Bemerkungen über die Johannesbriefe
1. Johannes 2
Die beiden ersten Verse stehen als eine Art Ergänzung mit dem vorherigen Kapitel in Verbindung. Johannes hatte vor seine Leser jenes Vorrecht der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn gestellt, welche im Licht sein muß; und dafür gibt es dieses vollkommene Heilmittel: Das Blut Christi, welches uns in dem Licht rein darstellt. Jetzt sagt er: „Ich schreibe euch dieses, auf daß ihr nicht sündiget.“ (V. 1). Das Ziel all dieser Ausführungen war: Sie sollten nicht sündigen. „Und wenn jemand gesündigt hat – wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten.“ Das ist nicht genau dasselbe wie im Hebräerbrief, wo wir einen Priester bei Gott finden; denn dort geht es um die Frage der Möglichkeit, vor Gott zu treten. Dort wird die Wahrheit bekräftigt, daß wir zu Gott kommen dürfen; und der ganze Brief trägt diesen Charakter. Aber überall in seinem Evangelium und seinem ersten Brief spricht Johannes von mehr als einem Nahen zu Gott als ein öffentlicher Anbeter. Hier sind wir Ihm viel näher gebracht. Es besteht ein großer Unterschied, ob ich zu Gott gehen und Ihm nahen darf, um Ihn anzubeten, oder ob ich eine innige Gemeinschaft mit Ihm genieße. Wir sind in eine Beziehung zu Ihm getreten. Wenn immer Johannes von Gnade redet, spricht er von dem Vater und dem Sohn; wenn er von Licht redet, spricht er von Gott. In Johannes 8, wo die Ankläger alle von Sünde überführt werden, geht es um Gott. „Ehe Abraham ward, bin ich.“ (Joh 8, 58). Wenn der Herr Jesus zur Gnade übergeht, bezeichnet Er sich als guten Hirten, der Sein Leben für Seine Schafe läßt und dessen Stimme die Schafe kennen. Er sagt, daß es eine genauso große Vertrautheit zwischen Ihm und uns gibt, wie zwischen Ihm und Seinem Vater. In einer innigen Vertrautheit wie dieser hat die Offenbarung der Liebe ihre Vollkommenheit erreicht.
Die Sachwalterschaft hier steht in Verbindung mit dem Vater. Wo die Gemeinschaft unterbrochen ist, muß sie wiederhergestellt werden. Wir hören nicht auf, Söhne und angenommen zu sein. Es geht nicht um die Frage, ob ich als Sünder zu Gott kommen kann oder nicht, sondern um den Verlust dieser Vertrautheit, welche das geringste eitle Wort unterbricht. Das macht uns um so klarer, daß von Personen gesprochen wird, die Gott angenommen hat. Die Verse sprechen nicht von einem Angenommen-Werden durch Gott. Damit hat nicht einmal das Priestertum zu tun, geschweige denn die Sachwalterschaft beim Vater. Letztere setzt voraus, daß wir nichtsnutzige Kinder sind und daß die Freiheit dieser Vertrautheit gebrochen ist. Dann nimmt Christus den Platz des Sachwalters ein, um sie wiederherzustellen. Die Gnade wirkt, doch sie verniedlicht keineswegs die Sünde in sich selbst. Sie ist keine Zulassung der Sünde.
Die Grundlage wird folglich in dieser bemerkenswerten Weise niedergelegt. Zwei Dinge müssen beachtet werden: Unser Stehen in der Gegenwart Gottes und zum anderen das Böse, das damit nicht übereinstimmt. Christus begegnet beiden Problemen. „Wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten.“ Das ändert sich nie. Unser Platz, den wir bei Gott besitzen, bleibt dort bestehen, weil Christus, der Gerechte, dort ist. Die von Gott vollkommen angenommene Person befindet sich in der Gegenwart Gottes und dadurch wird Er in Hinsicht auf das Versagen geehrt. „Und er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ (V. 2). So ist die Sachwalterschaft Christi bei dem Vater auf dieses Angenommensein gegründet – erstens auf der Annahme Seiner eigenen Person und zweitens Seines Werkes für uns. Wir sind angenommen in dem Geliebten. Das ändert sich niemals, weil jener Gerechte immer in der Gegenwart Gottes für uns erscheint; und dennoch erlaubt der Herr nichts, das Ihm widerspricht. Die Sünde ist noch nicht vergangen. „Wir haben einen Sachwalter.“ Aber wenn Er als der Sachwalter für jene Personen auftritt, die versagt haben, kann es nur geschehen, weil Er die Sühnung für ihre Sünden ist. Die Annahme ist vollkommen. Indem Er allen Forderungen in Bezug auf die Sünde am Kreuz begegnet ist, sind wir in die Gegenwart Gottes gestellt in der Annehmlichkeit Christi selbst.
„Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Dieses vergossene Blut befindet sich auf dem Gnadenstuhl. Kraft dieses Blutes können wir hinausgehen und das Evangelium allen Geschöpfen predigen. Das bedeutet keineswegs, daß alle versöhnt sind. Aber das Zeugnis der Barmherzigkeit Gottes konnte hinaus fließen – nicht nur zu den Juden, sondern zu jedem Geschöpf in der Welt. Durch dieses Blut können wir in der Gegenwart Gottes stehen. Aber unter diesen Bedingungen wird ein Versagen zu einem Problem für das Gewissen des Erlösten. Dann tritt die Sachwalterschaft Christi auf den Plan.
Jetzt greift Johannes ein anderes Thema auf. Das ist die praktische Probe vor den Menschen davon, daß wir dieses Leben empfangen haben. Im allgemeinen dürfen wir sagen, daß die Liebe zu den Geschwistern sowie Gerechtigkeit oder Gehorsam die großen Prüfsteine sind. Dieses ewige Leben sahen wir im Gegensatz zur Sünde; und es wird durch die Gnade Christi gestützt. Jetzt sehen wir dasselbe Leben, wie es sich in seinen Früchten auf der Erde zeigt. Letztere beantworten die Frage, ob jemand dieses Leben hat oder nicht. Damit seine Leser das Bewußtsein und die Gewißheit, daß sie dieses Leben haben, festhalten, teilt er ihnen die Kennzeichen desselben mit, welche manche Menschen trotz eines hohen Bekenntnisses nicht besitzen. „Und hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ (V. 3).
Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, daß wir überall in diesem Brief Gott und Christus so vollständig in den Gedanken des Apostels vermischt oder vereinigt sehen, daß er von dem Einen oder dem Anderen ohne Unterschied spricht. Blicke ins letzte Kapitel! „Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf daß wir den Wahrhaftigen kennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“ (V. 20). Gott ist uns in Christus geoffenbart. Wir mögen die Darstellungsweise für verwirrend halten, doch sie stellt die Herrlichkeit der Person Christi heraus. So auch im 2. Kapitel (V. 28–29): „Und nun, Kinder, bleibet in ihm, auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft. Wenn ihr wisset, daß er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.“ Johannes beginnt mit Christi Erscheinung; und derselbe Satz endet mit Gott Selbst. Das gilt auch in Bezug auf Gottes Gebote: „Hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ Es sind die Gebote Christi und doch sind es ebenso Gottes Gebote.
„Wer da sagt: Ich kenne ihn, und hält seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit nicht.“ (V. 4). Ein Mensch sagt, daß er Gott kennt und hält Seine Gebote nicht – die Wahrheit ist nicht in ihm, weil Christi Leben ein Leben des Gehorsams ist; und falls Christus unser Leben ist, gelten auch die Grundsätze Seines Lebens in uns. Wo der Grundsatz des Gehorsams nicht gefunden wird, gibt es auch kein Leben. Das ist indessen noch nicht alles. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, daß wir in ihm sind.“ (V. 5). Darin liegt viel mehr als die Tatsache, daß derjenige, welcher sagt, er kenne Gott und hält Seine Gebote nicht, ein Lügner ist.
In diesem Zusammenhang sei noch auf eine weitere Eigentümlichkeit hingewiesen: Alle Aussagen des Johannes sind absolut. Er mildert sie nirgendwo, indem er die Schwierigkeiten oder Hindernisse in den Blick faßt, die wir im Leib haben mögen. „Jeder, der aus Gott geboren ist“, sagt er in Kapitel 3 (V. 9), „tut nicht Sünde.“ Er spricht dort dem wahren Wesen unserer neuen Natur entsprechend. Die göttliche Natur kann nicht sündigen. Es geht jetzt nicht um Wachstum oder den erreichten Wachstumsgrad, sondern um den Grundsatz – „Er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist.“ „Der aus Gott Geborene bewahrt sich, und der Böse tastet ihn nicht an.“ (1. Joh 5, 18). Der Böse tastet einen Christen oft an. Er kann indessen niemals das göttliche Leben antasten. Aber Johannes spricht stets mit der ihm eigenen Absolutheit der Wahrheit selbst entsprechend. Es gibt eine große Anzahl Schriftstellen, die unsere Unbeständigkeit zeigen. Aber wenn das Fleisch handelt, ist das nicht dieses neue Leben. Dennoch mißt es sich immer an sich selbst. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet ...“ Das gilt absolut. Schon wenn ich nur ein unnützes Wort ausspreche, halte ich nicht Sein Wort.
Diese Wahrheit ist sehr gesegnet. Stände ich unter dem Gesetz und nähme Gottes Wort in dieser Weise, dann hätte ich nicht das geringste Teil am Leben. Es sagt, daß ich Gott lieben soll; und darin versage ich. Doch hier besteht die Offenbarung, die ich von Gott in Christus empfangen habe, aus vollkommener Liebe. Die Liebe Gottes ist geoffenbart worden; und wenn Sein Wort in unseren Herzen wohnt, ist Sein Wort Liebe und Seine Liebe in uns vollendet. „Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet.“ Es heißt: „In diesem“, und nicht einfach „diesem gegenüber“. Falls das Wort gehalten wird, ist dieses Wort die Kraft Christi in uns. Damit erfreut sich das Herz an der vollkommenen Liebe Gottes. Wir mögen diesbezüglich versagen. Der Apostel spricht aber nicht von diesen Sonderfällen, sondern nur von der Wahrheit selbst. Das gilt unbedingt; allerdings erfahren wir es nur in dem Maß, wie das Wort Gottes im Herzen gehalten wird. Der Heilige Geist ist die Kraft dazu. Wir können diese Kraft jedoch nicht vom Wort Gottes trennen. Er wohnt in uns; und wir haben jene Liebe in unseren Seelen empfangen – Gottes Liebe, wie sie sich in Christus zeigte. Angenommen, ich gehorche nicht – anstatt Christus herrscht dann Sünde in meinem Herzen.
„Wer aber irgend sein Wort hält, in diesem ist wahrhaftig die Liebe Gottes vollendet. Hieran wissen wir, daß wir in ihm sind.“ Jetzt sagt Johannes, daß wir in Ihm sind. Wir wohnen in Gott. Wenn ich sage, daß ich in Ihm bin, dann habe ich diese Kraft erhalten und in Ihm Schutz gefunden. Dann muß ich auch wandeln, wie Er gewandelt hat. Christus ist mein Leben. Dann muß ich auch wie Christus wandeln. Das heißt nicht, daß wir so sind wie Er; wir sollen indessen nicht nach dem Fleisch wandeln. Daher schreibt Johannes nicht: „Ihr sollt so sein, wie Christus ist“, sondern: „Wer da sagt, daß er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt hat.“ (V. 6). Falls du sagst, daß du in Ihm bleibst, bist du immer in Ihm. Darum mußt du immer so wandeln, wie Er gewandelt hat. Es gibt niemals einen Grund, nach dem Fleisch zu wandeln. Das Fleisch ist zwar in uns. Das ist aber kein Grund, nach demselben zu wandeln. Ich stehe immer in der Freiheit, geistlich zu wandeln. Hinsichtlich des Wandels besteht Freiheit vor Gott. Wenn ich eine fleischliche Natur habe, tritt mir ein Gebot entgegen, das dem Willen dieser Natur widerspricht. Ich möchte in die Stadt gehen, bekomme jedoch den Auftrag, auf das Land zu reisen. Das mag ich nicht. Nehmen wir indessen an, ich möchte in die Stadt fahren und mein Vater sagt: „Du mußt in die Stadt fahren“ – dann ist das Ausführen dieses Gebots volle Freiheit. So entsprechen jetzt alle Gebote Christi jener Natur, die ich schon empfangen habe. Christus ist mein Leben; und alle Worte Christi sind ein Ausdruck jenes Lebens. Darum geben mir die Worte Christi an mich nur die Vollmacht, das zu tun, was meine Natur zu tun liebt. Alle Worte Christi sind ein Ausdruck dessen, was Er ist. Sie verkünden Seine Natur, Sein Leben und Sein Wesen; und wenn wir Seine Natur empfangen haben, leiten und führen sie uns. Darum ist es eine echte und heilige Freiheit. Wir sollen so wandeln, wie Er gewandelt hat.
„Geliebte, nicht ein neues Gebot schreibe ich euch, sondern ein altes Gebot, welches ihr von Anfang hattet. Das alte Gebot ist das Wort, welches ihr gehört habt.“ (V. 7). Das ist das Wort vom Anfang des Christus – Seine Offenbarung hier auf der Erde.
„Wiederum schreibe ich euch ein neues Gebot, das was wahr ist in ihm und in euch ...“ (V. 8). Sie erwarteten etwas Neues. „Das eine, dessen ich mich rühme“, sagt der Apostel, „ist das Alte, denn es besteht in dem, was Christus hier auf der Erde war. Wenn ihr jedoch etwas Neues möchtet, dann ist das Christus als euer Leben durch den Heiligen Geist. Es ist wahr in Ihm und in euch, „weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon leuchtet.“ Es war wahr in Ihm, als Er hienieden war. Aber jetzt gilt die ganze Wahrheit von der göttlichen Natur für euch genauso wie für Christus. Es ist demnach neu genug. Es ist alt, weil es früher in Christus bestand. Es ist neu, weil es jetzt in euch genauso wie in Christus gefunden wird.“
So weit haben wir also den ersten großen Grundsatz des göttlichen Lebens betrachtet, nämlich Gehorsam, der Wandel in Gerechtigkeit. Jetzt kommt die andere Seite: Die Liebe zu den Brüdern. Du bist im Licht, denn Gott ist Licht. Nun, Gott ist auch Liebe; und du kannst nicht das eine von Gott haben ohne das andere. Falls du das Licht hast, mußt du auch die Liebe haben. Als Christus hienieden war, war Er das Licht der Welt. Er war indessen auch Liebe. Wenn du folglich Ihn als deine Natur besitzt, wirst du beides haben. „Wer da sagt, daß er in dem Lichte sei und haßt seinen Bruder, ist in der Finsternis bis jetzt. Wer seinen Bruder liebt, bleibt in dem Lichte, und kein Ärgernis ist in ihm.“ (V. 9–10). Dem Wesen und den Wegen nach kann es hier kein Ärgernis geben. „Wer aber seinen Bruder haßt, ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wohin er geht, weil die Finsternis seine Augen verblendet hat.“ (V. 11). Das ist bis in die Einzelheiten wahr. Wenn ich im Haß gegen meinen Bruder wandle, wandle ich in der Finsternis. Der Apostel gibt hier allerdings den Grundsatz. Er ist alt, weil Christus diesen Wandel auf der Erde gezeigt hat. Aber er ist auch neu, weil er „in Ihm und in euch wahr“ ist. „Der Gott, der aus Finsternis Licht leuchten hieß, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi.“ (2. Kor 4, 6). Wir erhalten hier, die, wie ich sagen möchte, kennzeichnenden Proben dafür, ob Christus unser Leben ist. Die eine ist das Licht – Gehorsam; denn es kann keine Gerechtigkeit geben ohne Gehorsam. Christus sagte: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ (Mt 4, 4). Daher gilt für uns dieser Grundsatz einer gehorsamen Abhängigkeit, welche Gerechtigkeit ist. Der andere ist Liebe.
In diesem Kapitel haben wir also zuerst als Ergänzung zum vorigen die Sachwalterschaft Christi. Darauf folgen in den übrigen Teilen des Briefes, die Proben auf dieses göttliche Leben, wie es sich in Gehorsam und Liebe zu den Brüdern zeigt. Alle diese Wesenszüge haben sich im Leben Christi in wunderbarster, vollkommenster und gesegnetster Weise entfaltet.
Folgende Ausführungen unterbrechen jetzt den allgemeinen Gedankengang des Briefes und geben gleichzeitig einen Anlaß mitzuteilen, warum und mit welchen Gefühlen Johannes diesen Brief geschrieben hat.
Zunächst spricht er zu allen Christen, welche er „Kinder“ nennt. Danach wendet er sich an die verschiedenen christlichen „Altersklassen“ und teilt ihnen mit, warum er an sie schreibt. Er öffnet ihnen sein Herz. Danach erhalten wir einige wichtige praktische Wahrheiten.
Das Wort „Kinder“ in Vers 12 ist dasselbe wie in den Versen 1 und 28, unterscheidet sich jedoch von dem Ausdruck „Kindlein“ in den Versen 13 und 18. Das erstere spricht von allen Christen, welche „Kinder“ genannt werden. In den letzteren Versen unterscheidet Johannes hingegen zwischen „Jünglinge“, „Väter“ und „Kindlein“ (oder „Säuglinge“) als sehr junge Christen. Der 1., 12. und 28. Vers umschließt alle Erlösten.
„Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ (V. 12). Das gilt für alle [echten; Übs.] Christen. So ist ihre allgemeine Stellung. Johannes hatte vorher gesagt: „Hieran wissen wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote halten.“ Das geschah nicht, um die Vergebung bei Christen irgendwie anzuzweifeln, sondern um sie in der Wahrheit zu befestigen; denn Johannes sagt hier: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ Das stand fest. Sie sind alle vergeben; und er schrieb ihnen, weil sie vergeben waren. Der Brief gilt nicht für eine Person, der nicht vergeben ist. Dieser Boden ist die Grundlage seines Schreibens. Er sagt also: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.“ In diesem Zustand befinden sich alle [echten; Übs.] Christen.
Wenn der Apostel hingegen jetzt zu den verschiedenen christlichen „Altersklassen“ kommt, wird ihr Charakter und ihr Zustand jeweils als unterschiedlich gesehen. „Ich schreibe euch, Väter, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang ist.“ (V. 13). Unter den „Kindern“ von Vers 12 mochten alte und sehr junge Christen sein. Die „Väter“ haben Den, „der von Anfang ist“, erkannt. Wir haben schon gesehen, daß es sich um Christus in der Welt handelt – Seine Person, geoffenbart im Fleisch. „Ihr (habt) den erkannt, der von Anfang ist.“ Hier endet jede christliche Erfahrung. Sie endet also nicht einfach in Selbsterkenntnis, als seien die „Väter“ mit sich selbst beschäftigt; denn jene Erkenntnis Christi macht uns von uns selbst frei und schenkt uns Ihn. Ein junger Christ beschäftigt sich mit seinen Gefühlen. Alles ist ihm ungewohnt und neu; und das ist auch richtig so. Er fühlt solch eine wunderbare Freude über seine Vergebung. Aber indem er wächst, wird er mehr und mehr vom Ich befreit und zunehmend von Christus ergriffen. Christus ist dieses, und Christus ist jenes. In Vers 14 wiederholt Johannes, indem er erneut die „Väter“ anspricht, einfach seine Worte. Wenn er an die „Jünglinge“ schreibt, hat er einiges hinzuzufügen. Aber an die Väter lauten seine Worte wieder: „Ich habe euch, Väter, geschrieben, weil ihr den erkannt habt, der von Anfang ist.“ Wir lernen unsere Torheit und Schwachheit kennen und werden so auf Christus geworfen. Dabei erfahren wir mehr von den Tiefen Seiner Gnade und der Vollkommenheit Seiner Person. Jede rechtmäßige Erfahrung endet, indem wir uns selbst vergessen und an Christus denken.
Als nächstes kommt Johannes auf die „Jünglinge“ zu sprechen. „Ich schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden habt.“ Indem Christus bei ihnen ist, erhalten sie Kraft für Kampf und Dienst. Sie haben Satan überwunden. Danach schreibt er: „Ich schreibe euch, Kindlein, weil ihr den Vater erkannt habt.“ Hier erfahren wir eine weitere bemerkenswerte Wahrheit über das, was Johannes von den Christen denkt, nämlich daß die „Kindlein“ in Christus, die Jüngsten, schon den Geist der Sohnschaft besitzen. Er denkt nicht im geringsten, daß der schwächste Christ nicht weiß, daß er ein Kind Gottes ist. Wenn ein Gläubiger Christus gut in den Reichtümern und den Vortrefflichkeiten Seiner Person kennt, ist er ein Vater in Christus. Doch der jüngste Christ weiß, daß er ein Kind ist und daß Gott der Vater sein Vater ist. Das entspricht der Tatsache, daß allen Christen vergeben worden ist – es gehört zu ihrer Stellung als Christ. „Ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in welchem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8, 15). Das heißt nicht, daß es keine Erlösten gibt, die voller Zweifel sind. Wir können nämlich viele Christen finden, welche, wenn wir sie fragen, ob sie ein Kind Gottes sind, es für demütig halten, daran zu zweifeln – und doch in ihren Gebeten von ganzem Herzen „Abba, Vater!“ rufen. Hier geht es also um die Beziehung zwischen einem Erlösten und Gott.
Wir müssen es stets wiederholen: Johannes hat zu dem, was er den „Vätern“ geschrieben hat, nichts hinzuzufügen, weil alles in Christus endet. Bei den anderen beiden Klassen geht er noch auf Einzelheiten ein wegen der Schwierigkeiten auf dem Weg. Außerdem stellt er das Geheimnis ihrer Kraft vor sie: Das Wort Gottes inmitten dieser Welt, wo nichts, das von Gott ist, anerkannt wird. Gottes Gedanken sind in die Welt hineingekommen. Diese benötigen wir. In der Wüste gibt es keinen Weg, wie im Alten Testament gesagt wird. Das Wort Gottes ist Gottes Weg inmitten einer Welt ohne Weg. Darum wird den Jünglingen in ihrem Kampf gesagt: „Ich habe euch, Jünglinge, geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt.“ Das ist das Wort, durch welches auch Christus überwunden hat, als der Böse kam und Ihm alle Königreiche der Welt anbot. Er antwortete mit dem Wort und überwand den Bösen.
Danach warnt Johannes sie: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt.“ (V. 15–16). Diese Dinge gehören zur Welt. Alle ihre Herrlichkeit ist in keinster Weise vom Vater.
Je mehr wir in den Johannesbrief hineinschauen – und tatsächlich in alle Schriften des Neuen Testaments –, sehen wir zwei große Systeme klar vor unsere Blicke gestellt. Johannes spricht nicht von einem Mangel an Liebe zu Christus. Aber es gibt diese zwei Systeme – das eine gehört zum Vater und das andere zur Welt. Natürlich gehört Gott als dem Schöpfer alles; sittlich gesehen ist indessen alles von Ihm abgewichen. Es ist der Teufel, der diese Welt gemacht hat, wenn wir sie von einem sittlichen Gesichtspunkt aus betrachten. Gott erschuf das Paradies. Doch der Mensch sündigte und mußte es verlassen. Danach baute er sich diese Welt auf. Kain ging aus der Gegenwart Gottes weg und erbaute eine Stadt, die er nach dem Namen seines Sohnes benannte. Später sandte Gott Seinen Sohn; und die Welt wollte Ihn nicht haben. So wurde es eine gerichtete Welt. Gott hatte sie ganz und gar auf die Probe gestellt – ohne Gesetz, unter Gesetz und dann durch Seinen Sohn. Jetzt sagt Er: Es ist alles gerichtet. Gott hat Seine eigenen Handlungsweisen – und somit auch der Vater. Aber du kannst nicht beides haben. Wenn du die Welt liebst, ist die Liebe des Vaters nicht in dir. Du magst von der Welt versucht werden und hast sie zu überwinden. Wenn du sie indessen liebst, wohnt die Liebe des Vaters nicht in dir; denn Er hat ein Ihm eigenes System – und du wendest dich dem anderen zu! So ist es überall. Wir finden im Evangelium das göttliche Leben in der Person Christi; und in den Briefen erkennen wir dieses göttliche Leben in der Person des Christen. In Johannes 8 sehen wir dieselbe Wahrheit: „Ihr seid von dem, was unten ist, ich bin von dem, was oben ist; ihr seid von dieser Welt, ich bin nicht von dieser Welt.“ (Joh 8, 23). In Bezug auf Gott gibt es keinen Mittelweg. Wer von dieser Welt ist, ist von unten. Wer nicht von dieser Welt ist, ist von oben. Christus sagt: „Ich bin nicht von dieser Welt. Ich bin von oben“; denn Er kam vom Vater. Du bist von der Welt und daher von unten, weil es Satans Welt ist. So lesen wir hier, daß, wenn die Liebe zur Welt in dir ist, die Liebe des Vaters es nicht sein kann. Es gibt ein anderes, ein göttliches System, wo die Liebe des Vaters sich entfaltet; und falls du zu diesem gehörst, mußt du die Welt überwinden. Letztere ist nicht vom Vater. Sie gehört nicht zu Seinem System.
Danach fügt Johannes hinzu: „Die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (V. 17). Satans Werke können nicht andauern. Während sie bestehen, wirken sie verführend; aber sie können nicht bleiben. „Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ Dasselbe finden wir auch in einem anderen Brief. „Alles Fleisch ist wie Gras, und alle seine Herrlichkeit wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und seine Blume ist abgefallen; aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.“ (1. Pet 1, 24–25). So auch hier. „Wer aber den Willen Gottes tut“ – wer dem Wort Gottes folgt –, „bleibt in Ewigkeit.“ Das Wort Gottes senkt die ganze Wahrheit in uns, und ihr haben wir zu folgen.
Jetzt wendet Johannes sich an die dritte „Altersklasse“, nachdem er den Jünglingen seine Warnung mitgeteilt hat. Wenn ein Christ gerade bekehrt ist, verzichtet er dankbar auf die Welt. Nachdem er jedoch eine Weile weitergeschritten ist, schwächt sich diese Frische ab. Die Welt zehrt nach und nach seine Frische auf. Falls er nicht achtsam ist und seine Seele mit den unsichtbaren Dingen anfüllt, gleitet er langsam in die Welt hinein. Wenn Christus ihn füllt, beachtet er die Dinge um sich her nicht einmal. In Kapitel 5 spricht Johannes von dem Überwinden der Welt. Dort geht es um den Verlust aller Kraft und geistlicher Freude, wenn der Geist der Welt eintritt. Wir können nicht gleichzeitig mit den Dingen, welche die Welt uns vorstellt, und jenen des Vaters beschäftigt sein. Wenn der Heilige Geist mir die göttlichen Dinge in das Herz senkt, bekomme ich ein augenblickliches Bewußtsein davon, daß ich zu allem diesen gehöre.
Johannes wendet sich in Vers 18 an die „Kindlein“ und teilt ihnen mit, daß es „die letzte Stunde“ ist. Das ist ein bemerkenswerter Ausdruck, weil inzwischen über 1900 Jahre vergangen sind und immer noch gilt, daß es die letzte Stunde ist – nur daß der Herr in Seiner Langmut wartet und nicht will, daß irgend jemand verloren geht, sondern daß alle zur Buße kommen. Es ist indessen die letzte Stunde, weil die Macht des Bösen eingedrungen ist. Als Christus auf der Erde war und verworfen wurde, bestand die Macht des Bösen in der Welt. Als Gott die Kirche (Versammlung) aufrichtete durch die Gegenwart des Heiligen Geistes – während Christus in der Höhe war, sodaß sich ein Mensch im Himmel und der Heilige Geist in der Welt befanden –, entfaltete sich die Macht der Erlösung inmitten der Welt Satans. Das war noch nicht die letzte Stunde. Aber jetzt sind Antichristen aufgetreten; und Johannes sagt: „Es ist die letzte Stunde.“ Denn selbst diese Zeit scheiterte; und jetzt kann nichts mehr kommen außer Gericht. „Kindlein, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, daß es die letzte Stunde ist. Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns; denn wenn sie von uns gewesen wären, so würden sie wohl bei uns geblieben sein; aber auf daß sie offenbar würden, daß sie alle nicht von uns sind.“ (V. 18–19).
Diese „Kindlein“ in Christus hatten mit der Welt – ihrem Lauf – gebrochen. Aber jetzt trat eine neue Form des Bösen an den Platz der göttlichen Macht. Menschen erhoben sich, indem sie Christus vollständig aufgaben. Das war viel gefährlicher. Sie hatten mit der Welt gebrochen und kannten ihr Wesen. Nun trat die geistliche Bosheit in den himmlischen Örtern auf den Plan. Johannes warnt die „Kindlein“ vor diesen Feinden der letzten Zeit. Gott sei Dank!, besitzen wir jetzt diese Warnungen! Auch der Apostel Paulus schreibt, daß dieses die letzten Tage sind – ein noch stärkerer Ausdruck. Wo die Blicke auf Christus gerichtet werden, besteht völlige Sicherheit. Es ist bemerkenswert, wie Johannes auf die Gegenwart des Geistes Gottes in den Erlösten sieht. Sogar wenn es um ein „Kindlein“ geht – Gott erlaubt nicht, daß es über das hinaus versucht wird, als es ertragen kann. Es mag „Jünglinge“ geben. Gott schenkt indessen schon den „Kindlein“ Unterscheidungsvermögen. Sie kennen die Stimme eines Fremden nicht. Jene Leute mögen noch so fromm erscheinen – es ist nicht die Stimme, welche „die Kindlein“ kennen. Sie kennen die Stimme Christi und folgen Ihm.
Wir sahen, daß die Kindlein in Christus den Vater kennen; und jetzt lesen wir weiter, daß schon diese Kindlein die göttliche Salbung besitzen, sodaß sie befähigt sind, durch göttliche Einsicht zu urteilen. Johannes stellt ihnen eindringlich vor, daß sie in sich selbst diese Fähigkeit haben und nicht auf andere angewiesen sind. Gott hat sie belehrt, um allen Schlingen auszuweichen. Es handelt sich um die Verschlagenheit Satans, darum warnt Johannes die „Kindlein“ noch etwas mehr vor derselben. „Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles. Ich habe euch nicht geschrieben, weil ihr die Wahrheit nicht wisset, sondern weil ihr sie wisset, und daß keine Lüge aus der Wahrheit ist. Wer ist der Lügner, wenn nicht der, der da leugnet, daß Jesus der Christus ist? Dieser ist der Antichrist, der den Vater und den Sohn leugnet.“ (V. 20–22). Damit zeigt uns Johannes das volle Wesen des Antichristen. Es gab viele Antichristen, weil der Geist desselben schon eingedrungen war. Unsere Verse zeigen sein volles Wesen. Dieser Geist weist einen gewissen jüdischen Charakter auf, indem er leugnet, daß Jesus der Christus ist. Außerdem widersteht er dem Christentum, indem er nicht nur den Sohn, sondern auch den Vater leugnet.
Danach legt Johannes seinen Nachdruck auf einen Gesichtspunkt von sehr großer Bedeutung für die Menschen in unseren Tagen, welche viele schöne Worte gebrauchen, um uns von einer Fortentwicklung zu überzeugen. „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch. Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohne und in dem Vater bleiben.“ (V. 24). Es geht um die Person Christi. Anstatt von der Kirche als einer Körperschaft zu sprechen, welche lehrt, sage ich, daß sie selbst belehrt wird.
Bei dem Gegenstand, welcher geoffenbart worden ist, handelt es sich um die Person des Herrn Jesus Christus – Der, welcher von Anfang ist. Wenn meine Seele indessen auf der Wahrheit über Christus ruht, wie der Heilige Geist sie lehrt, dann empfange ich Belehrung vom Vater. „Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, ... betreffend das Wort des Lebens.“ Jetzt sagt Johannes: „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch.“ Die Person Christi ist das große Thema; und durch die Offenbarung dieser Wahrheit wurde die Kirche (Versammlung) gebildet. Sie entstand kraft der Belehrung durch Gott. Die Kirche hat überhaupt nichts mit Lehren zu tun. Gott mag Einzelpersonen in der Kirche erwecken, welche lehren; aber die Wahrheit, welche wir mit Nachdruck betrachten sollen, ist „das, was wir von Anfang gehört haben.“ Es handelt sich um einen Test der göttlichen Wahrheit, wenn wir den Ausgangspunkt festhalten, nämlich Jesus Christus. Das prüft alles. Wo Menschen auf die Autorität der Kirche bestehen, besitzen sie niemals die Gewißheit, daß sie Kinder [Gottes; Übs.] sind. Wenn ich von Gott belehrt bin, weiß ich, was ich mit Sicherheit empfangen habe. Der Glaube ist sich immer vollkommen sicher. Wenn ich den Vater habe, weiß ich, daß ich ein Kind bin. Ich mag ein nichtsnutziges Kind sein, aber ich bin ein Kind. „Wenn in euch bleibt, was ihr von Anfang gehört habt, so werdet auch ihr in dem Sohne und in dem Vater bleiben. Und dies ist die Verheißung, welche er uns verheißen hat: das ewige Leben.“ Er hat mir ewiges Leben verheißen; und ich werde es besitzen. Das steht vollkommen fest.
„Dies habe ich euch betreffs derer geschrieben, die euch verführen. Und ihr, die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, daß euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist, und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in ihm bleiben.“ (V. 26–27). Es gibt wirkliche göttliche Belehrung. Gott mag ein Werkzeug benutzen, um sie uns vorzustellen. Aber wahrer Glaube in der Seele kann nur dort entstehen, wo jene Salbung durch den Geist Gottes vorhanden ist. Die Seele mag schon von Sünde überführt sein, bevor sie Klarheit darüber erhält, daß sie errettet ist. In dem Augenblick jedoch, in dem ich über die Person Christi göttlich belehrt werde, sage ich, empfange ich göttliches Leben – jenes Leben, das Gott in die Welt gesandt hat.
Da ein „Kindlein“ in Christus am meisten in Gefahr steht, gibt Johannes diese Art von Warnungen. Ein Gläubiger, der in Christus herangewachsen ist, weiß sehr gut, woher solche Verführungen kommen. Was wir heutzutage in der Christenheit für sehr gelehrte Wahrheiten halten, sagt er zu den „Kindlein“. Hingegen ist das große Kennzeichen, welches die am meisten Fortgeschrittenen auszeichnet – nämlich die „Väter“ –, ihre Erkenntnis Christi.
Der Apostel betrachtet dann im 28. Vers wieder allgemein alle Christen; und ermahnt sie, in „Ihm“ zu bleiben. Gott in Christus steht hier so vor den Blicken des Johannes, daß er „Ihm“ schreibt, ohne zu sagen, wer dieser „Ihm“ ist. Er hatte von der Salbung geschrieben – „wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt ..., so werdet ihr in ihm bleiben.“ Vorher wurde eher von Gott als Solchem gesprochen. Da wir in Vers 28 hingegen lesen: „wenn er geoffenbart werden wird“, wissen wir, daß Christus gemeint ist.
„Und nun, Kinder, bleibet in ihm, auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft.“ Falls sie nicht in Ihm blieben, wäre das Werk des Apostels verloren. Es geschähe zu seiner Schande. Dasselbe lesen wir im 2. Brief (Vers 8). „Sehet auf euch selbst, auf daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen.“ Das entspricht dem, was der Apostel [Paulus] in den Korintherbriefen schreibt. (1. Kor 3, 12 ff.). Wenn wir auf die Grundlage Holz, Heu und Stoppeln bauen, wird das Werk verbrennen. Das wäre Verlust. Man erweist sich als schlechter Werkmeister. Der Apostel stellt den Lesern im 1. Johannesbrief nachdrücklich vor, in Christus zu bleiben, damit er selbst nicht als schlechter Werkmeister beschämt werde. Wir lesen nämlich: „Auf daß wir, wenn er geoffenbart werden wird, Freimütigkeit haben und nicht vor ihm beschämt werden ...“ Nicht sie sollten Freimütigkeit haben usw.. Das stimmt mit dem überein, was wir auch im zweiten Brief finden.
Danach greift Johannes den zweiten großen Gegenstand des Briefes auf: Er schreibt von der Mitteilung der göttlichen Natur Christi als unser Leben, welches uns dieselben Wesenszüge und denselben Charakter verleiht, die sich in Gott selbst befinden – „was wahr ist in ihm und in euch.“ (Kap. 2, 8). Gott ist Liebe; und der Christ liebt. Gott ist heilig; und auch der Christ ist heilig. In Seiner allmächtigen Gewalt ist Gott natürlich allein. Doch in dem, was vielleicht als der Charakter Gottes bezeichnet werden kann, insofern wir aus Ihm geboren wurden, sind wir Ihm gleich; und diese göttliche Natur macht uns fähig, uns an Gott zu erfreuen sowie Ihm gleich zu sein.
Danach sehen wir erneut, daß Gott und Christus so absolut eins sind, daß der Apostel unmittelbar nach seinen Worten „daß wir ... nicht vor ihm beschämt werden bei seiner Ankunft“ sagen kann: „Wenn ihr wisset, daß er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus ihm geboren ist.“ (V. 29). Wir sind aus Gott geboren; dennoch spricht Johannes hier anscheinend von derselben Person, die kommen soll, nämlich Christus. Dieselbe Wahrheit finden wir in Daniel 7. Der „Alte an Tagen“, der dort geschildert wird, entspricht nach Offenbarung 1 dem Sohn des Menschen. Wir erfahren in Christus, was der Charakter und das Wesen Gottes ist – in einem Menschen, der in dieser Welt lebte; und danach zeigt Johannes, daß dieses auch für uns gilt, da wir dasselbe Leben besitzen. Er ist gerecht; und wenn jemand die Gerechtigkeit tut, ist er aus Ihm geboren. Er besitzt Seine Natur.