Die Versuchung und die göttlichen Hilfsmittel
6. Die göttliche Hilfe
Bei der Untersuchung der verschiedenen Versuchungen haben an verschiedenen Stellen gesehen, dass uns göttliche Hilfsmittel gegeben sind, die uns helfen, mit den Erprobungen gottgemäß umgehen zu können.
Wir möchten uns noch einmal zusammenhängend mit diesen Hilfsmitteln beschäftigen, um noch besser vorbereitet zu sein, wenn Erprobungen plötzlich auf uns zu kommen.
6.1 In den Versuchungen von außen
Eins der wichtigsten Hilfsmittel ist, dass der Herr Jesus Mitempfinden hat und Er sich als der große Hohepriester für uns verwendet. Hebräer 2,17.18 zeigt: „Daher musste er in allem den Brüdern gleich werden, damit er in den Sachen mit Gott ein barmherziger und treuer Hohepriester werde (…) Denn worin er selbst gelitten hat, vermag er denen zu helfen, die versucht werden.“ Das Mitempfinden des Herrn für die Gläubigen resultiert nicht aus seiner Allwissenheit, sondern aus dem Leben als Sohn des Menschen auf der Erde. Diesen Weg hat Er auf sich genommen hat vieles erlebt und zutiefst empfunden:
- Krankheiten (durch die Heilungen)
- Durst
- Hunger
- Müdigkeit
- Widerstand
- Hass
- Einsamkeit
- Unverständnis vonseiten der Menschen.
Er hat vollkommen gelitten und ist dadurch in der Lage, denen zu helfen, die versucht werden. Ihm ist das Leid einer verunreinigten und feindseligen Welt nicht unbekannt.
Selbstverständlich hatte Er nicht die böse Natur in sich. Die Versuchungen fanden in Seinem Inneren keinen Anknüpfungspunkt. Aber er kann „Mitleid haben mit unseren Schwachheiten“, weil er „in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Heb 4,15). Er war der „Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“.
Darüber hinaus ist Er als der Auferstandene als Hohepriester im Himmel eingesetzt worden „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“, und kann „diejenigen völlig erretten, die durch ihn Gott nahen, indem er allezeit lebt, um sich für sie zu verwenden“ (Heb 7,16.25). Diese Fürsprache des Herrn steht ständig zu unserer Verfügung, aber er wartet darauf, dass wir „durch ihn Gott nahen“.
Das Leben des Herrn Jesus können wir auch als Vorbild und Beispiel betrachten. Das dient zu unserer Ermunterung: „Denn betrachtet den, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermüdet, indem ihr in euren Seelen ermattet“ (Heb 12,3). Lasst uns lernen, den Herrn Jesus in den Evangelien betrachten (1. Joh 1,1): Sein Beispiel, seine Festigkeit, seine Geduld richten uns auf, wenn wir dazu neigen sollten, entmutigt zu werden.
Möchten wir es wie der Psalmist lernen, an Ihn zu denken: „Glückselig, wer Acht hat auf den Armen! Am Tag des Unglücks wird der HERR ihn erretten. Der HERR wird ihn bewahren und ihn am Leben erhalten; er wird glücklich sein auf der Erde. (…) Der HERR wird ihn stützen auf dem Siechbett; sein ganzes Lager wandelst du um in seiner Krankheit“ (Ps 42,2-4). Es geht darum, den zu erfassen, der sich erniedrigt hat, der arm wurde, um uns reich zu machen, und in tiefer Demut seinem dunklen Pfad gefolgt ist. Was für eine Ermutigung ist das in allen Erprobungen und Versuchungen des Lebens!
Wenn wir uns mit dem Herrn Jesus beschäftigen, dann denken wir nicht nur an die eigentlichen Ereignisse seines Lebens, sondern wir versuchen, die Empfindungen Seines Herzens zu verstehen, aus dem alle Seine vollkommenen Handlungen hervorgekommen sind.
Dann lernen wir Ausharren, das in dem Brief des Jakobus so oft betont wird. Wir werden Weisheit erbitten (Jak 1,5), die uns helfen kann, das Ziel der Erprobung zu erkennen. Er zeigt uns dann die Lektionen, die Er uns in den Umständen gibt. Er möchte uns dadurch zeigen, wie wir uns richtig verhalten sollen. Gott antwortet auf dieses Gebet, indem er „allen willig gibt und nichts vorwirft.“
6.2 In den Versuchungen von innen
Wie bereits erwähnt wurde, ist das wichtigste Hilfsmittel die Flucht - sowohl vor den jugendlichen Begierden als auch vor der Hurerei und dem Götzendienst. Wenn schlechte Vorbilder uns mitreißen wollen, dann gilt: „Von diesen wende dich weg“ (2. Tim 3,5).
Wir müssen besonders über solche Beziehungen wachen, die Gelegenheiten zum Fall bieten oder die uns veranlassen, den Herrn zu verunehren. Die Freundschaften in Christus sind ein wertvolles Hilfsmittel auf dem Weg des Glaubens. Die Gefahr liegt vielmehr in den Kameradschaften, den Kontakten, die enger werden und in die Welt oder ins Verderben hineinziehen.
In Verbindung mit der Lust des Fleisches haben wir in Kolosser 3,5 die Bedeutung des „Absterbens“ gesehen. Wenn ein Mensch dieser Welt versucht uns anzuziehen, sollten wir uns an Sprüche 6,25 erinnern: „Begehre nicht in deinem Herzen ihre Schönheit.“ Sobald man sich dessen bewusst wird, muss man fliehen (im Sinn von Matthäus 5,30).
Was Charakterschwächen angeht, so werden wir dazu aufgerufen, geistliche Energie zu zeigen: „Jetzt aber legt auch ihr das alles ab“ (Kol 3,8). Sprüche 28,13 sagt uns: „Wer seine Übertretungen aber bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen.“ Das ist nicht eine fleischliche oder gesetzliche Energie, sondern der feste Vorsatz des Herzens, dem Herrn zu gefallen. Alles das setzt eine persönliche Disziplin voraus: „Lauft nun so, dass ihr den Preis erlangt“, schreibt der Apostel den Korinthern (1. Kor 9,24). Wenn man kämpfen will, muss man in allem „enthaltsam“ sein, um eine Krone zu erhalten (V. 25). Und der Apostel fügt dem hinzu: „Ich zerschlage meinen Leib und führe ihn in Knechtschaft“ (V. 27). Was er genau darunter verstand, wissen wir nicht genau. Nüchternheit und Selbstkontrolle führen dazu, dass man sich nicht durch Begierden oder Faulheit oder durch fleischliche Wünsche hinreißen lässt, sondern gelernt hat, den Körper zu zügeln.
Der Apostel gibt Titus mehrere Ermahnungen, die den verschiedenen Personengruppen entsprechen, denen in Kreta sind: die alten Männer, die alten Frauen, die jungen Frauen. An die Adresse der jungen Männer genügte eine einzige Ermahnung, aber wie wichtig ist sie: „Die jüngeren Männer ermahne ebenso, besonnen zu sein“ (Tit 2,6). Das ist keine Gesetzlichkeit - die ohnehin in Kolosser 2 verurteilt wird - sondern die Verwirklichung, dass wir mit Christus in seinem Tos und seiner Auferstehung einsgemacht sind mit ihm. Wir sollen das neue Leben pflegen. Wenn wir Nüchternheit ausleben, gibt es auch keinen „Verdienst“ mehr, den wir vorzuweisen hätten. Das ist übrigens nur möglich, indem man gemäß Galater 5,16-23 im Geist wandelt. Die Enthaltsamkeit (die Nüchternheit) vervollständigt die Frucht des Geistes.
Das Bekenntnis unserer Übertretungen vor Gott ist unerlässlich, damit uns vergeben wird und wir gereinigt werden (1. Joh 1,9). Es stellt die brüderlichen Beziehungen wieder her und ist außerdem ein Schutz für die Zukunft, wenn wir auch gegenüber den Brüdern, die wir verletzt haben mögen, unser Unrecht einsehen. Ebenso sind das gegenseitige Bekenntnis von Jakobus 5,16 und die Gebete, die sich daraus ergeben, ein mächtiges Erziehungsmittel, um uns vor Rückfällen zu bewahren.
6.3 Immer
Die göttliche Hilfe steht ständig zu unserer Verfügung. Sie setzt nicht zwischenzeitlich aus. Sie ist nicht lückenhaft. „Euch, die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung“ (1. Pet 1,5). Die Macht Gottes ist immer da, um uns vor dem Fall zu bewahren.
Der Glaube muss tätig sein, um sich auf diese Macht zu stützen, sie zu erfassen und auf diese Macht zu rechnen. Am Ende seiner langen und schmerzhaften Erfahrungen konnte Hiob mit Dankbarkeit sagen: „Ich weiß, dass du alles vermagst, und kein Vorhaben dir verwehrt werden kann“ (Hiob 42,2). Die Hand des Herrn ist ständig bereit, uns Hilfe zu leisten, - die treue Hand, die sich „sogleich“ zu Petrus ausstreckte, als er infolge seines Mangels an Glauben in den Wassern versank (Mt 14,31). „Wenn ich sagte: ‚Mein Fuß wankt', so unterstützte mich deine Güte, HERR“ (Ps 94,18).
„Gott aber ist treu, der (…) mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird“ (1. Kor 10,13). Immer können wir auf seine Gnade und seine Treue zählen. Das Beispiel der Israeliten, die in der Wüste gefallen sind, bringt uns dahin, uns davor zu fürchten, dass nicht „jemand von euch scheine, zurückgeblieben zu sein“ (Heb 4,1). Aber uns sind drei Hilfsmittel gegeben, ohne die keiner das Ziel erreichen würde:
- das Wort Gottes (V. 12),
- die Fürsprache Christi (V. 14.15) und
- der Thron der Gnade (V. 16).
Der Weg ist geöffnet, der Vorhang ist zerrissen, der Zugang ins Heiligtum ist immer frei: „Lasst uns hinzutreten.“ Wir dürfen mit Vertrauen hinzutreten, in dem Empfinden, dass wir der Gnade Gottes begegnen - nicht nur „zu rechtzeitiger Hilfe“, sondern zuerst „damit wir Barmherzigkeit empfangen“, diese Barmherzigkeit, die wir auf dem ganzen Weg so sehr benötigen.
Um uns zu bewahren oder um uns neu aufzurichten kann Gott sich der brüderlichen Hilfe bedienen. Galater 6,1 illustriert das: „Brüder, wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringt ihr, die Geistlichen, ihn zu Recht im Geist der Sanftmut, wobei du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest“. Es handelt sich hier um einen unglücklichen Fehltritt, der nicht die Zucht der Versammlung gemäß 1. Korinther 5 erforderlich macht, aber geistliche Hilfe verlangt, einen Hirtendienst, der dahin führt, den zurecht zu bringen, der gefallen ist. Alles sollte in dem Bewusstsein geschehen, dass man selbst genauso gut versucht werden kann!
Hiob unterstreicht: „Dem Verzagten gebührt Milde von seinem Freund“ (Hiob 6,14), Barmherzigkeit gegenüber dem entmutigten Bruder, dessen Fuß abgleitet, der in unentwirrbaren Umständen eingeschlossen ist - Barmherzigkeit und nicht Gericht.
„Zwei sind besser daran als einer“ sagt der Prediger (Pred 4,9). Der Freund „richtet seinen Genossen auf“. Als Paar, zu zweit, empfindet man die gegenseitige Zuneigung, die in guten wie in schlechten Tagen standhält. Und der Herr naht sich denen, die er so vereint hat: „Eine dreifache Schnur zerreißt nicht so schnell.“
Eine letzte Warnung und eine letzte Verheißung möchte ich noch hinzufügen:
„Daher, wer zu stehen meint, sehe zu, dass er nicht falle“ (1. Kor 10,12). Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit führen zum Fall. - Es bleibt aber das Hilfsmittel: „Denn ihr steht durch den Glauben“ (2. Kor 1,24). Dieser Glaube rechnet mit der Macht Gottes, naht sich ihm mit Vertrauen und hat gelernt, Ihn um Seine Hilfe und Seine Gnade anzurufen. -
Zuletzt noch diese Zusicherung: „Der Herr vermag ihn aufrecht zu halten“ (Rö 14,4). Er vermag „euch ohne Straucheln zu bewahren“ (Jud 24).