Der verheißene König und sein Reich
Kommentar zum Matthäus-Evangelium

Kapitel 13

Der verheißene König und sein Reich

Das Gleichnis vom Sämann (13,1–9)

„An jenem Tag ging Jesus aus dem Haus hinaus und setzte sich an den See. Und es versammelten sich große Volksmengen bei ihm, so dass er in ein Schiff stieg und sich setzte; und die ganze Volksmenge stand am Ufer. Und er redete vieles in Gleichnissen zu ihnen und sprach: Siehe, der Sämann ging aus, um zu säen; und als er säte, fiel einiges an den Weg, und die Vögel kamen und fraßen es auf. Anderes aber fiel auf das Steinige, wo es nicht viel Erde hatte; und sogleich ging es auf, weil es keine tiefe Erde hatte. Als aber die Sonne aufgegangen war, wurde es verbrannt, und weil es keine Wurzel hatte, verdorrte es. Anderes aber fiel in die Dornen; und die Dornen schossen auf und erstickten es. Anderes aber fiel auf die gute Erde und gab Frucht: das eine hundert-, das andere sechzig-, das andere dreißigfach. Wer Ohren hat, [zu hören,] der höre!“ (13,1–9).

Jesus ging nun aus dem Haus hinaus und setzte sich an das Ufer des Sees. Der Geist Gottes teilt uns dies nicht ohne Absicht mit. Dieses Haus stellt Israel dar. Da die Juden Christus verworfen hatten, war es jetzt zu einem leeren Haus geworden. Der Herr Jesus nahm seinen Platz in einem Schiff auf dem See ein und von dort aus redete Er zu der am Ufer versammelten Volksmenge. Das Meer (hier der See) wird im Wort Gottes oft als Sinnbild der Völker außerhalb der Grenzen Israels gebraucht, die sich in einem Zustand der Unruhe und Verwirrung befinden. Unter diesen Nationen wollte Gott von nun an wirken. Die Verwerfung Christi hat also für die Juden und die Nationen einen großen Wendepunkt herbeigeführt.

Bis zu dieser Zeit hatte der Herr in Israel, das im Wort oft mit einem Weinberg verglichen wird, Frucht gesucht (Mt 21,33-41; vgl. Ps 80,9-17; Jes 5,1-7). Aber wie wir schon mehrmals festgestellt haben, kann der Mensch unmöglich Frucht für Gott hervorbringen, wenn er nicht Leben aus Gott hat. Das trat bei Israel deutlich hervor, trotz der zahlreichen Bemühungen Gottes gegenüber diesem Volk. Um dennoch Früchte ernten zu können, schlug Gott nun einen anderen Weg ein. Statt von unseren bösen, natürlichen Herzen Gutes zu fordern, sät Er zuerst sein Wort hinein, das, wenn es im Glauben angenommen wird, die neue Natur erzeugt, in der der Glaubende Ihm nun Frucht bringen kann. Diesen neuen Charakter der Wege Gottes finden wir in den Versen 1–9 unseres Kapitels dargestellt.

Der Acker, auf den das Wort gesät wird, ist nicht nur Israel, sondern die ganze Welt, obwohl der Herr selbst, wie auch seine Jünger, in Israel angefangen haben, sein Wort auszustreuen. Die Herzen der Menschen bilden den Boden, auf den der Same des Wortes gesät wird. – In unserem Land besät der Landmann nur Felder, die aus lauter gutem Boden bestehen. Im Orient aber, besonders in einigen Gegenden, gibt es in den Äckern Stellen, die steinig und nur mit einer dünnen Schicht guter Erde bedeckt sind. Auch findet sich Gestrüpp darin oder ein Weg quer über das Feld, der beim Pflügen nicht beseitigt wird. Der Pflug umgeht diese Stellen, aber der Sämann sät trotzdem den Samen überall hin. Daher fällt manches auf ungeeigneten Boden. Einen solchen Acker nahm der Herr als treffendes Bild für die verschiedenen Zustände des menschlichen Herzens, die bei der Berührung mit dem Wort in Erscheinung treten.

Diese letzte Aufforderung, „Wer Ohren hat, der höre!“, richtet sich auch heute noch an jeden Einzelnen von uns, denn „also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort“ (Röm 10,17). Wie die Erde, wenn man sie nicht mit gutem Samen besät, aus sich selbst nichts als Unkraut hervorbringt, so kann auch das natürliche Menschenherz keine Frucht für Gott tragen, wenn es nicht Gottes Wort durch den Glauben in sich aufnimmt. Das Wort erzeugt in dem Glaubenden das neue Leben, das allein fähig macht, Gott die Frucht zu bringen, die Er sucht. Ohne dieses neue Leben kann der Mensch nur schlechte Früchte treiben, die ihn in das Gericht vor dem großen weißen Thron (Off 20,11-15) bringen werden, wo er sein Urteil zur ewigen Verdammnis empfängt.

Warum der Herr in Gleichnissen sprach (13,10–17)

„Und die Jünger traten herzu und sprachen zu ihm: Warum redest du in Gleichnissen zu ihnen? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Weil es euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu erkennen, ihnen aber ist es nicht gegeben; denn wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben; wer aber nicht hat, von dem wird selbst das, was er hat, weggenommen werden. Darum rede ich in Gleichnissen zu ihnen, weil sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören noch verstehen; und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die sagt: 'Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden, und mit den Ohren haben sie schwer gehört, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen wahrnehmen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.' Glückselig aber eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören; denn wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr anschaut, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört“ (13,10–17).

Die Jünger fragten den Herrn, warum Er zu den Volksmengen in Gleichnissen reden würde. In seiner Antwort weist Er darauf hin, dass Er von jetzt an zwischen der Masse des Volkes und denen, die sein Wort hören und annehmen, einen Unterschied macht, wie wir es schon bei der Betrachtung der Verse 46–50 des vorigen Kapitels gesehen haben. Seinen Jüngern erklärte der Herr die in den Gleichnissen enthaltenen Belehrungen, den Übrigen aber blieben sie verborgen. Nur wer Christus im Glauben annimmt, ist fähig, die Gedanken Gottes zu verstehen. Dieser Grundsatz gilt heute noch genau so gut wie damals. Da der König verworfen war, konnte das Reich der Himmel nicht in Herrlichkeit aufgerichtet werden, wie es die Propheten angekündigt hatten. Dies geschah jetzt in einer unsichtbaren Weise. Und so belehrte der Herr seine Jünger durch die Gleichnisse dieses Kapitels, welche Gestalt das Reich haben wird, bevor es in Herrlichkeit erscheint. Er tat es, „weil es euch gegeben ist, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu erkennen, ihnen aber ist es nicht gegeben; denn wer hat, dem wird gegeben werden, und er wird Überfluss haben; wer aber nicht hat, von dem wird selbst das, was er hat, weggenommen werden“. Wer den Herrn annahm, trat in die ganze Fülle der Segnungen ein, die Er brachte. Das Volk aber, das sich seiner Vorrechte als irdisches Volk Gottes rühmte, dabei Ihn aber verwarf, verlor alle Vorrechte, die es bis dahin gehabt hatte. Durch eigene Schuld verlor es jedes Anrecht an den Segnungen, und es wird in diesem Zustand bleiben, bis Gott sich in Gnade seiner wieder erbarmen wird. Auch dieses in der Zukunft in Erscheinung tretende Erbarmen gegenüber dem Volk Israel ist auf das Werk des Herrn am Kreuze gegründet.

Das gleiche Gericht der Verhärtung wird über die Christenheit kommen. Man rühmt sich heute der Vorzüge des Christentums gegenüber dem Heidentum und dem Judentum. Die Evangelischen halten es sich zugute, dass die Reformation ihnen mehr Licht gebracht habe, und die Katholiken geben vor, die einzig wahre Kirche zu sein. Aber was hat man mit Christus und seinem Wort getan? Welche sind es, die der Herr als Glieder seines Leibes inmitten der bekennenden Christenheit anerkennen kann? Doch nur die, die Ihn als Herrn und Heiland angenommen haben und sein Wort in ihrem praktischen Leben auch befolgen. Dem, was die an Ihn Glaubenden besitzen, wird noch hinzugefügt werden. Den übrigen aber wird selbst das Wenige, was vom Evangelium in der Welt noch übriggeblieben ist, in einer nicht mehr fernen Zeit genommen werden. An die Stelle dieses Wenigen wird die Finsternis des Abfalls treten, und dann kommen die Gerichte über die ganze Erde. Jesaja hatte das Gericht der Verhärtung, das über das abtrünnige Volk kommen wird, vorausgesagt: „Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden, und mit den Ohren haben sie schwer gehört, und ihre Augen haben sie geschlossen, damit sie nicht etwa mit den Augen wahrnehmen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und ich sie heile.“

Vielleicht wird einer der Leser einwenden: Es ist nicht verwunderlich, dass die Juden die Sprache Gottes nicht verstanden, da Er ja absichtlich in einer unverständlichen Weise zu ihnen sprach, damit sie nicht sehen und hören und sich bekehren konnten. Gewiss, aber das Gericht, welches das Volk in dieser Weise traf, war schon ungefähr 800 Jahre vorher durch Jesaja angekündigt worden, 150 Jahre vor der Wegführung Judas nach Babylon und ungefähr 30 Jahre vor dem Ende des Zehnstämmereiches Israel. Während dieser ganzen Zeit, hatte das Volk die Geduld Gottes nicht im geringsten geachtet. Und als der verheißene Messias erschien, verwarf es Ihn. Dass sie nicht hörten und nicht sahen, lag daran, dass sie selbst ihre Augen und Ohren verschlossen hatten und sich weigerten, sie zu öffnen. Weil Gott das Böse nicht ertragen kann, lässt Er sie in diesem Zustand, als ein Gericht, ihrer hartnäckigen Ablehnung seiner Gnade wegen.

Dasselbe wird in der Christenheit denen widerfahren, die nicht an den Herrn geglaubt haben. Nach der Aufnahme der wahren Kirche wird ihnen Gott „eine wirksame Kraft des Irrwahns senden, dass sie der Lüge glauben, damit alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit“ (2. Thes 2,11.12).

Heute wie damals ruft der Herr denen zu, die Ihn aufnehmen: „Glückselig aber eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören.“ Die Jünger, zu denen der Herr dieses Wort sprach, sahen, was viele Propheten und viele Gerechte des Alten Bundes zu sehen gewünscht, sie hörten, was diese zu hören begehrt hatten. Ja, was für ein Vorrecht war es, die anbetungswürdige Person des Herrn, den Sohn Gottes, zu sehen und zu hören, der gekommen war, Vergebung, Leben und Frieden zu bringen und den Weg zur Herrlichkeit zu öffnen! Noch heute bietet der Herr alle diese Segnungen, die sich auf seinen Tod am Kreuz gründen, jedem an, der hören will.

Erklärung des Gleichnisses vom Sämann (13,18–23)

„Hört ihr nun das Gleichnis vom Sämann. Sooft jemand das Wort vom Reich hört und nicht versteht, kommt der Böse und reißt weg, was in sein Herz gesät war; dieser ist es, der an den Weg gesät ist. Der aber auf das Steinige gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und es sogleich mit Freuden aufnimmt; er hat aber keine Wurzel in sich, sondern ist nur für eine Zeit; wenn nun Drangsal entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen, nimmt er sogleich Anstoß. Der aber in die Dornen gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört; und die Sorge der Welt und der Betrug des Reichtums ersticken das Wort, und er bringt keine Frucht. Der aber auf die gute Erde gesät ist, dieser ist es, der das Wort hört und versteht, der wirklich Frucht trägt; und der eine bringt hervor hundert-, der andere sechzig-, der andere dreißigfach“ (13,18–23).

Dann erklärte der Herr seinen Jüngern, warum der Same nicht in jedem Fall Frucht bringt:

  1. Der Weg, auf den der Same gesät wird, stellt ein Herz dar, das das Wort Gottes nicht versteht. Weshalb nicht? Fehlt es etwa an Intelligenz? Fehlt ihm überhaupt die Möglichkeit, es aufzunehmen? Nein, aber dieses Herz ist hart wie ein festgetretener Weg, weil jeder darüber geht. Es ist ein Herz, das sich mit allem beschäftigt, außer mit den Dingen Gottes. Da es gleichgültig und ungläubig ist, sagt ihm das Wort nichts. Es sucht durch Vergnügungen, Sport, Lesen, Wandern, Studieren, Arbeit, Geschäft usw. Ablenkung, um nicht von wirklich bösen Beschäftigungen zu reden. Der Same des Wortes bleibt daher an der Oberfläche und der Feind hat leichtes Spiel, ihn wieder wegzunehmen.
  2. Das Steinige, auf das der Same fällt, stellt einen Menschen dar, der das Wort mit Freuden aufnimmt. Er ist geneigt zu hören, das Wort ist ihm angenehm. Er wird nach einer Wortverkündigung etwa sagen: „Dieser Prediger hat gut geredet, es war herrlich, ich werde ihn gerne noch einmal hören!“ Er findet Gefallen am Vortrag, besonders, wenn der Redner die Gefühle anzuregen versteht. Er fasst vielleicht auch gute Vorsätze, verkehrt nun mit Christen und besucht die Versammlungen. Die ihn sehen, rechnen ihn vielleicht schon zu der Schar der Gläubigen.
    Aber wir dürfen nicht so voreilig urteilen. Es ist besser, die Bewährung abzuwarten! Denn die Welt hat die Wirkung des Wortes in einer Seele nicht gern, auch wenn sie nur äußerlich ist. Deshalb ist der, in dessen Verhalten eine Änderung hervortritt, sogleich dem Spott und vielleicht sogar der Verfolgung ausgesetzt oder muss sonstige Schwierigkeiten erdulden. Angesichts dieser peinlichen Folgen, die die Annahme des Wortes nach sich zieht, ist ein solcher Mensch bald geneigt, sich wieder vom Wort abzuwenden, und alles ist vorbei. Es geht ihm wie dem Samen, der, auf das Steinige gesät, sofort aufging und schnell verdorrte, als die Sonne auf ihn herniederbrannte. Denn er hatte keine Wurzel! Das Gewissen war noch nicht erreicht. Das Herz muss durch das Wort Gottes tief bearbeitet worden sein, um dauerhafte Frucht hervorbringen zu können.
    Der erste tiefe Eindruck auf das Gemüt des Sünders kann nicht angenehm sein, weil es ihm den Zustand seines Herzens und all das Böse offenbart, das sich darin findet. Diese Erkenntnis und die damit verbundene Überzeugung, dass man verloren ist und nichts anderes als das Gericht zu erwarten hat, verursacht vielmehr Verwirrung und Angst, ja sogar Verzweiflung. Ein solches Werk in der Seele durchbricht den harten Boden und schafft die Steine fort. Dann wird das Wort von dem Herrn Jesus, wie Er an der Stelle des Schuldigen das Gericht auf sich nimmt, im Glauben aufgenommen. Der Glaubende empfängt dadurch Vergebung, Frieden und Freude. Erst wenn er in seinem Herzen diese Erfahrungen gemacht hat, ist er fähig, jeder Prüfung standzuhalten. Er hat sich bekehrt und ist in der Wahrheit gewurzelt. Nun trägt er Frucht, und die Sonne, die eine Pflanze ohne Wurzeln ausdörren würde, bringt diese hier zur Reife.
  3. Die Dornen. Anderer Samen fällt unter die Dornen. Auch bei diesen Menschen ruft das Wort, wenn sie es hören, äußerliche Wirkungen hervor. Sie sind einem Halm vergleichbar, der in einem Strauch aufschießt. Dieser kann eine ziemliche Höhe erreichen, sogar Ähren tragen, aber sie bleiben ohne Fruchtkörner. Die Dornsträucher sind Sorgen, die das Wort des Lebens ersticken. Wie viel Dinge gibt es in der heutigen Zeit, die einen Menschen mit Sorge erfüllen können! Denn die Seele, die durch das Wort nicht gelernt hat, ihr ganzes Vertrauen auf Gott zu setzen, und die Gott nicht als ihren Vater kennt, der um alle Bedürfnisse weiß, eine solche Seele wird durch alles in Sorge und Unruhe versetzt. Sie weiß wohl, dass sie sich mit dem Wort beschäftigen sollte, aber dieses Wort wird in ihrem Herzen sofort erstickt, und es bringt deshalb keine Frucht hervor.
    Es gibt noch eine andere Art von Dornen, die das Wort ersticken: der Reichtum! Gerade darauf achtet der natürliche Mensch und setzt sein Vertrauen darauf. Er sehnt sich nach Reichtum und scheut keine Mühe und Arbeit, Reichtum zu erlangen. Das Wort ist gegenüber einem solchen Herzen wirkungslos. Und was gibt ihm der Reichtum? Nur Enttäuschungen! Er schenkt ihm keine Befriedigung und keinen Frieden. Sein Christentum ist ohne Wert und ohne Frucht, weder für seine Seele noch für Gott.
  4. Die gute Erde. Die vierte Art des menschlichen Herzens wird mit der guten Erde verglichen, die den Samen aufnimmt. Das sind Menschen, die das Wort verstehen. An ihrem Herzen ist dadurch ein tiefes Werk geschehen und die Lebensäußerungen beweisen nun, dass Leben aus Gott vorhanden ist. Es sind Früchte zur Verherrlichung Gottes da, welcher Art sie auch im Einzelnen sein mögen. Diese Frucht allein ist Ihm angenehm und sie bleibt für ewig. Dass wir doch alle solche Früchte trügen, nicht nur dreißig- oder sechzigfältig, sondern hundertfältig! Paulus wünschte, dass auch die Philipper in diesem Zustand seien, „erfüllt mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesus Christus ist, zur Herrlichkeit und zum Preise Gottes“ (Phil 1,11).

Die Gleichnisse vom Reich der Himmel

In dem Gleichnis vom Sämann sahen wir den Herrn als den Handelnden: Er sät den Samen aus, um Frucht hervorzubringen. Jetzt stellt der Herr Jesus noch sechs weitere Gleichnisse vor, um darzustellen, welche Ergebnisse die Aussaat in der Welt hervorbringen wird, anfangend in der damaligen Zeit bis hin zur Aufrichtung des 1000-jährigen Reiches, also während der ganzen Zeit, in der der König des Reiches abwesend ist.

Man kann unter diesen sechs Gleichnissen zwei Gruppen unterscheiden: drei davon veranschaulichen die äußere Form, die das Reich durch die Einführung des Bösen annehmen wird. Die drei anderen zeigen, was darin von Gott ist und welchen Wert es für das Herz Christi besitzt. Es sind Gleichnisse über das Reich der Himmel, das durch die Predigt des Wortes entsteht, während im Gegensatz dazu das Reich Israel nur aus leiblichen Nachkommen Abrahams bestand.

Das Gleichnis vom Unkraut (13,24–30)

„Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Reich der Himmel ist einem Menschen gleich geworden, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während aber die Menschen schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut mitten unter den Weizen und ging weg. Als aber die Saat aufsprosste und Frucht brachte, da erschien auch das Unkraut. Die Knechte des Hausherrn kamen aber herzu und sprachen zu ihm: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher hat er denn Unkraut? Er aber sprach zu ihnen: Ein feindseliger Mensch hat dies getan. Die Knechte aber sagen zu ihm: Willst du denn, dass wir hingehen und es zusammenlesen? Er aber spricht: Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts zugleich mit diesem den Weizen ausrauft. Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte, und zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Lest zuerst das Unkraut zusammen und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune“ (13,24–30).

Dieses Gleichnis spricht von der Vermischung von Gläubigen und Ungläubigen in dem Reich oder in der Christenheit, die in den Tagen der Apostel ihren Anfang hatte. Anstatt darüber zu wachen, dass das Wort in seiner Reinheit bewahrt wird, so wie der Herr und die Apostel es gelehrt hatten, haben die Menschen sich mit falschen Lehren verbunden. Das Unkraut ist ein Bild von denen, die sich ohne neues Leben in die Christenheit einschleichen konnten – heute leider die Mehrzahl.

Als die Vermengung mit Unkraut sichtbar wurde, wollten die Knechte durch das Ausraufen des Unkrautes dem Übel abhelfen. Aber der Herr sagte: „Nein, damit ihr nicht etwa beim Zusammenlesen des Unkrauts zugleich mit diesem den Weizen ausrauft. Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte.“ Im Reich der Himmel auf der Erde, wie es dem Menschen anvertraut ist, soll dieses System der Vermischung bestehen bleiben. Die Menschen vermochten den Feind am Säen des Unkrautes nicht zu hindern und sind noch viel weniger fähig, es auszureißen. Denn in ihrem Unverstand würden sie auch den Weizen damit ausraufen.

Das Gleichnis gibt einen Grundsatz für das Reich Gottes an, das sich nicht auf den Bereich der Versammlung Gottes übertragen lässt. In der Versammlung beurteilt der Herr den Zustand, denn Er wandelt inmitten der Leuchter (Off 2,1). Die Gläubigen in Korinth werden sogar direkt aufgefordert, den „Bösen hinauszutun“ (1. Kor 5,13).

Es hat eine sehr traurige Zeit gegeben, in der eine große Kirche sich fälschlicherweise das Recht anmaßte, alle, die sie Ketzer nannte, auszurotten. Dabei waren es gerade die, die den Weizen darstellten. Diese Kirche nahm alle gefangen, die sich ihren Irrtümern widersetzten, folterte oder tötete sie. Die Kirche hat damit bewiesen, dass es dem Menschen unmöglich ist, das Böse von der Erde zu entfernen, denn sie hat dabei auch das Gute mit hinweggetan.

Dieses Gleichnis wird mitunter als Beweis angeführt, dass es nicht richtig sei, wenn sich die wahren Christen in ihrem Zeugnis von denen trennen, die kein Leben aus Gott haben. Man stützt sich dabei auf die Worte: „Lasst beides zusammen wachsen bis zur Ernte.“ Aber hier geht es um das Ausreißen aus dem Acker, d. h. um das Gericht über die, die kein Leben haben. Das war es, was Rom glaubte tun zu müssen, als es die Ketzer ausrottete. Wenn man aber dem Wort gehorcht, welches den Gläubigen auffordert, sich vom Bösen zu trennen (vgl. 2. Tim 2,21.22; Eph 5,7-11; 2. Kor 6,14-18 und viele andere Stellen), so tut man damit niemand von der Erde hinweg. Wir leben heute noch in der Zeit der Gnade, nicht in der des Gerichts. Aber wir haben zu unterscheiden, was dem Herrn wohlgefällig ist, und das sollen wir bewahren. Zur Zeit der Ernte wird nicht durch Menschen, sondern durch Engel gesichtet. Die Ernte ist im Wort Gottes ein Bild des Gerichts, das die Bösen von den Gerechten scheidet. Der Herr sagte zu seinen Jüngern: „Zur Zeit der Ernte werde ich den Schnittern sagen: Lest zuerst das Unkraut zusammen und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune.“ Diese Zeit steht nahe bevor. Man kann heute schon wahrnehmen, wie sich das Unkraut in Bündel zusammenschließt in Form von allerlei Vereinigungen. Getrennt davon setzt der Gläubige seinen Weg fort in Abhängigkeit von Gott und im Gehorsam zu seinem Wort, indem er auf den Herrn wartet. Das Unkraut wird nicht am Tag des Gerichts, sondern vorher zum Gericht gebündelt. Der Herr sagt: „Bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber sammelt in meine Scheune.“ Die Scheune ist ein Bild des Himmels, in den alle Gläubigen aufgenommen werden. Erst dann wird das Unkraut verbrannt.

Das Gleichnis vom Senfkorn (13,31.32)

„Ein anderes Gleichnis legte er ihnen vor und sprach: Das Reich der Himmel ist gleich einem Senfkorn, das ein Mensch nahm und auf seinen Acker säte, das zwar kleiner ist als alle Samenkörner, aber wenn es gewachsen ist, ist es größer als die Kräuter und wird ein Baum, so dass die Vögel des Himmels kommen und sich niederlassen in seinen Zweigen“ (13,31.32).

Dieses Gleichnis zeigt einen anderen Charakterzug des Reiches, den es in der Zeit der Abwesenheit des Königs einnimmt. Das Reich war anfangs klein wie ein Senfkorn, entwickelte sich aber bald sehr schnell und wurde ein großer Baum. Anstatt im Bewusstsein ihrer Schwachheit und in der Abhängigkeit von Gott zu verharren, wie die Versammlung im Anfang, ist die Christenheit auf der Erde eine Macht geworden. Die irdische Macht wird in der Schrift oft durch einen Baum dargestellt (vgl. Hes 17,23.24; 31,3-9; Dan 4,7ff). Anstatt den Schutz bei Gott zu suchen, wurde sie selbst die Beschützerin: Sie beschützt die Vögel. Das sind Menschen, die in der Christenheit das fanden, wonach ihre gierigen Herzen verlangten.

Die Vögel stellen in der Schrift oft das Böse dar. Sie sind gekennzeichnet durch Raubgier. Die Geschichte der Kirche beweist das. In der Zeit ihrer größten Macht, als sogar die weltlichen Regierungen ihr untertan waren, handelte sie so. Sie krönte Könige und setzte sie ab und ernährte alle, die in ihren Zweigen wohnten, vornehmlich die Geistlichkeit. Auf einen solchen Weg hat sich die Christenheit begeben. Und auch heute noch entfernt sie sich immer weiter von ihrem anfänglichen Zustand.

Das Gleichnis vom Sauerteig (13,33–35)

„Ein anderes Gleichnis redete er zu ihnen: Das Reich der Himmel ist gleich einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Maß Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war. Dies alles redete Jesus in Gleichnissen zu den Volksmengen, und ohne Gleichnis redete er nicht zu ihnen, damit erfüllt würde, was durch den Propheten geredet ist, der spricht: 'Ich werde meinen Mund auftun in Gleichnissen; ich werde aussprechen, was von Grundlegung der Welt an verborgen war'“ (13,33–35).

Hier wird uns noch eine andere Art des Bösen vorgestellt. Der Sauerteig ist ein Bild der falschen Lehren, die von Anfang an in das Reich eingedrungen sind und jetzt das ganze Reich durchdringen. Sie verderben die göttliche Unterweisung des Wortes derart, dass aus dem Christentum eine Religion geworden ist, die dem Menschen gestattet, nach dem eigenen Willen zu leben, ohne dabei durch die Wahrheit beunruhigt oder verurteilt zu werden, was der Fall wäre, wenn er die Wahrheit angenommen hätte und darin leben würde.

Die drei äußeren Merkmale, die das Reich der Himmel während der Abwesenheit des Königs charakterisieren, sind:

  1. Vermengung des Guten mit dem Bösen,
  2. irdische Macht,
  3. falsche Lehren, die mit ihren verderblichen Grundsätzen alles durchdringen.

Darauf entließ der Herr seine Zuhörer und trat in das Haus ein, um seinen Jüngern das Gleichnis vom Unkraut zu erklären und ihnen zudem drei weitere Gleichnisse mitzuteilen, in denen Er zeigte, was in dem Reich trotz der verschiedenen Formen des Bösen für sein Herz kostbar ist.

Erklärung des Gleichnisses vom Unkraut (13,36–43)

„Dann entließ er die Volksmengen und kam in das Haus; und seine Jünger traten zu ihm und sprachen: Deute uns das Gleichnis vom Unkraut des Ackers. Er aber antwortete und sprach: Der den guten Samen sät, ist der Sohn des Menschen, der Acker aber ist die Welt; der gute Same aber, dies sind die Söhne des Reiches, das Unkraut aber sind die Söhne des Bösen; der Feind aber, der es gesät hat, ist der Teufel; die Ernte aber ist die Vollendung des Zeitalters, die Schnitter aber sind Engel. Wie nun das Unkraut zusammengelesen und im Feuer verbrannt wird, so wird es in der Vollendung des Zeitalters sein. Der Sohn des Menschen wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle Ärgernisse zusammenlesen und die, welche die Gesetzlosigkeit tun; und sie werden sie in den Feuerofen werfen: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein. Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich ihres Vaters. Wer Ohren hat, [zu hören,] der höre!“ (13,36–43).

Diese Worte erfordern keine weiteren Erklärungen. Man erkennt leicht den großen Gegensatz zwischen dem Werk des Sohnes des Menschen und dem Werk des Teufels sowie die grundsätzlich verschiedenen Auswirkungen: die Söhne des Reiches und die Söhne des Bösen. Die Vollendung des Zeitalters stellt in der Schrift immer das Ende des Zeitalters des Gesetzes dar, auf das die Aufrichtung des Reiches in Herrlichkeit folgt. In der Vollendung des Zeitalters also werden die Engel ausgesandt, um das Unkraut in Bündel zu binden. Die Gläubigen aber werden dann zum Herrn entrückt sein. Danach beginnen die Gerichte. 1

Zuerst erklärt der Herr den Jüngern die Bedeutung des Gleichnisses, das Er der Volksmenge vorgestellt hatte (Verse 36–39). Dann fährt Er fort und spricht von dem, was sich in der Zeit der Gerichte weiter entwickeln wird (Verse 40–43). Der Herr, der Sämann selbst, wird nach einer langen Zeit der Geduld seine Engel aussenden, um aus seinem Reich alle auszurotten, die Ärgernis verursacht und nach ihrem eigenen Willen gehandelt haben, anstatt die Herrschaft des Königs anzuerkennen, der verworfen und im Himmel verborgen war: Sie werden in den Feuerofen geworfen. Dann werden die Gerechten gesehen werden, nicht in dem in Herrlichkeit aufgerichteten Reich auf der Erde, sondern im Reich ihres Vaters, das heißt in dem himmlischen Teil des Reiches, wo sie mit dem Sohn Gottes die Gemeinschaft mit dem Vater genießen. Dort werden sie leuchten wie die Sonne als Gegenstände der Gnade, die sie durch den Glauben schon jetzt fähig gemacht hat „zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Licht“ und die sie „errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt hat in das Reich des Sohnes seiner Liebe“ (Kol 1,12.13). Dann werden sie in Herrlichkeit verwirklichen, was sie heute schon im Glauben besitzen.

Das Gleichnis von dem im Acker verborgenen Schatz (13,44)

„Das Reich der Himmel ist gleich einem im Acker verborgenen Schatz, den ein Mensch fand und verbarg; und vor Freude darüber geht er hin und verkauft alles, was er hat, und kauft jenen Acker“ (13,44).

Nachdem der Herr in den verschiedenen aufeinanderfolgenden Zeitaltern, die seinem ersten Kommen vorausgingen, auf der Erde nichts für sich selbst finden konnte, entdeckte Er in dieser Welt einen Schatz, der Ihm sehr kostbar war. Nicht die Welt hatte ihn hervorbringen können, aber in Verbindung mit den ewigen Ratschlüssen Gottes ist es ein wertvoller Schatz.

Er verkaufte alles, was Er hatte, d. h., Er verließ die Herrlichkeit, gab seine Rechte als Messias auf, lebte in Armut, verzichtete auf alles und gab sogar sein eigenes Leben hin, um den Acker zu kaufen und den Schatz, den der Acker in sich barg, in Besitz zu nehmen. Der Acker ist die Welt, in welcher der Herr seine Erkauften gefunden hat. Aufgrund seines Gehorsams gegen Gott und seines Werkes am Kreuz gehört die Welt jetzt Ihm, Er hat den Acker gekauft und wird eines Tages seine Rechte daran geltend machen. Aber was seinem Herzen so überaus wertvoll ist, was Ihn mit Freude erfüllt und was Ihn veranlasste, sich so tief zu erniedrigen, das ist der Schatz, den Er in der Welt gefunden hat und den Er um jeden Preis besitzen will.

Das Gleichnis von der kostbaren Perle (13,45.46)

„Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen sucht; als er aber eine sehr kostbare Perle gefunden hatte, ging er hin und verkaufte alles, was er hatte, und kaufte sie“ (13,45.46).

Hier ist von dem Kauf der kostbaren Perle selbst die Rede, die für das Herz des Herrn einen sehr hohen Wert hat. Es ist seine Versammlung, die Er in ihrer ganzen Schönheit sieht, so wie Er sie sich selbst eines Tages verherrlicht darstellen wird (Eph 5,27). Wie Er es beim Kauf des Ackers tat, so verkaufte Er auch hier alles, was Er hatte. Er machte sich selbst zu nichts (Phil 2,7), gab seine Herrlichkeit auf, um den Preis zu bezahlen, der für den Erwerb der Perle erforderlich war. Christus hat „die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben“ (Eph 5,25), um sie für ewig zu besitzen. Welch einen Wert hat sie für sein Herz, wie auch alle, die kraft seiner Hingabe in den Tod, in den Tod am Kreuz, sein Eigentum geworden sind! Nebst der traurigen Entwicklung des Reiches, dargestellt in den ersten drei Gleichnissen, sieht der Herr diesen Schatz, diese Perle, die immerdar ein Gegenstand seiner Liebe und Freude sein wird.

Es wurde oft gesagt, dass Christus diese Perle sei und der Sünder sie um jeden Preis erwerben müsse. Natürlich ist Christus jedem Sünder, der seinen eigenen Zustand erkennt, kostbar. Das gilt natürlich auch für solche, die die Errettung schon angenommen haben. Dennoch ist eine solche Deutung dieses Gleichnisses nicht richtig. Ein Mensch kann weder den Acker noch die Perle kaufen. Dem Sünder wird alles völlig umsonst angeboten. Christus aber konnte sich die Seinigen nicht umsonst erwerben. Er hat dafür alles, was Er hatte, verkaufen müssen. Er ist sogar in den Tod hinabgestiegen, um sie aus dem Tod zu befreien.

Das Gleichnis vom Fischfang (13,47–50)

„Wiederum ist das Reich der Himmel gleich einem Netz, das ins Meer geworfen wurde und Fische von jeder Art zusammenbrachte, das sie, als es voll war, ans Ufer heraufzogen; und sie setzten sich nieder und lasen die guten in Gefäße zusammen, aber die schlechten warfen sie hinaus. So wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: Die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern und sie in den Feuerofen werfen: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein“ (13,47–50).

Dieses Netz stellt die Verkündigung des Evangeliums in der Welt, dem Meer der Völker, dar. Das Christentum, das aus der Predigt entstanden ist, hat die Züge einer Religion angenommen. Sie gleicht dem Netz, das alle Fische umschließt. Sie tragen zwar alle den Namen „Christ“ und setzen sich aus solchen zusammen, die entweder kein Leben aus Gott haben oder schon wiedergeboren sind. In diesen drei letzten Gleichnissen wird besonders das vorgestellt, was im Reich gut und echt ist. So beschäftigen sich auch hier die Fischer, nachdem sie das Ergebnis ihres Fischzuges geprüft haben, mit den guten Fischen. Die schlechten Fische werfen sie weg.

In dem Gleichnis vom Unkraut im Acker sollte man alles bis zur Ernte wachsen lassen, obwohl sich die Knechte auch mit dem Unkraut, dem Bösen, beschäftigen wollten. Aber das war nicht ihre Sache und die Zeit dafür war noch nicht gekommen. In diesem Gleichnis haben es die Knechte Gottes nur mit den guten Fischen zu tun, um sie in Gefäße zusammenzulesen, d. h., um sie aus der Welt herauszuführen und sie um den Herrn Jesus, ihren Mittelpunkt, zu sammeln. Das ist gegenwärtig der Dienst der Arbeiter des Herrn. Sie lassen die Bösen draußen und beschäftigen sich nicht weiter mit ihnen. Natürlich wird ihnen das Heil in Christus verkündigt. Aber davon ist hier nicht die Rede.

Daraufhin kam der Herr auf das zu sprechen, was sich später, in der Vollendung des Zeitalters, ereignen wird. Dann wird die Sichtung stattfinden, die aber nicht den Knechten Gottes, sondern den Engeln anvertraut wird, die die Vollstrecker des Willens Gottes in seinem Reich sind. „So wird es in der Vollendung des Zeitalters sein: Die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten aussondern und sie in den Feuerofen werfen: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ Die Engel werden zur Zeit der Gerichte sich allein mit den Bösen beschäftigen und sie von der Erde wegnehmen, bevor das Reich in Herrlichkeit aufgerichtet wird. Das Gleiche haben wir schon am Schluss des Gleichnisses vom Unkraut gesehen.

Wie konnte ein jüdischer Fischer die guten Fische von den schlechten unterscheiden, die in sein Netz gegangen waren? Das Wort Gottes belehrte ihn darüber. War der Jude wegen der Unterscheidung der Fischarten in Verlegenheit, wusste er nicht, welche für ihn rein und welche unrein waren, so brauchte er nur die Rolle des Gesetzes zu befragen und fand in 3. Mose 11,9-12 niedergeschrieben, dass die reinen Fische Flossen und Schuppen hatten. Alle Fische, die diese Kennzeichen nicht trugen, waren unrein, mochten sie dem Auge des Fischers noch so gut erscheinen.

So ist auch heute ein Diener des Herrn, der unter den bekennenden Christen die erkennen will, die göttliches Leben haben, nicht auf sein eigenes Urteil angewiesen. Er findet diese Unterweisungen im Wort Gottes, das die Charakterzüge der wahren Gläubigen beschreibt. Der Gläubige muss das besitzen, wovon die Flossen der Fische ein Bild sind: Das ist die Fähigkeit, gegen den Strom dieser Welt zu schwimmen. Diese Kraft empfängt er durch das Leben aus Gott, das ihn befähigt, sich nicht von der Nachfolge des Herrn ablenken zu lassen. Die Schuppen stellen die Fähigkeit dar, dem bösen Einfluss der Welt zu widerstehen, in deren Mitte wir zwar leben, zu der wir aber nicht gehören. Johannes sagt: „Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt“ (1. Joh 5,4). Alle, die in ihrer Praxis den Beweis des Lebens aus Gott tragen, sollten also von denen unterschieden werden, die nur ein christliches Bekenntnis ohne Leben haben.

Der Schatz des Hausherrn (13,51.52)

„Habt ihr dies alles verstanden? Sie sagen zu ihm: Ja. Er aber sprach zu ihnen: Darum ist jeder Schriftgelehrte, der im Reich der Himmel unterrichtet ist, gleich einem Hausherrn, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorbringt“ (13,51.52).

Das „Alte“ ist das Reich, wie es im Alten Testament angekündigt war, das Reich in Herrlichkeit. Das „Neue“ dagegen ist das Reich in dem Charakter, den es nach der Verwerfung des Königs angenommen hat, von der die Gleichnisse dieses Kapitels reden. Diese Worte des Herrn lassen die große Gnade erkennen, die jene erfahren, die in dem neuen Zustand der Dinge zu Jüngern werden, indem sie den Herrn im Glauben annehmen. Sie haben sowohl in Bezug auf die Gegenwart als auch in Bezug auf die Zukunft die Gedanken Gottes erkannt.

Der Herr Jesus in seiner Vaterstadt (13,53–58)

„Und es geschah, als Jesus diese Gleichnisse vollendet hatte, begab er sich von dort weg. Und er kam in seine Vaterstadt und lehrte sie in ihrer Synagoge, so dass sie sehr erstaunten und sprachen: Woher hat dieser solche Weisheit und die Wunderwerke? Ist dieser nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt nicht seine Mutter Maria, und seine Brüder Jakobus und Joseph und Simon und Judas? Und seine Schwestern, sind sie nicht alle bei uns? Woher hat nun dieser das alles? Und sie nahmen Anstoß an ihm. Jesus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet ist nicht ohne Ehre, außer in seiner Vaterstadt und in seinem Haus. Und er tat dort nicht viele Wunderwerke wegen ihres Unglaubens“ (13,53–58).

Danach ging der Herr in seine Vaterstadt, womit wahrscheinlich Kapernaum gemeint ist. Und Er „lehrte sie in ihrer Synagoge, so dass sie sehr erstaunten“. Welche Liebe, welche Geduld! Obwohl der Herr Jesus wusste, welche Gedanken sein Volk über Ihn und sein Kommen hatte, fuhr Er fort, sie zu belehren. Sie waren erstaunt, denn sie sahen in Ihm nur den Sohn des Zimmermanns. Seine Mutter, seine Brüder und Schwestern lebten in ihrer Mitte. Das war für sie ein Beweis, dass Er sich nicht von anderen Menschen unterschied. „Woher hat nun dieser das alles?“, fragten sie sich. Wahrlich, sie hatten ihre Augen und Ohren verschlossen, um nicht zu sehen und nicht zu hören (vgl. Verse 13–15). Der Herr konnte mit Recht sagen: „Wenn ich nicht gekommen wäre und zu ihnen geredet hätte, so hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie keinen Vorwand für ihre Sünde ... Wenn ich nicht die Werke unter ihnen getan hätte, die kein anderer getan hat, so hätten sie keine Sünde; jetzt aber haben sie gesehen und doch gehasst sowohl mich als auch meinen Vater“ (Joh 15,22.24). Anstatt in Ihm den Emmanuel, Gott mit uns, zu sehen, wie Er in diesem Evangelium dargestellt wird, ärgerten sie sich an Ihm. Aber Er hörte ihre Worte ruhig an und antwortete: „Ein Prophet ist nicht ohne Ehre, außer in seiner Vaterstadt und in seinem Haus.“ Ihr Unglaube hinderte Ihn, in seiner Vaterstadt viele Wunderwerke zu tun. Wie groß war die Verantwortung dieses armen Volkes! Durch den Glauben stehen die Macht Gottes und seine Gnade auch heute noch allen Menschen zur Verfügung. Wer sie sich nicht zu Nutzen gemacht hat, muss sich selbst anklagen.

Fußnoten

  • 1 Das Reich hat durch die Verwerfung des Königs einen verborgenen Charakter angenommen, es ist jetzt das „Reich der Himmel“. In diesem Charakter umschließt es die Zeit der Versammlung, setzt aber seinen Lauf auch nach ihrer Entrückung fort, bis es sich als 1000-jähriges Reich in Herrlichkeit offenbart. Während der Zeitepoche der Versammlung haben die Engel noch nichts mit dem Gericht über die Bösen zu tun. Erst nach der Entrückung der Versammlung und vor der sichtbaren Aufrichtung des Reiches auf der Erde findet das Gericht über die Lebendigen statt (Mt 25). Die Gleichnisse des Reiches der Himmel können nur richtig verstanden werden, wenn man diese Tatsachen beachtet.
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