Die Opfer
Kommentar zu 3. Mose 1–7
Das Sünd- und Schuldopfer
Wir kommen nun zu einer neuen und notwendigen Klasse von Opfern. Im Unterschied zu jenen, die uns bisher beschäftigt haben, waren sie nicht freiwillig, noch zum lieblichen Geruch. Sie waren vielmehr obligatorisch, um das Gewissen zu reinigen, Wiedergutmachung zu leisten und der Ehre Gottes Genüge zu tun, die durch Unrecht innerhalb seines Volkes verletzt worden war, sei es Ihm oder einem Menschen gegenüber. Auf diese Weise wurde Vergebung gesucht und sichergestellt, und weil jeder sie brauchte, vom höchstgestellten bis zum einfachsten Mann, so stand jeder schuldig Gewordene unter einem zwingenden Gebot, und nicht weniger die gesamte Versammlung, wenn sie korporativ gefehlt hatte.
Der Opfercharakter wurde in dieser Gruppe mindestens so sorgfältig gewahrt wie beim Brand- oder Friedensopfer. In beiden Gruppen wurde das wichtige Prinzip der Übertragung unauslöschbar aufrechterhalten. Es war die Vorsorge von Gottes Seite für solche, die sonst hoffnungslos verloren waren. Die Gnade hat Christus für Gläubige ebenso wie für Sünder gegeben; die Liebe Gottes geht in vollem Maß zu beiden aus, wenn auch die Form notwendigerweise verschieden ist. Diese Opfer sind in gleichem Maße ein Bild des Sühnungswerkes Christi; sie bezeugen in gleichem Maße durch den Glauben an seinen Tod die Annahme des Menschen, wenn er Gott naht, nachdem seine Schuld getilgt ist. Doch in der Art der Übertragung besteht ein bemerkenswerter Unterschied: Bei den Opfern zum lieblichen Geruch geht die Annehmlichkeit des Opfers auf den Opfernden über, bei den Opfern für Sünde und Schuld wurde das Unrecht des Opfernden auf das Opfer übertragen. Denn in Wahrheit trug Christus selbst an seinem eigenen Leib unsere Sünden auf dem Holz (1. Pet 2,24; vergleiche auch Eph 5,2).
Wie leuchtet das göttliche Erbarmen in jedem der beiden Fälle hervor! Jeder ist höchst bewunderungswürdig, beide waren erforderlich, um in angemessener Weise einen Einblick in das Werk Christi zu gewähren. Und doch sind sie nur Schatten, nicht der Dinge Ebenbild selbst; sie ließen noch vieles unausgedrückt, was sogar Er selbst neben anderen Dingen dem Heiligen Geist überließ, um seine Jünger darin einzuführen, nachdem die Erlösung auf der Erde vollbracht wäre und sein Sitzen in der himmlischen Herrlichkeit sie zubereiten würde, die ganze Wahrheit zu empfangen. Doch wo steht die Christenheit heute? Wie viele sind derer, die sich selbst aufs höchste rühmen und das inspirierte Wort Gottes geringschätzig behandeln!
„Sicherheit“ ist fast weltweit der evangelische Maßstab für das Evangelium; einige fügen „Gewissheit“ hinzu, andere auch „Genuss“. In jedem Fall geht es um den Nutzen für den Menschen. Sie machen die Bedürfnisse des Menschen zum Horizont ihres Glaubens, und dabei vermögen sie „das Heil Gottes“ nur noch getrübt zu erkennen, wie die Schrift gewöhnlich Gottes Gedanken darstellt, da sie von seiner Herrlichkeit in seinem Christus erfüllt sind. Errettung geht demgemäß über diese menschlichen Gedanken an Sicherheit weit hinaus. Jene sündige, doch dann reumütige Frau (deren Glaube sie in das Haus des Pharisäers trieb, wo sie weinend hinter dem Herrn stand, als Er zu Tisch lag, und wo sie seine Füße mit allen Zeichen von Kummer, Liebe und Ehrerbietung überschüttete) war ebenso „sicher“, als sie hereinkam, wie sie es war, als sie hinausging. Aber erst vor dem Hinausgehen erfuhr sie aus seinem Mund, dass ihre Sünden, ihre vielen Sünden, vergeben waren; und als Ungläubige sein Recht, Sünde zu vergeben, bezweifelten, fügte Er hinzu: „Dein Glaube hat dich gerettet, gehe hin in Frieden.“ Ist das nicht weit mehr als Sicherheit? Es ist Errettung (Heil). Zusammen mit dieser Tatsache in Lukas 7 beachte die Unterweisung des Herrn in Lukas 15. Der verlorene Sohn in seinen Lumpen war durchaus „sicher“, als der Vater ihm entgegenlief und ihm um den Hals fiel und ihn küsste. Aber das volle Heil gemäß dem Evangelium Gottes war es erst, als ihm das beste Kleid angezogen und das gemästete Kalb geschlachtet und frohen Herzens gegessen wurde. Und der Vater, der diese Freude bereitet hatte, empfand sie selbst viel tiefer als der verlorene Sohn und alle, die an dem Mahl teilnahmen. Und der Sohn (Christus) war es doch gerade, der die Liebe des Vaters kundgemacht hat. Wie erbärmlich verkürzen die Glaubensbekenntnisse und Katechismen des Menschen die Wahrheit! Das kommt daher, weil ihnen Christus nicht alles ist.
So beginnt in diesen Opfern die Offenbarung nicht (wie der Mensch es tun würde) mit dem, was er in seinem Elend und in seiner Schuld nötig hat, sondern mit den Zeugnissen der vollkommenen Annehmlichkeit des Werkes Christi (soweit sie damals überhaupt mitgeteilt werden konnten), von seiner erhabenen Vortrefflichkeit und dem lieblichen Wohlgeruch für Gott, der schon jetzt völlig und für immer auf den Gläubigen übertragen wird. Umso eindrucksvoller ist es, wenn das 3. Buch Mose mit der Seite Gottes (dem Brandopfer) beginnt, als der verunreinigte und schuldige Mensch in der Tat mit seinem Opfer für Sünde und Übertretung beginnen musste.
Ohne die Beseitigung des Vergehens durch das vorgeschriebene Opfer wäre es ein Mangel an Gewissen im Menschen gewesen und ein Unrecht Gott gegenüber, statt dass Er geehrt worden wäre. Wo aber alles in gerechter Weise bereinigt war, war der Mensch frei und ermutigt, sein Herz zu Gott zu erheben und Ihm Opfer zum lieblichen Geruch darzubringen. Der Leser des Neuen Testaments darf in den einleitenden Versen von Epheser 1 einen besonders erhabenen und dem, was wir hier haben, entsprechenden Ausdruck dieser Wahrheit erkennen. Denn statt sich, wie wir es in Römer 3 finden, von der Vergebung der Sünden durch das Blut Christi zu erheben zu dem strahlenden Triumph des Glaubens an die beständige Gnade, die Hoffnung der Herrlichkeit, und sich sogar Gottes zu rühmen, wie uns Kapitel 5 zeigt, sehen wir, wie dort der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus mit seinem ewigen Vorsatz beginnt und den Christen mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern segnet, und danach erst herabsteigt zu dem Hinweis, dass wir in Ihm die Erlösung durch sein Blut besitzen, die Vergebung der Vergehungen.
Noch eine weitere vorbereitende Bemerkung, die uns im Blick auf die Sündopfer wertvoll erscheint. Bei keinem anderen Opfer ist Heiligkeit strenger gefordert. Ähnlich wie das Speisopfer (minchah) hätte man ein Sündopfer für geringer ansehen können; das eine bildete die Person unseres Herrn in seinem Leben vor, das andere seine Einsmachung mit allen Folgen unserer Sünde im göttlichen Gericht. Beide, und sie allein, werden „hochheilig“ genannt. Siehe 3. Mose 2,3 und 3. Mo 6,18, verglichen mit 3. Mo 6,22 und 3. Mo 7,1.6. Selbst wenn der Leib des Opfers außerhalb des Lagers geschafft und mit Feuer verbrannt wurde, so war doch alles inwendige Fett auf dem ehernen Altar zu räuchern. Wie vollkommen bestätigte sich in Christus diese Absonderung für Gott um jeden Preis, als Er für unsere Sünden litt, obwohl sein ganzes Leben und sein Dienst unentwegt den Stempel der Heiligkeit trugen! In der Tat war darin der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott war verherrlicht in Ihm, und zwar in einer solchen Weise und Tiefe, wie Er es zuvor niemals war und auch nie wieder sein könnte. Doch neben diesem Gipfelpunkt der Verherrlichung Gottes in seinem Schlachtopfer, der Vollbringung des Werkes, „das du mir gegeben hast“, war sein ganzes Leben auf der Erde zur Verherrlichung Gottes. Kein Wunder, dass daraufhin Gott den Herrn Jesus in sich selbst verherrlichte, und das sogleich (Joh 13,32), ehe Er das Reich empfängt und zurückkehrt, um es sichtbar in Macht aufzurichten.
Das Sündopfer für den Hohenpriester – 3. Mose 4,1-12
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich: Wenn jemand aus Versehen sündigt gegen irgendeines der Verbote des HERRN, die nicht getan werden sollen, und irgendeines von ihnen tut – wenn der gesalbte Priester sündigt nach einem Vergehen des Volkes, so soll er für seine Sünde, die er begangen hat, dem HERRN einen jungen Stier ohne Fehl darbringen zum Sündopfer. Und er soll den Stier an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor den HERRN bringen und seine Hand auf den Kopf des Stieres legen und den Stier schlachten vor dem HERRN. Und der gesalbte Priester nehme vom Blut des Stieres und bringe es in das Zelt der Zusammenkunft; und der Priester tauche seinen Finger in das Blut und sprenge von dem Blut siebenmal vor dem HERRN gegen den Vorhang des Heiligtums hin. Und der Priester tue von dem Blut an die Hörner des Altars des wohlriechenden Räucherwerks, der im Zelt der Zusammenkunft ist, vor dem HERRN; und alles Blut des Stieres soll er an den Fuß des Brandopferaltars gießen, der am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist. Und alles Fett vom Stier des Sündopfers soll er von ihm abheben: das Fett, das das Eingeweide bedeckt, und alles Fett, das am Eingeweide ist, und die beiden Nieren und das Fett, das an ihnen, das an den Lenden ist, und das Netz über der Leber, samt den Nieren soll er es abtrennen, so wie es abgehoben wird vom Rind des Friedensopfers; und der Priester soll es auf dem Brandopferaltar räuchern. Und die Haut des Stieres und all sein Fleisch samt seinem Kopf und seinen Beinen und seinem Eingeweide und seinem Mist: Den ganzen Stier soll er hinausbringen außerhalb des Lagers an einen reinen Ort, zum Schutthaufen der Fettasche, und soll ihn auf Holzscheiten mit Feuer verbrennen; auf dem Schutthaufen der Fettasche soll er verbrannt werden“ (3. Mo 4,1-12).
Es sind vier Fälle in diesem Kapitel, die ein Sündopfer erforderten. Die ersten beiden zogen die denkbar schlimmsten Folgen nach sich: ohne das Sündopfer gab es für das ganze Volk Gottes kein Überleben; denn in beiden Fällen war die Gemeinschaft des ganzen Lagers mit Gott unterbrochen. Im zweiten Fall, weil die ganze Versammlung Israels gesündigt hatte und schuldig geworden war; im ersten, weil der Hohepriester gesündigt hatte, was für alle dieselbe Folge hatte wie für ihn. Wir werden sehen, wie die Gnade Vorsorge traf für das, was das Volk sonst ins Verderben gestürzt hätte. In den beiden letzten Fällen dieses Kapitels war nur die beteiligte Einzelperson von den Folgen betroffen.
Da das Gesetz, wie uns mit göttlicher Autorität gesagt wird (Heb 7,19), nichts zur Vollendung gebracht hat, so verlautete in ihm nichts über Vollkommenheit für den über die Maßen Schuldigen. Gnade und Wahrheit kam durch Jesus Christus. Das Gesetz konnte nur teilweise zu helfen, es war der Prüfstein für den gefallenen Menschen, vermittelte aber nicht ein klares Bild Gottes, noch die Richtschnur der neuen Schöpfung. Es trug Vorsorge, wie wir hier sehen, lediglich für versehentliche oder unwissentliche Sünde. Wenn das alles wäre, dem das Evangelium zu begegnen vermöchte, wer könnte dann errettet werden? Aber mehr steht hier nicht zur Betrachtung (V. 2).
Von Vers 3 ab wird dann der besondere Fall des gesalbten Priesters oder Hohenpriesters behandelt. Wenn er sündigte, brachte er dadurch das ganze Volk unter Schuld – denn das ist die eigentliche Bedeutung der Worte „nach einem Vergehen des Volkes“ und die tatsächliche Auswirkung seiner Sünde gemäß den Wegen des HERRN.
Da der Hohepriester das Volk vertrat, so brachten seine Handlungen nicht nur Segen über das Volk, sondern auch die Schuld seiner Sünde – in welch wunderbarem Kontrast steht dazu der Hohepriester unseres Bekenntnisses, ein großer Hohepriester, der durch die Himmel gegangen ist, Jesus, der Sohn Gottes! Denn obwohl Er in jeder Hinsicht in gleicher Weise versucht worden ist, so war Er doch ohne Sünde. Nicht nur, dass Er nicht sündigte, sondern die Sünde war absolut ausgeschlossen. In Ihm war keine Sünde; im Gegenteil, Er war heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden.
Aber wenn der gesalbte Priester sündigte, wie es tatsächlich nicht selten geschah, so „soll er für seine Sünde, die er begangen hat, einen jungen Stier ohne Fehl dem HERRN darbringen zum Sündopfer“. Es musste das größte Opfer sein. Es war ihm keine Auswahl freigestellt. Er musste dieses Opfer bringen, und kein anderes. „Und er soll den Stier an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft vor den HERRN bringen und seine Hand auf den Kopf des Stiers legen und den Stier schlachten vor dem HERRN“ (V. 4). Da das Gebot des HERRN übertreten worden war, musste der Hohepriester das vorgeschriebene Tier vor Ihm an den bestimmten Ort bringen und es dort vor Ihm schlachten und seine Hand auf dessen Kopf legen: das Zeichen der Übertragung der Schuld auf das Opfer – wie kostbar für den Sünder!
„Und der gesalbte Priester nehme von dem Blut des Stiers und bringe es in das Zelt der Zusammenkunft; und der Priester tauche seinen Finger in das Blut und sprenge von dem Blut siebenmal vor dem HERRN gegen den Vorhang des Heiligtums hin. Und der Priester tue von dem Blut an die Hörner des Altars des wohlriechenden Räucherwerks, der im Zelt der Zusammenkunft ist, vor dem HERRN; und alles Blut des Stiers soll er an den Fuß des Brandopferaltars gießen, der an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist“ (V. 5–7). Ob außerhalb oder innerhalb des Heiligtums, was geschieht, geschieht „vor dem HERRN“. Er war es, dem Genüge getan werden musste. Blut wird nicht nur „zum“, sondern „in“ das Zelt der Zusammenkunft gebracht und vor den Vorhang zum Heiligtum hin gesprengt. Nur an dem feierlichen und einzigartigen Sühnungstag ging der Hohepriester mit Räucherwerk in das Allerheiligste hinein und sprengte von dem Blut auf und vor den Deckel der Lade. Hier tat er nur im Heiligtum von dem Blut an die Hörner des goldenen Altars, und alles übrige Blut wurde an den Fuß des ehernen Altars gegossen.
„Und alles Fett von dem Stier des Sündopfers soll er von ihm abheben“ usw. Ebenso wie es bei dem Rind des Friedensopfers geschehen war (vgl. 4,8–10 und 3,3–5), so musste der Priester es auf dem ehernen Altar räuchern; ein gesegnetes Zeugnis, nicht nur in dem Blut, sondern auch in dem Fett, von der wahren Annehmlichkeit Christi als geopfert für uns und unsere Sünden. Wohl waren es Schatten, doch Schatten voller Belehrung: Er wurde das eine Opfer von unendlicher Annehmlichkeit vor Gott, ewig wirksam für uns, die wir an Ihn glauben.
Doch es bleibt klar, dass es sich um ein Sündopfer handelte; was wir in den Versen 11 und 12 lesen, ist etwas ganz anderes als das Essen des Friedensopfers. „Und die Haut des Stiers und all sein Fleisch samt seinem Kopf und seinen Schenkeln und seinem Eingeweide und seinem Mist: den ganzen Stier soll er hinausbringen außerhalb des Lagers an einen reinen Ort, nach dem Schutthaufen der Fettasche, und soll ihn auf Holzscheiten mit Feuer verbrennen.“ Hierin unterscheidet es sich auch vom Brandopfer, das innerhalb des Hofes auf dem ehernen Altar geräuchert wurde. Das Sündopfer musste außerhalb des Lagers verbrannt werden: heilig, hochheilig, aber doch völlig einsgemacht mit der Sünde, die auf ihm bekannt worden war. Wie wurde das mehr als bestätigt, ja, nach jeder Seite hin bis zum höchsten Grad gesteigert – in Ihm, der für unsere Sünden gelitten hat!
Das Sündopfer für die ganze Gemeinde – 3. Mose 4,13-21
„Und wenn die ganze Gemeinde Israel aus Versehen sündigt, und die Sache ist verborgen vor den Augen der Versammlung, und sie tun eines von allen Verboten des HERRN, die nicht getan werden sollen, und verschulden sich, und die Sünde wird bekannt, die sie dagegen begangen haben, so soll die Versammlung einen jungen Stier darbringen zum Sündopfer und ihn vor das Zelt der Zusammenkunft bringen. Und die Ältesten der Gemeinde sollen ihre Hände auf den Kopf des Stieres legen vor dem HERRN, und man soll den Stier vor dem HERRN schlachten. Und der gesalbte Priester bringe vom Blut des Stieres in das Zelt der Zusammenkunft, und der Priester tauche seinen Finger in das Blut und sprenge siebenmal vor dem HERRN gegen den Vorhang hin. Und er tue von dem Blut an die Hörner des Altars, der vor dem HERRN, der im Zelt der Zusammenkunft ist; und alles Blut soll er an den Fuß des Brandopferaltars gießen, der am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft ist. Und all sein Fett soll er von ihm abheben und auf dem Altar räuchern. Und er soll mit dem Stier tun, wie er mit dem Stier des Sündopfers getan hat; so soll er damit tun. Und so tue der Priester Sühnung für sie, und es wird ihnen vergeben werden. Und er soll den Stier hinausbringen außerhalb des Lagers und ihn verbrennen, so wie er den ersten Stier verbrannt hat: Es ist ein Sündopfer der Versammlung“ (3. Mo 4,13-21).
Das erste dieser zwingend vorgeschriebenen Opfer bezeugte die besondere stellvertretende Stellung des gesalbten Priesters. Von seiner Sünde war die ganze Gemeinde Israel betroffen. Sie unterbrach für alle sofort die Gemeinschaft. Nun lernen wir in dem zweiten Fall des Sündopfers, dass auch umgekehrt der Hohepriester mit der kollektiven Verunreinigung der Gemeinde einsgemacht wurde. Das war normalerweise nicht so, wenn ein einzelner sündigte, ganz gleich wie hoch seine Stellung war, obgleich auch dies seine Auswirkung hatte, wie wir sehen werden. Aber in den ersten beiden Fällen war die Gemeinschaft für alle unterbrochen; und zu ihrer Wiederherstellung musste das erforderliche Sündopfer gebracht werden.
Der HERR wollte die Sünde in jedem Fall gerichtet sehen; und für jeden Fall trifft Er Vorsorge, wie sie vor Ihm weggetan werden kann. Dabei nimmt Er keine Rücksicht auf Personen. Wohl macht Er einen Unterschied hinsichtlich der Stellung, besonders wenn es sich um den Gesalbten handelt, der stellvertretend für alle steht. Wie gesegnet für uns, dass Er, der alle unsere Sünden an seinem Leib trug, ehe Er für uns in das Heiligtum hineinging, jetzt dort ist, nicht nur, um uns in unserer Schwachheit zu stützen und in seiner Vollkommenheit stellvertretend für uns einzutreten, sondern um der Sachwalter für uns bei dem Vater zu sein, wenn jemand gesündigt hat! Er war es, der, als Er hier war, in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde. „Ein solcher Hohepriester geziemte uns: „ – ein wunderbares Wort Gottes – „heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher als die Himmel geworden“; nie hatte Er nötig, wie die Hohenpriester, seine Gegenbilder, für eine eigene Sünde Schlachtopfer darzubringen. Umso mehr war Er allein fähig, wirksam für die Sünden anderer einzutreten; und dies hat Er ein für allemal getan, als Er sich selbst opferte, ein Sohn, vollendet in Ewigkeit. Aber die ganze Gemeinde – ach, das ist etwas anderes. Die dazu gehören, können sündigen, auch als Gesamtheit, und dafür bereitete Er die Sühnung, wie wir hier im Schattenbild sehen, damit ihnen vergeben werden könnte. Es mag beachtet werden, dass diese Zusicherung der Vergebung bei dem Hohenpriester weggelassen ist. Dass ihm seine Sünde nach der Sühnung vergeben wurde, kann natürlich nicht bezweifelt werden; doch die Auslassung weist auf jenen Einzigartigen hin, der keine Sünde hatte, die zu vergeben war, obgleich Er der Eine war, der die Sühnung für alle bewirkte.
Aber der HERR wollte, dass sein Volk im Blick auf jede ihrer Sünden, wenn sie bekannt wurde, sich einer Gewissensübung unterziehe. Und so sollte die Gemeinde einen jungen Stier zum Sündopfer darbringen und ihn vor das Zelt der Zusammenkunft führen (V. 14). Da nicht alle ihre Hände auf den Kopf des Opfers legen konnten, wurden die Ältesten der Versammlung angewiesen, ihre Hände stellvertretend aufzulegen (V. 15). Wenn das Tier vor dem HERRN (denn Sünde hat immer mit Gott zu tun) geschlachtet wurde, war der gesalbte Priester berufen, für die Versammlung zu handeln, wie in seinem eigenen Fall, nicht jedoch in den noch folgenden Fällen. Irgendein Priester war da im Allgemeinen zuständig, hier jedoch nur der Hohepriester. Er musste von dem Blut des Stiers in das Zelt der Zusammenkunft bringen (V. 16), seinen Finger eintauchen und davon siebenmal vor dem HERRN gegen den Vorhang hin sprengen, wie bei seiner Sünde (V. 17). Danach musste er – wie dort – von dem Blut an die Hörner des goldenen Altars tun, der vor dem HERRN ist; denn für alle musste die Gemeinschaft wiederhergestellt werden. Das Sprengen des Blutes gegen den Vorhang hin geschah in auffallendem Unterschied zu den Fällen, wo es um Einzelpersonen geht. In allen vier Fällen war das übrige Blut des Sündopfers an den Fuß des ehernen Altars zu gießen (V. 18). Und dort war auch all sein Fett zu räuchern, nicht außerhalb, sondern auf dem Altar (V. 19), in der gleichen Art, wie beim Sündopfer für den gesalbten Priester ausführlich beschrieben (V. 20). Es bedeutete ein völliges Zeugnis für die innere Heiligkeit des Opfers; während Vers 21 sorgfältig zeigt, wie vollständig es mit der Sünde der Gemeinde einsgemacht wurde, indem es an einem reinen Ort außerhalb des Lagers verbrannt wurde, wohin der gesamte Kadaver zu schaffen war. Sogar das Wort für „verbrennen“ wird sorgfältig variiert, wie vorher, damit es zu der zweifachen Wahrheit passt.
Wie sind hier sehr genaue Unterschiede auf wunderbare Weise vorbedacht! Welcher Eifer für die Ehre des großen Hohenpriesters schon so lang vor der Zeit seiner Offenbarung! – und für die Ehre des unvergleichlichen Opfers seiner selbst, das vor Gott so annehmlich und für Sünder so wirksam ist. Nicht nur ist das Buch die zuverlässige und echte Schrift des Moses, sondern es erweist sich als das Werk Gottes durch ihn. Denn wer außer Ihm selbst hätte das alles voraussehen können?
Das Sündopfer für den Fürsten – 3. Mose 4,22-26
„Wenn ein Fürst sündigt und tut aus Versehen eins von allen Verboten des HERRN, seines Gottes, die nicht getan werden sollen, und verschuldet sich, und seine Sünde ist ihm kundgetan worden, worin er gesündigt hat, so soll er seine Opfergabe bringen, einen Ziegenbock, ein Männchen ohne Fehl. Und er soll seine Hand auf den Kopf des Bockes legen und ihn schlachten an dem Ort, wo man das Brandopfer vor dem HERRN schlachtet: Es ist ein Sündopfer. Und der Priester nehme vom Blut des Sündopfers mit seinem Finger und tue es an die Hörner des Brandopferaltars; und sein Blut soll er an den Fuß des Brandopferaltars gießen. Und all sein Fett soll er auf dem Altar räuchern, wie das Fett des Friedensopfers. Und so tue der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, und es wird ihm vergeben werden“ (3. Mo 4,22-26).
Hier zeigt sich ein bedeutsamer Unterschied: Die Schuld haftet der betroffenen Einzelperson an, andere sind nicht betroffen. Der erste Fall ist der eines Fürsten oder Vorstehers.
Besondere Sorgfalt wird darauf verwandt, einem Obersten seine Verantwortlichkeit vorzustellen. Nur in seinem Fall hören wir von dem HERRN, „seinem Gott“. Seine ehrenvolle und öffentliche Stellung machte sein Vergehen umso ernster. Denn Israel war verpflichtet, in der Welt ein Zeugnis dafür zu sein, dass Gott mit ihnen ist, und sich dadurch in einer Weise von anderen zu unterscheiden, wie es die Nationen nie verstehen konnten (Eph 2,12). Der Fürst hatte nach seinem Maß in der Furcht Gottes sowohl zu regieren als auch zu leben.
Dennoch hatte seine Sünde nicht dieselben weit reichenden Folgen, als wenn der Hohepriester oder die ganze Gemeinde sündigten, was einen Stier zur Sühnung erforderte. Für den Fürsten genügte ein Ziegenbock, ein Männliches ohne Fehl war vorgeschrieben. Es blieb kein Spielraum in der Auswahl oder dem Grad nach, ebenso wenig wie bei den schwereren Fällen. So konnte nichts seine Unterwürfigkeit aufhalten. Sein Gott wollte, dass die Sünde gefühlt und gerichtet wurde, sobald sie ihm zur Kenntnis kam.
Der Fürst brachte dann sein Opfer und legte seine Hände auf dessen Kopf und schlachtete es an dem Ort, wo man das Brandopfer vor dem HERRN schlachtete. Es war für die Sünde, und nur der Tod konnte Sünde sühnen, der Tod des Opfertieres für den, der durch die Handauflegung seine Schuld nach Gottes Vorsorge auf das zu schlachtende Tier übertrug. Was für Unterschiede in der Art auch bestanden, darin stimmten alle diese Opfer überein, und sie wiesen hin auf Den, der keine Sünde kannte, den Gott jedoch für uns zur Sünde machte, damit wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm.
Aber es fällt auf, dass der Priester mit seinem Finger von dem Blut an die Hörner des ehernen Altars tun sollte. Das übrige Blut war von ihm an den Fuß dieses Altars zu gießen. Mehr bedurfte es nicht, selbst nicht bei einem Fürsten, um dem Bedürfnis einer Einzelperson an dem Altar zu begegnen, der das Mittel für den einzelnen war, dem HERRN zu nahen. Lediglich seine persönliche Gemeinschaft war unterbrochen worden, wie sie jetzt wiederhergestellt wurde. Wäre es entweder der Hohepriester oder die Gemeinde als Ganzes gewesen, würde der goldene Altar befleckt worden sein, und das Blut hätte auch an seine Hörner gesprengt werden müssen. Hier handelte es sich nur um den ehernen Altar, an dessen Hörner das Blut zu tun war, und der Israelit, selbst wenn er ein Fürst war, kehrte in den Genuss seiner Vorrechte zurück.
Es ist von größter Bedeutung, den Gegensatz zu würdigen, den der Hebräerbrief für den Christen aufgrund des Werkes Christi feststellt. Dieses Werk ist ein für allemal vollbracht. Es gibt keine Wiederholung.
Nicht nur ist der Gläubige durch das Opfer des Leibes Jesu Christi ein für allemal geheiligt, sondern er ist durch dieses Werk vollkommen gemacht auf immerdar, d. h. ohne, dass je wieder eine Unterbrechung eintreten könnte. Dies ist ausschließlich der absoluten und ewig währenden Wirksamkeit des Opfers Christi zu verdanken. Weniger als dies würde eine Verunehrung für Ihn bedeuten, die Gott nicht dulden würde. Möchten doch Gläubige jetzt erkennen, welche Stellung sein Blut ihnen gegeben hat!
Daher finden wir im Hebräerbrief auch keine Vorsorge für Verfehlungen, wohl aber im Evangelium des Johannes (Joh 13) und in 1. Johannes 2,1. Und da geht es nicht darum, das Blut Christi von neuem zu sprengen oder wiederholt Zuflucht zu ihm zu nehmen. Vielmehr sind, dem Bild entsprechend, die beschmutzten Füße mit dem Wasser des Wortes zu waschen, entsprechend auch der Lehre von der Sachwalterschaft Christi – Jesus Christus der Gerechte, und Er ist die Sühnung für unsere Sünden. Er verwendet sich für uns und bewirkt in uns durch den Geist und das Wort Gottes das Selbstgericht, das nötig ist, um die Gemeinschaft wiederherzustellen, die durch Sünde unterbrochen war. Wir können das im Fall des Simon Petrus praktisch mit allen Einzelheiten und reichem Trost und Segen betrachten. Und das ist Gnade.
Als Christen haben wir es nötig, diese beiden Wahrheiten in ihrer vollen Kraft festzuhalten, ohne die eine der anderen zu opfern. Wenn wir nicht auf dem Opfer Christi in seiner ganzen ewigen und ununterbrochenen Wirksamkeit ruhen, können wir die vollkommene Reinigung vor Gott, die der Hebräerbrief für den Glauben in Anspruch nimmt, nicht erkennen. Und wenn wir uns nicht unter die Lehre von 1. Johannes 2,1 beugen, in Übereinstimmung mit Johannes 13, wie können wir die Gnade schmecken, die uns wiederherstellt zum Genuss der durch eine Sünde unterbrochenen Gemeinschaft? Unser Gott wollte uns, einmal gereinigt, in unser Vorrecht als Anbeter eintreten lassen; doch als unser Vater liebt Er uns zu sehr, als dass Er uns in unserem Wandel etwas erlauben könnte, das der Gnade, in der wir stehen, unwürdig ist. Und an dieser Stelle findet die Sachwalterschaft unseres Heilands Anwendung zur Reinigung unserer Befleckungen auf dem Weg, während Er bleibt als unsere Gerechtigkeit und auch als die Sühnung in ihrem ganzen unendlichen Wert.
Das Sündopfer für jemand aus dem Volk – 3. Mose 4,27-35
„Und wenn jemand vom Volk des Landes aus Versehen sündigt, indem er eins von den Verboten des HERRN tut, die nicht getan werden sollen, und sich verschuldet, und seine Sünde ist ihm kundgetan worden, die er begangen hat, so soll er seine Opfergabe bringen, eine Ziege ohne Fehl, ein Weibchen, für seine Sünde, die er begangen hat. Und er soll seine Hand auf den Kopf des Sündopfers legen und das Sündopfer schlachten an dem Ort des Brandopfers. Und der Priester nehme von seinem Blut mit seinem Finger und tue es an die Hörner des Brandopferaltars; und all sein Blut soll er an den Fuß des Altars gießen. Und all sein Fett soll er abtrennen, so wie das Fett von dem Friedensopfer abgetrennt wird; und der Priester soll es auf dem Altar räuchern zum lieblichen Geruch dem HERRN. Und so tue der Priester Sühnung für ihn, und es wird ihm vergeben werden.
Und wenn er ein Schaf bringt als seine Opfergabe zum Sündopfer, so soll es ein Weibchen ohne Fehl sein, das er bringt. Und er soll seine Hand auf den Kopf des Sündopfers legen und es zum Sündopfer schlachten an dem Ort, wo man das Brandopfer schlachtet. Und der Priester nehme vom Blut des Sündopfers mit seinem Finger und tue es an die Hörner des Brandopferaltars; und all sein Blut soll er an den Fuß des Altars gießen. Und all sein Fett soll er abtrennen, so wie das Fett des Schafes vom Friedensopfer abgetrennt wird; und der Priester soll es auf dem Altar räuchern, auf den Feueropfern des HERRN. Und so tue der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, die er begangen hat, und es wird ihm vergeben werden“ (3. Mo 4,27-35).
Es ist sehr interessant, die Sorgfalt wahrzunehmen, die der HERR auf das Sündopfer für den gewöhnlichen Israeliten verwendet. Er macht den Unterschied zwischen ihm und einem Fürsten oder Obersten deutlich, indem Er von letzterem ein Männliches ohne Fehl fordert und von ersterem ein Weibliches ohne Fehl. Sie sollten eine Ziege bringen, aber der HERR ordnete diese Verschiedenheit an. In seiner Güte traf Er Vorsorge für beide; aber Er überließ es nicht dem Belieben des Menschen; Er bestimmte in jedem Fall, wie die Sünde zu tilgen war.
Der HERR wollte auch den Geringsten aus seinem Volk fühlen lassen, dass Er teilnahm an seiner Besorgnis wegen seiner Sünde, die unwissentlich geschehen war und die ihn jetzt beunruhigte, nachdem sie ihm kundgetan war. Deshalb wollte Er es seinem Herzen einprägen, wenn er die Ziege ohne Fehl brachte, und zwar durch den Nachdruck, der auf den Worten lag „für seine Sünde, die er begangen hat“. Denn die gnädige Auswirkung des Opfers wird umso mehr gefühlt, je mehr auch die Sünde gefühlt wird. Für den Fürsten war es nur „der Bock“ und „ihn“ in Vers 24, obgleich der Vers mit „es ist ein Sündopfer“ schließt. Hier (V. 29) heißt es, „er soll seine Hand auf den Kopf des Sündopfers legen und das Sündopfer schlachten“. Doch noch auffälliger ist die Tröstung, die Vers 31 für den einfachen Israeliten bereithält, wo nur ihm ausdrücklich zugesichert wird, dass das von dem Priester auf dem Altar geräucherte Fett „zum lieblichen Geruch dem HERRN“ sein werde. „Vor dem HERRN“ hieß es im Fall des Fürsten über das Schlachten des Opfertieres (und das war noch deutlicher, wenn die ganze Gemeinde gesündigt hatte) und über die Anwendung des Blutes. Aber Er ließ sich herab, den Geringen besonders zu berücksichtigen durch den speziellen Ausdruck des Zeichens der Gemeinschaft beim Räuchern des Fettes für ihn, wenn das Opfer für seine Sünde dargebracht wurde.
Doch das war noch nicht alles. Nur für den Armen gab es eine Ausweichmöglichkeit. Es mochte ihm schwer fallen, eine Ziege bereitzustellen, und leichter konnte er vielleicht ein Schaf oder ein Lamm beschaffen. Dann war ihm allein auch das gestattet.
Auch hier sollten wir die Gütigkeit des HERRN nicht übersehen, wie Er Trost schenkt. Das Blut des Lammes war dem Abbild nach nicht weniger wirksam als das einer Ziege. Das Ausweichopfer brachte keinen Verlust. Aber wenn es um das Fett geht, so wird in der Tat beim Räuchern auf dem Altar besonders hinzugefügt „auf den Feueropfern des HERRN“, wie in Kapitel 3,5; obwohl es da um Friedensopfer ging, hier aber um ein Opfer für die Sünde.
Gnädige Annahme war darin eingeschlossen, nicht nur die Tilgung der Sünde oder ihre Vergebung.
Das Sünd- (Schuld-) Opfer – 3. Mose 5,1-13
„Und wenn jemand dadurch sündigt, dass er die Stimme des Fluches hört, und er war Zeuge, sei es, dass er es gesehen oder gewusst hat – wenn er es nicht anzeigt, so soll er seine Ungerechtigkeit tragen; oder wenn jemand irgendetwas Unreines anrührt, sei es das Aas eines unreinen wilden Tieres oder das Aas eines unreinen Viehs oder das Aas eines unreinen kriechenden Tieres – ist es ihm auch verborgen, so ist er unrein und schuldig; oder wenn er die Unreinheit eines Menschen anrührt, was irgend seine Unreinheit auch sei, durch die er unrein wird, und es ist ihm verborgen – erkennt er es, so ist er schuldig; oder wenn jemand schwört, indem er unbesonnen mit den Lippen redet, Böses oder Gutes zu tun, nach allem, was ein Mensch mit einem Schwur unbesonnen reden mag, und es ist ihm verborgen – erkennt er es, so ist er schuldig in einem von diesen. Und es soll geschehen, wenn er sich in einem von diesen verschuldet, so bekenne er, worin er gesündigt hat; und er bringe dem HERRN sein Schuldopfer für seine Sünde, die er begangen hat: ein Weibchen vom Kleinvieh, ein Schaf oder eine Ziege zum Sündopfer. Und der Priester soll Sühnung für ihn tun wegen seiner Sünde.
Und wenn seine Hand das zu einem Stück Kleinvieh Erforderliche nicht aufbringen kann, so soll er für seine Schuld, die er auf sich geladen hat, dem HERRN zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben bringen: eine zum Sündopfer und eine zum Brandopfer. Und er soll sie zum Priester bringen; und dieser bringe die zum Sündopfer bestimmte zuerst dar und knicke ihr den Kopf ab dicht beim Genick; er soll ihn aber nicht abtrennen. Und er sprenge vom Blut des Sündopfers an die Wand des Altars, und das Übrige vom Blut soll ausgedrückt werden an den Fuß des Altars: Es ist ein Sündopfer. Und die andere soll er als Brandopfer opfern nach der Vorschrift. Und so tue der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, die er begangen hat, und es wird ihm vergeben werden.
Und wenn seine Hand zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben nicht aufbringen kann, so bringe er für seine Sünde als seine Opfergabe ein zehntel Epha Feinmehl zum Sündopfer; er soll kein Öl darauf tun und keinen Weihrauch darauf legen, denn es ist ein Sündopfer. Und er soll es zum Priester bringen; und der Priester nehme davon seine Hand voll, dessen Gedächtnisteil, und räuchere es auf dem Altar, auf den Feueropfern des HERRN: Es ist ein Sündopfer. Und so tue der Priester Sühnung für ihn wegen seiner Sünde, die er begangen hat in einem von diesen, und es wird ihm vergeben werden; und es soll dem Priester gehören, wie das Speisopfer“ (3. Mo 5,1-13).
Dieser Abschnitt ist, so könnte man sagen, eine Art Anhang zu Kapitel 4 und zugleich ein Übergang zu dem eigentlichen Schuldopfer, das in Kapitel 5,14 beginnt. Daher wird es in Vers 6 sowohl Schuld- als auch Sündopfer genannt – während es noch zu derselben Offenbarung des HERRN an Mose gehört wie das vorige Kapitel. Die vier einleitenden Verse unterscheiden vier Vorkommnisse, die ein Sündopfer erforderten. Es handelt sich um Verunreinigungen infolge versehentlicher Übertretungen der Gebote des HERRN; wie in Kapitel 4 wurde ganz allgemein Vorsorge getroffen für Sünde aus Versehen, die das Gewissen verletzte.
Eine Beschwörung (vor Gericht) war deshalb so ernst für einen Israeliten, weil der HERR in der Mitte des Volkes wohnte, um zu richten. Er handelte nicht in geheimer Vorsehung und wartete auch nicht bis zu einem späteren Gericht. Der HERR war da, um gemäß seinem Gesetz und ihren Beziehungen zu Ihm als seinem Volk zu handeln. Selbst an einem Tag äußersten Ruins und in einem Gerichtsverfahren, das aller Gerechtigkeit spottete, hören wir unseren Herrn, der angesichts der abgrundtiefen Heuchelei und des falschen Zeugnisses der Menschen geschwiegen hatte, dennoch dem gottlosen Hohenpriester sofort antworten, als er Ihn beschwor, obwohl Er wusste, dass Er damit sein Todesurteil besiegeln würde. Scheute sich jemand und zog sich zurück oder machte Ausflüchte, so musste er, wenn er es dabei beließ, seine Ungerechtigkeit tragen. Es folgen dann Fälle von Verunreinigung durch Berührung mit dem Tod, sei es durch Aas von wilden Tieren oder von Vieh oder von kriechenden Tieren, oder wieder durch die Unreinigkeit eines Menschen, welcher Art auch immer. Schließlich konnte sich jemand verunreinigen durch einen übereilten und nicht gehaltenen Schwur, ob nun, „um Böses zu tun oder Gutes zu tun“, den er nach einigem Nachdenken sich aus Furcht drückte auszuführen, es also zu tun oder nicht zu tun. Denken wir an Jephtas Gelübde!
Wenn nun ein gottesfürchtiger Israelit in solche Umstände geriet – was für Empfindungen sollte er haben, wenn er sich seiner Schuld bewusst wurde? War er nicht schuldig? Wenn er sich in irgendeinem dieser Fälle verunreinigt hatte, war er gerufen „zu bekennen, worin er gesündigt hatte“, und das nicht auf eine allgemeine, verschwommene Art. Wir hören dies zum ersten Mal. War die Ursache nicht Nachlässigkeit dem HERRN gegenüber? Aber mehr noch, nichts als ein Opfer konnte die Befleckung beseitigen. „Und er bringe sein Schuldopfer dem HERRN für seine Sünde, die er begangen hat.“ Kann es noch bestimmter gesagt werden, wie diese Reinigung von seiner Schuld vonstatten gehen sollte? Wie bei dem Sündopfer für jemand aus dem Volk genügte hier ein weibliches Tier, ein Lamm oder eine Ziege, und es wurde ein Opfer für Schuld und Sünde genannt; und der Priester sollte Sühnung für ihn tun und ihn dadurch von seiner Sünde reinigen.
Gütige Rücksichtnahme hinsichtlich des Armen (für uns solche, die jung sind oder schwach im Glauben) lässt die jetzt folgende Ausweichmöglichkeit erkennen (Vers 7–10).
In seinem Interesse für den, der ein Schaf oder eine Ziege nicht aufbringen konnte, war der HERR noch genauer. Das Blut des Opfers wurde auf ungewöhnliche Weise gesprengt, oder zumindest wird das Sprengen ausführlicher beschrieben. Er würdigte das nach dem Geldwert geringere Opfer einer gewissenhaften Seele und gab ein Zeugnis seiner Annahme ebenso wie davon, dass die Sünde gerichtet und getilgt sei.
Dieser selbe Grundsatz wird noch deutlicher in einem dritten Fall (Vers 11–13).
Hier haben wir die äußerste Armut, selbst zu Tauben reichte es nicht hin. Aber die Gnade hat ihre Hilfsquelle bereit für den geringsten Glauben. Das Mitleid des HERRN wurde deutlich nicht im Verzicht auf ein Opfer, sondern darin, dass es der Not angepasst wurde. Obwohl kein Teil dieses Opfers den Charakter eines Brandopfers haben konnte wie der zweite Vogel, wollte der HERR ein Opfer von Feinmehl annehmen. Aber anders als bei dem eigentlichen Speisopfer durfte weder Öl noch Weihrauch dabei sein. Es war ja für Sünde. Die Menge entsprach genau einer Tagesration des Mannas. Der Priester nahm davon seine Hand voll, um es zu räuchern gemäß den Feueropfern des HERRN, obwohl der Betreffende formell unrein war; und da es gültig war, um zu sühnen, so gehörte das übrige wie beim gewöhnlichen Speisopfer dem Priester. Wahrlich, Gott war Israel gut, selbst solchen gegenüber, die ihre Unreinheit in der niedrigsten von Ihm verordneten Form anerkannten.
Wie bereits an anderer Stelle bemerkt wurde, verlässt die geringste Form eines Opfers hier die ihr eigene Deutlichkeit und gleicht sich einem anderen Opfer an; im zweiten Fall dem Brandopfer, im dritten Fall dem Speisopfer. Je stärker der Glaube ist, umso weniger kann jemand an einer undeutlichen Erfassung des Werkes Christi Gefallen finden, vielmehr sucht, schätzt und genießt er die Seite Gottes ebenso wohl wie die unsere in der Fülle der göttlichen Offenbarung. Je schwächer der Glaube ist, umso mehr ist man geneigt, sich mit einer unklaren Sicht zufrieden zu geben, wobei die wunderbaren und lehrreichen Unterschiede in ihren vielfachen Beziehungen vor einer wohl alles einbeziehenden, aber verschwommenen Empfindung ihrer Wirksamkeit verschwinden. Die Kostbarkeit Christi ist für Gott immer gleich, welche Form das Opfer durch Gottes Herablassung auch annehmen mag. Das Fehlen von Blutvergießen in dem letzten Beispiel ist geradezu die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Der HERR bezeugt seine Rücksichtnahme auf eine solche Armut, die kein Tier zur Tötung bereitstellen konnte, wenn nur wirkliche Beunruhigung wegen der Schuld vorhanden war und diese in einem Ihm dargebrachten Opfer anerkannt wurde.
Das Schuldopfer – 3. Mose 5,14-19
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Wenn jemand Untreue begeht und aus Versehen an den heiligen Dingen des HERRN sündigt, so soll er dem HERRN sein Schuldopfer bringen, einen Widder ohne Fehl vom Kleinvieh, nach deiner Schätzung an Sekeln Silber, nach dem Sekel des Heiligtums, zum Schuldopfer. Und was er an dem Heiligen gesündigt hat, soll er erstatten und dessen Fünftel darüber hinzufügen und es dem Priester geben; und der Priester soll Sühnung für ihn tun mit dem Widder des Schuldopfers, und es wird ihm vergeben werden.
Und wenn jemand sündigt und eines von allen Verboten des HERRN tut, die nicht getan werden sollen – hat er es auch nicht gewusst, so ist er schuldig und soll seine Ungerechtigkeit tragen. Und er soll einen Widder ohne Fehl vom Kleinvieh nach deiner Schätzung zum Priester bringen, zum Schuldopfer; und der Priester soll Sühnung für ihn tun wegen seines Versehens, das er begangen hat, ohne es zu wissen; und es wird ihm vergeben werden. Es ist ein Schuldopfer; er hat sich gewiss an dem HERRN verschuldet“ (3. Mo 5,14-19).
Eine neue Mitteilung von Seiten des HERRN leitet das eigentliche Schuldopfer ein.
Verglichen mit dem mehr allgemeinen und öffentlichen Sündopfer, können wir hier eine weitere Schattierung des Bösen wahrnehmen, der im Schuldopfer begegnet wird. Das Wort für Sündopfer ist chata, was soviel wie Abweichung vom Recht bedeutet; wohingegen asham Schuld bezeichnet. Es war eine Handlung des Verrats (maal) an den heiligen Dingen des HERRN, obgleich vorausgesetzt wurde, dass sie nicht in Vermessenheit, sondern aus Versehen geschehen war. Wenn es sich auch nicht um ein moralisches Unrecht vor den Augen anderer handelte, so war es doch eine geheime Treulosigkeit gegen Ihn, zu Dem sie in heiliger Beziehung standen, und der Betreffende lud dadurch Schuld auf sich.
Deshalb war für jemand, der in dieser Verantwortlichkeit gefehlt hatte, in jedem Fall ein Widder ohne Fehl erforderlich. Vergleiche auch 3. Mose 19,20-22, wo das Vergehen, obwohl es auch moralisch ein Unrecht war, als Schuld gegenüber dem HERRN gesehen wird; und ein Widder als Schuldopfer wurde gefordert wie in 4. Mose 5,5-10, während in 4. Mose 6 bei veränderten Umständen ein Lamm geopfert wurde. An diesen ersten Fall angefügt, werden wir in den Versen 17–19 eine zusätzliche Vorsorge finden; aber ein Abweichen von dem von dem HERRN geforderten Opfer ist nicht erlaubt. In den Versen 20–26 folgt eine weitere Vorschrift, die eine Verschuldung am Nächsten behandelt, ein Versagen in der Verantwortlichkeit, das der HERR als eine Handlung der Untreue gegen sich selbst betrachtete; auch da musste ein Widder ohne Fehl durch die schuldige Seele gebracht werden. Wir dürfen und sollten uns fragen, warum dieses Tier und kein anderes zu diesem Anlass passend war.
Nun, wir wissen, dass, als Aaron und seine Söhne zu ihrer priesterlichen Stellung und den damit verbundenen Verrichtungen für den HERRN abgesondert wurden, ein Widder der Einweihung seine besondere Bedeutung hatte. Tatsächlich waren es zwei Widder, einer zum Brandopfer (olah), dem Stier folgend, der als Sündopfer geschlachtet wurde. Aber das Besondere jenes Ritus war der zweite Widder, der Widder der Einweihung, dessen Blut nicht nur, wie das Blut des ersten Widders, an den Altar ringsum gesprengt wurde. Mose war angewiesen, schon vorher von dem Blut auf das rechte Ohrläppchen Aarons, auf den Daumen seiner rechten Hand und auf die große Zehe seines rechten Fußes zu tun, und danach ebenso bei seinen Söhnen zu verfahren.
Dementsprechend war der Widder das passende Opfertier im Fall der umgekehrten Frage einer Entweihung; und genau dieser Art von Bösem begegnete das Schuldopfer. Es handelte sich nicht einfach um Unrecht, wofür das Sündopfer vorgesehen war, sondern um Treulosigkeit in der Beziehung zu dem HERRN. Eine Bestätigung hierfür gibt Vers 15 in Moses „Schätzung an Sekeln Silber, nach dem Sekel des Heiligtums“. Denn wie das Gold göttliche Gerechtigkeit in Gottes Gegenwart versinnbildlicht, ist Silber mehr ein Bild seiner Gnade, wie wir in dem Sühngeld für die Kinder Israel sehen können; so auch in anderen Stellen, wo immer von Silber die Rede ist. Ein weiteres Element kennzeichnete das Schuldopfer. „Und was er an dem Heiligen gesündigt hat, soll er erstatten.“ Ja, mehr noch. So wie der HERR die Abgabe des Zehnten vom sich mehrenden Vermögen eines von Ihm gesegneten Israeliten gebot, so befahl Er beim Schuldopfer als Bußgeld ein Fünftel oder einen doppelten Zehnten. All dies sollte dem Priester zukommen. „Und der Priester soll Sühnung für ihn tun mit dem Widder des Schuldopfers, und es wird ihm vergeben werden.“
Die dann folgenden Verse geben noch deutlichere Hinweise betreffs der Unwissenheit und sind aller Aufmerksamkeit wert (Vers 17–19).
Während hier das Versehen ausdrücklich festgestellt wird, geht die Bedeutung des Falles doch weiter. Obwohl der Widder das übliche und bei dieser Art des Bösen erforderliche Opfertier war, wurde die Forderung gemildert, wo der rituelle Verstoß geringer war. So musste für die Reinigung eines Aussätzigen (3. Mose 14) ein Lamm als Schuldopfer dargebracht werden, und der Priester tat von dem Blut auf den, der gereinigt wurde, wie Mose es bei Aaron und seinen Söhnen tat am Tag ihrer Weihe, und das Öl folgte auf das Blut (V. 12–18). Dann kam das Sündopfer (V. 19), und danach das Brandopfer. Die Unterscheidung zwischen Schuld und Sünde tritt also klar hervor, was auch immer es mit der „großen Streitfrage“ unter Theologen über diesen Unterschied auf sich hat und wie unsicher ihre Äußerungen darüber bis auf diesen Tag auch sind. Und es ist verständlich, warum bei der Weihe der Priester das Sündopfer dargebracht wurde (ob Stier oder Kalb), aber kein Schuldopfer, ebenso wenig wie am Sühnungstag, dem zehnten des siebten Monats.
Wir können auch in den Gesichten, die Gott Hesekiel über das kommende Königreich auf der Erde gewährte, sehen, dass da Vorsorge getroffen wird für das Brandopfer, das Sündopfer, das Schuldopfer und das Speisopfer (Hes 40,38.42; 42,13; 44,29). Der Hebräerbrief widerspricht dem in keiner Weise, denn er handelt von der Abschaffung dieser Schatten allein für Christen. Eitler Eigendünkel leugnet die künftigen Hoffnungen Israels in den Erbarmungen des HERRN, und, indem man sich selbst als den einzigen Gegenstand der Gnade betrachtet, erstrebt man jene Erhöhung, die Israel zukommt, und verliert die eigenen besonderen Vorrechte, mit Christus zu leiden und dabei auf die Herrlichkeit droben zu warten.
Es kommt klar zum Ausdruck, dass, obwohl die in Frage stehende Person „es nicht gewusst hat“, sie dennoch schuldig ist. Der HERR wollte sein Volk in dem Gefühl dafür üben, was sie seiner Beziehung zu ihnen und ihrem Vorrecht schuldig waren, die sie das Zeichen seiner Gegenwart in ihrer Mitte hatten. Er wollte, dass sie sein Wort in allem Ernst und mit unterwürfigem Herzen lasen oder hörten. Es war nicht eine Sache des Gewissens oder offener Unmoral, wofür ein Sündopfer vorgeschrieben war, sondern Treulosigkeit hinsichtlich jener Gebote des HERRN, die ihre bevorzugte Stellung Ihm gegenüber betrafen.
Deshalb war es nötig, seine Satzungen und Rechte fleißig zu beobachten. Unwissenheit war keine triftige Entschuldigung. Sie waren Israeliten, und der HERR hatte ihnen Gebote auferlegt, und sie waren verantwortlich, sie zu befolgen. Wenn irgendjemand sie nicht kannte, so war er dennoch schuldig. Gleichgültigkeit gegenüber seinen Forderungen musste der Vergangenheit angehören. Und was bedeutete sie in seinen Augen? Worauf ließ sie bei dem Israeliten schließen? Sollte der HERR ein Auge zudrücken, wenn er nicht wusste, was in seinem Gesetz klar geschrieben stand, wenn auch nicht in den zehn Geboten? Er war schuldig und musste seine Ungerechtigkeit (davon) tragen. Deshalb sollte er einen Widder vom Kleinvieh ohne Fehl nach der Schätzung Moses als Schuldopfer zu dem Priester bringen. Weder Versehen noch Unwissenheit halfen, seine Schuld zu decken oder das unerlässliche Opfer zu umgehen. Doch wenn er es, wie vorgeschrieben, darbrachte, dann würde ihm vergeben werden. Der sprachliche Ausdruck wird hier noch stärker: „Es ist ein Schuldopfer; er hat sich gewisslich an dem HERRN verschuldet.“ Andernfalls wäre man rasch zur Entschuldigung bereit gewesen.
Das Schuldopfer – 3. Mose 5,20-26
„Und der HERR redete zu Mose und sprach: Wenn jemand sündigt und Untreue gegen den HERRN begeht, indem er seinem Nächsten ein anvertrautes Gut ableugnet oder ein Darlehen oder etwas Geraubtes; oder er hat von seinem Nächsten etwas erpresst, oder er hat Verlorenes gefunden, und leugnet es ab; und er schwört falsch über irgendetwas von allem, was ein Mensch tun mag, sich darin zu versündigen: so soll es geschehen, wenn er gesündigt und sich verschuldet hat, dass er das Geraubte zurückerstatte, das er geraubt, oder das Erpresste, das er erpresst hat, oder das Anvertraute, das ihm anvertraut worden ist, oder das Verlorene, das er gefunden hat, oder alles, worüber er falsch geschworen hat; und er soll es erstatten nach seiner vollen Summe und dessen Fünftel darüber hinzufügen; wem es gehört, dem soll er es geben am Tag seines Schuldopfers. Und sein Schuldopfer soll er dem HERRN bringen, einen Widder ohne Fehl vom Kleinvieh, nach deiner Schätzung, zum Schuldopfer, zu dem Priester; und der Priester soll Sühnung für ihn tun vor dem HERRN, und es wird ihm vergeben werden wegen irgendetwas von allem, was er getan hat, sich darin zu verschulden“ (3. Mo 5,20-26).
Es gibt noch eine weitere Form des Schuldopfers, die sich mit Treulosigkeit gegenüber dem Nächsten oder mit Veruntreuung von Verlorenem befasst. Solche Verschuldungen erachtete der HERR als indirekt gegen sich selbst gerichtet, so wie der vorhergehende Fall Ihn direkt betraf. Unwissenheit wird in der Beziehung zum Nächsten nicht angenommen, wie sie sich – leider! – in den Dingen, die nach den Rechten des HERRN verboten sind, leicht vorfindet.
Welche Gnade von dem HERRN, unrechte Handlungen gegenüber dem Nächsten auch als Ungerechtigkeit gegen Ihn selbst anzusehen, und eine Wiedergutmachung und ein gleiches Schuldopfer zu fordern! Doch es war seiner Ehre angemessen und nötig für die Menschen, dass eine deutliche Anordnung die Linie zwischen ihnen ziehen sollte. Das Vergehen gegenüber dem Nächsten veranlasste eine weitere Rede des HERRN an Mose, statt dass es ein einfacher Anhang gewesen wäre, wie die Verse 17–19 ein Anhang zu den Versen 14–16 waren und betonten, dass in den heiligen Dingen des HERRN Unwissenheit als Entschuldigung durchaus nicht gelten durfte.
Die angeführten Unrechtshandlungen, die ein Schuldopfer erforderten, sind – wie zu erwarten war – mannigfaltig. Die erste Art von Schuld, die hier angezeigt wird, scheint ein Versagen im persönlichen Vertrauen zu sein. Es mochte eine Wertsache sein oder eine Urkunde, die einem Freund zur Verwahrung übergeben war; es konnte auch nur ein Tier sein, ein geliehenes Buch, eine geborgte Axt oder anvertrautes Geld, auch wenn es nicht viel war. Doch der HERR nahm Kenntnis davon und verband seinen eigenen Namen mit den Rechten eines vertrauensvollen Israeliten. Das nächste scheint eine öffentliche Sache zu sein, ein Tauschhandel oder vielleicht eine partnerschaftliche Angelegenheit im Geschäft, wobei das begangene Böse kaum nach Unrecht aussah, aber doch ein Versagen in der Verantwortung war. Dann haben wir die ausdrückliche Anwendung von Gewalt, dann Betrug, vielleicht im Zurückhalten von Lohn und dergleichen – beides weit verbreitet und mancherlei Vergehungen einschließend, die übel sind in den Augen des HERRN. Als nächstes folgt das Auffinden von Verlorenem, das dem Nächsten gehört, was mit Ableugnen oder sogar falschem Schwören verknüpft sein konnte.
In allen diesen Fällen forderte der HERR ebenso entschieden ein Schuldopfer wie in seinen heiligen Dingen. Nicht nur musste die Schuld erstattet werden, sondern ein doppelter Zehnter oder ein Fünftel musste als Strafe hinzugefügt werden. Und weil seine eigene Ehre betroffen war, nämlich durch das Versagen in der Aufrechterhaltung der heiligen Beziehung zwischen Israel und Ihm, war ein Widder ohne Fehl als das einzig zulässige und unveränderliche Schuldopfer vorgeschrieben. Durch dieses Opfer, und nur durch dieses, sollte der Priester für den Schuldigen, der es darbrachte, Sühnung tun, „und es wird ihm vergeben werden“. Und nur hier wird in eindrucksvoller Weise noch ergänzt: „wegen irgend etwas von allem, was er getan hat, sich darin zu verschulden.“
Doch die jeweiligen Vorschriften bei einer Verschuldung in den heiligen Dingen des HERRN (14–19) und in den Beziehungen zum Nächsten (20–26) weisen einen Unterschied auf, und wir tun gut, ihn zu beachten. Dort nahm das Opfer die erste Stelle ein, hier war es die Wiedergutmachung. Beides war gefordert. In jedem nahm der HERR seine Ehre wahr: der Widder war genauso unerlässlich wie die Wiedergutmachung mit dem hinzugefügten Fünftel. Doch der Unterschied in der Reihenfolge sollte dem Herzen des Israeliten tief einprägen, was den HERRN direkt berührte, im Vergleich mit dem, was Ihn bei betrüglicher Behandlung des Nächsten indirekt anging. Wer außer Gott könnte heiligerweise in so lieblichen und nützlichen Feinheiten für sein Volk Vorsorge getroffen haben? Weder Moses noch Aaron, noch Samuel oder David, und noch weniger spätere Männer in einem finsteren, gefallenen und vergleichsweise gleichgültigen Zustand. Der Urheber war der HERR von Anfang an.
Unter dem Gesetz war es noch nicht möglich, und konnte es auch nicht sein, jedem Glaubenden Vergebung der Sünden unbedingt und für immer zu verkündigen. Eine solche Vergebung wartete auf den Herrn Jesus und sein vollbrachtes Erlösungswerk, wie es das Evangelium beinhaltet. Denn „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigt uns von aller (jeder) Sünde“. Aber dennoch war es kein karger Trost, den der HERR in seiner Gerechtigkeit damals und in dieser Weise dem reuevollen Israeliten gab, wenn er sich bewusst wurde, schändlich gesündigt und den heiligen Stand seines Volkes entweiht zu haben.