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In Naamans Haus (2. Kön 5, 2-4)
Das arme junge Mädchen hatte es in dem fremden Heidenland nicht leicht. Traurig, voll Sehnsucht und Heimweh dachte sie oft an ihr Elternhaus, während sie Tag für Tag ihren Dienst verrichtete und so gut und treulich verrichtete. Sie macht in dem finsteren Land des Unglaubens und Götzendienstes ihrem Gott Ehre. Sie ist ein Zeugnis für Ihn. Sie bringt zum Ausdruck, dass sie im Dienst des lebendigen, heiligen Gottes ihrer Väter steht. Kein Murren kommt über ihre Lippen, und das Weh in ihrem Herzen kämpft sie tapfer nieder. Gott hat sie auf diesen einsamen, schweren Posten gestellt, und sie will Ihm keine Schande machen, sie möchte still ausharren. Sie war ein tapferes und gottesfürchtiges Mädchen!
Sicherlich hat sie in ihrer Kammer, wie auch Daniel später in der Gefangenschaft, ihre Knie gebeugt und Gottes Angesicht gesucht, denn Beten ist das Geheimnis aller Kraft (Dan 6,11; Ps 27,8). O, man kann treu sein, seinem Herrn dienen, ob man eine alte 84jährige Witwe im Tempel zu Jerusalem ist (Lk 2,37), oder ein junges Mädchen, gefangen in der Fremde. Wenn man sich nur an seinen Herrn klammert.
„Du bleibst derselbe,
Du wankest nicht.
Hältst, was dein Wort uns verspricht
Treu bist Du, ewig derselbe.“
Sie hatte sich das Vertrauen ihrer hohen Herrin erworben, deshalb können wir auch annehmen, dass sie alles, was sie tat, genau und gewissenhaft tat. Was ihr die Herrin auftrug, das war so gut wie erledigt. Und dass ihre Herrin ihr Vertrauen schenkte, geht deutlich daraus hervor, dass auf ihr Wort hin Naaman zum König geht und sagt, so und so hat das Mädchen geredet. Gering und unscheinbar aber gottesfürchtig und gewissenhaft, ist sie in diesem Haus eine Quelle des Segens. Und das wird jeder Gläubige sein, der auf diese Weise seinen Platz einnimmt, wo Gott ihn hinstellt, eingedenk des Wortes: „Ich habe euch auserwählt, und euch dazu bestimmt, dass ihr hin geht und Frucht bringt…!“ (Joh 15,16). Einerlei, ob in Kanaan oder Syrien, in leichtem oder schwerem Dienst. Wir sind gesetzt, dass wir Frucht bringen in treuem Dienst. Zu jedem Dienst gehört Ausharren. Davongelaufen ist man schnell. „Siehe, wir preisen die glückselig, die ausgeharrt haben“ (Jak 5,11) und „das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk ...“ (Jak 1,4).
Aber ihr Dienst war nicht nur Gewissenssache, sondern auch Herzenssache. In dem jungen Mädchen aus Israel sehen wir Züge, die uns an keinen geringeren als an unseren Herrn Jesus selbst erinnern. In ihrem Herzen war göttliches Leben, das sich offenbaren musste. Sie betet für den Feind ihres Volkes, und wie sehr äußert sich ihr Mitleid mit ihm in dem Wunsch:
„Und sie sprach zu ihrer Herrin: Ach, wäre doch mein Herr vor dem Propheten, der in Samaria wohnt! Dann würde er ihn von seinem Aussatz befreien“ (2. Kön 5,3).
Sie versinkt nicht im eigenen Jammer; nein. Selbstlos denkt sie in ihrem Leid an andere. Sie wünscht, dass Naaman in ihrem Heimatland wäre. Kann die junge Gefangene selbstloser sein? Dass man doch den Herrn in uns sähe, Ihn in unserem Tun mehr erkennen möge! Dass doch bald das Haus, in dem wir dienen, erkennen möge, dass eine Beterin, ein Beter unter dem Dach weilt und sich für die Seelen verwendet.
Und wie das junge Mädchen den Mann Gottes kennt! Der kann helfen, der wird helfen. Nur muss ihr Herr auch zu ihm ziehen. Der Mann Gottes weist ihn sicher nicht ab. Wenn Naaman nur erst einmal dort wäre, vor ihm stünde, das würde für ihn Rettung bedeuten.
Das ist Glaube. Ein Glaube, der nicht beschämt wird. Und eines Tages muss sie angesichts des vielen Leides rings um sie her von ihrem Propheten reden. Sie sagt es ihrer Herrin, diese ihrem Mann, und der berichtet es seinem König, und der König von Syrien schreibt einen Brief an den König von Israel. - Fürwahr, was so ein junges Mädchen doch zu Wege bringt, in aller Demut und Einfalt. „Das Schwache … hat Gott auserwählt“ (1. Kor 1,27).
„Und Naaman ging und berichtete es seinem Herrn und sprach: So und so hat das Mädchen geredet, das aus dem Land Israel ist“ (2. Kön 5,4).
Ihr Reden wird vor dem Thron des Königs von Syrien bekannt. Es ist längst gehört worden vor einem anderen Thron, der höher steht, dort oben im Himmel. Fürwahr, die Rede eines Gläubigen ist ernst und verantwortlich. Zum Fluch und Schaden, oder zum Segen und Nutzen. So und so hat das Mädchen geredet. Dieser kleine Satz ist eine Predigt für sich. Es war die Sprache Kanaans, die dort im Heidenland erklang und ihren Schall fortpflanzte bis zum Thron. Es ist die Sprache eines jungen Mädchens, „die aus dem Land Israel ist!“
Wir wollen nie unsere Herkunft verleugnen, nie unseren Herrn verleugnen. Wir sind aus Gott geboren, und danach sollen unsere Gedanken und Reden sein. Wir sind eine heilige Nation und wollen heilig dienen und heilig handeln (1. Pet 2,9).
So und so hat das Mädchen geredet! Das ist das letzte, was wir von ihr hören. Mögen wir es nie vergessen. Ihr Name wird uns nicht genannt, ihr Schicksal bleibt uns unbekannt; aber das gute Wort wirkt weiter. Naaman tritt auf ihr Wort hin die weite, beschwerliche Reise an zum Mann Gottes nach Samaria. In Syrien aber, im Kämmerlein, betet ein gefangenes junges Mädchen zu ihrem Gott, und inniger als zuvor steigen ihre Gebete auf zu dem Thron der Gnade, für den Feind ihres Volkes.
Naaman hat seine eigene Geschichte. Er hat die Reise nicht vergeblich unternommen, wie noch keiner einen Weg zu Jesus umsonst gemacht hat. Naaman kehrt gereinigt von seinem Aussatz, seiner Sünde, zurück. Wir sehen ihn auf der Heimreise.
Wie glücklich und geschätzt wird das junge Mädchen werden, und wie glücklich wird sie sich in dem kleinen Kreis der Gläubigen fühlen bei der von Naaman mitgebrachten Last „eines Maultiergespannes Erde“ (2. Kön 5,17). Heiliger, heimatlicher Boden! Vielleicht durfte sie dann auch bald in das Vaterhaus zurückkehren, einen Lichtstrahl zurücklassend im dunklen Land, in dem sie Frucht gebracht hat, „Frucht, die bleibt“ - Ewigkeitsfrucht (Joh 15,16).