Der verheißene König und sein Reich
Kommentar zum Matthäus-Evangelium
Kapitel 16
Das Zeichen Jonas' (16,1–4)
„Und die Pharisäer und Sadduzäer kamen herzu, und um ihn zu versuchen, baten sie ihn, ihnen ein Zeichen aus dem Himmel zu zeigen. Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Wenn es Abend geworden ist, sagt ihr: Heiteres Wetter, denn der Himmel ist feuerrot; und frühmorgens: Heute stürmisches Wetter, denn der Himmel ist feuerrot und trübe. Das Aussehen des Himmels wisst ihr zwar zu beurteilen, aber die Zeichen der Zeiten könnt ihr nicht beurteilen? - Ein böses und ehebrecherisches Geschlecht begehrt ein Zeichen, und kein Zeichen wird ihm gegeben werden als nur das Zeichen Jonas. Und er verließ sie und ging weg“ (16,1–4).
Wir finden jetzt den Herrn Jesus wieder in Gegenwart der beiden großen Parteien unter den Juden: den Pharisäern und den Sadduzäern. Die einen waren religiös, die anderen würde man heute Freidenker nennen. Beide waren gegenüber der Person des Herrn in gleichem Maß ungläubig. Bei den einen war es das schlechte Gewissen, bei den anderen der Unglaube, in dem sie ein Zeichen aus dem Himmel forderten.
Schon in Kapitel 12 hatte der Herr den Schriftgelehrten und Pharisäern geantwortet, dass ihnen kein anderes Zeichen als das des Jonas' gegeben würde. Hier antwortete Er ihnen in der gleichen Weise. Wir erkennen daraus, wie groß die Auflehnung des menschlichen Herzens gegen Gott ist. Als Gott den König Ahas aufforderte, um ein Zeichen zu bitten (Jes 7,10–12), lehnte er es ab. Er berief sich auf seine vermeintliche Frömmigkeit und wollte so Gott nicht versuchen. Und doch wissen wir aus der in 2. Chronika 28 berichteten Geschichte, wie überaus gottlos dieser König von Juda war. Gott selbst nannte ihm dann ein Zeichen (Jes 7,14): Die Geburt Emmanuels, der während seines ganzen Lebens in der Mitte des Volkes beweisen würde, wer Er war.
Jetzt war dieser gekommen und handelte unter ihnen in Gnade und Macht. Aber wie schrecklich: Sie wollten es nicht sehen! Jesus warf ihnen vor, sie seien wohl fähig, an dem Aussehen des Himmels das Wetter des folgenden Tages zu erkennen, aber die viel wichtigeren Zeichen der Zeit konnten sie nicht beurteilen. Der von Gott belehrte Glaube vermochte aufgrund der Gegenwart des Messias und des traurigen Empfanges, der Ihm bereitet wurde, die Zeichen der Zeit zu beurteilen. Aber „einem bösen und ehebrecherischen Geschlecht“ sollte kein anderes Zeichen gegeben werden, als das Zeichen Jonas, nämlich der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus.
Damit endete die Botschaft des Herrn an das Volk, in seinem Charakter als Messias, denn sie hatten ihren Messias nicht erkannt und verwarfen Ihn. Das bedeutete ihr Gericht. Deshalb lesen wir am Schluss dieses Abschnittes die bedeutsamen Worte: „Und er verließ sie und ging hinweg.“ Schon früher hatte der Herr zu seinen Jüngern gesagt: „Lasst sie!“ (Mt 15, 14). In was für einen Zustand kann ein Mensch doch kommen, wenn Gott ihn schließlich seinem Schicksal überlässt, nachdem Er alles irgend Mögliche getan hat, um ihn zu retten und zu segnen!
Wir leben heute in einer Zeit, die – was die Christenheit betrifft – der Zeit entspricht, in der Israel lebte, als Jesus sich anschickte, dieses Volk aufzugeben. Menschen, ebenso religiös wie die Pharisäer, und andere so ungläubig wie die Sadduzäer, wird der Herr bald sich selbst überlassen und der „wirksamen Kraft des Irrwahns“ (2. Thes 2,11) ausliefern, „darum, dass sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden.“ Damals, nachdem der von ihnen verworfene Herr diese Erde verlassen hatte, wurde das Volk der Juden von den Gerichten Gottes heimgesucht. Ebenso werden in einer nicht mehr fernen Zukunft, wenn der Herr die Seinen aus der Welt wegnimmt, die in der Offenbarung geschilderten Gerichte alle die Menschen treffen, die in der heutigen Zeit der Gnade nicht an Ihn geglaubt haben.
Die Ankunft des Herrn ist sehr nahe. Alle, deren Augen durch den Glauben an das Wort Gottes geöffnet sind, verstehen die Zeichen der Zeit. Sie erwarten die Erscheinung des „Morgensterns“, ein Bild von Christus, der die Seinen heimholt. Diese Ankunft wird vor dem Tag stattfinden, der für die, die der Herr aufgegeben hat, „brennend wie ein Ofen“ kommen wird (Mal 3,19).
Die vergesslichen Jünger (16,5–12)
„Und als die Jünger an das jenseitige Ufer kamen, hatten sie vergessen, Brote mitzunehmen. Jesus aber sprach zu ihnen: Gebt Acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer. Sie aber überlegten bei sich selbst und sagten: Weil wir keine Brote mitgenommen haben. Als aber Jesus es erkannte, sprach er: Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige, weil ihr keine Brote [mitgenommen] habt? Versteht ihr noch nicht, erinnert ihr euch auch nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wie viele Handkörbe ihr aufgehoben habt, noch an die sieben Brote für die viertausend und wie viele Körbe ihr aufgehoben habt? Wie, versteht ihr nicht, dass ich euch nicht von Broten sagte: Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer? Da verstanden sie, dass er nicht gesagt hatte, sich zu hüten vor dem Sauerteig der Brote, sondern vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer“ (16,5–12).
Die Jünger hatten den Herrn wohl als Messias aufgenommen, aber sie waren doch noch weit davon entfernt, seine herrliche Person wirklich zu erkennen und seine Belehrungen so zu verstehen, wie es uns heute möglich ist, weil uns durch die Gabe des Heiligen Geistes weit mehr Licht geschenkt ist. Dennoch sagte Er in seiner wunderbaren Gnade zu ihnen: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen“ (Lk 22,28).
Als die Jünger nach der Speisung der Viertausend am anderen Seeufer angekommen waren, stellten sie fest, dass sie vergessen hatten, Brote mitzunehmen. Aber der Herr war wegen der Heuchelei der Pharisäer und des Unglaubens der Sadduzäer in Sorge um seine schwachen Jünger und wusste, wie nötig es war, dass sie vor diesen Menschen gewarnt würden. Er sagte ihnen daher: „Gebt Acht und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ Die Gedanken der armen Jünger waren noch derart auf das Irdische gerichtet, dass sie nur an den Sauerteig des Brotes dachten. Da sie nur mit den vergessenen Broten beschäftigt waren und die Notwendigkeit nicht erkannten, vor dem Einfluss der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer bewahrt zu werden, sprach der Herr zu ihnen: „Was überlegt ihr bei euch selbst, Kleingläubige ...? Versteht ihr noch nicht, erinnert ihr euch auch nicht an die fünf Brote für die fünftausend und wie viele Handkörbe ihr aufgehoben habt, noch an die sieben Brote für die viertausend und wie viele Körbe ihr aufgehoben habt?“ Wie konnten sie wegen solcher Dinge die geringste Unruhe haben, nachdem sie Zeugen solcher Beweise der Macht und Güte des Herrn gewesen waren! Sie hatten doch den in ihrer Mitte, der der Urheber dieser Wundertaten war!
Die Jünger waren durch zwei Dinge gekennzeichnet: Erstens verstanden sie nicht und zweitens erinnerten sie sich nicht. Es mangelte ihnen das geistliche Verständnis, die Belehrungen des Herrn zu erfassen, der sie vor einer viel wichtigeren Gefahr warnte, als vor dem Mangel an Brot. Und was ihre materiellen Sorgen betraf, so übersahen sie, dass der Herr seine Macht und Güte nicht nur in diesem einen Fall hatte entfalten können, sondern dass Er jederzeit dieselbe Macht hat. Sie hätten sich Ihm in allen ihren Bedürfnissen anvertrauen können, und ihre Herzen hätten ganz mit ihrem Meister beschäftigt sein sollen. Aber wenn uns auch die Jünger deswegen töricht erscheinen mögen, so sehen wir in ihnen doch auch uns selbst. Auch wir sind schnell in Unruhe um materielle Dinge, anstatt um unsere geistlichen Interessen und um die Ehre des Herrn besorgt zu sein. Haben wir nicht schon tausendfach die Güte und Sorgfalt Gottes in unserem Leben erfahren? Wir sollten uns bewusst sein, dass unser „himmlischer Vater weiß“, was wir bedürfen (Mt 6,32).
Wir vergessen so leicht, dass es unsere Sache ist, zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit zu trachten, und dass der Herr gesagt hat: „Und dies alles wird euch hinzugefügt werden“ (Mt 6,33). Diese Worte hatten sie schon auf dem Berg aus dem Mund des Herrn gehört. Und wir? Wie viele Male haben wir diese Worte gehört oder gelesen?
Voller Geduld und Güte erklärte der Herr den Jüngern, dass Er nicht vom Sauerteig des Brotes gesprochen habe. Jetzt verstanden sie, dass Er sie vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer warnte. Im 13. Kapitel haben wir schon gesehen, dass der Sauerteig ein Bild von bösen Lehren ist. Da die Jünger an die bildliche Ausdrucksweise, die im Orient überall gebräuchlich ist, gewöhnt waren, hätten sie den Herrn verstehen müssen. Die Lehre der Pharisäer ist fleischliche Religion, die stets mit Heuchelei und Scheinheiligkeit verbunden ist. Diese fanden sich vor allem bei den religiösen Führern des Volkes, wie wir im ersten Abschnitt des vorigen Kapitels gesehen haben.
Die Lehre der Sadduzäer dagegen besteht in Vernunftschlüssen des natürlichen Herzens. Sie setzen das Wort Gottes beiseite, machen so das Gewissen gegen seine Wirkung gefühllos und bewirken, dass der Mensch sich frei fühlt, den eigenen Begierden zu folgen.
Auch wir müssen in unserer Zeit gegenüber diesen beiden Übeln wachsam sein. Wir müssen aufrichtig sein vor Gott und uns davor hüten, dass unsere Frömmigkeit nicht nur in religiösen Formen besteht. Denn dadurch sucht man sowohl vor Gott wie auch vor sich selbst seinen wahren Zustand zu verbergen. Lasst uns das Wort Gottes ohne menschliche Vernunftschlüsse aufnehmen, indem wir seine göttliche Autorität über unser Herz und Gewissen anerkennen.
Das Bekenntnis des Petrus (16,13–20)
„Als aber Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi gekommen war, fragte er seine Jünger und sprach: Wer sagen die Menschen, dass [ich], der Sohn des Menschen, sei? Sie aber sagten: Die einen: Johannes der Täufer; andere aber: Elia; und wieder andere: Jeremia oder sonst einer der Propheten. Er spricht zu ihnen: Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist. Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus; und auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was irgend du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was irgend du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein. Dann gebot er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Christus sei“ (16,13–20).
Der Herr verließ das Ufer des Sees Genezareth und begab sich nach Cäsarea Philippi, das ganz im Norden Palästinas liegt. Dort fragte Er die Jünger: „Wer sagen die Menschen, dass ich, der Sohn des Menschen, sei? Sie aber sagten: Die einen: Johannes der Täufer; andere aber: Elia; und wieder andere: Jeremia oder sonst einer der Propheten.“ Das waren nicht die Juden oder ihre Führer in ihrem Hass und Unglauben, die so gesprochen hatten. In diesen Worten lag eine gewisse ehrerbietige Anerkennung seitens der Volksmengen. Sie meinten, es sei dem Herrn Jesus gegenüber die angemessene Wertschätzung, wenn sie Ihn mit den am meisten geehrten Propheten auf die gleiche Stufe stellten.
Sie hatten Johannes den Täufer sehr geschätzt und wollten für eine Zeit in seinem Licht fröhlich sein (Joh 5,35; vgl. Mt 21,26). Von Elia war vorausgesagt, dass er dem Messias vorangehen werde (Mal 3,23). Auch Jeremia galt bei den Juden als einer der hervorragendsten Propheten. Wenn auch diese verschiedenartigen Ansichten auf das Wort gegründet zu sein schienen, so zeigte sich darin weder Glauben noch geistliches Verständnis. Denn Gott hatte sein Volk über seinen Sohn nicht in Unwissenheit gelassen. Bei der Taufe des Johannes hatte sich der Himmel über dem Herrn Jesus geöffnet und die Stimme Gottes des Vaters war aus dem Himmel gekommen: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Das ganze Leben Jesu hatte bewiesen, dass Er der Emmanuel, der Christus, der Sohn Gottes war.
Auch heute sehen wir bei denen, die den Herrn nicht offen verwerfen, dass es die verschiedensten Meinungen über Ihn gibt. Ja, man kann wohl sagen, dass die Ansichten über Ihn heute noch weiter auseinandergehen als damals. Man hält Ihn für einen wohltätigen Menschen, für einen großen Reformator, für den Stifter der christlichen Religion, dem man die heutige Zivilisation zu verdanken hat. Man erkennt an, dass Er in dieser Welt die sittlichen Wesenszüge Gottes offenbart habe und andere schöne Dinge mehr. Aber wenn man diesen Leuten die Frage vorlegt: „Ist Jesus der Sohn Gottes?“, so geben sie ausweichende, wenn nicht sogar verneinende Antworten. Gott stellt dem Glaubenden eine Person vor, denn die Menschen haben einen Heiland nötig und nicht nur eine Meinung über den Heiland. „Und dies ist das Zeugnis: dass Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in seinem Sohn. Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1. Joh 5,11.12).
Dann sprach Jesus zu den Jüngern: „Ihr aber, wer sagt ihr, dass ich sei? Simon Petrus aber antwortete und sprach: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern mein Vater, der in den Himmeln ist.“ Petrus war von dem Vater selbst belehrt worden und das machte ihn fähig, in diesem Augenblick den Herrn Jesus als den Christus, den Gegenstand der Verheißungen Gottes, zu bekennen. Er ist der Sohn des lebendigen Gottes, der Sohn dessen, der „Leben in sich selbst“ hat (Joh 5,26), der Leben gibt, das weder durch die Sünde noch durch die Folgen der Sünde angetastet werden kann, Leben, das jeder Mensch besitzen muss, wenn er gerettet werden will, weil alle Menschen in ihrem natürlichen Zustand im Tod sind. Was für eine wunderbare Gnade, dass der Sohn des lebendigen Gottes hier auf der Erde geoffenbart worden ist, damit sündige Menschen dieses Leben empfangen, ja „Teilhaber der göttlichen Natur“ (2. Pet 1,4) werden können!
Die Versammlung
Dann sagte der Herr zu Petrus: „Aber auch ich sage dir: Du bist Petrus; und auf diesen Felsen werde ich meine Versammlung bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“ Damit sagt Er: Du sagst wer Ich bin; und ich sage dir jetzt, was du durch die Gnade bist: Durch den Glauben an mich bist du ein Stein und hast dieselbe Natur wie ich. So schrieb Petrus viele Jahre später in seinem ersten Brief: „Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, werdet auch ihr selbst als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus“ (1. Pet 2,4.5). Dieses geistliche Haus, das aus lebendigen Steinen erbaut ist, nennt der Herr hier seine Versammlung, die Er selber baut und auf Ihn, den ewigen Felsen des Lebens, gegründet ist.
Der Sohn des lebendigen Gottes schickte sich an, obwohl Er niemals diesen seinen Charakter aufgab, in den Tod hinabzusteigen, wo die ganze Macht Satans gegen Ihn anstürmte. Er hat den Tod zunichte gemacht (2. Tim 1,10) und durch den Tod hat Er auch den zunichte gemacht, der die Macht des Todes hat, das ist der Teufel (Heb 2,14). Als Sieger über alles ist Er auferstanden und hat sich „als Sohn Gottes in Kraft erwiesen dem Geist der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung“ (Röm 1, 4). Gegründet auf dieses Werk, auf diesen Felsen, womit Christus selbst gemeint ist, baut Er seine Versammlung (oder Kirche), die aus allen besteht, die durch den Glauben Anteil an seinem Leben haben.
Die Juden hatten Christus verworfen, ein Beweis, dass Gott nicht auf dem Menschen nach dem Fleisch aufbauen kann. Der Sohn des lebendigen Gottes ist die einzige Grundlage, worauf Er das, was an die Stelle Israels treten sollte und von ewiger Dauer sein wird, bauen konnte, nämlich seine Versammlung. Gegen sie werden selbst die Pforten des Hades, also die Macht Satans, keine Gewalt haben. Aber der Tod, der Lohn der Sünde (Röm 6,23) musste Christus treffen, damit Satan machtlos gegen die Versammlung sei, die auf diesen ewigen Felsen aufgebaut ist. Aus der Antwort des Herrn an Petrus geht hervor:
- dass jeder Glaubende durch den Glauben an den Sohn Gottes ein lebendiger Stein wird;
- dass die Versammlung durch den Herrn selbst erbaut wird und aus der Gesamtheit dieser lebendigen Steine besteht.
Die Aufrichtung dieses Hauses hat am Pfingsttag angefangen und wird bis zu dem Augenblick fortgesetzt werden, in dem der letzte Stein, d. h. der letzte Mensch, der in dieser Gnadenzeit zum Glauben kommt, hinzugefügt wird. An diesem Bau entspricht alles den Gedanken des göttlichen Baumeisters, weil alles die Frucht seiner Wirksamkeit ist. Sobald der letzte der Auserwählten hinzugefügt ist, wird die Versammlung, zusammengesetzt aus allen auferstandenen und verwandelten Gläubigen, dem Herrn entgegengerückt werden in die Luft mit allen, die seit Anbeginn im Glauben gestorben sind (1. Thes 4,17).
Später, in dem Reich Christi wird sie in der Herrlichkeit gesehen, die in Offenbarung 21,9–27 beschrieben wird. Nach diesem Reich, wenn der jetzige Himmel und die jetzige Erde vergangen und durch einen neuen Himmel und eine neue Erde ersetzt sein werden, wird die Versammlung wiederum als die heilige Stadt, das neue Jerusalem, die ewige Hütte Gottes bei den Menschen, aus dem Himmel, von Gott hernieder kommen.
Die meisten der Leser werden wissen, dass die Kirche wegen all des Bösen, das über die Jahrhunderte in sie eindringen konnte, dem Abfall entgegen geht. Man könnte sich fragen, wie es überhaupt möglich war, dass die Kirche, die Christus gebaut hat, sich dermaßen verderben konnte, nachdem ihr doch die Wahrheit, die wir im 18. Vers gesehen haben, offenbart worden ist.
Nicht das, was Christus gebaut hat, ist verderbt. Im Wort Gottes wird die Versammlung auf der Erde auch von einer anderen Seite, nämlich unter der Verantwortung des Menschen, dargestellt. Dann ist der Mensch der Bauende und hat in dem, was Gott ihm anvertraut hat, viele Fehler gemacht. Der Verfall ist also die Folge unserer Untreue.
In 1. Korinther 3 nennt Paulus sich selbst und Apollos Gottes Mitarbeiter. Paulus und auch die anderen Apostel hatten durch die vom Herrn geschenkten Gaben nur gute Bausteine auf das Fundament des Hauses Gottes aufgebaut. Dieses Fundament ist Christus selbst. Aber nach ihnen, ja, sogar schon zu ihren Lebzeiten, ließen weniger wachsame Arbeiter solche in die Mitte der Versammlung eindringen, die kein göttliches Leben besaßen und daher keine lebendigen Steine waren. Durch ihr äußeres Bekenntnis gehörten sie aber dennoch zu dem Haus Gottes auf der Erde.
In späteren Zeiten führte man in großen Scharen Menschen hinzu, ohne danach zu fragen, ob sie bekehrt wären. Man begnügte sich damit, dass sie das Christentum der äußeren Form nach annahmen. Auf diese Weise breitete sich die Christenheit in der ganzen Welt aus und verderbte sich immer mehr. Wir haben das schon in den Gleichnissen in Matthäus 13,24–32 gesehen. Und so kam es, dass die Christenheit heute sowohl die umfasst, die nur ein christliches Bekenntnis haben, als auch alle wahren Gläubigen die lebendige Steine sind.
Aber auch für eine solche Zeit gibt das Wort Gottes den Gläubigen klare Anweisungen, damit sie sich von dem Bösen in der Christenheit trennen, die mit einem großen Haus verglichen wird, in dem sich Gefäße zur Ehre und Gefäße zur Unehre befinden. Wenn der Herr kommt, wird Er alle, die Leben haben, zu sich aufnehmen, und alle, die nur ein äußeres, totes Bekenntnis haben, für die Gerichte zurücklassen.
Das Reich
Das Kommen Christi auf die Erde und sein Tod brachten aber auch „das Reich der Himmel“ hervor, das in Beziehung zu der Erde steht. Einerseits ist Christus das Haupt der Versammlung, anderseits ist Er Herr über sein irdisches Volk, wie auch über die ganze Schöpfung. In der Erwartung seiner herrlichen, die ganze Welt umfassenden Herrschaft, bildet sich jetzt das Reich in einer ganz besonderen Form. Es wird „das Reich der Himmel“ genannt, weil der Sitz der Macht im Himmel ist. Das steht im Gegensatz zu den Reichen auf der Erde, die durch irdische Mächte regiert werden. Nur wer die Herrschaft des Herrn anerkannte und Ihn auch als seinen Heiland annahm, konnte in das Reich eintreten.
Bis Christus kommt, um seine Herrschaft in Macht aufzurichten, stimmt die Form und die Ausdehnung des Reiches der Himmel mit jenen der verantwortlichen Christenheit überein, von der wir soeben gesprochen haben. Aber die wahren Gläubigen, die sich inmitten der Christenheit befinden, bilden nicht das irdische Volk, über das Christus bei seinem Kommen regieren wird, sondern werden entrückt, um bei dem Herrn zu sein. Sie werden als die Braut des Bräutigams mit Ihm, dem König kommen, um zu herrschen.
Für die Zeit seiner Abwesenheit vertraute der Herr dem Petrus die Schlüssel dieses Reiches der Himmel an mit den Worten: „Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was irgend du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was irgend du auf der Erde lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein.“ Petrus sollte also allen, die die Herrschaft des Herrn anerkennen würden, sowohl den Juden als auch den Menschen aus den Nationen, das Tor öffnen. Die Ermächtigung des Königs, hier durch Petrus verwaltet, war nötig, um Zugang zu dem Reich zu bekommen. Man erhielt dieses Anrecht nicht durch die Geburt, durch die die Juden in das irdische Reich Israel eintraten. Zum Eintritt ins Reich der Himmel war Glaube an den Herrn nötig, der jetzt im Himmel ist, weil Er auf der Erde verworfen worden ist.
Im ersten Teil der Apostelgeschichte wird uns berichtet, wie Petrus den Dienst erfüllte, den der Herr ihm hier aufgetragen hatte. Petrus ergreift wie so oft zuerst das Wort. Er wies die Juden darauf hin, dass Gott den, den sie gekreuzigt haben, „sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hat“ (Apg 2,36). Ungefähr 3000 Menschen nahmen dieses Wort an und traten dadurch in das Reich ein. Bald darauf wuchs die Zahl auf 5000 an (Apg 4). Apostelgeschichte 8 berichtet dann von den Bewohnern Samarias, die ebenfalls eintraten, und in Apostelgeschichte 10 sehen wir, dass auch die Nationen (Heiden) aufgenommen wurden: Kornelius mit seinen Verwandten und Freunden. Bei allen diesen Begebenheiten ist Petrus die handelnde Person. Er öffnet auf Grund des Auftrages des Herrn die Tore zum Reich der Himmel. Paulus dagegen war damit beauftragt, die besonderen Wahrheiten bezüglich der Versammlung zu offenbaren.
Die katholische Kirche hat das, was der Herr hier im 18. Vers zu Petrus sagte, mit den Worten des 19. Verses durcheinander geworfen. Sie hat aus Petrus den Stellvertreter Christi gemacht, den Bauherrn der Kirche, um ihn als Vorgänger der Päpste anzusehen. Aber der Herr gab dem Petrus keineswegs den Auftrag, die Kirche zu bauen und hat ihm auch keine Nachfolger verheißen. Der 18. Vers bezieht sich auf die Kirche. Christus selbst ist es, der sie baut. Wenn Petrus daran Teil hat, dann eben als ein lebendiger Stein!
Der 19. Vers dagegen spricht von dem Reich der Himmel. Zu diesem Reich erhielt Petrus die Schlüssel, um alle, die da glauben würden, darin einzuführen. Das tat er und auch die anderen Apostel später, indem sie den Tod Christi, seine Auferstehung und seine Verherrlichung verkündigten. „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde“, so hatte der Herr gesagt (Mt 28,18).
Petrus und die Apostel, die der Engel des Herrn aus dem Gefängnis befreit hatte, bezeugten vor dem Synedrium: „Diesen hat Gott durch seine Rechte zum Führer und Heiland erhöht“ (Apg 5,31).
Nach diesen inhaltsreichen Mitteilungen des Herrn an Petrus gebot Er seinen Jüngern, „niemand zu sagen, dass er der Christus sei“. Es war wertlos, Ihn den Juden noch länger als den auf der Erde lebenden Messias, der noch nicht durch den Tod gegangen war, vorzustellen. Nur die an Ihn Glaubenden werden in die neuen Segnungen eingeführt. Die Juden aber hatten nicht geglaubt.
Derr Herr Jesus spricht von seinem Tod (16,21–28)
„Von da an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir nicht widerfahren! Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist. Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele einbüßt? Oder was wird ein Mensch als Lösegeld geben für seine Seele? Denn der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und dann wird er jedem vergelten nach seinem Tun. Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie den Sohn des Menschen haben kommen sehen in seinem Reich“ (16,21–28).
Der Hass der Führer des Volkes gegen den Herrn sollte soweit gehen. Von Gottes Seite aus war dieser Tod notwendig. Um die herrlichen Wahrheiten, die entsprechend den Versen 18–19 Petrus mitgeteilt wurden, erfüllen zu können. Doch der Glaube und das Verständnis des Petrus standen nicht auf der Höhe dieser Offenbarungen. Sein Herz blieb bei der Wahrheit stehen, dass Jesus der Christus war, und dass Er auf der Erde das Reich aufrichten würde.
Als Petrus die Worte des Herrn über seinen Tod hörte, nahm er Ihn zu sich, strafte Ihn und sprach: „Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir nicht widerfahren!“ Seine große Liebe zum Herrn und sein Verlangen, sich bald an dem Reich der Herrlichkeit zu erfreuen, trieb ihn dazu, jeden Gedanken an den Tod des Herrn von sich zu weisen. Seine Gedanken standen in dieser Hinsicht im Gegensatz zu den Gedanken Gottes. Jesus aber „wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist.“ Wäre der Herr nicht in den Tod gegangen, so wäre Petrus von allen Segnungen, die in den Ratschlüssen Gottes enthalten waren, ausgeschlossen geblieben. Der natürliche Mensch denkt nur an die irdischen Freuden des Fleisches, für die der Tod des Herrn nicht nötig war. Wie sehr unterschieden sich die Gedanken des Petrus von denen des Herrn! Als Er in die Welt kam, sprach Er: „Ich komme..., um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Heb 10,7). In diesem Willen Gottes war sein Tod eingeschlossen, denn nur auf der Grundlage des Todes des Herrn konnte Gott seine Ratschlüsse erfüllen. Petrus dagegen sagte: „Gott behüte dich, Herr!“
Wenn unsere Gedanken der Wahrheit entsprechen sollen, müssen wir den Gedanken Gottes folgen. Sonst sind es nur die Gedanken unseres eigenen Herzens, die wohl treu gemeint sind und sogar gut scheinen können, aber im Gegensatz zu den göttlichen Dingen stehen.
Dann belehrt Er die Jünger, dass nicht nur Er selbst in den Tod gehen müsse, sondern dass der Tod auch das Teil aller sei, die an seiner Herrlichkeit teilhaben wollen. Dazu muss man Ihm auf dem Weg der Verwerfung folgen, der der Weg des Todes ist. „Wenn jemand mir nachkommen will“, sagt der Herr, „so verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach. Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.“ Zwei Dinge sind es, die den, der in dieser Welt Christus nachfolgen will, kennzeichnen müssen:
- Selbstverleugnung,
- die Bereitschaft, sein Kreuz zu tragen.
Aber diese beiden Dinge lassen sich nicht verwirklichen, wenn man nicht das Leben des Sohnes Gottes besitzt.
„Sich selbst verleugnen“ heißt: Aufhören, sich selbst zu leben. Der Mensch, der nicht den Sohn Gottes als sein Leben besitzt, kann nur für sich selbst leben. Alles, was er tun mag, ist nur für ihn selbst, sei es direkt oder indirekt, sogar wenn es sich um gute Werke zugunsten anderer handelt. Aber die Liebe zum Herrn soll der Beweggrund zu allen unseren Handlungen sein. Petrus dachte, wenn der Herr sterben würde, könnte er selbst nicht in die Herrlichkeit kommen. Er wollte die Herrlichkeit ohne Leiden genießen. Nur Einer hätte so in die Herrlichkeit eingehen können: der Herr Jesus selbst. Aber dann wäre Er allein geblieben (Joh 12,24). In seiner grenzenlosen Liebe war es sein Wille, für uns zu sterben, damit wir ein Teil mit Ihm hätten.
„Sein Kreuz aufnehmen“ heißt: den Tod verwirklichen, während man noch auf der Erde lebt. Wenn ein zur Kreuzigung Verurteilter zur Hinrichtung geführt wurde, musste er auch sein Kreuz tragen. Man konnte dann von ihm sagen: Er hat mit dem Leben abgeschlossen. Ein solcher dachte nicht mehr daran, sich an irdischen Dingen zu erfreuen, denn das Leben war für ihn aus. Wie sehr wäre es zu wünschen, dass alle, die uns beobachten, von uns sagen könnten, dass wir Schluss gemacht haben mit der Welt und nicht mehr für uns selbst leben. Sie würden feststellen, dass wir vom Himmel sind, die Jünger dessen, der hier gelitten hat und für uns gestorben ist.
Gebe Gott, dass alle, die den Herrn als ihren Heiland kennen, danach trachten, seinen Unterweisungen zu folgen und einem Leben absagen, das nur die eigene Person und die Welt zum Inhalt hat! Dann würden sie sich hier schon der ewigen Dinge erfreuen. Wer aber sein Leben erretten und sich den weltlichen Lüsten hingeben will, wird sein Leben für die Ewigkeit verlieren.
Der Herr Jesus fügt hinzu: „Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele einbüßt?“ Ernste Worte, die keiner weiteren Erklärung bedürfen; eine ernste Frage, die Gott an jeden Menschen richtet, der noch seinen Vorteil in der Welt sucht! Aber Gott erwartet eine Antwort! Möge Gott das Herz eines jeden Lesers durchdringen, der noch die Welt und die Dinge, die in der Welt sind, sucht, nur an die Befriedigung des jetzigen Lebens denkt und das ewige Heil seiner Seele vernachlässigt! Für jeden von uns hat an dem Tag, an dem er in diese Welt geboren wurde, die Ewigkeit begonnen. Die gegenwärtige Zeit ist nur eine kurze Spanne, die wie ein Schatten vorübereilt. Aber jetzt entscheidet es sich, wo sich nach diesem Leben jeder Einzelne befinden wird.
Wir werden nicht für immer einem verworfenen Christus nachfolgen. Der Sohn des Menschen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Reiches wiederkommen. Dann wird Er jedem vergelten nach dem, was er während der Abwesenheit des Herrn getan hat. Die Ihm in Selbstverleugnung und Absage an die Welt nachgefolgt sind, werden für die Ewigkeit in seine Herrlichkeit eintreten und mit Ihm wiederkommen, um mit Ihm zu herrschen. Die aber die Welt vorgezogen haben, werden fern von seiner glückseligen Herrlichkeit ihr Teil bekommen.
Um den Glauben der Jünger zu stärken, die eben gehört hatten, dass der Christus sterben müsse und dass ihr Teil in der gegenwärtigen Welt die Entsagung und der Tod sei, fügte Er noch hinzu: „Es sind einige von denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie den Sohn des Menschen haben kommen sehen in seinem Reich.“