Volk an ihrem Bösen kein Teil gehabt; aber in Betreff der Mühen und der Versuchungen des Weges, welche der Unglaube der Anderen verursacht hatte, sind sie verpflichtet, mit dem Volk zu gehen, und ihr Teil davon zu tragen. Dies ist es auch, was wir zu tun haben. Wenn die Kirche oder Versammlung gefehlt hat, so müssen unsere Herzen an ihren Leiden mit teilnehmen, wenn wir auch an ihren Sünden nicht teilgenommen haben. Die Teilnahme des Kaleb und Josua zeigte die Übung der Gnade, der Geduld und der Liebe. Es war gesegnet für sie; denn Gott war treu, indem Er sie bewahrte, während der Rest in der Wüste fiel. Kaleb ist am Ende der vierzig Jahre fähig zu sagen, dass er zum Streit so stark sei, wie im Anfang, „auszuziehen und einzuziehen“ (Jos 14). Diese Gläubigen, obgleich sie das Bewusstsein hatten, dass Gott mit ihnen war, waren verpflichtet, die Ungläubigen auf ihrem kummervollen Weg zu begleiten – eine Lage, worin diese sich selbst gebracht hatten.

Dies ist auch unsere Stellung. Wir haben immer in dem Geist der Liebe, der Geduld und der Demut den Platz derer einzunehmen, welche gesündigt haben. Dasselbe finden wir bei Daniel. Obgleich er persönlich gerecht war, so bekannte er doch die Sünden seines Volkes als seine eigenen „Ach Herr! … wir haben gesündigt, haben Unrecht getan, sind gottlos und abtrünnig geworden … uns ziemt die Beschämung usw“ (Dan 9). Die Sünde und das Böse derer, welche gesündigt hatten, wurde durch den Überrest bekannt, welcher, obgleich kein Mitgenosse der Sünde, dennoch Mitgenosse der Folgen der Sünde sein musste, indem er mit wahrer Sympathie und Gemeinschaft in all den Trübsalen mit Teil zu nehmen hatte. – Woher kommt es, dass das Gefühl, den Herrn auf unserem Weg zu bedürfen, verschwindet? Dadurch, dass die Seele nicht von den Segnungen des verheißenen Landes Gebrauch macht, und ihre Neigungen damit beschäftigt. – Das, was wir zu suchen haben, ist, dass unsere Seelen „überströmend sein mögen in Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“ Der Heilige Geist, welcher in uns wohnt, verwirklicht diese „bessern Dinge“ in unseren Herzen, und offenbart uns, dass es des Herrn Land ist, – das Land, welches Er uns gegeben hat, und in welches Er uns hineinbringt. Wenn wir fähig sind, zu sagen: „Dies ist die Frucht des Landes, welches der Herr uns gegeben hat;“ wenn die Neigungen unserer Herzen in dem Land weilen, so ist alle Stärke der Sohn Enaks nichts. Ja, alles ist nichts, wie groß auch die Versuchungen und Schwierigkeiten sein mögen, welche uns auf dem Weg begegnen, und welche uns verhindern wollen, in das Land einzugehen. Aber in dem Augenblick, wo wir das Bewusstsein von dem verlieren, was unser ist, wo wir vergessen, dass der Herr uns das Land gegeben hat, beschäftigen die Schwierigkeiten und Versuchungen unsere Herzen, und sie werden zu groß für uns; wir sinken unter ihrer Macht zusammen. Dies ist das Ergebnis von dem Abwenden unseres Blickes von dem, was uns in Hoffnung gehört; wir sind uns alsdann nicht mehr bewusst, dass des Herrn Kraft mit uns ist.

Wenn ich in den Umständen verweile, so bin ich fähig, den Herrn zu tadeln, dass er mich dahin gebracht hat. Nie denkt jemand wirklich an die unaussprechliche Segnung, mit Jesu in der Herrlichkeit zu sein, und dem Herrn dort gleich zu sein, nie ruht jemand dort wirklich im Geist, es sei denn, dass er sich auch bewusst sei, dass des Herrn Kraft ihn dort hinbringt; und dann ist alles auf dem Weg ein bloßer Umstand.

Was ich euch, meine Brüder, und mir selbst wünsche ist, dass nie von uns gesagt werden könnte, das wir „das köstliche Land verschmähten.“ Lasst uns aber auch nicht leugnen, dass wir es verschmähen oder wenigstens geringschätzen, wenn wir nicht oft an dasselbe denken. Wenn wir nicht an Jesus denken, wo Er ist, und dass wir mit ihm dort sein werden, so „verschmähen wir das köstliche Land.“ Möchten wir „die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung bis ans Ende standhaft festhalten!“ Wir dürfen wohl voraussetzen, dass die heilige Schrift dem neuen Menschen die Einzelheiten der Herrlichkeit, welche uns gehört, mitteilt; doch sie sind nur dem Glauben einzeln bekannt. Wir erfreuen uns darin und verstehen sie auch nur insoweit, als wir gegenwärtig in Gemeinschaft mit dem Herrn sind. Das Gedächtnis nützt nichts. Es ist keine Möglichkeit, das Gedächtnis in Betreff des Gegenstandes der Hoffnung zu üben; wir müssen mit dem Geist erfüllt sein. Derjenige, welcher unsere Freude völlig machen will, ist Christus selbst, welcher alle Dinge erfüllt. Wir finden einen Schatz von Einzelheiten in Betreff der Herrlichkeit, wenn wir durch die Kraft des Heiligen Geistes wissen, was Christus für uns ist – der verherrlichte Christus. Der arme Räuber am Kreuz, gelehrt durch den Heiligen Geist, konnte das ganze Leben Christi, den er nie zuvor gekannt hatte, darstellen, als wäre er sein vertrautester Freund gewesen; denn er sagte: „dieser Mensch hat nichts Unrechtes getan;“ ebenso ist es mit der Seele, welche, gelehrt durch den Heiligen Geist, Jesus als einzigen Gegenstand ihrer Neigungen hat. Denn also wird das Herz mit der Hoffnung der Herrlichkeit beschäftigt sein, und jeder Einzelne ist fähig zu sagen: „Ich weiß, an wen ich geglaubt habe, und bin überzeugt, dass Er das, was ich Ihm anvertraut habe, bis auf jenen Tag zu verwahren vermag.“ alle Umstände, welche uns begegnen, begegnen uns nur auf „dem Weg.“ Anstatt aber die Gedanken hienieden in den Umständen zu haben, und Gott in dieselben herabzuziehen, lasst uns vielmehr völlig in der Herrlichkeit ruhen. Dies setzt uns an unsere „höheren Örter“; anders aber würde das Gefühl im Herzen sein: „Warum hat uns der Herr in dies Land gebracht, um durch das Schwert zu fallen?“ Es ist die Freude des Heiligen Geistes, von den Dingen „Christi zu nehmen und uns zu offenbaren“ (Joh 16,13–15).

Der Herr gebe, dass die Fülle Jesu sich in uns verwirkliche, dass unsere Seele in dem lieblichen Wohlgeruch der göttlichen Freude in Ihm ruhe, dass wir durch den Glauben in dem verheißenen Land wohnen, und unsere Hoffnung wie auch das, was der Grund unserer Hoffnung ist, erkennen. Und lasst uns immer daran denken, geliebte Brüder, dass es nicht durch irgend eine Wirkung des Gedächtnisses, sondern durch die Kraft der Gemeinschaft in dem Heiligen Geist ist, dass wir das gegenwärtige Bewusstsein und die Freude jener Dinge haben können, „welche Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben“ (Übersetzt).

Fußnoten

  • 1 Wird die Aussicht auf diese Herrlichkeit verdunkelt, so werden wir gleichgültig und sogar weltlich. Scheint sie dagegen hell in unsere Herzen, so bedürfen wir nur des Mannas, des Wassers und der Geduld für die Wüste – das Verlangen nach Ruhe, verbunden mit der Unterwerfung unter den Willen Gottes in dieser Beziehung. Aber wenn unsere Seelen wirklich in der Herrlichkeit wohnen, und von den Trauben von Eskol gesättigt worden sind, so werden wir tot sein gegen alles, außer dem Geschmack der Herrlichkeit und der Hoffnung. Was himmlisch ist, dass ist uns wirklich himmlisch, weil unsere Neigungen es auch sind. Wir betrachten dann die Herrlichkeit des Herrn, und dies ist der Ort, auf welchen Gott fortwährend seine Augen gerichtet hält, – das Land, was man nicht mit Händen bewässert, sondern das vom Tau des Himmels benetzt wird, der feste Wohnsitz des Reiches des Vaters. Der heiligen Geist, indem Er Gott in unseren Herzen offenbart, (denn Er ist Gott) lässt uns in der Fülle Gottes wohnen – eine Höhe, von wo aus wir das Erbe, unsere Gemeinschaft mit Christus, und die Herrlichkeit darin schätzen. Wir wohnen daselbst in dem süßen Wohlgeruch der göttlichen Wonne in Jesu, welcher alle Dinge erfüllt, und es in der Tat tun wird; und welcher uns jetzt durch den Geist offenbart wird (Wirk. des Geistes Gottes. II. Teil).
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