Der verheißene König und sein Reich
Kommentar zum Matthäus-Evangelium
Kapitel 17
Die Verklärung (17,1–8)
„Und nach sechs Tagen nimmt Jesus den Petrus und Jakobus und Johannes, seinen Bruder, mit und führt sie für sich allein auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, seine Kleider aber wurden weiß wie das Licht. Und siehe, Mose und Elia erschienen ihnen und unterredeten sich mit ihm. Petrus aber hob an und sprach zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten machen, dir eine und Mose eine und Elia eine. Während er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme erging aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört. Und als die Jünger es hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. Und Jesus trat herzu, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht. Als sie aber ihre Augen erhoben, sahen sie niemand als Jesus allein“ (17,1–8).
Dieser Abschnitt zeigt uns, wie die Worte des Herrn am Schluss des vorhergehenden Kapitels in Erfüllung gingen. Der Herr führte Petrus, Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg. Dort wurde Er vor ihnen umgestaltet. Sein Angesicht wurde leuchtend wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Mose und Elia erschienen ihnen „in Herrlichkeit“, wie Lukas 9 berichtet. Hier in Matthäus 17 wird die Person des Herrn als Sohn des Menschen dargestellt, der in der Herrlichkeit seines Reiches kommt.
Durch das, was die Jünger auf dem Berg erlebten, sollte ihr Glaube gestärkt werden für die Zeit nach seinem Tod, in der sie von Ihm zeugen würden. Sie hatten an Ihn geglaubt und in Ihm den Messias, den Christus gesehen. Jetzt erwarteten sie die Aufrichtung seines herrlichen Reiches. Stattdessen aber hat der Herr Jesus ihnen verboten zu sagen, dass Er der Christus sei und sprach vielmehr von seinem Leiden und seinem Tod. Solche Hinweise, die anscheinend alles, was sie gehofft hatten, zunichte machten, hätten ihr Vertrauen erschüttern können. Deshalb wollte der Herr ihnen durch das Anschauen seiner Herrlichkeit Zuversicht geben.
Später nahm Petrus auf diese Offenbarung des Herrn in Herrlichkeit Bezug, um die Gläubigen aus den Juden, an die er seine Briefe richtete, zu ermutigen, unbeirrt das Reich in Herrlichkeit zu erwarten und sagte ihnen: „Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir ausgeklügelten Fabeln folgten, sondern als solche, die Augenzeugen seiner herrlichen Größe gewesen sind“ (2. Pet 1,16).
Die Anwesenheit von Mose und Elia, die sich mit dem Herrn Jesus unterhielten, ist bedeutungsvoll: Mose hatte dem Volk das Gesetz gegeben. Und Elia war der große Prophet, den Gott erweckt hatte, um das Volk von dem Baals-Dienst zu lösen und zu dem Gesetz zurückzuführen (1. Kön 18). Diese beiden Männer stellen also „das Gesetz und die Propheten“ dar, deren Dienst inmitten des Volkes wirkungslos blieb, weil es nicht gehorchen wollte und Gott gegenüber widerspenstig war.
Jetzt war der Messias gekommen, um sein Reich aufzurichten. Aber das Volk verwarf Ihn, und die Juden gingen dem Gericht entgegen, anstatt sich der verheißenen Segnungen erfreuen zu können. Auf dem Grundsatz des Gesetzes und der Verantwortung gab es für sie keine Hoffnung mehr. Aber wenn auf Seiten des Menschen auch alles verloren ist, so öffnen sich doch die göttlichen Hilfsquellen, die alle in der Person Jesu vereinigt sind. Anstatt mit Moses und Elias in den Himmel zurückzukehren, musste Er zum Kreuz gehen, um dort das Werk der Erlösung zu erfüllen.
Als die Jünger diese beiden hervorragenden Persönlichkeiten in der Gegenwart Jesu sahen, rief Petrus aus: „Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten machen, dir eine und Mose eine und Elia eine. Während er noch redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke, und siehe, eine Stimme erging aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; ihn hört.“ Petrus dachte, es sei für den Herrn eine besondere Ehre, wenn er Ihn mit diesen beiden hervorragenden Knechten Gottes auf eine Stufe stellte. Er erkannte weder die Herrlichkeit seiner Person, noch war ihm bewusst, wie wichtig es war, Ihn zu hören. Gott, der Vater, der über die Ehre seines Sohnes wachte, ließ sogleich seine Stimme hören, als man seinen Sohn den Männern des Alten Bundes, wenn auch den größten unter ihnen, gleichstellen wollte. In gleicher Weise hatte Gott schon geredet, als der Herr Jesus seinen Platz unter den Sündern einnahm und sich durch Johannes taufen ließ (Mt 3,17). Alle sollten nun auf den Sohn hören, nachdem das Volk auf Mose und Elia nicht gehört hatte und ihr Dienst unter ihnen wirkungslos geblieben war. Die Hilfsquelle Gottes ist also in seinem geliebten Sohn.
Diese Stimme richtet sich heute an jeden Glaubenden, wie auch an alle, die noch nicht errettet sind. „Ihn hört“, ruft Gott, der Vater, aus. Ihn, der gesagt hat: „Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und ich werde euch Ruhe geben“ (Mt 11,28). „Und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Joh 6,37). „Hört, und eure Seele wird leben“ (Jes 55,3). „Es ist in keinem anderen das Heil, denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in dem wir errettet werden müssen“ (Apg 4,12).
Als die Jünger die Stimme Gottes hörten und sahen, wie die Wolke sie überschattete, fielen sie, von Furcht ergriffen, auf ihr Angesicht. Bei der Wüstenwanderung des Volkes Israel war die Wolke in ihrer Mitte ein Sinnbild der Wohnung Gottes. Sobald das Zelt der Zusammenkunft oder die Stiftshütte in der Wüste aufgerichtet war, „bedeckte die Wolke das Zelt der Zusammenkunft und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung. Und Mose konnte nicht in das Zelt der Zusammenkunft hineingehen“, wegen der Herrlichkeit des HERRN, in die noch kein Mensch je hatte eintreten können (2. Mo 40,34.35).
Als viele Jahrhunderte später Salomo den Tempel einweihte, erfüllte die Herrlichkeit des HERRN dieses Haus, so dass auch damals die Priester nicht hineingehen konnten (2. Chr 7,1–2). Wieder etwa vierhundert Jahre später, als Israel in die babylonische Gefangenschaft geführt wurde, verließ die Wolke der Herrlichkeit des HERRN den Tempel in Jerusalem (Hes 10). Die Jünger hatten also wohl Ursache, sich zu fürchten, als die Wolke, die Petrus später „die prachtvolle Herrlichkeit“ nannte (2. Pet 1,17), sie bedeckte. Aber sie waren auch in der Gegenwart dessen, der die Herrlichkeit verlassen hatte, um Sünder dort einzuführen, sowohl Mose und Elia, als auch dich und mich und jeden Glaubenden.
Er allein konnte sagen: „Steht auf und fürchtet euch nicht.“ Hätte Petrus schon jetzt soviel Verständnis gehabt wie später, so hätte er, als der Herr an einem anderen Tag von seinem Tod sprach, wohl nicht im Unverstand geantwortet: „Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir nicht widerfahren.“ Denn hätte Er nicht durch seinen Tod die Sünden ausgelöscht und der Gerechtigkeit Gottes Genüge getan, so hätte kein Mensch in die Herrlichkeit der Gegenwart Gottes gebracht werden können. Welch eine wunderbare Liebe hat doch unser Heiland offenbart. Wie wird doch unser Herz immer wieder bewegt beim Gedanken, dass arme Sünder, wie auch wir es waren, mit Ihm eingeführt werden in dieselbe Herrlichkeit!
Als die Jünger ihre Augen wieder aufhoben, sahen sie niemanden als „Jesus allein“. Mose und Elia waren nicht mehr da. In dem Zeitalter der Gnade, das der Herr damals einführte, mussten einfach das Gesetz und die Propheten vor dem zurücktreten, der allein den Menschen in die verheißenen Segnungen einführen kann. Wir können also aus dieser Szene der Verklärung im Blick auf die den Vätern gegebenen Verheißungen ersehen, dass der Christ durch den Glauben die Gewissheit besitzt, dass Christus, der Sohn des Menschen, sein Reich in Herrlichkeit aufrichten wird. Die himmlischen Heiligen werden alle daran Teil haben: Die auferweckten und verwandelten Gläubigen, dargestellt durch Mose, den Gott selbst begraben hat (5. Mo 34,6) und die lebenden Gläubigen, die bei der Entrückung verwandelt werden, dargestellt durch Elia, der in den Himmel fuhr, ohne durch den Tod gehen zu müssen. Die drei Jünger dagegen stellen die Gläubigen dar, die bei der Erscheinung des Herrn in Herrlichkeit auf der Erde sein werden. Die das Reich erwartenden Jünger besaßen im Glauben ein himmlisches Teil mit Christus, der als Gegenstand des Herzens Gottes und auch ihres Herzens bei ihnen bleiben wird. Ihn sollten sie hören, da das Gesetz und die Propheten nichts zur Vollendung gebracht hatten.
Elia (17,9–13)
„Und als sie von dem Berg herabstiegen, gebot ihnen Jesus und sprach: Sagt niemand das Gesicht, bis der Sohn des Menschen aus den Toten auferstanden ist. Und die Jünger fragten ihn und sprachen: Was sagen denn die Schriftgelehrten, dass Elia zuerst kommen müsse? Er aber antwortete und sprach: Elia zwar kommt und wird alle Dinge wiederherstellen; ich sage euch aber, dass Elia schon gekommen ist, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern an ihm getan, was irgend sie wollten. Ebenso wird auch der Sohn des Menschen von ihnen leiden. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen sprach“ (17,9–13).
Als sie von dem Berg herabgestiegen waren, gebot ihnen der Herr, niemandem mitzuteilen, was sie gesehen hatten, bis Er aus den Toten auferstanden sei. Dies sagte Er aus dem gleichen Grund, aus welchem Er ihnen schon im vorhergehenden Kapitel verboten hatte zu sagen, dass Er der Christus sei.
Diese unvergessliche Szene, der sie soeben beigewohnt hatten und die dazu angetan war, bei ihnen die Gewissheit der Aufrichtung des Reiches in Herrlichkeit zu befestigen, erweckte in ihnen die Frage bezüglich des Propheten, der vor der Wiederaufrichtung des Reiches kommen sollte und den Maleachi Elia nennt. „Was sagen denn die Schriftgelehrten, dass Elia zuerst kommen müsse?“ Wenn das Reich wirklich im Begriff war zu kommen, warum war Elia denn noch nicht gekommen? Der Herr antwortete ihnen, dass Elia zuerst kommen werde um alle Dinge wiederherzustellen. Wie auch Maleachi gesagt hat: „Siehe, ich sende euch Elia, den Propheten, ehe der Tag des HERRN kommt, der große und furchtbare. Und er wird das Herz der Väter zu den Kindern und das Herz der Kinder zu ihren Vätern wenden, damit ich nicht komme und das Land mit dem Bann schlage“ (Mal 3,23.24).
Die Schriftgelehrten hatten also Recht: Ein Prophet sollte nach der Rückkehr der Juden nach Palästina und vor der Offenbarung des Messias aus der Mitte des jüdischen Überrestes erweckt werden. Dieser wird in dem Geist und der Kraft des Elia handeln (Lukas 1,17), um das Volk vor der Aufrichtung des Reiches zu Gott zurückzuführen. Der Herr fügt hier hinzu: „Ich sage euch aber, dass Elia schon gekommen ist, und sie haben ihn nicht erkannt, sondern an ihm getan, was irgend sie wollten. Ebenso wird auch der Sohn des Menschen von ihnen leiden. Da verstanden die Jünger, dass er von Johannes dem Täufer zu ihnen sprach.“ Johannes selbst hatte, als die Juden ihn fragten, wer er sei, geantwortet: „Ich bin die ‚Stimme eines Rufenden in der Wüste: Macht gerade den Weg des Herrn', wie Jesaja, der Prophet, gesagt hat“ (Joh 1,23; vgl. Mt 3,3). Er erfüllte also die Prophezeiung des Jesaja (Jes 40,3), indem er durch seine Predigt in der Wüste von Judäa den Weg des Herrn in den Herzen bereitete. Johannes war aber auch der, von dem der Prophet in Maleachi 3,1 geredet hatte und über den Zacharias, sein Vater, in Lk 1,76 in Anlehnung an dieses Wort Maleachis ausgerufen hatte: „Und du aber, Kind, wirst ein Prophet des Höchsten genannt werden; denn du wirst vor dem Herrn hergehen, seine Wege zu bereiten.“ In Matthäus 11,10 und Lukas 7,27 hat der Herr die Anwendung dieser Stelle auf Johannes den Täufer bestätigt, indem Er sagte: „Dieser ist es, von dem geschrieben steht: ‚Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten wird.'“
Es trifft also zu, dass vor der Erscheinung Christi in Herrlichkeit zur Aufrichtung seines Reiches noch ein Prophet kommen wird, so wie Elia in der Person des Johannes des Täufers vor der Erscheinung Christi in Gnade gekommen ist. Und wie man den Vorläufer verkannt und getötet hatte, würde man auch seinen Herrn behandeln.
Wie ist das Wort Gottes doch so genau und zuverlässig! Was noch zu erfüllen bleibt, wird sich mit derselben Genauigkeit ereignen, wie das, was schon erfüllt ist. Wer diesem Wort glaubt und sich in allen Dingen darauf stützt, besitzt inmitten der Gedankenverwirrung der Menschen die Wahrheit im Blick auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Außerhalb dieses Wortes gibt es keinerlei Sicherheit, keinen Frieden und keine Glückseligkeit.
Die Kraftlosigkeit der Jünger (17,14–21)
„Und als sie zu der Volksmenge kamen, trat ein Mensch zu ihm und fiel vor ihm auf die Knie und sprach: Herr, erbarme dich meines Sohnes, denn er ist mondsüchtig und leidet schwer; denn oft fällt er ins Feuer und oft ins Wasser. Und ich brachte ihn zu deinen Jüngern, und sie konnten ihn nicht heilen. Jesus aber antwortete und sprach: O ungläubiges und verkehrtes Geschlecht! Bis wann soll ich bei euch sein? Bis wann soll ich euch ertragen? Bringt ihn mir her. Und Jesus gebot ihm ernstlich, und der Dämon fuhr von ihm aus; und der Knabe war geheilt von jener Stunde an. Da traten die Jünger für sich allein zu Jesus und sprachen: Warum haben wir ihn nicht austreiben können? Er aber spricht zu ihnen: Wegen eures Unglaubens; denn wahrlich, ich sage euch, wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berg sagen: Werde versetzt von hier nach dort!, und er wird versetzt werden; und nichts wird euch unmöglich sein. [Diese Art aber fährt nicht aus als nur durch Gebet und Fasten.]“ (17,14–21).
Während der wunderbaren Verklärung des Herrn auf dem Berg trug sich unten im Tal zwischen der Volksmenge und den Jüngern eine ganz andere Begebenheit zu. Ein Kind, das von einem Dämon schrecklich gequält wurde, war zu den übrigen Jüngern gebracht worden, aber sie konnten den bösen Geist nicht austreiben und hatten im Kampf gegen den Widersacher versagt.
Die Jünger fragten Ihn nachher, warum sie den Dämon nicht hatten austreiben können. Er antwortete ihnen: „Wegen eures Unglaubens.“ Dann fügte Er zwei wichtige Belehrungen hinzu:
- Um die Macht des Herrn anzuwenden, die Er ihnen zur Verfügung gestellt hatte, war Glauben nötig. Der Herr hatte ihnen die Gewalt gegeben, Dämonen auszutreiben (Mt 10,8). Aber diese Macht konnte ohne wirklichen Glauben an die Person des Herrn nicht ausgeübt werden. Der Glaube ist die einzige Quelle dieser Kraft. Wäre er bei ihnen auch nur in der Größe eines kleinen Senfkorns vorhanden gewesen, hätten sie Berge versetzen und so die größten Schwierigkeiten überwinden können! Der Herr überträgt den Menschen, die in sich selbst in jeder Beziehung nichts sind, die Macht, dass sie durch den Glauben an Ihn alles überwinden können. Und diese Macht steht auch uns zur Verfügung, um das zu erfüllen, was der Herr heute von uns erwartet. Er fordert uns nicht auf, Kranke zu heilen oder Dämonen auszutreiben – und doch, wenn Er es täte, dann könnten wir es durch den Glauben an Ihn auch tun.
Aber Er erwartet von uns auch, dass wir Ihm in völliger Trennung vom Bösen und im Gutestun nachfolgen. Die Schwierigkeiten sind für unsere schwache Natur unüberwindlich. Aber wie der Apostel Paulus können wir im Glauben sagen: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt“ (Phil 4,13), also in dem Herrn, der gesagt hat: „Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor 12,9). Es ist gut, sich schon von Jugend an darin zu üben, von der Macht des Herrn Gebrauch zu machen, indem wir Ihn in alles, was uns begegnen mag, hineinbringen. Seine Kraft bleibt unserem Glauben immer zur Verfügung, um uns in der Verwirklichung von Treue und Gottesfurcht inmitten dieser Welt zu stützen, wo sich alles Christus und denen, die Ihm treu sein wollen, widersetzt. - Eine andere wichtige Belehrung, die der Herr hier den Jüngern gab und die auch uns gilt, ist die, dass wir zum Gebrauch der Macht des Herrn nicht nur Glauben brauchen, sondern auch einen Seelenzustand, der das Recht gibt, mit dem Herrn zu rechnen. Er sagte zu den Jüngern: „Diese Art aber fährt nicht aus, als nur durch Gebet und Fasten.“ Wir besitzen nicht in uns selbst den Vorrat an Kraft, den wir für das praktische Leben und den Dienst bedürfen. Die Kraft ist allein im Herrn. Der Gebrauch dieser Kraft setzt Glauben voraus.
Aber dieser Glaube kann nur verwirklicht werden, wenn die Seele ein Leben des Gebets und der Abhängigkeit vom Herrn führt, und dabei fastet. Fasten bedeutet: allem entsagen, was das Fleisch befriedigt und erregt und das Herz zu den irdischen Dingen hinwendet. Wenn es davon erfüllt ist, wie kann es sich dann auf den Herrn stützen? Diese Dinge nehmen ihm jedes geistliche Verständnis, den Willen des Herrn zu erkennen. Wollten wir uns in einem solchen Zustand auf seine Verheißungen stützen, dann könnten wir nicht mit seiner Hilfe rechnen. Deshalb wird uns in 1. Timotheus 4,8 gesagt: „Die Gottseligkeit aber ist zu allen Dingen nützlich, da sie die Verheißung des Lebens hat, des jetzigen und des zukünftigen.“ Nur in der Absonderung von der Welt und vom Bösen und in der Gemeinschaft mit dem Herrn können wir auf Ihn rechnen, werden dann aber seine Macht reichlich erfahren.
In die Hände der Menschen überliefert (17,22.23)
„Als sie sich aber in Galiläa aufhielten, sprach Jesus zu ihnen: Der Sohn des Menschen wird in die Hände der Menschen überliefert werden, und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er auferweckt werden. Und sie wurden sehr betrübt“ (17,22.23).
Jesus erinnerte die Jünger daran, dass Er in die Hände der Menschen überliefert, getötet, aber am dritten Tag auferstehen werde (Verse 22.23). Darüber wurden sie sehr betrübt. Es war der Wille des Herrn, dass das, was sie auf dem Berg der Verklärung erlebt hatten, ihre Gedanken nicht von dem Erlösungswerk abwendete, das die Grundlage aller ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Segnungen war. Welchen Nutzen hätte sonst die Begegnung auf dem Berg für sie gehabt? Wozu hätte die Macht Christi, die ihnen zur Verfügung stand, dienen können, wenn der Herr nicht durch den Tod gegangen und auferstanden wäre? Sein Tod und seine Auferstehung sind ja die Grundlage aller Ratschlüsse Gottes, die Er zum Heil der Sünder gefasst hat. Sonst wären wir noch in unseren Sünden und die Herrlichkeit bliebe für uns ewig verschlossen.
Der Gedanke an den Tod ihres Herrn stimmte die Jünger traurig. Es konnte auch nicht anders sein. Und doch sollte ihnen sein Tod eine unvergleichliche und ewige Freude bringen. Die Jünger lernten sie schon hier auf der Erde kennen, denn kurz vor seinem Tod belehrte der Herr sie darüber (Joh 16,20–22). Petrus nennt sie später in seinem ersten Brief „eine unaussprechliche und verherrlichte Freude“ (1. Pet 1,8). Jeder Glaubende darf sie in Erwartung des seligen Augenblicks genießen, in dem der Herr zu seiner Eigenen tiefen Freude „von der Mühsal seiner Seele Frucht sehen“ wird (Jes 53,11). Dann werden alle seine Erlösten verherrlicht um Ihn versammelt sein.
Die Doppeldrachmen (17,24–27)
„Als sie aber nach Kapernaum kamen, traten die Einnehmer der Doppeldrachmen zu Petrus und sprachen: Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeldrachmen? Er sagt: Doch. Und als er in das Haus eintrat, kam Jesus ihm zuvor und sprach: Was meinst du, Simon? Von wem erheben die Könige der Erde Zoll oder Steuer, von ihren Söhnen oder von den Fremden? Petrus sagt zu ihm: Von den Fremden. Jesus sprach zu ihm: Demnach sind die Söhne frei. Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh an den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt, tu sein Maul auf, und du wirst einen Stater finden; den nimm und gib ihnen für mich und dich“ (17,24–27).
Der Herr Jesus kam mit seinen Jüngern in dem Augenblick nach Kapernaum, als für den Tempel eine Steuer erhoben wurde, möglicherweise als Hebopfer, das in 2. Mose 30,11–16 für die „Arbeit des Zeltes der Zusammenkunft“ verordnet war, oder die Verpflichtung, die die Juden in Nehemia 10,33.34 „für den Dienst des Hauses unseres Gottes“ auf sich genommen hatten. Diejenigen, die diese Abgaben einnahmen, fragten Petrus: „Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeldrachmen?“ Petrus antwortete: „Ja.“ Von dem Standpunkt aus gesehen, dass der Herr Jesus als Mensch unter Gesetz geboren war (Gal 4,4) und sich allem unterwarf, was dem Volk verordnet war, hatte Petrus richtig geantwortet. Aber wenn er sich dabei der Herrlichkeit der Person Jesu als Sohn Gottes und Sohn des Menschen, wovon er doch auf dem heiligen Berg Zeuge war, bewusst gewesen wäre, so hätte er mit seiner Antwort nicht geeilt.
Als sie nun in das Haus eintraten, sprach Jesus, der in seiner göttlichen Allwissenheit die Antwort des Petrus kannte: „Was meinst du, Simon? Von wem erheben die Könige der Erde Zoll oder Steuer, von ihren Söhnen oder von den Fremden? Petrus sagt zu ihm: Von den Fremden. Jesus sprach zu ihm: Demnach sind die Söhne frei. Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh an den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt, tu sein Maul auf, und du wirst einen Stater finden; den nimm und gib ihnen für mich und dich.“
Wie groß ist doch die Herrlichkeit der Gnade des Herrn, die diese wunderbaren Worte des Herrn enthalten. Er machte dem Petrus begreiflich, dass Er als der König Israels nicht der Tempelsteuer unterworfen war, denn Er war der Herr des Tempels. In seiner Gnade schloss Er den armen Fischer aus Galiläa in seine Herrlichkeit mit ein und ließ sich herab, sich als Mensch mit Petrus einszumachen, indem Er antwortete: „Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben ...“. Diese wenigen Worte geben uns einen Einblick in die unendliche Größe unseres großen Herrn und in seine wunderbare Gnade. Wir sehen hier sowohl seine königliche Würde als auch seine Erniedrigung, seine Herrlichkeit als Schöpfer, der Macht hat über die ganze Schöpfung, seine Allwissenheit, in der Er von dem Stater in dem Mund des Fisches wusste, seine Macht, den Fisch an die Angel des Petrus kommen zu lassen und anderseits seine Unterwürfigkeit unter das Gesetz, unter dem sich das Volk befand. Er verwirklichte das, was Er später durch seine Apostel in Römer 13,5–7 und 1. Petrus 2,13–17 niederschreiben ließ: Der Gläubige soll in seinen irdischen Beziehungen den Menschen in der Welt keinen Anlass zu einem Anstoß geben. Wenn der Gläubige in dem Bewusstsein seiner hohen Stellung leben darf, in welche die Gnade ihn gebracht hat, so kann er daraus in dieser Welt für sich doch kein besonderes Recht geltend machen, solange Christus seine Rechte noch nicht ausübt.
Wie werden unsere Herzen mit Bewunderung und Dankbarkeit erfüllt, wenn wir diese herrliche Person betrachten, die den Himmel verließ und für sündige Menschen starb, um sie mit Ihm in die Stellung von Söhnen vor Gott zu bringen, um sie Ihm gleichförmig zu machen! Wir erkennen, dass wir nur mit vollkommenen Fähigkeiten und verherrlichten Leibern die unendlichen Herrlichkeiten der Person des Herrn Jesus erkennen und verstehen können. Nur die Ewigkeit genügt, um Ihn völlig genießen und Ihm völlig die Ehre und die Anbetung zu geben, die Ihm für die Entfaltung seiner Gnade und Liebe uns gegenüber gebühren.