Der Brief an die Kolosser
1. Einführung (Kapitel 1,1-14)
Die einleitenden Verse des Briefes beginnen mit dem Gruß des Apostels (Verse 1.2). Nach diesem folgt sein Dank für die Früchte der Gnade, wie sie in den Heiligen in Kolossä zu sehen waren (Verse 3-8). Schließlich lesen wir sein Gebet für sie (Verse 9-14).
Der Gruß (Kapitel 1,1.2)
„Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, und Timotheus, der Bruder, den heiligen und treuen Brüdern in Christus, die in Kolossä sind: Gnade euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus“ (Verse 1.2).
Der Brief beginnt mit einem herrlichen Gruß, in dem Paulus von sich als von einem Apostel spricht, der mit der ganzen Autorität Jesu Christi ausgesandt worden ist. Alles, was in diesem Brief vor uns kommt, kann daher als eine Botschaft von Jesus Christus verstanden werden. Diese ist in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes. Wie so oft in seinen Briefen verbindet sich der Apostel Paulus mit seinem Mitarbeiter Timotheus in dem Gruß an die Kolosser.
Die Gläubigen in Kolossä werden als „in Christus“ gesehen. Paulus spricht sie als „heilige“ Brüder an - das spricht von ihrer Trennung von der Welt. Sie waren auch „treue“ Brüder, das heißt, dass sie im Blick auf Gott und auf die Stellung, in die Gott sie gestellt hatte, treu lebten. Als „Brüder“ bildeten sie einen Bereich brüderlicher Gemeinschaft untereinander auf der Erde.
Der Apostel wünscht den Gläubigen in Kolossä Gnade und Frieden, was die Heiligen ständig nötig haben und was immer von Gott, unserem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus, geschenkt wird.
Die Danksagung (Kapitel 1,3-8)
„Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christus allezeit, indem wir für euch beten, nachdem wir gehört haben von eurem Glauben an Christus Jesus und der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt“ (Verse 3.4).
Nach dem Gruß lesen wir jetzt die Danksagung, die ständig aus dem Herzen des Apostels aufstieg, wenn er für diese Gläubigen betete. Der Apostel spricht zuerst von den christlichen Eigenschaften, die in diesen Heiligen gefunden wurden und die seinen Dank hervorbrachten. Sie waren geprägt durch Glauben an Christus Jesus und durch Liebe zu allen Heiligen. Sie waren nicht einfach im Glauben als bedürftige Sünder zum Herrn Jesus gekommen. Sie führen auch ihren Lebenswandel als von Ihm abhängige Heilige durch Glauben.
Die Wirklichkeit ihres Glaubens an Christus wurde bewiesen durch ihre Liebe zu den Heiligen. Aber diese Liebe war nicht menschlicher Art, die sich nur bestimmten, einzelnen Gläubigen gegenüber ausdrückt. Es war göttliche Liebe, die zu „allen Heiligen“ tätig war, weil sie Heilige waren.
Die Hoffnung - in den Himmeln aufbewahrt
„Wegen der Hoffnung, die für euch aufgehoben ist in den Himmeln, von der ihr zuvor gehört habt in dem Wort der Wahrheit des Evangeliums“ (Vers 5).
Paulus hat in den vorherigen Versen den Grund für seine Danksagung vorgestellt. Nun fährt er fort, darüber zu sprechen, wofür er dankt. Er dankt Gott für die herrliche Zukunft, die vor den Gläubigen liegt - die Hoffnung, die in den Himmeln aufbewahrt wird. Er denkt nicht an das, wovon sie befreit worden sind, auch nicht an die Szene, durch sie jetzt gerade hindurchgehen müssen. Er erkennt keine herrlichen Hoffnungen in dieser Welt, sondern sieht die Gläubigen in Kolossä als eine Gemeinschaft von Menschen, die mit dem Himmel verbunden sind. Der Brief deutet an, dass die Heiligen gerade in Gefahr standen, ihre Augen von den Dingen wegziehen zu lassen, die „droben sind“, zu dem, was auf der Erde ist“ (Kol 3,2). Aber die Gefahr dieser Abwendung verändert nicht die Tatsache, dass Gott für sein Volk im Himmel eine gesegnete Zukunft bereitet hat. Dafür kann der Apostel danksagen.
Es ist zweifellos von größter Bedeutung, diese gesegnete Hoffnung ständig vor unseren Seelen zu haben. Wir dürfen uns mit Recht darüber freuen, dass wir vom Gericht befreit worden sind. Aber wenn das alles ist, wenn die erste Freude der Erleichterung vergeht, könnten wir uns wieder den Dingen der Erde zuwenden. So finden wir es auch bei dem Volk Israel. Sie sangen vor Freude, als sie von dem Pharao befreit worden waren. Und dennoch wollten sie in ihren Herzen sehr schnell schon wieder zurück nach Ägypten gehen. Kaleb und Josua, die nicht zurückwollten, waren Männer, die das Land Kanaan, das vor ihnen lag, gesehen hatten.
So ist es auch mit uns Christen. Nur insoweit unsere Herzen auf den Segen der Hoffnung eingehen, die Gott für uns im Himmel aufgehoben hat, werden wir den Fallen des Teufels entgehen, die er unseren Füßen auf der Erde ausgelegt hat. Nur wenn wir im Licht des Himmel unseren Lebenswandel führen, werden wir über diese gegenwärtige, böse Welt erhoben werden und auf unserer Wüstenreise bewahrt.
So sehen wir in den ersten Versen das herrliche Bild einer Gemeinschaft von Heiligen, welche
- die Gegenstände der gegenwärtigen Gunst des Vaters sind mit seinen nie versiegenden Quellen der Gnade (Vers 2);
- die Kennzeichen tragen, die zur Erlösung gehören: Glaube und Liebe (Vers 4);
- den Segen einer himmlischen Hoffnung besitzen, die für sie in den Himmeln aufbewahrt wird.
Die Frucht des Evangeliums
„Das zu euch gekommen ist, wie es auch in der ganzen Welt Frucht bringend und wachsend ist, wie auch unter euch, von dem Tag an, da ihre es gehört und die Gnade Gottes in Wahrheit erkannt habt; so wie ihr gelernt habt von Epaphras, unserem geliebten Mitknecht, der ein treuer Diener des Christus für euch ist, der uns auch eure Liebe im Geist kundgetan hat“ (Verse 6-8).
Der Apostel fährt dann fort, die Gläubigen daran zu erinnern, wodurch sie von dieser gesegneten Hoffnung gehört hatten. Dies führt ihn dazu, vom Evangelium zu sprechen. Mit Recht hat Bruder John Nelson Darby gesagt: „Die gute Botschaft der Gnade enthält auch die gute Botschaft der Herrlichkeit.“ So lernen wir in dem Brief des Apostels Paulus an Titus, dass die Erscheinung der Gnade Gottes uns zu der Erscheinung seiner Herrlichkeit führt (Tit 2,11-13). Der Apostel spricht von diesem Evangelium als „dem Wort der Wahrheit“ im Gegensatz zu den „überredenden Worten“ der Menschen, durch die sie in Gefahr standen, verführt zu werden (Kol 2,4).
Damals wie heute gab es solche, die versuchten, die Heiligen wieder zurück auf den jüdischen Boden zu bringen. Daher erinnert der Apostel diese Gläubigen an die Allgültigkeit des Evangeliums. Die Gnade Gottes kann nicht auf die Juden beschränkt werden. Sie ist für die „ganze Welt“.
Darüber hinaus war das Evangelium „Frucht bringend und wachsend“. Später lernen wir in diesem Brief, dass die Heiligen Frucht bringen und wachsen sollen (Kol 1,10). Hier ist es das Evangelium, das Frucht hervorbringt und wächst. Die Heiligen selbst sind die Frucht des Evangeliums. Christus wiederzuspiegeln ist die Frucht, die durch die Gläubigen gebracht werden soll.
Das Evangelium der Gnade Gottes hatte die Kolosser durch Epaphras erreicht, den geliebten Mitknecht von Paulus und Timotheus. Er war auch ein treuer Diener des Christus für die Heiligen in Kolossä. Er hatte dem Apostel die Nachricht vom Werk Gottes gebracht, dass Er in ihrer Mitte bewirkt hatte. Dieses Werk war sichtbar geworden durch ihre „Liebe im Geist“.
Es ist von Bedeutung, dass dies die einzige Erwähnung des Geistes Gottes in diesem Brief ist. Wenn wir erkennen, dass diese Heiligen in Gefahr standen, von Christus als dem einzigen Gegenstand vor ihren Herzen weggezogen zu werden, ist es die erklärte Absicht des Geistes in diesem Brief, Christus vor ihnen zu erhöhen. Es scheint so zu sein, dass der Apostel deshalb dazu geführt wird, allein Christus vor die Gläubigen zu bringen und wenig über den Geist Gottes zu sagen, der hier ist, um Christus vor uns zu stellen (vgl. Joh 16,14).
Das Gebet (Kapitel 1,9-14)
Der Apostel hat Gott für die Hoffnung gedankt, die den Gläubigen in den Himmeln aufbewahrt wird. Die Sicherheit des Ziels der Reise ist keine Frage des Gebets, sondern eher der Gegenstand für einen Lobpreis. Aber wir sind noch immer in der Welt, wenn auch nicht von ihr. Daher ist eine Wegstrecke auf der Reise zum Himmel zu gehen. Dieser Weg beinhaltet Schwierigkeiten und Gefahren, und das führt zum Gebet des Apostels.
Erkenntnis des Willens Gottes
„Deshalb hören auch wir nicht auf, von dem Tag an, da wir es gehört haben, für euch zu beten und zu bitten, damit ihr erfüllt sein mögt mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht“ (Vers 9).
Paulus betet unablässig dafür, dass die Gläubigen mit der vollen Erkenntnis des Willens Gottes in aller Weisheit und geistlicher Einsicht erfüllt sein mögen. In vielen Abschnitten bezieht sich der Wille Gottes auf die ewigen Ratschlüsse Gottes. Wir lesen in Epheser 1,11: „der alles wirkt nach dem Rat seines Willens.“ In anderen Stellen bezieht sich Gottes Wille für sein Volk auf das tägliche Leben (vgl. 1. Thes 4,3; 1. Pet 2,15; usw.). Auch in unserem Abschnitt bezieht sich der Wille Gottes offenbar auf unseren praktischen Lebenswandel.
Das Verstehen des Willens Gottes für unseren Weg macht die Kenntnis der Gedanken Gottes nötig, wie wir sie in seinem Wort finden. Aber diese Kenntnis ist abhängig vom geistlichen Zustand der Seele, was durch die Worte „Weisheit und geistliche Einsicht“ deutlich wird. Der Apostel will damit nicht sagen, dass die volle Einsicht in den Willen Gottes dadurch gewonnen werden kann, dass man die ausdrücklichen Gebote Gottes kennt, wie sie im Gesetz verankert sind. Noch weniger kann sie erreicht werden durch den Ratschlag von anderen, auch wenn brüderliche Hilfestellungen nicht verachtet werden dürfen. „Weisheit und geistliche Einsicht“ haben mehr damit zu tun, dass wir das, was gut und weise in den Augen Gottes ist, unabhängig von einem konkreten Gebot erkennen, wie Bruder William Kelly einmal gesagt hat.
Weisheit ist die Vertrautheit mit der Wahrheit im Gegensatz zu einem Mangel an Weisheit oder Einsicht (vgl. Röm 1,14). Geistliche Einsicht ist mehr das Unterscheidungsvermögen, das die richtige Anwendung der Wahrheit auf bestimmte Lebensumstände ermöglicht.
Auf dem Weg des Willens Gottes werden rein menschliche Weisheit und irdisches Verständnis nicht von Nutzen sein. Es ist „ein Pfad, den der Raubvogel nicht kennt und den das Auge des Habichts nicht erblickt hat; den die wilden Tiere nicht betreten, über den der Löwe nicht hingeschritten ist“ (Hiob 28,7.8). Es gibt in der Natur kein Auge, das so scharf sieht wie das eines Habichts; kein Tier ist so kühn wie der Löwe, aber die Kühnheit und die Weitsicht der Natur sind nicht vergleichbar mit dem Weg des Glaubens. Einfalt des Auges, das nur Christus als Gegenstand vor sich hat, wird allein geistliches Verständnis geben.
Die Heiligen in Kolossä kannten die Gnade Gottes, die ihnen die gesegnete Hoffnung in den Himmeln sichergestellt hat. Aber es scheint doch, dass sie in Gefahr standen, durch überredende Worte der Menschen, durch Philosophen und eitlen Betrug verführt zu werden. So mangelte es ihnen an der vollen Erkenntnis des Willens Gottes.
Würdiger Lebenswandel
„Um würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werk Frucht bringend und wachsend durch die Erkenntnis Gottes“ (Vers 10).
Nun lernen wir, dass diese göttliche Weisheit ein dreifaches Ziel im Blick hat:
- Wir sollen „würdig des Herrn zu allem Wohlgefallen wandeln“.
- Wir sollen „in jedem guten Werk Frucht bringen“.
- Wir sollen „wachsen durch die Erkenntnis Gottes“.
Es ist bemerkenswert, dass in diesem Abschnitt die volle Erkenntnis und geistlich Einsicht nicht darin bestehen, dass wir große Dinge für den Herrn tun oder dass wir die Wahrheit über den Herrn lehren oder predigen. Nein, vor allem anderen sollen wir würdig des Herrn unseren Lebenswandel führen. Wie viel wichtiger als all unser Dienst und alle Aktivitäten ist unser geistlicher Zustand und unser praktischer Lebenswandel im täglichen Leben. Gerade dafür betet der Apostel.
Zudem betet der Apostel nicht, dass wir in unserem Lebenswandel möglichst jede Bosheit vermeiden, was ein natürlicher Mensch tun mag. Sein Gebet ist, dass wir würdig des Herrn wandeln. Der Herr ist der Maßstab für unseren Lebenswandel. Wir sollen vor unseren Augen nicht einfach einen Lebenswandel haben, der unserem eigenen Ruf oder unserer Stellung dient, unserer Familie oder Nation, nicht einmal dem Ruf der Heiligen, sondern es geht um einen Lebenswandel würdig des Herrn.
Es reicht nicht einmal, „nur“ würdig des Herrn zu wandeln. Wir sollen das „zu allem Wohlgefallen“ tun. Es ist also nicht einfach ein Lebenswandel, der angenehm für uns oder unsere Brüder ist und ihnen gefällt. Wir sollen dem Herrn gefallen. Von Ihm ist geschrieben: „Denn auch der Christus hat nicht sich selbst gefallen“, sondern im Gegenteil: „Ich tue allezeit das ihm [dem Vater] Wohlgefällige“ (Röm 15,3; Joh 8,29).
Wie oft sagen oder tun wir etwas, was wir nie gesagt oder getan hätten, wenn wir uns gefragt hätten: „Gefällt dies dem Herrn?“ Wir tun gut daran, täglich mit Gebet zu erflehen, dass wir „würdig des Herrn zu allem Wohlgefallen wandeln“.
Frucht bringen und wachsen
Darüber hinaus wünscht der Apostel, dass wir „Frucht bringen in jedem guten Werk“. Frucht im Gläubigen ist immer der Ausdruck dessen, was Christus ist. Der Mensch der Welt kann viele gute Werke tun. Aber er kann keine Frucht für Gott in seinen guten Werken tragen. Nur der Gläubige kann etwas von Christus in seinen guten Werken ausdrücken. Allein dadurch ist in den guten Werken, die den Menschen nützen, auch Frucht für Gott vorhanden.
Schließlich wünscht der Apostel, dass wir „wachsen durch die Erkenntnis Gottes“. Der Weg, der würdig des Herrn ist und in dem wir Frucht für Gott bringen, wird zweifellos einer sein, der zu geistlichem Wachstum führt, indem wir eine zunehmende Vertrautheit mit Gott erlangen. Das ist eine Erkenntnis Gottes, die wir durch Erfahrung gewinnen und nicht durch die Lehre allein, auch wenn solch eine Erkenntnis zweifellos in Übereinstimmung mit der Wahrheit ist.
Aus diesen Überlegungen und anderen Abschnitten der Schrift wird deutlich, dass Gläubige nicht in dieser Welt zurückgelassen worden sind, um ihren Weg zum Himmel zu finden, so gut sie es vermögen, oder in Übereinstimmung mit ihren eigenen Ideen im Blick auf das, was Gott gefällt, zu wandeln. Der Weg, den Gott für sein Volk gewiesen hat, ist einer, in dem sein Wille vorherrschend ist, nicht der ihre.
Dieser zehnte Vers zeigt deutlich seinen Willen. Sein Volk soll würdig des Herrn wandeln und Frucht bringen, also die Offenbarung des Charakters Christi. Und es soll in der Erkenntnis Gottes wachsen.
Ein Lebenswandel, würdig des Herrn, kann nur dann vorhanden sein, wenn wir „seinen Fußstapfen folgen“. Von Ihm lesen wir: „Der gescholten, nicht widerschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet“ (1. Pet 2,23). Angesichts von Unrecht und harter, unpassender und böser Sprache, die gegen uns geschehen mag, sollte unser Anliegen nicht darin bestehen, uns zu verteidigen und unsere Rechte durchzusetzen. Wir sollten stattdessen Christus offenbaren. Wenn wir Böses erleiden, sollten wir uns daher Ihm übergeben, der gerecht richtet. Wenn wir die Interessen Christi zu unserem wichtigsten Anliegen machen, können wir Gott vertrauen, der dann unsere Anliegen zu seinem Interesse machen wird. Wenn wir so Christus darstellen, werden wir Frucht bringen und in der wahren Erkenntnis Gottes wachsen.
Bruder John Nelson Darby hat einmal gesagt: „Wir zieren die Lehre Gottes, unseres Retters, dadurch, dass wir in dieser Welt der Sünde und in den täglichen Umständen und Versuchungen nicht das Fleisch offenbaren, sondern was Christus ist. Unsere Herzen nähren sich von seiner Liebe, während wir uns auf seinen Arm stützen und durch sein Auge geführt werden. Wird Er darin versagen, uns in der Stunde der Not zu helfen? Er führt uns gerade deshalb hinein, damit wir erleben, wie reichlich seine Quellen sind, um aus uns Überwinder über all die Macht des Feindes zu machen.“
Gekräftigt mit aller Kraft zu allem Ausharren
„Gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit, zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freuden“ (Vers 11).
Wir haben schon gesehen, dass der Weg, auf dem wir würdig des Herrn leben und Frucht bringen und in der Erkenntnis Gottes wachsen, göttliche Weisheit und geistlich Einsicht nötig macht. Nun lernen wir die weitere Wahrheit, dass wir für einen solchen Weg göttliche Kraft benötigen. Ein solcher Weg übersteigt jede Kraft, die man natürlicherweise besitzen könnte. Daher bittet der Apostel dafür, dass wir „gekräftigt werden mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit“.
Je erhabener eine Person, desto größer ist ihre Macht. Wer kann daher die Macht der Herrlichkeit Christi abschätzen, der zur Rechten der Macht thront? Im Brief an die Epheser lernen wir etwas über „die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden“. Sie ist darin gesehen worden, dass Christus zur Rechten Gottes gesetzt wurde über jede Macht, die gegen uns sein könnte, sei es in dieser Welt oder in der zukünftigen (Eph 1,19-21).
Wenn Christus in seinem Weg unser Vorbild ist, dann ist der lebende Christus in der Herrlichkeit unsere Kraft. Diese mächtige Kraft steht uns zur Verfügung, nicht um uns auf der Erde zu großen Predigern und Lehrern oder zu bekannten Führern unter dem Volk Gottes zu machen. Es geht Gott darum, uns zu befähigen, nicht nur einen Weg zu begeben, der dem Herrn gefällt, sondern auch auf diesem Weg mit allem Ausharren und aller Langmut und Freude zu ertragen.
Wir sehen Ihn als Vorbild an auf seinem vollkommen Weg auf der Erde. Wir schauen zu Ihm in der Herrlichkeit, um Kraft für unseren Lebenswandel zu bekommen, um so zu leben, wie Er es als unser Vorbild getan hat. Daher kann der Apostel in einem anderen Brief sagen: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist“ (2. Kor 3,18).
Der Apostel bittet nicht um Kraft dafür, eine große Tat zu vollbringen oder ein großes Opfer zu stellen bei einer besonderen Gelegenheit. Er bittet um Kraft, damit wir in einem Zustand sind, der würdig des Herrn ist in der Ruhe des täglichen Lebens. Wie gut wissen wir, dass das tägliche Leben der wahre Test für das christliche Leben ist. Da benötigen wir „alles Ausharren und alle Langmut“, verbunden mit „Freuden“. „Langmut“ kann tatsächlich von Zeit zu Zeit auch durch ungläubige Menschen ausgestrahlt werden. Aber wer außer Christen könnte Langmut mit Freuden verbinden?
Diese Ausdrücke beschreiben mehr das, was wir sind, als das, was wir tun. Geduld hat mehr mit Umständen zu tun, Langmut mehr mit unseren Geschwistern. Und Freude bezieht sich auf Gott. Das ist der Weg, den der Apostel für die Gläubigen wünscht: ein Weg, auf dem Christus vorangegangen ist, denn wir lesen: „Wer sagt, dass er in ihm bleibe, ist schuldig, selbst auch so zu wandeln, wie er gewandelt ist“ (1. Joh 2,6). Auf seinem Weg durch diese Welt war alles gegen Ihn. Bei jedem Schritt musste Er den Widerspruch der Sünder erdulden, die Feindschaft der religiösen Welt und die Schwachheit und Unwissenheit der Seinen. Dennoch tat Er angesichts jeder Art der Prüfung nie etwas für sich selbst getan, sondern war immer dem Willen seines Vaters gehorsam, indem Er vollkommene Güte und jede Geduld mit Langmut zeigte.
Wenn wir auf seinen Weg sehen, werden wir das erkennen, was es nicht einmal im Himmel gibt: einen vollkommenen Weg inmitten von Bösem. Dies ist das vollkommene Vorbild für den Weg des Gläubigen. Um in irgendeinem Maß den Weg zu gehen, der Christus als Vorbild hat, ist nur für den möglich, der mit einem einfältigen Auge auf Christus sieht.
Fähig gemacht zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht
„Danksagend dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht“ (Vers 12).
Der Apostel fährt fort, uns das Geheimnis von Freude zu zeigen, wenn wir uns in Umständen befinden, die Geduld und Langmut nötig machen. Dieses Geheimnis liegt in der Erkenntnis dessen, was der Vater für uns getan hat.
1. Der Vater hat uns fähig gemacht zum Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht. Es gibt nicht nur ein Anteil, das im Himmel aufgehoben wird, sondern wir sind auch passend gemacht für dieses Teil. Wir sind nicht nur fähig gemacht worden für die Vorrechte der Heiligen auf der Erde, sondern auch dafür, ihr Teil im Licht zu teilen. So umfassend ist die Wirksamkeit des Werkes Gottes durch Christus, dass es sein Volk fähig macht, „im Licht“ zu stehen, wo Gott in dem vollen Licht seiner unbefleckten Heiligkeit wohnt.
Der Vater hat uns in allen unseren Sünden und in unserer Abscheulichkeit aufgenommen und passend für das Licht gemacht. Selbstgerechtigkeit mag sagen: „Ich bin nicht passend.“ Aber der Glaube schaut auf den auferstandenen Christus und kann sagen: „Ich bin zu dem gemacht worden, was Er ist, und daher bin ich passend für die Heiligen in dem Licht.“ Es mag tiefe Übungen geben, um das zu lernen. Endlose und peinigende Fragen mögen aufkommen, wenn das Herz in sich selbst schaut. Aber all diese Fragen werden geklärt, wenn die Seele immer zu dem auferstandenen Christus schaut. Christus ist auferstanden, und im Blick auf den auferstandenen Christus gibt es keine Fragen mehr. Er ist jenseits der Sünden, jenseits des Gerichts, jenseits des Todes und jenseits der Macht Satans, die Er auf dem Kreuz in den drei Stunden der Finsternis trug.
Das, was wahr ist von Christus, ist wahr von dem Glauben, für den Christus starb. Wenn wir leibhaftig auferstanden sein werden, werden wir keine Frage mehr haben, ob wir passend sind für das Licht. Aber Gott teilt uns mit, dass Christus, der für uns starb, tatsächlich auferstanden ist. Und das, was wahr ist für Ihn, ist wahr für den Gläubigen vor Gott. Da Christus für das Licht passend gemacht ist, sind auch wir es. Der Räuber war passend, um bei Christus zu sein, an dem Tag, als er sich bekehrte. Paulus am Ende seines hingebungsvollen Lebens war nicht passender für den Himmel als der Räuber, der in die Herrlichkeit an dem Tag ging, als er sich bekehrte. Wir wissen allerdings, dass Paulus ein großes Stück passender war, um in dieser Welt des Bösen für Christus zu leben.
Aus der Gewalt der Finsternis in das Königreich des Sohnes seiner Liebe gebracht
„Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt hat in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Vers 13).
2. Wir sind aber nicht nur fähig gemacht zum Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht, sondern der Vater hat uns auch errettet aus der Autorität der Finsternis, Satans und seiner Sendboten, „die Weltbeherrscher dieser Finsternis“ (Eph 6,12). Geblendet durch Satan befindet sich diese Welt trotz ihrer Zivilisation, Entdeckungen und Erfindungen in der Finsternis oder Unwissenheit über Gott. Der Christ ist errettet worden von der Gewalt der Finsternis und unter eine ganz andere Autorität gebracht worden. Das ist eine Person, die einen großen und herrlichen Platz einnimmt und eine einzigartige Beziehung zu Gott hat als der „Sohn seiner Liebe“.
Später wird Christus auf der Erde in seinem Königreich als Sohn des Menschen sein. Aber diese herrliche Person, unter deren Einfluss wir gebracht worden sind, ist der Eine, von dem der Vater sagen kann: „Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn hört.“ Indem wir unter der Autorität des Sohnes seiner Liebe stehen, kommen wir unter den Einfluss dessen, der uns nicht nur vor jedem Schaden beschützt, sondern auch im Blick auf jedes Bedürfnis hilft. Vor allem befriedigt Er unsere Herzen mit seine unfehlbaren Liebe.
So sind wir nicht nur passend gemacht für das Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht, - dem Licht Gottes - sondern wir kommen unter die Autorität von Liebe, der Liebe des Vaters, die im Sohn offenbart worden ist.
Die Erlösung - die Vergebung der Sünden
„In dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden“ (Vers 14).
3. Schließlich werden wir an die gerechte Grundlage erinnert, auf der wir passend gemacht worden sind für das Licht und auf der wir in das Königreich der Liebe geführt werden konnten. Durch das Werk Christi auf dem Kreuz ist alles hinweggetan worden, das zwischen uns und dem Segen stand, so dass wir sagen können: „In dem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“
In diesen Versen 12-14 danksagt der Apostel nicht länger für die Eigenschaften, die in den Heiligen in Kolossä zu finden sind, wie er das in den Versen 4 und 5 getan hat. Hier ist seine Dankbarkeit dem Vater gegenüber der Ausdruck für die Segnungen, die das gemeinsame Teil aller Gläubigen sind. Daher sagt er auch: „hat uns [und nicht: euch] fähig gemacht“; „hat uns errettet“; hat uns versetzt“; „haben wir die Erlösung“.
Zunächst hatten wir das Gebet des Apostels zum Vater im Blick auf unseren Lebenswandel und unser geistliches Wachstum. Hier danksagt er für die Segnungen, die uns aus Gnade geschenkt worden sind. Diese Segnungen sind kein Gegenstand für ein Gebet, sondern der Anlass für einen Lobpreis. Sie offenbaren die Stellung und Beziehungen, in die der Gläubige gebracht worden ist durch die Gnade des Vaters durch das Werk Christi. Die Stellung und Beziehungen, die das Ergebnis des Werkes Christi sind, müssen genauso vollkommen sein wie sein Werk. Wir mögen in dem Erfassen dieser Segnungen wachsen. Aber diese selbst können nicht wachsen.
Das richtig zu verstehen ist von größter Wichtigkeit im Blick auf den christlichen Lebenswandel, jeden Dienst und auch jedes Zeugnis gegenüber der Welt. Denn dies alles kommt aus der wahren Kenntnis unserer unzerbrechlichen Beziehungen mit Gott hervor. Wenn wir das nicht recht festhalten, wird die eifrige Seele versuchen, einen guten Lebenswandel zu führen, um diese Beziehung zu sichern. Das aber ist nichts anderes als Gesetzlichkeit. Das Werk Christi allein sichert uns diesen Segen, auch wenn der Genuss des Segens zu einem Großteil von unserem Lebenswandel abhängig ist.