Botschafter des Heils in Christo 1857
Der gegenwärtige und der zukünftige Zeitlauf - Teil 6/9
§ 3. – Der Antichrist und seine hauptsächlichsten Kennzeichen
Dieser Stellvertreter Satans ist im Gegensatz „zu dem Born des Heils, welches Gott in Israel in dem Haus Davids, seines Knechts, aufgerichtet hatte,“ (Lk 1,69) das kleine von Daniel gesehene Horn, (Dan 7,8.24–26) welches zwischen den zehn Hörnern hervorkommt, vor welchem drei von den vorigen Hörnern ausgerissen werden, und welches Augen hat wie Menschenaugen und ein Maul, das große Dinge redet.
Es ist auch das von denselben Propheten gesehene kleine Horn in Kapitel 8,9–14.23–25. Und im Gegensatz zu Jesu, „dem sanftmütigen König,“ ist er „der freche und tückische König, der mächtig sein wird, doch nicht durch seine Macht; der wunderliches Verderben anrichten wird; und es wird ihm gelingen, dass er es ausrichte, und er wird die Starken samt dem heiligen Volk verstören; und durch seine Klugheit wird ihm der Betrug geraten, und er wird sich in seinem Herzen erheben, und durch Sicherheit (oder unversehens) wird er viele verderben und wird sich auflehnen wider den Fürsten aller Fürsten; aber er wird ohne Hand zerbrochen werden.“
Er ist im Gegensatz zu „Christus, dem Fürsten“ – „der Fürst, der kommen wird“ (Dan 9,26).
Er ist im Gegensatz zu Jesus, dessen Speise es war, den Willen seines Vaters zu tun (Joh 5,30; 6,33) – „der König, welcher tun wird, was er will, und sich erhebt, und sich auflehnt wider alles, was Gott ist, und der wider Gott wunderliche Dinge reden wird, und es wird ihm gelingen bis der Zorn vorüber ist“ (Dan 11,31–45).
Ist er nicht auch im Gegensatz zu dem König von Zion – dieser König von Babel, welchen Israel höhnt, nachdem sein hartes Joch von ihm genommen ist? dieser „Morgenstern,“ (wir wissen, dass Jesus sich selbst diesen Titel gibt (Off 22,16)) der in seinem Herzen spricht: „Ich will in den Himmel steigen, und meinen Thron über die Sterne Gottes erhöhen; ich will mich setzen auf dem Berg der Zusammenkunft im äußersten Norden, und will auf der Wolken Höhen steigen, und gleich sein dem Allerhöchsten.“– (Jes 14) alle diese Züge haben eine eigentümliche Beziehung mit dem, was anderswo von dem Antichristen gesagt ist. Ebenso ist es auch wahr, dass besonders das, was Jesaja 13,19 vorangeht und das, was auf Kapitel 14,22 folgt, buchstäblich Babel und einen König von Assyrien anzudeuten scheint.
Der Antichrist ist im Gegensatz zum himmlischen Menschen, (1. Kor 15,47) und zu dem Gerechten in den Psalmen – „der Mensch von der Erde,“ (Ps 10,18) „der Tor, der Übeltäter, der in seinem Herzen spricht: Es ist kein Gott!“ (Ps 14,53) „der Feind, der Tyrann, der sich rühmt, Böses tun zu können“ (Ps 52).
Er ist dieses „Haupt,“ an welchem in den letzten Tagen des Zeitlaufs das Gericht des Herrn ausgeübt wird, (5. Mo 32,42–43; Ps 110,6) weil sich in ihm der Stolz des Menschen und seine Empörung gegen Gott in jenem erhabenen Augenblick konzentriert.
Im Gegensatz zu Jesus, dem Heiligen und Gerechten, der sich selbst erniedrigte und Knechtsgestalt annahm, (Phil 2,6–11) ist der Antichrist „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens … welcher widersteht und sich selbst über alles, was Gott heißt, oder ein Gegenstand der Verehrung ist, erhöht, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt, und sich selber darstellt, als sei er Gott … dieser Gesetzlose, welchen der Herr Jesus mit dem Hauch seines Mundes verzehren, und durch die Erscheinung seiner Ankunft vernichten wird“ (2. Thes 2,3–10; Jes 11,4).
Er ist derjenige, von welchem der Herr zu den Juden redete, als Er ihnen sagte: „Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf; wenn ein anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen“ (Joh 5,43).
Er ist endlich „der Antichrist, welcher den Vater und den Sohn leugnet“ (1. Joh 2,22; 4,2–3).
In der Offenbarung ist er nach einander dargestellt: als „ein Mund, der große Dinge und Lästerungen redet;“ als „das wilde Tier, das zwei Hörner hatte gleich einem Lamm, und redete wie ein Drache;“ als „ein achter König;“ und endlich als „der falsche Prophet“ (Off 13,5.11–18; 17,11; 19,19–20)
Wenn man sich wundert, dass dieselbe Persönlichkeit nach einander durch so viele verschiedene Bilder dargestellt ist, so möge man beachten, wie sehr diese Bilder im Grunde übereinstimmen, obgleich sie dem besonderen Gesichtspunkt eines jeden der heiligen Schreiber entsprechend sind. Daniel, welcher von den mit seinem Volk und mit seiner heiligen Stadt in Beziehung stehenden Nationen und Reichen weissagt, sieht in dem Antichristen den falschen Propheten, welcher, nachdem er die verirrten Kinder seines Volkes verführt hat, die Getreuen verfolgen wird, und zwar als der letzte König dieser Nationen, in deren Hände Jerusalem für einige Zeit überliefert worden ist.
Für die Versammlung, welche sich nicht mit den Nationen dieser Welt, noch mit ihren Revolutionen abgibt, sondern alles von dem geistlichen und himmlischen Gesichtspunkt aus betrachtet, ist dieser König „der Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens, der Antichrist.“
Die Offenbarung, welche in ihren Gesichten über die letzten Tage den Himmel und die Erde zusammenfasst, stellt uns den Antichristen als König, Prophet, und endlich als ein in gewisser Beziehung dem Lamm ähnliches Tier dar, welches aber wie der Drache redet. Auch bemerken wir, dass das kleine Horn des Daniel (Kap 7,8) Augen hat wie Menschenaugen, und einen Mund, der große Dinge redet. Dies alles bezeichnet sehr gut den Propheten, den man in Israel Seher nannte; (1. Sam 9,9) und der auch ein „Mund“ ist (2. Mo 4,16 vgl. mit 7,1). Dies wird auch von einer anderen Seite bestätigt, indem der falsche Prophet (Off 19,20) gerade dasselbe ausübt, was auch das Tier mit den zwei Hörnern tut (Kap 13). Der Antichrist kann ein achter König sein, sei es als achte Form der römischen Herrschaft, wovon sechs bis heute vorhanden gewesen sind, und die siebente, die Genossenschaft der zehn Könige, dann ihre Zeit vollendet haben wird, sei es, weil er neben und über den sieben Königen, dem Rest der zehn ist, welche durch zehn Hörner dargestellt sind, von denen er drei ausgerissen hat.
Wenn wir endlich das Endziel von diesem allem, wie es uns in Daniel und in der Offenbarung mitgeteilt wird, zusammen vergleichen, so haben wir in Daniel das Tier mit seinen sieben Hörnern, den Rest der zehn und das kleine Horn, nämlich das Tier oder das wieder erstandene römische Reich, die sieben Könige und den Antichristen. Diese werden getötet und ins Feuer geworfen. In der Offenbarung (Kap 19,19–20) haben wir das Tier, die Könige der Erde, und den falschen Propheten. Diese wurden in den Feuersee geworfen, welcher mit Schwefel brennt. Und die Übrigen wurden durch das Schwert dessen getötet, welcher auf dem Pferd saß.
Der fortschreitende und außerordentliche Wachstum dieser Persönlichkeit erklärt auch die Verschiedenheit der Bilder, unter welchen er dargestellt ist. Im Daniel haben wir zuerst nur ein kleines Horn, welches zwischen den zehn Hörnern hervorkommt; aber bald reißt es drei aus. Man sieht in ihm Augen wie Menschenaugen, und einen Mund, der große Dinge redet, und sein Ansehen ist größer, als das seiner Gefährten (Dan 7,8.20). In der Offenbarung ist zuerst dem Tier nur ein Mund gegeben; aber bald wird es selbst ein zweites Tier, welches alle Macht des ersten Tieres in seiner Gegenwart ausübt; ein Tier mit zwei Hörnern, denen des Lammes ähnlich, was ohne Zweifel die bürgerliche und religiöse Macht dieser Person darstellt, welche der große Staats– und Kriegsmann ist, und zugleich der verführerische Prophet, der große Wunder tut und die Bewohner der Erde verführt. Man hat schon mehr als einmal Ähnliches gesehen. Personen, gering und unbeachtet in ihrem Ursprung, erhoben sich nach und nach, wie das kleine Horn, in der Mitte der Zehn, und indem sie diejenigen, welche ihre Oberen waren, beherrschten, und durch ihre Redekunst, durch ihre bürgerliche Klugheit und ihre Kriegstalente, der Mund und der Arm der Nation wurden, welche sie hervorgebracht hatte, vereinigten sie endlich alle Macht, in ihrer Hand, und wurden selbst eine Macht.
Was den Ursprung dieser Persönlichkeit betrifft, so scheint er uns dadurch bezeichnet, dass dieselbe in Daniel 7,8 aus dem vierten Tier zur Zeit der zehn Könige, d. h. aus dem wiedererstanden römischen Reich, hervorkommt; und Kapitel 8,9 aus dem dritten Königreich. Dies erklärt sich durch die Annahme, dass diese Person aus einem Teil des Reiches Alexanders kommt, welcher mit dem römischen Reich vereinigt sein wird. Der Antichrist könnte nach diesem sogar ein Jude sein, wie einige, auf Grund von 1. Mose 49,17–18, in Verbindung mit der Abwesenheit Dans in Offenbarung 7, und nach Nahum 1,11, glaubt.
In jedem Fall wird er in Verbindung mit Judäa und den Juden treten, welche dann in ihrem Land im Unglauben gesammelt sein werden. Das kleine Horn (Dan 8,9) „wächst gegen Mittag, und gegen Morgen, und gegen das werte Land,“ d. i. Judäa (Hes 20,6). „Dem frechen und tückischen König,“ welchen dieses kleine Horn vorstellt, „wird es gelingen; er wird die Starken, samt dem heiligen Volk verstören. Durch seine Klugheit wird ihm der Betrug gelingen; und er wird sich in seinem Herzen erheben, und durch Sicherheit (oder unversehens) wird er viele verderben.“ Dies scheint anzudeuten, dass er durch seine Schmeicheleien viele aus den Kindern Israels verderben wird. Das sind die „Vielen, welchen er den Bund stärkt,“ oder „mit welchen er einen starken Bund macht,“ und zwar am Anfang der letzten Woche (Dan 9,27). Dies ist auch wahrscheinlich in Daniel 11,30.32 angezeigt: „Er wird auf die, welche den heiligen Bund verlassen haben, Acht geben … und den Bundbrüchigen wird er mit süßen Worten schmeicheln.“
So werden also die Kinder Juda, weil sie den nicht aufnahmen, welchen Gott ihnen in seiner Treue sandte, um sie zu segnen, indem Er einen jeglichen unter ihnen von seiner Ungerechtigkeit erlöste, preisgegeben den Verführungen und Verfolgungen dieses Ungeheuers der Ungerechtigkeit, dem es gelingen wird, bis der Grimm Gottes ein Ende genommen hat (Dan 11,36; Joh 5,43). Weil sie den guten „Hirten verwarfen, welcher kam, um das Verlorene zu suchen, das Verjagte zurückzubringen, das Verwundete zu verbinden, das Schwache zu stärken,“ werden sie für etliche Zeit in die Hände des Hirten fallen, „der das Verkommene nicht heimsucht, den Jungen nicht nachfragt, das Verwundete nicht heilt, das Stillstehende nicht versorgt, sondern das Fleisch der fetten Schafe frisst, und ihre Klauen abreißen wird“ (Hes 31,15–16; Sach 11,16).
Er wird aber nicht nur bei der Rolle eines Verführers stehen bleiben. Durch sein Gelingen stolz gemacht, wird er sich in seinem Herzen erheben, und „wird wider den Allerhöchsten reden,“ „wird wider den Gott aller Götter wunderliche Dinge reden“ (Dan 7,25; 11,36). Während der Herr Jesus nicht gekommen ist, das Gesetz und die Propheten aufzulösen, sondern sie durch eine gänzliche Unterwerfung unter den Willen Gottes zu erfüllen; (Mt 5,17) wird sein Gegner „sich unterstehen, Zeiten und Gesetz zu verändern,“ (Dan 7,25) d. h. das Gesetz und die Rechte Moses, welche dann in Israel in Kraft sein werden. Er wird insbesondere das tägliche Opfer abschaffen, (Dan 9,27; 11,31 usw.) welches dann durch die Juden wieder aufgerichtet sein wird, und vielleicht aufgerichtet unter dem Schutz des Antichristen selbst, als er ihnen noch schmeichelte. Dann wird er, indem er keinen Gott annimmt, und sich wider alles erhebt, an seinem Ort den Abgott der Gewalt ehren; (Dan 11,33.39) ohne Zweifel die Gewalt des Menschen, welche in dem Bild des vierten Reiches, dessen Haupt er selbst ist, personifiziert ist. Er ist das Bild des Tieres, welchem er eine lebendige Seele geben kann, das es redet, und welches man bei Todesstrafe anbeten muss (Off 13,13–15). Er ist „der Gräuel der Verwüstung an heiligem Ort,“ welchen Jesus seinen Jüngern ankündigte, und von welchem der Prophet Daniel zuvor gesprochen hatte (Mt 24,15). „Gräuel“ – so nannten die Juden die Götzen (1. Kön 11.5–8) – „der Verwüstung“ oder der Trostlosigkeit, weil alle, welche sich weigern, ihn anzubeten, getötet werden. Dies ist es, was der Welt zur Anbetung dargestellt wird! So will dieser freche Lästerer alles, was an Gott, an sein Gesetz und seinen Dienst erinnert, sowohl den Menschen im Allgemeinen, als auch Israel insbesondere, hinwegtun, um sich selbst als Gott darzustellen. Ja, dies ist „der Mensch, der Sünde, der Sohn des Verderbens; welcher widersteht, und sich selbst über alles, was Gott heißt, oder ein Gegenstand der Verehrung ist, erhöht, so dass er sich in den Tempel Gottes setzt, und sich selber, darstellt, als sei Gott“ (2. Thes 2,3–4).
Er ist im Keim und im Bild in Pharao, dem stolzen Feind Gottes und seines Volkes, welcher sagt: „Wer ist der Herr, dass ich seiner Stimme gehorche?“ Er ist der Nebukadnezar, der bei Todesstrafe gebietet, dass alle Völker und Sprachen vor dem goldenen Bild, welches er in der Landschaft Babylons hatte errichten lassen, niederfallen sollen (Dan 3). Er ist Darius, welcher verbot, dass jemand etwas begehre von irgend einem Gott oder einem Menschen, es sei denn von ihm (Dan 6). Er ist Alexander, genannt der Große, der sich als Sohn Jupiters ausgeben wollte, d. h. des großen Gottes des Himmels. Er ist das heidnische Rom, welches sich in den Symbolen seiner Macht, den Bildern seiner Kaiser, vor welchen man bei Todesstrafe Weihrauch anzünden musste, anbeten ließ. Denn Satan hat nie seinen Vorsatz aufgegeben, den Menschen dahin zu bringen, dass er sich an die Stelle Gottes setze, und sich also selbst anbete; und die Reiche der Nationen waren besonders der Schauplatz seiner Anstrengungen. Er ist, wenn man will, der Papst, der sich in seinem Bischofssitz anbeten lässt; er ist in allen falschen Lehrern, welche auf irgend eine Weise, Jesus Christus, den im Fleisch offenbarten Gott, verleugnet haben, oder Ihn einiger Strahlen seiner Herrlichkeit beraubten. Alle diese waren vom Geist des Antichristen beseelt, diesem Geist, welcher schon zur Zeit des Johannes in der Welt war; sie waren Antichristen, aber nicht der Antichrist (1. Joh 2,18; 4,3).
Dies waren nur Versuche, durch welche Satan von dem ein Vorspiel machte, was er in den letzten Tagen des Zeitlaufes, in dem letzten Haupt des vierten Reiches, erfüllen wird, wenn er offen den Vater und den Sohn leugnen, und keinen anderen Gott, als sich selbst, anerkennen wird.
Gewiss wird er dann durch die Wirkung des Satans kommen; denn Satan gibt ihm nicht nur seinen Thron, diese Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit, welche Jesus anzunehmen verweigerte, (Mt 4,8–10) sondern er gibt ihm auch seine Macht und große Gewalt, um große Zeichen zu tun, dass er sogar Feuer vom Himmel auf die Erde vor den Menschen herniederkommen macht (Off 13,2.13–15). „Er kommt,“ dieser Mensch der Sünde, „in aller Kraft und Zeichen und Wundern der Lüge“ (2. Thes 2,9). Es scheint selbst, dass er nicht der einzige Besitzer dieser teuflischen Macht sein wird, weil der Herr, als Er von diesem Augenblick spricht, sagt: „Es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen, und werden große Zeichen und Wunder tun, so dass sie, wenn möglich, selbst die Auserwählten verführen würden“ (Mt 34,24). Übrigens wird ihnen Gott (allen denen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben) „die Wirkung des Irrtums schicken, dass sie der Lüge glauben, auf dass alle, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen an der Ungerechtigkeit gefunden haben, gerichtet werden“ (2. Thes 2,10–12).
Ach! wie schrecklich sind diese Zeiten! Welch eine Zukunft für die Welt! Wenn schon heute, wo Gott die Seelen zum Glauben nötigt, um sie zu erretten, die Wahrheit für die Meisten so wenig Anziehendes, und der Irrtum so große Wirkung hat, was wird es dann erst sein?
Der Antichrist wird übrigens mit allen seinen Verführungen schreckliche Verfolgungen verbinden, und zwar gegen alle die, welche sich seinem Willen nicht unterwerfen, noch das Bild des Tieres anbeten wollen; denn „er wird die Heiligen des Allerhöchsten zerstören“ (Dan 7,25; 8,24). Es wird ihm gegeben, mit den Heiligen Krieg zu führen, und sie zu überwinden (Off 13,7–8). Er wird insbesondere diese beiden Zeugen töten (wahrscheinlich Mose und Elia, Lk 9,30–31; 2. Kön 1,10; 1. Kön 17,1; Jak 5,17; 2. Mo 7,17) welche weissagen, angetan mit Säcken, in dieser Stadt Gottes, welche dann nur noch Sodom und Ägypten ist (Off 11,3–12). Auch schreien die Getreuen in ihrer Angst zu Gott, und sagen: „Herr, warum stehst du von ferne? warum verbirgst du dich zur Zeit der Not? … Hilf Herr, denn die Heiligen haben abgenommen, und der Wahrhaftigen, der Getreuen sind wenig unter den Menschenkindern … Der Gottlose spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott … Sie verschlingen mein Volk, als verschlängen sie Brot … Wer wird dem Israel das Heil aus Zion geben!“ (Ps 7; 10; 11; 12; 13; 14; 52; 53 usw.) „Schaue vom Himmel herab,“ sagen sie, „schaue herab von der Wohnung, deines Heiligtums und deiner Herrlichkeit: Wo ist nun dein Eifer und deine Stärke, die Menge deiner Erbarmungen? Ach, dass du den Himmel zerrissest und herab stiegst!“ (Jes 63,15–64,1)
Aber es ist das ungestüme Wetter des Herrn, sein grimmiger Zorn, der ausgeht … „Der Zorn des Herrn wird sich nicht wenden, bis er die Ratschläge seines Herzens vollbracht und ausgerichtet hat“ (Jer 23,19–20). Dies sind „die Tage der Rache, damit alles was geschrieben steht, erfüllt werde“ (Lk 21,22–27). alle Völker sammeln sich zur Schlacht gegen Jerusalem, welches auch mit Donner und Erdbeben, mit Zeichen im Himmel und auf der Erde, mit Blut und Feuer heimgesucht wird (Jes 29,6; Mt 24,29). Die Stadt wird genommen, die Häuser geplündert, und der halbe Teil der Stadt wandert in die Gefangenschaft (Sach 14). Das Blut der Heiligen wird vergossen um Jerusalem her wie Wasser; ihre Leichname werden den Vögeln unter dem Himmel zu fressen gegeben, und ihr Fleisch den Tieren im Land (Ps 79,2–3).
Dies ist „die große Trübsal, dergleichen nicht gewesen ist, seit Volker gewesen sind, und wie sie nicht mehr werden wird“ (Jer 30,4–7; Dan 12,1; Mt 21,21)., Dies ist die Versuchung, welche über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die, welche auf Erden wohnen, zu versuchen, und vor welcher Stunde die Versammlung die Verheißung hat, bewahrt zu werden (Off 3,10). In der Tat ist, sie zu dieser Stunde bei ihrem Herrn, außer dem Bereich Satans und der Boshaftigen.
Die Verständigen unter den Heiligen auf der Erde werden sich jedoch, wenn sie den Gräuel an heiliger Statte stehen sehen, der Worte des Herrn erinnern, und in die Wüste fliehen (Mt 24,15–18; Jes 26,20–21). Von dort aus werden sie zu Gott schreien, wie ein Hirsch nach frischem Wasser schreit (Ps 42; 43; 44; 74). Sie sind das Weib, welchem ein Ort in der Wüste bereitet ist, auf dass es dort fern von dem Angesicht der Schlange 1260 Tage, oder zwei Zeiten, eine Zeit und eine halbe Zeit, ernährt werde; (Off 12,6.14) und dies ist gerade die Zeit der großen Macht des Antichristen (Dan 7,25). Sie stellen den mitten in den Wassern der Sintflut in der Arche bewahrten Noah dar, um die Welt wieder zu bevölkern, – so wie der vor dem Gericht entrückte Henoch, die Versammlung vorstellt.
Nun sind wir freilich sehr weit von dem System entfernt, welches aus dem Papst den Antichristen macht. Allein wenn man einmal diese große Grundlage verstanden hat, dass die Versammlung, mit allem, was sie betrifft, den Sehern des alten Volkes ein verborgenes Geheimnis war – wenn man gesehen hat, dass dieser durch die Gesamtheit der Weissagung gerechtfertigte Grundsatz ein Schlüssel wird, um mehrere Stellen, welche sonst unerklärlich wären, zu verstehen, wie könnte man dann noch an einem System festhalten, nach welchem, ganz in Widerspruch mit diesem Grundsatz, Daniel im kleinen Horn die ganze Geschichte des Papsttums gesehen hätte?
Wenn übrigens, wie wir gesehen haben, die zehn Könige, dargestellt durch die zehn Hörner, erst in dem vierten wiedererstandenen Reich erscheinen, so kann der durch das kleine Horn dargestellte König nicht der Papst sein, weil er erst nach ihnen aufsteht. „Die zehn Hörner sind zehn Könige, die aus diesem Reich aufstehen werden; und nach denselben wird ein anderer aufstehen“ (Dan 7,24). Er folgt sogar erst auf die Zerstörung der Hure, weil diese durch die zehn Könige zerstört wird, (Off 17,16) während das kleine Horn, indem es drei zerstörte, dieselben auf sieben herabsetzt.
Wenn das kleine Horn des 7. und des 8. Kapitels des Daniel, wie wir gesehen haben, ein und dieselbe Persönlichkeit bezeichnet, so kann diese nicht der Papst sein, weil er, um sowohl die eine als die andere Prophezeiung zu erfüllen, aus einem Teil des Reiches Alexanders, welches mit dem römischen Reiche vereinigt ist, herkommen muss – weil er „gegen das Ende des Zornes“ erscheinen, (Kap 8,19) weil er „sehr stark gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land wachsen“, (Kap 8,9–13) und weil er endlich den Tempel wiederhergestellt finden, und dann das wieder eingeführte tägliche Opfer abschaffen muss.
Man hat in dem kleinen Horn des 8. Kapitels auch den Mohammed gesehen; aber unter allen Zügen, welche diese Prophezeiung bezeichnet, könnte nur ein einziger sich besser auf ihn beziehen, als auf den Papst, nämlich der, dass er gegen Mittag, gegen Morgen und gegen das werte Land wächst. Was seinen Ursprung betrifft, so ist Mohammed aus Arabien gekommen, ein Land, welches, weit entfernt dem Alexander und den Römern unterworfen gewesen zu sein. Er kann also das kleine Horn nicht sein, weil es von den Kindern Israels stammt, diesem „wilden Esel, dessen Hand wider jedermann sein wird, und jedermanns Hand wider ihn, und der vor allen seinen Brüdern wohnen wird“ (1. Mo 16,12).
Der Antichrist soll sich in den Tempel Gottes setzen und vorgeben, er sei Gott (2. Thes 2,4). In welchen Tempel nun setzt sich der Papst? Etwa in die Petruskirche zu Rom? Aber, wie schon gesagt, man tut einem Götzentempel zu viel Ehre an, wenn man ihn Tempel Gottes nennt. Das Wort, welches sich immer selbst erklärt, kennt keinen anderen Tempel Gottes, als das Haus, das Ihm auf dem Berg Zion zu Jerusalem gebaut wurde, und von welchem Er sagte: „So habe ich nun dieses Haus erwählt und geheiligt, dass mein Name daselbst sein soll ewiglich;“ (2. Chr 7,16) dann wird der Leib des Christen Tempel Gottes genannt, (1. Kor 6,19) und endlich die Versammlung; aber die Versammlung, welche aus Heiligen in Christus Jesus zusammengesetzt ist, und nicht die abgefallene Christenheit (1. Kor 3,16–17; vgl. Kap 1,1–9; 6,11). Da sich nun der Antichrist in diesen beiden letzteren Bedeutungen nicht in den Tempel Gottes setzten kann, so kann also nur der Tempel zu Jerusalem gemeint sein. Dies ist übrigens durch andere Einzelheiten der Prophezeiung bestätigt, z. B. das Erwähnen des täglichen Opfers, welches kein anderes sein kann, als das, von dessen Aufrichtung wir in 2. Mose 29,38–42 lesen.
„Dies ist der Antichrist,“ sagt die Schrift, (1. Joh 2,22) „welcher den Vater und den Sohn leugnet.“ Der Papst aber hat nie eigentlich weder den Einen noch den Anderen geleugnet. Im Gegenteil baut er auf ihre Existenz das Lehrgerüst seiner Irrtümer. Und wenn man dahin kommt, den Vater und den Sohn völlig zu verwerfen, so wird man auch den Papst, der sich für ihren Stellvertreter ausgibt, verwerfen.
Der wesentlichste Charakterzug des Antichristen ist der Gegensatz, in welchem er zu Christus in seinen Ämtern und Aufträgen steht, wie der Name selbst es andeutet. Wo ist aber zum Beispiel von Jesus, der als Mensch in Israel einen Dienst von drei bis vier Jahren versieht, und sich diesem Volk als König und Prophet darstellt, der Gegensatz in dem Papsttum, das ist in einem religiösen System, oder wenigstens in einer Reihenfolge von Menschen verschiedener Charaktere, welche während Jahrhunderten im Westen auf einander folgen, ohne etwas mit den Juden zu tun zu haben? Der Gegensatz mangelt hier gänzlich. Hingegen besteht er in seiner ganzen Kraft, wenn der Antichrist ein Mensch ist, der in Israel während dreieinhalb Jahren ein Amt versieht, indem er sich diesem Volk als König und Prophet darstellt, und von demselben aufgenommen wird. Man begreift dann dieses sonst unverständliche Wort Jesu: „Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, und ihr nehmt mich nicht auf. Wenn ein Anderer in seinem eigenen Namen kommt, den werdet ihr aufnehmen“ (Joh 5,43).
Endlich sollte man glauben, dass eine ruhige Beobachtung dessen, was in der Christenheit vor sich geht, genügen würde, um aufzuhören aus dem Papsttum den Antichristen zu machen. Findet man denn nur im Papsttum die falschen Lehrer, den Rationalismus, die Liebe zur Welt, zu deren Güter und Herrlichkeit? Was für traurige Christen sind die meisten, welche Gegner des Papstes sind! Was wäre das für ein Reich Gottes, wenn man von der Christenheit den Papst und die Päpstlichen weggetan hätte! Und dann, wo soll man heutzutage im Papsttum diese Macht der Verblendung suchen, welche dem Antichristen Massen nachziehen soll, wo die Auserwählten selbst verführt würden, wenn es möglich wäre? Er kann diese Macht bis auf einen gewissen Punkt gehabt haben, als die Völker noch ein Bedürfnis nach einer Religion hatten; aber Satan hat unterdessen mit Erfolg gearbeitet, um sie davon abzubringen. Wenn das Papsttum seine Anhänger behält, so ist es, weil wenigstens die Meisten zu einem solchen Grad des Unglaubens und der Gleichgültigkeit gelangt sind, dass es ihnen abgeschmackt vorkommt, irgend eine religiöse Überzeugung ernst genug zu nehmen, um sich der einen mehr als der anderen anzuschließen. Sie bleiben, wie auch die meisten Protestanten, da, wo ihre Geburt sie hinstellte. Das Papsttum ist heutzutage ein von den unterirdischen Feuern des Unglaubens untergrabenes Feld, das nur mit einer dünnen Lage falschen Christentums überdeckt ist; sobald diese Lage verschwindet, wird der Unglaube wie ein Vulkan in Empörung und Lästerung gegen Gott und seinen Gesalbten ausbrechen.
Der wahrhaftige, antichristliche Geist ist in der ganzen Christenheit, im Protestantismus ebenso gut wie im Katholizismus; er ist der Unglaube, welcher den Menschen an Gottes Stelle setzt, und der Materialismus, welcher aus der Erde seinen Himmel macht. Dies ist das Antichristentum, vor welchem wir uns hauptsächlich heutzutage in Acht zu nehmen haben, denn wir können es bis in die Kirche hinein einatmen.
Wenn man sich z. B. zum Richter macht, bis zu welchem Grad, dieser oder jener Teil der Schrift Vertrauen verdient, oder wenn man dessen bestimmteste Aussprüche fruchtlos macht, indem man sie vergeistigt; wenn man in der Kirche dem menschlichen Talent, dem Geld, oder einer hohen weltlichen Stellung einen Platz einräumt, was ist das anders, als den Menschen an Gottes Stelle setzen? Wenn man, anstatt den seine Versammlung abholenden Herrn zu erwarten, um sie aus der Welt zu nehmen, sich hier unten ein vermeintliches durch das Evangelium herbeigeführtes Reich Gottes zurecht macht, mit Hilfe aller Zivilisationsquellen; wenn man denselben Eifer zeigt, wie die Kinder dieses Zeitlaufs, um Geld zu gewinnen, um sich die Annehmlichkeiten dieses Lebens und den Genuss des Luxus zu verschaffen; heißt das nicht aus der Erde seinen Himmel machen? (Fortsetzung folgt)