Auslegung über die Briefe an die Thessalonicher
1. Thessalonicher 1
Die Früchte des Evangeliums
In dem Gleichnis vom Sämann (Mk 4,20) belehrt der Herr Jesus die Jünger, dass da, wo der gute Samen auf guten Boden fällt, Frucht hervorkommen würde. In dem ersten Kapitel dieses Briefes werden einige dieser Früchte vorgestellt, wie sie in den veränderten Leben der jungen Gläubigen zu finden waren. Um den Brief richtig zu verstehen, müssen wir uns in Erinnerung rufen, dass das Evangelium so wie in Apostelgeschichte 17,1-3 berichtet, den Thessalonichern verkündigt worden war. Daraus können wir entnehmen, dass der Apostel Paulus während seines Besuchs in Thessalonich sowohl Juden als Nationen predigte:
- Er stellt ihnen nicht nur einfach Lehre, sondern Jesus, eine lebendige Person (den Retter) vor.
- Er verkündigt, dass diese Person (Jesus) gestorben und wieder auferstanden ist.
- Er predigt nicht nur die Tatsachen von Tod und Auferstehung, sondern auch die Notwendigkeit dieser großen Tatsachen: Christus „musste leiden, und von den Toten auferstehen“.
- Er stützt sich auf die Schrift als die einzige und ausreichende völlige Autorität. Als Ergebnis seiner Predigt glauben „einige“ der Juden und „eine große Volksmenge“ der Nationen.
Darüber hinaus bewiesen sie die Wahrhaftigkeit ihres Glaubens, indem sie sich öffentlich mit den Dienern des Herrn identifizierten, denn wir lesen, dass sie mit Paulus und Silas gewesen waren. Sie behielten ihren Glauben nicht für sich selbst und unternahmen keinen Versuch, Erprobungen zu entfliehen, indem sie z. B. als Jünger verborgen blieben! Sie vertrauten auf Jesus und bekannten kühn ihren Glauben.
Die Folge war, dass sie schnell mit Verfolgung konfrontiert wurden. Die Juden, die nicht glaubten, waren eifersüchtig und brachten die ganze Stadt in Aufruhr. Eifersucht und Neid waren schon der Beweggrund des ersten Mörders: Kain tötete seinen Bruder. Und der Neid war die Triebfeder der größten Mörder, als die Juden ihren Messias kreuzigten. Pilatus wusste, dass sie Ihn aus Neid überliefert hatten. Wenn Neid dazu führt, dass ein Mord begangen wird, dann können wir gut verstehen, dass der Neid die hochstehenden Juden dazu veranlasst, grobe Menschen gegen die Gläubigen zu benutzen und anzustacheln.
Wir lernen hier also den Charakter des ausgestreuten Samens kennen, die Früchte, die hervorgebracht werden, und die Widerstände, die dann entstehen. Der Apostel schreibt seinen Brief, um diese Jungbekehrten in ihren Verfolgungen zu ermuntern. Er freut sich darüber, sich mit den wunderbaren Früchten beschäftigen zu können, die das Evangelium in ihnen hervorgebracht hat.
„Paulus und Silvanus und Timotheus der Versammlung der Thessalonicher in Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus Christus: Gnade euch und Friede!“ (1,1).
Der Apostel verbindet sich mit solchen, die mit ihm gearbeitet hatten. In seinem Gruß sieht er die Gläubigen in Beziehung zu ihrem Gott, dem Vater und zu Jesus Christus, ihrem Herrn, und nicht so sehr als Glieder des Leibes, dessen Haupt Christus ist.
„Wir danken Gott allezeit für euch alle, indem wir euch erwähnen in unseren Gebeten, unablässig gedenkend eures Werkes des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus, vor unserem Gott und Vater, wissend, von Gott geliebte Brüder, eure Auserwählung“ (1,2-4).
Er ermuntert sie, indem er ihnen versichert, dass er Gott stets für sie dankt und sie in seinen Gebeten erwähnt. Darüber hinaus erkennt er die Früchte des Heiligen Geistes in ihnen. Der Apostel widmet seine Aufmerksamkeit diesen schönen christlichen Eigenschaften nicht, um ihnen zu schmeicheln, sondern weil er glücklich ist, in ihnen einen Beweis des Werkes Gottes zu erkennen. Er erwähnt ihre Arbeit, ihren Dienst und ihr Ausharren, auch wenn das allein noch keine Kennzeichen einer wahren Bekehrung sind. Die Menschen der Welt sind oft gekennzeichnet durch wohltätige Werke, große Bemühungen und besondere Ausdauer im Ausüben ihrer Tätigkeiten. Aber hier, im Fall der Thessalonicher, kann der Apostel noch weitere christliche Kennzeichen hinzufügen, indem er von dem „Werk des Glaubens“, der „Bemühung der Liebe“ und „dem Ausharren der Hoffnung“ spricht. Das sind die drei Kennzeichen des christlichen Lebens, die die Seele in Gemeinschaft mit der göttlichen Person bringt und somit Kennzeichen einer wirklich bekehrten Seele sind.
Als ein Beweis dieser Tatsache können wir den Hebräerbrief aufschlagen, der ebenfalls auf diese drei Kennzeichen hinweist. In Kapitel 6 wird sehr ernst über solche gesprochen, die ein Bekenntnis zu Christus abgelegt haben, jedoch später abfielen. Im Gegensatz dazu wird von Christen gesprochen, die von besseren Dingen der Errettung überzeugt sind. Anschließend werden diese Dinge aufgeführt: die Werke und die Liebe (Heb 6,10), die volle Gewissheit der Hoffnung (V. 11), der Glaube und das Ausharren derer, die die Verheißung ererben (V. 12).
Bei den Thessalonichern waren diese drei Kennzeichen, die auch in dem Herrn Jesus Christus zu finden sind, vorhanden. Glaube, Hoffnung und Liebe benötigen eine Ausrichtung, ein Objekt, und das ist in dem christlichen Glauben eine lebendige Person, der Herr Jesus Christus selbst. Jede Tätigkeit im christlichen Leben ist ein Ergebnis des tätigen Glaubens, der all seine Kraft, Weisheit und die erforderliche Gnade von dem Einen empfängt, der unsichtbar, d. h. nur für den Glauben zugänglich ist. Wahre christliche Bemühung entspringt aus der Liebe für unseren Herrn Jesus und wird nicht durch eine Pflichterfüllung ausgeführt. Ausharren bedeutet nicht, gegenüber Dingen zu resignieren, die man nicht ändern kann, sondern wird genährt durch Hoffnung, die auf den Herrn Jesus wartet.
Darüber hinaus wird ein Leben in Liebe, Glauben und Hoffnung vor den Augen unseres Gottes und Vaters geführt. Es ist ein Leben, das in heiliger Ehrfurcht vor Gott gelebt wird und nicht vor den Augen der Menschen, um einen religiösen Platz einzunehmen, oder vor den Augen der Gläubigen, um einen Platz der Anerkennung einzunehmen. Diese jungen Gläubigen waren ein Vorbild für alle, die geglaubt haben und ihr Glaube zu Gott ist „an jedem Ort ausgebreitet worden“. Ihr Zeugnis vor den Menschen war ein Ergebnis ihres Lebens vor Gott. Sie lebten und wandelten ernstlich „vor unserem Gott und Vater“.
„Wir mögen uns ehrgeizig für einen Namen einsetzen. Aber für Gott hängen die Kraft und Fruchtbarkeit unserer Werke direkt mit dem in Verbindung, was wir von Ihm empfangen haben. Wenn eine Seele diesen Zustand nicht erreicht, dann bleibt sie auf einem kümmerlichen Boden der Religiosität stehen, deren Werke vor Gott keinen Bestand haben“ (JND)1.
Nun, die Tatsache, dass ein Werk Gottes in ihnen gewirkt hatte, überzeugte den Apostel davon, dass sie Geliebte Gottes waren und die Auserwählten seiner Gnade. Die Gnade ist uns in all unserer Verantwortlichkeit begegnet. Darüber hinaus sind die Gläubigen durch die souveräne Gnade Gottes vor Grundlegung der Welt erwählt worden, um die Errettung mit ewiger Herrlichkeit zu ererben (2. Tim 2,10). Wenn wir zu ewiger Herrlichkeit auserwählt sind, sind wir durch den Heiligen Geist von dieser Welt weggenommen. Keine Stellung oder Anerkennung, die diese Welt bietet, kann mit der ewigen Herrlichkeit verglichen werden.
„Denn unser Evangelium war nicht bei euch im Wort allein, sondern auch in Kraft und im Heiligen Geist und in großer Gewissheit, wie ihr wisst, was wir unter euch waren um euretwillen“ (1,5).
Diese wunderbaren Früchte wurden in ihnen gewirkt, nicht „im Wort allein, sondern auch in Kraft“ durch die Predigt des Heiligen Geistes (1,5). Es kann sein, dass das Evangelium oft in Wahrheit verkündigt wird, dass es aber „nur im Wort allein“ geschieht. Die Kraft und das Werk des Heiligen Geistes fehlen. Nun, was gibt der Predigt Kraft, und was lässt den Heiligen Geist in Freiheit in dem Leben des Predigenden wirken? Der Apostel konnte sagen: „Ihr wisst, was wir unter euch waren um euretwillen“. Sein Leben bestätigte seine Predigt und wurde Teil des Zeugnisses, das über seine Lippen kam.
„Und ihr seid unsere Nachahmer geworden und die des Herrn, indem ihr das Wort aufgenommen habt in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes, so dass ihr allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden seid. Denn von euch aus ist das Wort des Herrn erschollen, nicht allein in Mazedonien und in Achaja, sondern an jedem Ort ist euer Glaube an Gott ausgebreitet worden, so dass wir nicht nötig haben, etwas zu sagen“ (1,6-8).
Das Ergebnis dieses kraftvollen Zeugnisses wurde durch zwei Tatsachen bewiesen:
- Solche, die das Evangelium annahmen, gelangten nicht nur zu den Segnungen der Errettung, sondern wurden Nachahmer des Apostels und somit auch zu Nachahmern des Herrn Jesus selbst. So gesegnet, zeugten sie von dem, der sie gerettet hatte.
- Ihr kraftvolles Zeugnis rief den Hass derer hervor, die das Evangelium ablehnten. Das erkennt man an der Verfolgung, die die Gläubigen anschließend erfuhren.
Wir sehen also, wie diese Gläubigen durch die Freude des Heiligen Geistes gestützt wurden (1,6), denn der Teufel mag in die Lage versetzt werden, Verfolgung hervorzurufen, doch bleibt es wahr, dass die Kraft des Geistes größer ist als die des Feindes. Stephanus, voll Heiligen Geistes, wurde in besonderer Weise während seiner Märtyrerleiden gestützt. Der Märtyrer, dessen Leiden nur Lobpreis für den Herrn hervorriefen, zeichnet ein hervorragendes Bild eines besonderen Zeugnisses der Kraft Gottes vor der Welt!
„Denn sie selbst berichten von uns, welchen Eingang wir bei euch hatten und wie ihr euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn“ (1,9.10).
Die Freude dieser jungen verfolgten Gläubigen wird ein Beispiel für alle Gläubigen und ein Zeugnis für die sie umgebende Welt. Ihr Zeugnis trägt einen dreifachen Charakter:
- Das Wort des Herrn erschallte in der ganzen Umgegend.
- Ihr verändertes Leben bewieß die Echtheit ihrer Bekehrung und war ein Beweis der Wahrhaftigkeit ihrer Predigt, denn sie gaben ihre götzendienerischen Praktiken auf und wendeten sich zu dem lebendigen und wahren Gott. Die Schrift meint mit Götzen nicht nur die Götzenbilder der Heiden, sondern alles, was sich zwischen die Seele und Gott stellt und warnt uns im 1. Johannesbrief: „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1. Joh 5,21). Wie oft wird das Leben und der Dienst des Gläubigen durch irdische Interessen und Tätigkeiten gehindert, die in sich selbst harmlos sind, sich aber dennoch zwischen die Seele und Gott stellen.
- Sie wandten sich von der Welt und dem was sie bietet weg, um den Sohn Gottes aus dem Himmel zu erwarten. Alle ihre Erwartungen hatten Ihren Ursprung in Ihm. Als Bekehrte war es nicht ihr Bestreben, die Welt besser und schöner zu gestalten. Sie hatten mit dem Bösen gebrochen, wurden in die Segnungen eingeführt und warteten still auf den Sohn Gottes vom Himmel. Sie taten das in Frieden und Ruhe und wussten, dass der Herr Jesus sie von dem Zorn durch seinen Tod befreit hatte. Außerdem erkannten sie, dass Gott in dem Werk Christi seine Genugtuung gefunden hat und dass die Rechtfertigung des Sünders von den Sünden und dem Gericht auf der Auferstehung Christi aus den Toten ruht.
Fußnoten