Der zweite Brief an die Korinther
Kapitel 11
Das Vorbild des Apostels und böse Arbeiter
Die Sorge des Apostels
„Dass ihr doch ein wenig Torheit von mir ertragen könntet! Doch ertragt mich auch!“ (Vers 1).
Der Apostel hatte soeben gesagt, dass nur der bewährt ist, den der Herr empfiehlt. Unter normalen Umständen war es somit Torheit, sich selbst zu empfehlen. Jetzt war jedoch eine Situation entstanden, in der es der Apostel für nötig erachtete, von sich selbst zu sprechen. Daher bat er die Heiligen in Korinth zu ertragen, was von seiner Seite wie ein wenig Torheit erscheinen mochte.
„Denn ich eifere um euch mit Gottes Eifer; denn ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen. Ich fürchte aber, dass etwa, wie die Schlange Eva durch ihre List verführte, so euer Sinn verdorben und abgewandt werde von der Einfalt gegenüber dem Christus. Denn wenn der, der kommt, einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so ertragt ihr es gut“ (Verse 2-4).
Paulus spricht zunächst über den Beweggrund dafür, von sich selbst zu reden. Zudem nennt er den Anlass für seine Selbstrechtfertigung. Bei ihm ging es nicht darum, sich aufgrund der Eitelkeit des Fleisches in Selbstliebe zu erhöhen, sondern es war ein gottesfürchtiger Eifer für die Herrlichkeit Christi und für den Segen der Gläubigen.
Paulus benutzt das Bild eines Mannes und seiner Braut: „Ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen.“ Er hatte ihnen Christus als den Einen vorgestellt, der in allem lieblich war. Er wollte ihre Herzen auf Ihn ausrichten. Es war nunmehr sein Wunsch, sie, was ihr praktisches Leben betraf, vollkommen passend für Christus zu machen, um sie Ihm als eine keusche Jungfrau vorzustellen. Er sehnte sich danach, dass die Heiligen in heiliger Absonderung von dieser befleckenden Welt lebten, indem sie in Einfalt ihrer Herzen einen Lebenswandel in Hingabe für Christus führten.
Paulus sah voraus, dass der Feind einen raffinierten Versuch unternehmen würde, sie von Christus wegzuziehen, genauso wie er damals Eva im Garten Eden verführte und von ihrer Treue zu Gott abbrachte. Wir wissen, dass Satan Eva versuchte, indem er ihr neues Wissen versprach. Er sagte zu ihr: „Ihr werdet sein wie Gott, erkennend Gutes und Böses“ (1. Mo 3,5). Die Herzen der Korinther versuchte er auf die gleiche Weise von Christus - dem wahren Baum des Lebens - wegzustehlen, indem er sie gewissermaßen durch den Baum der Erkenntnis versuchte.
Der Apostel erkennt in seinem ersten Brief an, dass sie in allem Wort und in aller Erkenntnis reich gemacht worden waren (1. Kor 1,5). Er warnt sie aber davor, dass Erkenntnis ohne Liebe aufblähe (1. Kor 8,1-3). Am Anfang der Menschheitsgeschichte näherte sich der Feind Eva mit der Frage: „Hat Gott wirklich gesagt?“. Er stellte damit das Wort Gottes in Frage. Heute sucht er, das Wort Gottes zu untergraben, indem er der göttlichen Offenbarung auf der Basis menschlicher Überlegung den Boden wegzunehmen sucht (Stichwort: Bibelkritik). So hat Satan das große christliche Bekenntnis verdorben, indem er „einen anderen Jesus“ und „einen anderen Geist“ und „ein anderes Evangelium“ als das des Wortes Gottes eingeführt hat. Auf diese Weise sind Seelen von der wirklichen Wahrheit weggezogen worden, die in Christus offenbart worden ist. Das ist zweifellos die böse Wurzel, die am Ende zum großen Abfall führen wird.
Da das die Gefahr war, der die Gläubigen in Korinth ausgesetzt waren, so sollten sie den Apostel ertragen, durch den sie die Wahrheit empfangen hatten, selbst wenn er dieses eine Mal von sich selbst sprach, um den Heiligen im Blick auf die falschen Brüder zu helfen und sie gegen diese zu wappnen.
Der Apostel und die Korinther
„Denn ich meine, dass ich in nichts den ausgezeichnetsten Aposteln nachstehe. Wenn ich aber auch ein Unkundiger in der Rede bin, so doch nicht in der Erkenntnis; sondern in jeder Weise sind wir in allem euch gegenüber offenbar geworden“ (Verse 5.6).
Diese falschen Lehrer versuchten, das Werk des Apostels zu untergraben, indem sie seine Apostelschaft und seinen Dienst in Frage stellten. Er konnte aufrichtig sagen, dass er „in nichts den ausgezeichnetsten Aposteln“ nachstand. Er mochte unkundig in der Rede sein, aber er hatte keinen Mangel im Blick auf die Erkenntnis göttlicher Offenbarung. Das wussten sie, denn er hatte ihnen die Wahrheit in allem offenbart.
„Oder habe ich eine Sünde begangen, indem ich mich selbst erniedrigte, damit ihr erhöht würdet, weil ich euch das Evangelium Gottes umsonst verkündigt habe? Andere Versammlungen habe ich beraubt, indem ich Lohn empfing zu eurer Bedienung. Und als ich bei euch anwesend war und Mangel hatte, fiel ich niemand zur Last (denn meinen Mangel erstatteten die Brüder, die von Mazedonien kamen), und ich hielt mich in allem euch unbeschwerlich und werde mich so halten. Die Wahrheit Christi ist in mir, dass mir dieses Rühmen in den Gegenden von Achaja nicht verwehrt werden soll!“ (Verse 7-10).
War es ein Vergehen, dass er mit seinen eigenen Händen gearbeitet hatte, als er bei ihnen war, um selbst für seine Bedürfnisse zu sorgen, damit er die Verkündigung des Evangeliums für sie kostenlos machen konnte? Er hatte tatsächlich von anderen Versammlungen materielle Hilfe erhalten, um den Dienst an den Korinthern tun zu können. Diejenigen, die ihn von Mazedonien begleiteten, hatten ihm geholfen, seine irdischen Bedürfnisse zu stillen. So konnte ihn niemand daran hindern, sich zu rühmen, dass er den Geschwistern in Achaja nicht zur Last gefallen war.
„Warum? Weil ich euch nicht liebe? Gott weiß es. Was ich aber tue, werde ich auch tun, damit ich denen die Gelegenheit abschneide, die eine Gelegenheit wollen, damit sie in dem, worin sie sich rühmen, befunden werden wie auch wir“ (Verse 11.12).
Lehnte er ihre materielle Hilfe ab, weil er sie nicht liebte? Das Gegenteil war der Fall. Sein Motiv war, denen jede Gelegenheit abzuschneiden, die sich selbst rühmten, im Gegensatz zum Apostel keine Last für diese Versammlung zu sein.
„Denn solche sind falsche Apostel, betrügerische Arbeiter, die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen. Und kein Wunder, denn der Satan selbst nimmt die Gestalt eines Engels des Lichts an; es ist daher nichts Großes, wenn auch seine Diener die Gestalt als Diener der Gerechtigkeit annehmen, deren Ende nach ihren Werken sein wird“ (Verse 13-15).
Diese Menschen waren falsche Apostel und betrügerische Arbeiter. Sie waren nicht wie Paulus „Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen“ (2. Kor 1,1), sondern selbsternannte Apostel, „die die Gestalt von Aposteln Christi annehmen“. In Wirklichkeit waren sie Diener Satans, der weiß, wie man mit einer schönen äußerlichen Erscheinung verführen kann, indem er sich in einen Engel des Lichts verwandelt. Diese falschen Apostel ahmten ihren Meister nach und ummantelten ihr Böses mit einer Zurschaustellung guter Werke, als ob sie Diener der Gerechtigkeit wären. Ihr Ende wird nach ihren Werken sein. Im Widerstand dieser Diener Satans gegen den wahren Diener Christi sehen wir den Beginn von jenem großen verdorbenen System, von dessen Ende Gott sagt: „Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von all denen, die auf der Erde geschlachtet wurden“ (Off 18,24).
Die Leiden eines wahren Apostels
„Wiederum sage ich: Niemand halte mich für töricht; wenn aber doch, so nehmt mich doch auf als einen Törichten, damit auch ich mich ein wenig rühmen möge. Was ich rede, rede ich nicht nach dem Herrn, sondern als in Torheit, in dieser Zuversicht des Rühmens. Weil viele sich nach dem Fleisch rühmen, so will auch ich mich rühmen. Denn ihr ertragt gern die Toren, da ihr klug seid. Denn ihr ertragt es, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand von euch nimmt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt. Ich rede bezüglich der Unehre, als ob wir schwach gewesen wären.Worin aber irgend jemand dreist ist (ich rede in Torheit), bin auch ich dreist. Sind sie Hebräer? Ich auch. Sind sie Israeliten? Ich auch. Sind sie Abrahams Nachkommen? Ich auch“ (Verse 16-22).
Der Apostel hatte gezeigt, dass er im Gegensatz zu diesen „falschen Aposteln“ das Evangelium Gottes gepredigt und Seelen mit Christus verbunden und den Korinthern kostenfrei gedient hatte, um jenen jede Gelegenheit wegzunehmen, die sich selbst rühmten und das Geld der Korinther annahmen (Vers 20). Aber es gibt noch eine andere Sache, in der der wahre Diener sich auffallend von diesen falschen Aposteln unterschied, nämlich im Blick auf die Schmach und Leiden, die er um des Herrn willen im Lauf seines Dienstes zu erleiden hatte.
Von diesen Leiden wollte der Apostel jetzt sprechen. Aber bevor er das tat, drückte er noch einmal seinen tiefen Widerwillen aus, von sich selbst zu sprechen. Wenn er das jetzt tun musste, um seine Lauterkeit zu beweisen, so vertraute er darauf, dass niemand dächte, er sei ein Tor. Wenn sie jedoch dachten, er spreche wie ein Tor, so sollten sie ihn ein wenig ertragen. Der Apostel war sich bewusst, dass das Rühmen seiner selbst alles andere als vom Herrn war, egal, in was für einer Form es geschah: sei es im Blick auf die Redefähigkeit, die intellektuelle Kraft, die Unabhängigkeit der Mittel, Familienbeziehungen oder auch die soziale Stellung. Wenn es aber solche gab, dies sich nach dem Fleisch rühmten, so konnte auch er das tun. Sie hätten so keinen Grund sich zu beschweren. Denn sie mussten anerkennen, dass sie leicht Toren ertrugen, die sie selbst in die Knechtschaft von Menschen brachten, sie aufzehrten, ihr Geld nahmen und sich selbst erhöhten, indem sie andere beleidigten. Dass er nicht so handelte wie diese Männer es getan hatten, mochte ihm als Schwachheit ausgelegt werden. Wenn sie jedoch meinten, er sei schwach, wollte er ihnen zeigen, dass er auch dreist sein konnte, auch wenn er immer noch überzeugt war, dass von sich selbst zu sprechen Torheit war.
Konnten die Widersacher sich erniedrigen und sich ihrer jüdischen Abstammung als Hebräer und als Israeliten rühmen, indem sie für sich in Anspruch nahmen, Nachkommen Abrahams zu sein? Das konnte der Apostel ebenfalls.
Das Rühmen der Schwachheiten
„Sind sie Diener Christi? (Ich rede als von Sinnen.) Ich noch mehr. In Mühen überreichlicher, in Gefängnissen überreichlicher, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft. Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Schläge weniger einen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht habe ich in der Tiefe zugebracht; oft auf Reisen, in Gefahren durch Flüsse, in Gefahren durch Räuber, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße; außer dem, was außergewöhnlich ist, noch das, was täglich auf mich andringt: die Sorge um alle Versammlungen. Wer ist schwach, und ich bin nicht schwach? Wem wird Anstoß gegeben, und ich brenne nicht?“ (Verse 23-29).
Paulus fährt dann fort, von dem viel höheren Vorrecht zu sprechen, Diener Christi zu sein, und fragt: „Sind sie Diener Christi?“ Er mochte wie „von Sinnen“ sprechen, konnte aber ohne Zögern sagen, dass er „noch mehr“ als diese Menschen, ja sogar übermäßig Diener Christi war. Um seine Worte zu belegen, macht er hier eine wunderbare Zusammenfassung seiner Arbeiten und Leiden um Christi willen. Sein treues Arbeiten als Diener Christi hatte ihn ins Gefängnis gebracht, dem Tod ins Angesicht sehend. Auch musste er vonseiten der Juden Verfolgungen erdulden.
Sein Dienst machte viele Reisen notwendig, in denen er großen Gefahren ausgesetzt war. Manche Schiffreisen mündeten in Schiffbruch, so dass er sogar einen Tag und eine Nacht in der Tiefe des Wassers zubrachte. Er hatte es mit Räubern zu tun, mit dem Hass seiner eigenen Landsleute und mit dem Widerstand der Heiden. So war er Gefahren in der Stadt, in der Wüste und auf dem Meer ausgesetzt.
Vor allem aber musste er Gefahren von falschen Brüdern erdulden. Diese Gefahren brachten für ihn Mühen und Beschwerden mit sich, auch Wachen und Fasten, Hunger und Durst, Kälte und Blöße. Neben all diesen äußeren Leiden hatte er in seinem Geist auch noch die Sorge für alle Versammlungen zu tragen. Wenn jemand schwach war, hatte er ein echtes Mitempfinden für ihre Schwachheit. Wenn jemand zu Fall kam, so erzürnte er gegen diejenigen, die einen Anstoß zu diesem Fall gaben.
„Wenn es nötig ist, sich zu rühmen, so will ich mich dessen rühmen, was meine Schwachheit betrifft. Der Gott und Vater des Herrn Jesus, der gepriesen ist in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge. In Damaskus ließ der Statthalter des Königs Aretas die Stadt der Damaszener bewachen, um mich festzunehmen, und ich wurde durch ein Fenster in einem Korb an der Mauer hinabgelassen und entkam seinen Händen“ (Verse 30-33).
Wenn es für den Apostel wirklich nötig war, sich zu rühmen, dann wollte er nicht von seiner Kraft und von Wunderwirkungen sprechen oder sogar von Offenbarungen, die er im Unterschied zu anderen erhalten hatte. In dieser Hinsicht gab es niemanden, der neben dem Apostel hätte stehen können. Nein, er rühmte sich vielmehr der Dinge, die seine Schwachheiten betrafen. Das waren Lebensumstände, die auch andere in kleinem Maß teilen konnten. Er konnte im Blick auf diese Dinge sagen, dass Gott wusste, dass er die Wahrheit sprach. Hinzu kommt noch, dass viele dieser Dinge von einer Art sind, dass der natürliche Mensch darüber eher schweigen würde.
Der Apostel schließt diesen Teil des Briefes, indem er auf einen Vorfall zu sprechen kommt, bei dem, wie jemand einmal gesagt hat, „kein Engel-Besucher die Riegel und Bolzen der massiven Türen öffnete oder die Augen der Wärter blendete“. Um seinen Feinden entkommen zu können, musste er sich der Demütigung aussetzen, durch ein Fenster in einem Korb durch die Stadtmauer hinuntergelassen zu werden. Wenn sich also andere ihrer Gaben, ihrer Kenntnis, ihrer Redeweisheit rühmten, rühmte er sich seiner Schwachheiten, die zu einer Gelegenheit wurden, die Kraft Gottes zu offenbaren. Diese Kraft war es, die den Knecht Gottes trotz aller Schwachheit und inmitten von notvollsten Umständen bewahren und benutzen konnte.
Zusammenfassung
Wenn wir dieses äußerst lehrreiche Kapitel noch einmal überdenken, sehen wir
- das beeindruckende Bild eines hingebungsvollen Dieners des Herrn Jesus. Wir erkennen auch etwas von den Leiden, die ein treuer Dienst in dieser Welt, die Christus verworfen hat, mit sich bringt. Alles weist hin auf den Tag, an dem die Heiligen Christus vorgestellt werden (vgl. Eph 5,27).
- bereits in den Tagen des Apostels den Beginn des Bösen, das während der christlichen Zeit immer weiter zugenommen hat. Dieser Weg wird sein Ende im verdorbenen christlichen Bekenntnis finden, das Christus aus seinem Mund ausspeien wird (vgl. Off 3,16).
Wenn wir diese beiden Seiten noch etwas näher besehen, erkennen wir zunächst im Blick auf den Apostel, dass er in diesem Abschnitt keine Andeutung von Wundergaben macht, durch die Kranke geheilt, Dämonen ausgetrieben und Tote auferweckt wurden. Auch finden wir keine Anspielung auf apostolische Vorrechte, die den Heiligen neue Offenbarungen oder künftige Ereignisse ankündigen. Es werden in diesen Versen auch keine außergewöhnlichen Fähigkeiten vorausgesetzt, die den Besitzer dieser Gaben befähigt hätten, mit großer Eloquenz zu sprechen oder sich an Emotionen und Intellekt zu wenden. Paulus beansprucht keinen Reichtum, keine besondere soziale Stellung, besondere Familienbeziehungen oder Vorteile im Blick auf Aus- und Fortbildung, die Menschen beeindrucken und eine Stellung und Wertschätzung in dieser Welt sicherstellen könnten.
So finden wir hier nichts, was nicht auch für den einfachsten Diener des Herrn möglich wäre. Wir erkennen im Apostel in diesem Abschnitt das wunderbare Beispiel eines hingebungsvollen Dieners, der jedem Diener des Herrn zum Vorbild sein sollte, wie sehr wir auch im Blick auf diesen Maßstab von Dienst, wie der Apostel Paulus ihn uns vorlebte, zu kurz kommen.
Der vorbildliche Diener und falsche Brüder
Wenn wir den Apostel in diesem Sinn als einen vorbildlichen Diener anschauen, sehen wir:
- Christus selbst war der große Gegenstand seines Dienstes. Sein großer Wunsch war es, den Heiligen Christus darzustellen. Manche mögen die Errettung von Sündern zum Hauptziel ihres Dienstes machen. Andere, mit einem höheren Ziel, mögen die Versammlung, die Christus so wertvoll ist, zum großen Gegenstand ihres Dienstes haben. Diejenigen aber, die Christus zum ersten Ziel ihres Dienstes machen, werden in ihrem Dienst die größte Wirkung erzielen. Solche Diener werden das Evangelium an Sünder und den Dienst der Heiligen nicht vernachlässigen. Aber ihr ganzer Dienst wird die Erfüllung des Wunsches des Herzens Christi im Blick haben, dass Er die Seinen bei sich haben möchte, damit sie wie Er sind. Das wird so sein am großen Tag der Hochzeit des Lammes, wenn Er die Frucht der Mühsal seiner Seele sehen und sich sättigen wird (vgl. Jes 53,11).
Mit Christus als großem Ziel vor Augen war es der Wunsch des Apostels, Sünder für Christus zu gewinnen. Deshalb hatte er ihnen das Evangelium verkündigt, sowohl in Korinth als auch an anderen Orten (Vers 7). Nachdem er dazu benutzt werden konnte, Sünder zur Bekehrung zu führen, hatte er immer noch Christus vor Augen und suchte, die Heiligen mit Christus zu verbinden, zu verloben (Vers 2). Und nachdem er sie zu Christus gezogen hatte, versuchte er, die Heiligen vor jeder Form des Bösen zu bewahren, wodurch sie von ihrer Treue zu Christus abgebracht würden. Schließlich sehen wir, dass Paulus bereit war im Ausführen seines Diensts und mit Christus vor Augen, Leiden zu erdulden, sei es in Mühen oder Arbeiten, in Verfolgung oder Gefangenschaft, in Gefahren oder Bedürfnissen und in Kälte oder Blöße
- Aber es gab auch in diesen frühen Tagen schon „falsche Brüder“, die sich nicht nur zum Christentum bekannten, sondern sich auch als Apostel ausgaben. Sie waren „falsche Apostel, betrügerische Arbeiter“. Dennoch kamen sie zu den Heiligen mit großem Rühmen ihrer menschlichen Fähigkeiten, so dass sie die Gestalt von Engeln des Lichts und von Dienern der Gerechtigkeit annahmen. Mit satanischer Raffinesse verdrehten diese Männer die Wahrheit und predigten „einen anderen Jesus“, „einen anderen Geist“ und „ein anderes Evangelium“ (Vers 4).
Darüber hinaus sah der Apostel voraus, dass sich die Christenheit von der Einfalt gegenüber dem Christus abwenden würde, wenn die Versammlungen die bösen Arbeiter in ihrer Mitte duldeten. Dadurch würden die Herzen der Heiligen von echter Treue zu Christus weggeführt und zu Nachfolgern derer, die in ihrer eigenen Erhöhung Jünger hinter sich selbst herzogen (Vers 20). Sie gaben vor, was sie nicht waren, und verdrehten so die Wahrheit und verdarben das christliche Bekenntnis, um sich selbst auf Kosten anderer zu erhöhen.
Wenn man heute zurückschaut über die Jahrhunderte, kann man nur bestätigen, dass das, was seinen Anfang in den Tagen des Apostels genommen hat, inzwischen zu einem großen verderbten System geworden ist. Es beansprucht, in der apostolischen Nachfolge zu stehen, verdreht die Wahrheit und erhöht sich und bereichert sich auf Kosten anderer. Schließlich verfolgt es die Heiligen.
So haben wir hier zwei Bilder: Das eine zeigt den wahren Diener, dem wir nacheifern sollen. Das andere stellt falsche Diener zu unserer Warnung vor. Wir sehen den Dienst des wahren Knechtes, der auf den großen Tag der Hochzeit des Lammes ausgerichtet ist, wenn die Versammlung, die durch das Symbol der „heiligen Stadt, des neuen Jerusalem“ dargestellt wird, als die „Frau des Lammes“ in Herrlichkeit gesehen wird. Wir erkennen aber auch die Diener Satans, die inmitten der Christenheit tätig sind und zu diesem ernsten Tag leiten, der durch das Symbol der großen Stadt Babylon das verderbte christliche Bekenntnis vorstellt, mit dem in überwältigendem Gericht gehandelt werden wird.
So ist es gut, wenn wir unsere Herzen herausfordern mit der Frage: „Am Bau welcher Stadt helfe ich durch mein Leben und meinen Dienst mit?“ Helfen wir durch unsere Arbeit und Verbindungen mit, das verdorbene Babylon zu bauen, oder haben wir auf die Mahnung unseres Herrn gehört: „Geht aus ihr hinaus, mein Volk.“? Suchen wir, in Trennung von den Verdorbenheiten der Christenheit dem Herrn im Blick auf die heilige Stadt zu dienen? Viele Heilige, die auf dem Weg zu der gesegneten Stadt unterwegs sind, mögen wie der Apostel durch das Feuer eines Märtyrertods und die Wasser des Todes gehen müssen. Aber dieser Weg führt am Ende zu dem großen Tag der Hochzeit des Lammes. Im Licht des über jedes Maß hinausgehenden, ewigen Gewichts der Herrlichkeit dieses großen Tages kann der Apostel davon sprechen, dass diese Gefahren und Verfolgungen, Mühen und Arbeiten, Leiden und Beleidigungen „das schnell vorübergehende Leichte unserer Trübsal“ sind (2. Kor 4,17).
Wenn wir in unserem kleinen Maß dem Beispiel des Apostels folgen könnten, so möge unser erster Wunsch sein, dass Christus durch Glauben in unseren Herzen wohne. Wenn wir Christus als das große Ziel vor uns haben, werden wir den Wunsch haben, Seelen für Ihn zu gewinnen, ihre Herzen dann mit Christus zu verbinden und sie vor allem zu bewahren, das uns die Wahrheit rauben und unsere Seelen von Christus wegziehen könnte. Wenn dann in einem kleinen Maß solch ein Dienst auch Leiden und Verachtung mit sich bringt, werden wir in der Lage sein, dies zu erdulden, wenn wir zu der übermäßigen Herrlichkeit des großen Tages sehen, der Hochzeit des Lammes.
Nimm, Herr, meinen Willen Du,
dass er still in deinem ruh;
nimm mein Herz, mach es hier schon
Dir zum Tempel und zum Thron!
Nimm Du meiner Liebe Füll;
Jesu, all mein Sehnen still;
nimm mich selbst und lass mich sein
ewig, einzig, völlig Dein!