Einführender Vortrag zum 1. Timotheusbrief
Kapitel 1
Dem Thema entsprechend stellt Paulus sich als „Apostel Jesu Christi, nach Befehl Gottes“ vor (V. 1). In diesen Briefen nimmt die Autorität einen breiten Raum ein. Damit zeigt der Apostel, dass er in dieser Hinsicht nicht ohne den Herrn an sein Kind Timotheus schrieb. Es geschah nicht nur aus Liebe – es ging nicht einfach darum, dass der Geist Gottes ihn mit Kraft versehen hatte, um Bedürfnissen zu begegnen; denn er kennzeichnet sich als „Apostel Jesu Christi, nach Befehl Gottes, unseres Heilandes, und Christi Jesu, unserer Hoffnung, Timotheus, meinem echten Kinde im Glauben: Gnade, Barmherzigkeit, Friede ...“
Ein anderer Gesichtspunkt in diesen Briefen begegnet uns in dem Platz, welcher der Barmherzigkeit eingeräumt wird. Dabei beziehe ich mich jetzt nicht auf das, was schon häufig bemerkt worden ist, nämlich ihre Erwähnung in der Einführung. Wir werden feststellen, wie sie in das Geflecht und den Inhalt des Briefes eingewoben ist. Die Barmherzigkeit setzt Bedürfnisse – die ständige Not und die Schwierigkeiten und Gefahren der Erlösten Gottes – voraus. Sie setzt auch voraus, dass Gott in Liebe und mit offenem Blick für diese Schwierigkeiten handelt. Folglich finden wir immer wieder in diesen Briefen neben eifernder Sorge eine bemerkenswerte Milde; und das ist an seinem Platz richtig und schön. Der Apostel näherte sich dem Ende seiner Laufbahn; und daher zeigte er (obwohl alles inspiriert ist und er selbst ein seltener Edelstein, sogar unter den Aposteln, war), wie ich überzeugt bin, Beweise für eine milde innere Haltung, die den wachsenden Versuchungen und Notwendigkeiten der Erlösten Gottes angemessen ist – eine Zartheit gegen die Treuen und von Versuchungen Geprüften, wie sie in den früheren Briefen nicht so offen erkannt werden kann. Ich sage nicht, dass nicht alles zur rechten Zeit und im richtigen Maß gezeigt wurde. Doch wir können diese Milde durchaus verstehen. Als treuer Knecht war Paulus nicht nur viele Jahre lang ein Führer gewesen, sondern hatte auch an den härtesten Kämpfen teilgenommen und war durch Gefahren geschritten, in welchen viele seiner Mitknechte zurückgeblieben waren. Schande, Anfechtungen, Verfolgungen und auch die Verführungen Satans hatten einige vom Weg abgezogen, die früher an vorderster Stelle standen. Er selbst war nun mit vergleichbar wenigen seiner einstigen Gefährten, die er geliebt und mit denen er so lange zusammen gearbeitet hatte, übrig geblieben.
Wir können also gut verstehen, wie solche Umstände den Ausdruck einer Liebe offenbar machen können, die schon immer vorhanden war. Doch jetzt zeigte sie sich besonders schön und angemessen in diesem Zusammentreffen der Umstände. Das werden wir in diesen Briefen finden. Er schreibt an Timotheus als seinem „echten“ Kind. Das war keinesfalls so in Paulus' früheren Briefen. Hier ist sein „Bethanien“. Hier und jetzt sehen wir die Offenlegung der lange aufgestauten Gefühle seines Herzens. Gleichzeitig übertrug er einen bedeutungsvollen Auftrag an einen Mann, der von Gott zu diesem Zweck erweckt wurde. Dieser war vergleichsweise jung und hatte dennoch bald seinen Weg ohne die Anteilnahme und die Ermunterung jener Person zu erkämpfen, die für ihn so gesegnet gewesen war. Deshalb schreibt Paulus in diesem Fall: „Gnade, Barmherzigkeit, Friede“ (V. 2). Er fühlte die Nöte des Timotheus; aber sicherlich mangelte es bei Gott nicht an Barmherzigkeit, um bereitwillig und reichhaltig auszuströmen. „Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und Christo Jesu, unserem Herrn! So wie ich dich bat, als ich nach Macedonien reiste, in Ephesus zu bleiben.“ Wir erkennen die Liebe, die sogar ein Apostel gegen sein Kind im Glauben entfaltete. Dieser Auftrag war keineswegs ein Zwang, wenn auch voll ernstem Verlangen für das Werk des Herrn. Er wünschte, dass Timotheus dort blieb, „auf daß du etlichen gebötest, nicht andere Lehren zu lehren, noch mit Fabeln und endlosen Geschlechtsregistern sich abzugeben, die mehr Streitfragen hervorbringen, als die Verwaltung 1 Gottes fördern, die im Glauben ist“ (V. 3–4).
Danach erklärt Paulus die Natur dieses Gebots. Ich fürchte, dass der Ausdruck „Gebot“ dem englischen [und auch deutschen; Übs.] Leser häufig einen falschen Eindruck vermittelt. Ich sage nicht, dass das Wort „Gebot“ falsch ist. Es führt jedoch natürlicherweise die Menschen des Christentums schnell dazu, an die sogenannten Zehn Gebote oder die Worte des Gesetzes zu denken. Sobald das Wort „Gebot“ vor die Blicke tritt, müssen wir erwarten, dass sogar Kinder Gottes, die es eigentlich besser wissen sollten, sich sofort, und ohne sich dessen richtig bewusst zu sein, zum Gesetz zurückwenden. Dieser Gedanke liegt jedoch dem Schreiber hier so fern, dass wir ihn kurze Zeit später aufs Strengste jenes ganze Denksystem als ein Missbrauch des Gesetzes verurteilen sehen. Der Apostel meint hier mit Gebot den Auftrag, den er seinem Kind im Glauben und Mitarbeiter Timotheus aufgetragen hat. Das Endziel des Auftrags oder Gebots ist: „Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“ (V. 5). Tatsächlich ging es nicht einfach nur um einen von Paulus übergebenen Auftrag, sondern dieser Auftrag berührte auch die Wahrheit des Evangeliums. Er beinhaltete Fürsorge für den Glauben und Eifer für die Offenbarung Gottes selbst, unserem Heiland-Gott in Christus. Das Endziel von allem diesen bestand also in „Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.“
Wie schon bemerkt, ist Paulus weit davon entfernt, den geringsten Grund für eine verderbliche Vermischung dieses „Gebots“ mit dem Gesetz bestehen zu lassen. Daher wendet er sich jetzt unmittelbar dem Missbrauch des Gesetzes zu, welcher dem menschlichen Herzen so selbstverständlich ist. „Wovon etliche abgeirrt sind und sich zu eitlem Geschwätz gewandt haben; die Gesetzlehrer sein wollen und nicht verstehen, weder was sie sagen, noch was sie fest behaupten“ (V. 6–7). Daraufhin nutzt er diesen Anlass und zeigt in einer Art Einfügung den gesetzmäßigen Gebrauch des Gesetzes. Niemand sollte annehmen, dass er der Ansicht sei, dass Gott irgendetwas ohne wirklichen Nutzen eingesetzt habe. So wie es kein Geschöpf Gottes gibt, das nicht seinen besonderen Wert hat, so hat sicherlich auch das Gesetz Gottes sein ihm gemäßes Anwendungsfeld und seinen ihm angemessenen Gebrauch. Auf diese Weise verteidigt er Gott in dem, was Er gegeben, sowie auch später in dem, was Er erschaffen hat; und in keinem anderen Brief finden wir diese Wahrheiten so ausführlich entfaltet wie hier.
Gleichzeitig ist offensichtlich, dass Paulus dem Gesetz einen, wie wir sagen mögen, vergleichsweise negativen Beigeschmack gibt. Das Gesetz ist da, um zu verdammen, zu töten und sich mit dem Bösen zu beschäftigen. Das konnte niemals ein voller Ausdruck der Gedanken Gottes sein. Zweifellos enthält es ein Zeugnis von dem Hass Gottes gegen das Böse. Überhebliche Menschen lässt es ohne Entschuldigung. Doch ein Christ, der das Gesetz als Regel für sein eigenes Leben gebraucht, gibt damit sofort seinen Platz in Christus auf und verzichtet auf jene Gerechtigkeit Gottes, zu der er in Ihm gemacht worden ist (vgl. 2. Korinther 5, 21!). Das Gesetz war nicht für den Christen erlassen worden. Natürlich beabsichtigt kein Christ vorsätzlich, jene Torheit zu begehen. Doch genau dazu führt ein solcher Irrtum. Schon der Grundsatz, das Gesetz für sich persönlich zu übernehmen, bedeutet – auch ohne es zu wissen oder zu beabsichtigen – ein Aufgeben aller Segnungen in Christus. Es auf einen Christen anzuwenden, bedeutet Unwissenheit über die Gedanken Gottes. Dafür war es nie gegeben worden. Dann bleibt noch der gesetzmäßige Gebrauch des Gesetzes übrig. Es wurde nicht für einen gerechten Menschen eingeführt, sondern für einen ungerechten. Was Satan hier ganz klar beabsichtigte, war, den Erlösten unter das Gesetz zu stellen. Davon möchte der Apostel nichts hören. Er betrachtet es rundheraus als das Böse verdammend und keineswegs als Kraft oder Regel dessen, was gut ist, für den Gläubigen. „Wir wissen aber, daß ... für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist, sondern für Gesetzlose und Zügellose, für Gottlose und Sünder, für Heillose und Ungöttliche, Vaterschläger und Mutterschläger, Menschenmörder, Hurer, Knabenschänder, Menschenräuber, Lügner, Meineidige, und wenn etwas anderes der gesunden Lehre zuwider ist“ (V. 8–10).
Ein gewichtiger Urteilsspruch und auch außerordentlich kennzeichnend für diese beiden Briefe! Die Zeit dafür war gekommen. Die Erlösten (insbesondere in Ephesus) hatten schon viel von der himmlischen Wahrheit gehört. Zudem gab es, wie wir sehen, den Versuch, das zu verbessern, was für einen Mangel bei denen gehalten wurde, die sich auf der himmlischen Reise befanden. Die Wahrheit sollte durch das Gesetz ergänzt werden. „Das ist alles falsch“, ruft der Apostel. „Das ist nicht nur eine unwissentliche Leugnung dessen, dass ihr Christen seid, sondern auch ein Aufgeben eurer Stellung als gerechte Menschen. Der wahre und göttliche Grundsatz ist ganz anders.“ Daher wird jetzt die „gesunde Lehre“ eingeführt; und wir werden sehen, wie schön sie später in unserem Brief angewandt wird. Der Apostel berührt nur einen kurzen Moment diesen wohltuenden Gesichtspunkt; daraufhin wendet er sich einem höheren zu. In Christus finden wir etwas, das uns vollständig aus unserer Natur heraushebt und vor Gott, entsprechend allem, was in seinem Herzen ist, stellt: seine Ratschlüsse der Herrlichkeit für uns in Christus. Tatsächlich nennt Paulus unmittelbar danach das, was er predigt, das „Evangelium der Herrlichkeit“ (das „herrliche Evangelium“, wie es in der englischen „King James Bibel“ [und älteren Ausgaben der „Lutherbibel“; Übs.] steht) „des seligen Gottes.“ „Nach dem Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes, welches mir anvertraut worden ist“ (V. 11). Der Apostel gibt sich große Mühe zu zeigen, dass keine Herrlichkeit, wie sie in Christus offenbart worden ist, keine Segnung in der vollkommenen Freimachung von unserem Fleisch und keine Befreiung des Gläubigen vor Gott in Christus Jesus die Bedeutung der „gesunden Lehre“ abschwächt. Sie wird im Gegenteil nur noch bedeutungsvoller.
Wir werden finden, dass Paulus durch „gesunde Lehre“ die geringsten Beziehungen dieses Lebens der sorgfältigsten Pflege anheimstellt, da diese Lehre aus der Gnade und Wahrheit Gottes hervorströmt. Das ist der echte Schutz gegen einen Missbrauch himmlischer Wahrheiten und nicht das Stellen des Menschen unter Gesetz, welches unvermeidlich zu Knechtschaft und Verdammung führt und weder zur Verherrlichung Gottes beiträgt, noch dem Menschen Kraft oder Heiligkeit mitteilen kann. Gleichzeitig aber leuchtet die himmlische Wahrheit – weit davon entfernt damit unvereinbar zu sein – niemals so hell wie in den kleinsten Einzelheiten des Wandels zu Hause, in der Familie und im Beruf sowie in dem Betragen und Ausdruck eines Menschen in seinem Leben Tag für Tag. Das gilt nicht ausschließlich in der Versammlung, im Gottesdienst bzw. im geistlichen Dienst allgemein, sondern auch in der Ruhe des eigenen Heims. Schon die Beziehung eines Knechtes zu seinem Herrn bietet an ihrem Platz eine gesegnete Gelegenheit zu zeigen, welchen Wert die Wahrheit von der Herrlichkeit für den Glauben hat und von welcher Art die Kraft der Gnade ist, welche durch Christus, dem Herrn, dem Menschen zuteilwird. Das werden wir in diesen Briefen an Timotheus finden. Der Apostel verbindet die Wahrheit in seiner wunderbaren Weise mit Hinweisen auf die täglichen Pflichten. Er geht sogar auf die geringsten Angelegenheiten dieses Lebens ein entsprechend „dem Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes.“ Dabei bezieht er sich auf seinen eigenen Fall; denn er war ein umso besserer Prediger des Evangeliums, je mehr er sich selbst als einen Gegenstand der Gnade Gottes empfand, welcher es ihm in Christus offenbart hatte. Was könnten wir uns kennzeichnender für diesen Mann vorstellen? Die Tragweite dieses Abschnitts ist demnach äußerst persönlich und praktisch. „Ich danke Christo Jesu, unserem Herrn, der mir Kraft verliehen, daß er mich treu erachtet hat, indem er den in den Dienst stellte ...“ (V. 12). Das vergaß er nicht. Aber er besteht auch mit Sorgfalt darauf, dass es bei ihm noch einen weit naheliegenderen und unmittelbareren Mangel gab: „Der zuvor ein Lästerer und Verfolger und Gewalttäter war; aber mir ist Barmherzigkeit zuteil geworden, weil ich es unwissend im Unglauben tat. Über die Maßen aber ist die Gnade unseres Herrn überströmend geworden mit Glauben und Liebe, die in Christo Jesu sind“ (V. 13–14).
Folglich gibt Paulus danach eine Beschreibung des Evangeliums: „Das Wort ist gewiß und aller Annahme wert, daß Christus Jesus in die Welt gekommen ist, Sünder zu erretten, von welchen ich der erste bin. Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteil geworden“ (V. 15–16). Wie wir bemerken, ist es immer Barmherzigkeit. Hier geht es nicht so sehr um die Frage der Gerechtigkeit. Auch die Rechtfertigung steht nicht derart im Vordergrund wie in anderen Briefen. „Aber darum ist mir Barmherzigkeit zuteil geworden, auf daß an mir, dem ersten, Jesus Christus die ganze Langmut erzeige, zum Vorbild für die, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben.“ Dieser Gedanke ruft in Paulus Preis und Danksagung an den Herrn hervor. Daraufhin wiederholt er den Auftrag des fünften Verses: „Dieses Gebot vertraue ich dir an.“ Es geht nicht um das Gesetz oder irgendeine vorausgesetzte Bearbeitung desselben, um den Pfad solcher vorzuschreiben, die das Evangelium angenommen haben. Dieser Auftrag ist, wie er festhält, das „Gebot“ unseres Heiland-Gottes. Es geht um das, was Er jetzt verkündigen lässt – und nichts anderes. „Dieses Gebot vertraue ich dir an, mein Kind Timotheus, nach den vorangegangenen Weissagungen über dich, auf daß du durch dieselben den guten Kampf kämpfest, indem du den Glauben bewahrst und ein gutes Gewissen, welches etliche von sich gestoßen und so, was den Glauben betrifft, Schiffbruch gelitten haben“ (V. 18–19).
Erneut finden wir, wie vorher schon, jene Mischung von Glaube und gutem Gewissen. Einige haben nicht den Glauben, sondern das gute Gewissen von sich gestoßen und im Glauben Schiffbruch erlitten. Es spielt demnach keine Rolle, was du festhältst oder worin du dich zu erfreuen scheinst – das Aufgeben einer besorgten Wachsamkeit über deine Wege verbunden mit fehlendem Selbstgericht in den großen oder kleinen Dingen, die jeder Tag vor uns bringt, ist verhängnisvoll. Dabei mag es sich nur um eine kleine Sünde handeln, welche du dir erlaubst; doch wo sie nicht nach den Gedanken Gottes gerichtet wird, wird sie zum Anfang sehr großen Unheils. Wenn ein gutes Gewissen aufgegeben wird, antwortet „das Schiff“ nicht mehr dem Steuerruder; der Glaube erleidet Schiffbruch. „Unter welchen Hymenäus ist und Alexander, die ich dem Satan überliefert habe, auf daß sie durch Zucht unterwiesen würden, nicht zu lästern“ (V. 20). Paulus betrachtet die Macht Satans in der äußeren Welt, welche wirklich vorhanden ist. Diese Männer hatte Paulus dem Teufel überliefert. Die Macht des Peinigens und Quälens der Seele verbunden mit Furcht gehört nicht zum Haus Gottes; denn dort ist, wie wir finden werden, Gottes Gegenwart bekannt. Letztere ist unvereinbar mit Furcht, Zweifeln und Fragen hinsichtlich unserer Annahme und der Segnung in seinen Augen. Der Apostel hatte jene Männer dem Feind überliefert, welche alles, was heilig ist, aufgegeben hatten, und zwar nicht nur im praktischen Leben, sondern später auch als Folge davon im Glauben. Sie wurden Satan überlassen. Das heißt nicht notwendigerweise, dass sie verloren sind. Sicherlich nicht! Sie sollten geplagt werden, damit sich an ihnen zeigte, was die Macht Satans durch das Fleisch und in der Welt wirklich ist. Auf diese Weise sollten sie auch nach Möglichkeit zurückgebracht werden, indem alle ihre Knochen sozusagen zerbrochen wurden, um glücklich wieder den Zufluchtsort im Haus Gottes zu finden. Sicherlich ist es besser, keine solche Zucht zu benötigen. Aber, wenn wir sie benötigen – wie kostbar ist es zu wissen, dass Gott sie in seiner Gnade benutzt, um sich mit den Gewissen zu beschäftigen und an ihnen zu arbeiten.
Fußnoten
- 1 Die wahre Lesart, wie sie א (Cod. Sin.) und alle anderen Unziale, außer der von Clermont, und fast alle – wenn nicht sogar alle Kursivmanuskripte – enthalten ist οἰκονομίαν, nämlich „Haushaltung“ im Sinn von Aufsicht oder Verwaltung. Sogar Matthæi vereinigt sich mit den übrigen Kritikern – zusammen mit der Polyglotte Complutensis – gegen das überlieferte οἰκοδομίαν. Letzteres betrachtet er als eine einfache Verwechslung der Buchstaben δ und ν durch die Drucker des Erasmus. Das gilt allerdings nicht für die lateinische, syrische (außer der späten) und gotische Bibelversion, selbst wenn wir auch bei ihnen voraussetzen, dass das δ einen Schnitzer der Abschreiber darstellt. Offensichtlich geht es hier nicht um „Erbauung“, sondern um die rechte Ordnung im Haus Gottes, und zwar im Glauben. Somit sind in Bezug auf die wahre Lesart die inneren Beweise genauso stark wie die äußeren. (W. K.)