1 Timotheus 2 - eine Vers-für-Vers-Auslegung
Vers 5
„Denn Gott ist einer, und einer Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus, ...“ (Vers 5)
Gott ist einer
Die folgenden Verse zeigen den Heilsweg Gottes auf. Es gibt nur einen Gott, der diesen Heilsplan gefasst hat. Es gibt nur einen Mittler, der als „Schiedsmann“ zwischen Gott und Menschen steht. Es gibt nur eine Grundlage, auf der Gott retten kann. Es gibt nur einen Weg, den der Mensch gehen muss. In diesem Sinn ist der christliche Glaube sehr absolut. Wenn Gott einer ist, dann kann er allein festlegen, welchen Weg Menschen gehen müssen, um zu diesem Gott zu kommen. Gott überlässt das nicht uns.
Die erste Aussage lautet, dass Gott einer ist. Wir erkennen darin die Einzigartigkeit Gottes. Allerdings ist diese Tatsache an sich weder neu, noch typisch christlich. Schon das Alte Testament macht das deutlich. In 5. Mose 6,4 lässt Gott seinem irdischen Volk sagen: „Höre Israel: Der HERR, unser Gott, ist ein einziger HERR.“ Später sagt Gott durch den Propheten Jesaja: „Gedenkt des Anfänglichen von der Urzeit her, dass ich Gott bin, und sonst ist keiner, dass ich Gott bin und gar keiner wie ich“ (Jes 46,9). Im Neuen Testament wird diese Tatsache bestätigt. Jakobus schreibt: „Du glaubst, dass Gott einer ist, du tust wohl“ (Jak 2,19).
Christen verehren nicht - wie andere Religionen uns manchmal vorhalten - drei Götter, sondern einen Gott. Gott ist einer, aber er „besteht“ in den drei Personen der Gottheit, d.h. Gott, der Vater, Gott, der Sohn und Gott, der Heilige Geist. Diese Wahrheit ist allerdings typisch christlich. Sie war im Alten Testament nicht offenbart, höchstens - z.B. im Schöpfungsbericht - schemenhaft angedeutet. Wirklich sichtbar wurde sie erst, als der Sohn auf die Erde kam und Gott Mensch wurde. Erst als das Wort Fleisch wurde und seine Herrlichkeit gesehen werden konnte, hat Gott sich völlig offenbart. Bei der Menschwerdung des Herrn Jesus, zu Beginn seines öffentlichen Dienstes, in seinem Erlösungswerk am Kreuz, in der Rettung verlorener Sünder und jetzt in der Versammlung wird diese große Wahrheit, dass der eine Gott sich in drei Personen offenbart, deutlich dokumentiert. Anders war das nicht möglich. Es gibt nur einen Gott, der rettet, und alle drei „Personen“ der Gottheit sind in dem Heilsplan, Menschen zu retten, eins. Es war der Ratschluss des Vaters, den der Sohn in der Kraft des Heiligen Geistes ausgeführt hat.
Die Einzigartigkeit Gottes steht hier der einen Menschheit gegenüber. Ähnliches finden wir in Römer 3,29. Dort schreibt Paulus: „Oder ist Gott der Gott der Juden allein? Nicht auch der Nationen?“. Wenn Gott einer ist - und das ist er - dann gilt das Heil auch allen Menschen. Es kann nicht auf die Juden beschränkt sein, sondern geht aus zu allen Menschen. Dieser eine Gott ist ein Heiland-Gott, der will, dass alle Menschen errettet werden.
Ein Mittler zwischen Gott und Menschen
Die zweite Aussage lautet, dass es nur einen Mittler zwischen Gott und Menschen gibt. Sie zeigt uns die Einzigartigkeit des Mittlers. Eine solche Aussage suchen wir im Alten Testament vergeblich. Wir kennen wohl den Wunsch von Hiob, dass er einen „Schiedsmann“ suchte, der seine Hand auf Gott und auf ihn legte (Hiob 9,33; 16,21), aber eine Antwort darauf finden wir erst im Neuen Testament. Der eine Mittler ist der Mensch Christus Jesus. Das ist ebenfalls eine typisch christliche Wahrheit.
Der Herr Jesus ist der von Gott vorgesehene „Mittler“. Das lässt uns in der Tat an den „Schiedsmann“ denken, nach dem Hiob vergeblich suchte. Allerdings geht es dabei nicht darum, dass Gott und Mensch sich in der Person des Herrn Jesus „auf der Mitte“ treffen. Der menschliche Gedanke an einen „Kompromiss“ scheidet hier völlig aus. Gott hatte gerechte Ansprüche und diese Ansprüche sind in dem Werk des Herrn Jesus zu 100% erfüllt worden. Den Herrn Jesus hat das sein Leben gekostet.
Die „Herrlichkeit“ des Herrn Jesus als „Mittler“ ist eine andere als die des „Sachwalters“ oder des „Hohenpriesters“. Johannes spricht von ihm als dem Sachwalter (1. Joh 2,1). Der Schreiber des Hebräerbriefes spricht mehrfach von dem Hohenpriester (z.B. Heb 3,1; 4,1; 8,1). Hier wird der Herr Jesus als der eine Mittler vorgestellt. Wir müssen lernen, diese Ausdrücke und was damit in Verbindung steht, zu unterscheiden. Die Sachwalterschaft und das Hohepriestertum des Herrn Jesus geschehen von unten nach oben. Er ist unser Sachwalter bei dem Vater, wenn wir als Kinder Gottes gesündigt haben. Er ist unser Hohepriester vor Gott, wenn es um unsere Schwachheiten geht. Als Mittler hingegen kommt er von Gott zu uns. Das ist ein zu beachtender Unterschied. Das Mittlertum geschieht nicht von uns aus, um zu Gott zu kommen. Wir konnten - und wollten - von uns aus keinen einzigen Schritt zu Gott machen. Deshalb kam er in der Person seines Sohnes zu uns. „Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen“ (Tit 2,11). Das geschah in der Person des einen Mittlers. So wie er als Heiland (Retter) der „Heiland der Welt“ (Joh 4,42; 1. Joh 4,14) ist, so ist er als Mittler der Mittler zwischen Gott und uns, „den Menschen“. Jedem Menschen ist die Möglichkeit gegeben, diesen Mittler für sich in Anspruch zu nehmen. Keiner ist ausgenommen. Weil wir Menschen nicht zu ihm kommen konnten, kam er zu uns. Weil die Kluft zwischen dem Sünder und Gott von uns aus unüberbrückbar war, hat Gott sie von seiner Seite aus überbrückt. Gott offenbart sich durch die eine Person, die dazu geeignet war. Verstehen können wir das nicht.
Was in diesem Vers vor uns kommt, ist das Evangelium der Gnade. Es spricht davon, dass Gott sich zu uns herabgeneigt hat und Mensch geworden ist. Gott war in Christus, „die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2. Kor 5,19). Genau diese Gesinnung soll uns im Gebet für alle Menschen kennzeichnen. Es ist die Gesinnung eines Heiland Gottes, der alle Menschen retten möchte.
Der Mensch Christus Jesus
Der Mittler musste ein Mensch sein. Das war der einzige Weg. Man kann den Ausdruck „der Mensch Christus Jesus“ auch übersetzten: „… der selbst Mensch ist“. Und es musste ein sündloser Mensch sein, denn er musste die Sünden anderer tragen. Nur ein sündloser Mensch konnte den Lohn der Sünde auf sich nehmen. So hat der Herr Jesus als Mittler von Gott an uns Menschen einerseits dem Wesen Gottes und andererseits den Bedürfnissen von uns Menschen voll und ganz entsprochen. Er wusste um die Ansprüche Gottes, der heilig und gerecht ist, weil er selbst Gott ist. Nur er konnte diese Ansprüche befriedigen. Er wusste gleichzeitig, was wir Menschen nötig hatten und darauf hat er ebenfalls eine vollkommene Antwort gegeben.
So wie Gott „einer“ ist gibt es ebenfalls nur „einen Mittler“. Es greift die Ehre Gottes an, wenn man andere „Mittler“ zwischen Gott und Menschen stellen will. Nicht Maria, nicht Engel und nicht sogenannte „Heilige“ könnten diese Aufgabe übernehmen. Es gibt nur einen Mittler und das ist unser Herr und Heiland. In Apostelgeschichte 4,12 lesen wir: „Es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen“. Es gibt nur einen Weg zu Gott.
Die Bibel nennt wohl Mose einen „Mittler“ (Gal 3,19), als es darum ging, dass das Gesetz, angeordnet durch Engel, mit Hilfe eines Mittelsmanns dem Volk Israel gegeben wurde. Ansonsten bleibt dieser Titel dem Herrn Jesus vorbehalten. Außer an unserer Stelle spricht der Hebräerbrief mehr von ihm als dem Mittler des neuen und besseren Bundes (Heb 8,6; 9,15; 12,24).
Es ist uns Menschen unmöglich, Gott in seiner Absolutheit zu sehen. Er bewohnt ein unzugängliches Licht. Aber durch den Mittler sehen wir ihn. Gott sagte zu Moses: „Nicht kann ein Mensch mich sehen und leben“ (2. Mo 33,20). Das gilt heute so wie damals. In der Person des Mittlers hat Gott dennoch einen Weg gefunden. In diesem Sinn bleibt der Herr Jesus Mittler. Er „war“ es nicht nur, sondern er „ist“ es. Er ist nicht nur bei der Bekehrung eines Menschen der Mittler, sondern darüber hinaus. Wir kennen ihn heute im Himmel als verherrlichten Mensch. Trotzdem hat er nie die Erfahrungen als Mensch auf der Erde vergessen. Das kennzeichnet sein Mittlertum bis heute. Er hat sich so tief erniedrigt. Deshalb ist er heute noch zugänglich für uns. Es gibt keine Not, die er nicht kennt. Niemand ist uns so nah, wie unser Herr. Als Mittler offenbart er uns die Gedanken und das Herz Gottes. Aber mehr noch. Er bleibt in alle Ewigkeit unser Mittler. So wie er ewig Mensch ist, ist er ewig Mittler. Nur durch ihn und in ihm können wir in der Ewigkeit nach der Zeit etwas von der Herrlichkeit Gottes sehen. In diesem Sinn bleibt er für immer unser Zugang zu Gott. Sein Dienst als Sachwalter und Hohenpriester wird einmal zu Ende kommen. Im Himmel brauchen wir keinen Sachwalter und keinen Hohenpriester mehr, weil es dann keine Sünden und keine Schwachheiten mehr gibt. Den Mittler aber brauchen wir in alle Ewigkeit.