Der verheißene König und sein Reich
Kommentar zum Matthäus-Evangelium
Kapitel 8
Drei Heilungen (8,1-15)
„Als er aber von dem Berg herabgestiegen war, folgten ihm große Volksmengen. Und siehe, ein Aussätziger kam herzu, warf sich vor ihm nieder und sprach: Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen. Und er streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt. Und Jesus spricht zu ihm: Gib Acht, sage es niemand; sondern geh hin, zeige dich dem Priester und bring die Gabe dar, die Mose angeordnet hat, ihnen zum Zeugnis.
Als er aber nach Kapernaum hineingegangen war, kam ein Hauptmann zu ihm, der ihn bat und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause gelähmt und wird schrecklich gequält. Und er spricht zu ihm: Ich will kommen und ihn heilen. Und der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst; sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir; und ich sage zu diesem: Geh!, und er geht; und zu einem anderen: Komm!, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tu dies!, und er tut es. Als aber Jesus es hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so großen Glauben gefunden. Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden in dem Reich der Himmel, aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde geheilt in jener Stunde.
Und als Jesus in das Haus des Petrus gekommen war, sah er dessen Schwiegermutter fieberkrank daniederliegen. Und er rührte ihre Hand an, und das Fieber verließ sie; und sie stand auf und diente ihm“ (8,1-15).
Nachdem der Herr in der Bergpredigt die Charakterzüge derer beschrieben hatte, die an seinem Reich teilhaben, stieg Er von dem Berg herab, um inmitten des Volkes in Gnade und Macht zu handeln und es so von den Folgen der Sünde und der Macht des Teufels zu befreien. Dadurch wurde offenbar, dass Er der wahre Emmanuel war, also derselbe, der einst zu Israel gesagt hatte: „Ich bin der HERR, der dich heilt“ (2. Mo 15,26). Der Herr Jesus stellt sich in den Kapiteln 8 und 9 seinem Volk in Gnade und Macht dar.
Als Er von dem Berge herabgestiegen war, trat ein Aussätziger an Ihn heran, warf sich vor Ihm nieder und sprach: „Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.“ Er wusste, dass der Herr die Macht zur Heilung besaß. Aber er zweifelte, dass Jesus auch ihn heilen wollte. Der Herr streckte seine Hand aus, rührte ihn an und sprach: „Ich will; werde gereinigt! Und sogleich wurde er von seinem Aussatz gereinigt.“ Der Aussatz ist ein Bild von der Sünde in dem Charakter der Unreinigkeit, ein Übel, das durch nichts anderes geheilt werden kann, als durch die Macht Gottes (vgl. 3. Mo 14,1-9).
Lasst uns beachten, wie deutlich die Herrlichkeit der Person Jesu bei dieser Heilung in Erscheinung trat! Seine Macht zeigte sich darin, dass Er heilen kann, seine Gnade zeigt darin, dass Er heilen will. Auch kennzeichnete Ihn göttliche Reinheit, denn Er ist Gott, offenbart im Fleisch. Er streckte seine Hand aus und rührte den Aussätzigen an. Statt durch die Berührung selber unrein zu werden, wie es bei jedem anderen Menschen geschehen wäre, reinigte Er vielmehr den Aussätzigen. Welche Bewunderung sollte die Person Jesu in unseren Herzen hervorrufen! Er hat sich erniedrigt, um in die Mitte unreiner, verlorener Menschen zu treten und ihnen göttliche Hilfe zu bringen, deren sie in ihrem elenden Zustand so sehr bedurften! Alles was Gott ist, in seiner Macht, in seiner Gnade und in seiner Reinheit, war in einem Menschen erschienen, Gott offenbart im Fleisch, unantastbar von Seiten der Sünde, aber bereit, allen zu helfen, die seine Hilfe annehmen wollten.
Der Herr erkannte das Gesetz an. Er war „unter Gesetz geboren“ (Gal 4,4). Deshalb schickte Er den Aussätzigen nach seiner Reinigung zu den Priestern, um sich ihnen zu zeigen und die Gabe darzubringen, die Mose für diesen Fall angeordnet hatte. Und der Herr fügt hinzu: „... ihnen zum Zeugnis.“ Sollten die Priester feststellen, dass der Aussätzige gereinigt war, so hatten sie den unmissverständlichen Beweis vor sich, dass Jesus der HERR war. Denn nur Er konnte den Aussatz heilen. Aber dieser offenkundige Beweis der Gegenwart des Messias in ihrer Mitte, dem später noch viele andere hinzugefügt wurden, hat sie nicht davon abgehalten, Ihn zu verwerfen.
Das zweite in diesem Kapitel berichtete Wunder geschah an einem Heiden, der in Bezug auf die Segnungen, die der Messias seinem Volk brachte, ein Fremdling war. Aber er hatte einen Glauben, von dem der Herr sagte, dass Er selbst nicht in Israel einen so großen Glauben gefunden habe. Dieser Hauptmann, ein römischer Offizier, erkannte die göttliche Macht und Erhabenheit des Herrn an. In rührender Demut bat er den Herrn Jesus für seinen gelähmten Knecht, und der Herr antwortete ihm in seiner Herablassung: „Ich will kommen und ihn heilen.“ Aber der Hauptmann erwiderte: „Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach trittst; sondern sprich nur ein Wort, und mein Knecht wird geheilt werden. Denn auch ich bin ein Mensch unter Befehlsgewalt und habe Soldaten unter mir; und ich sage zu diesem: Geh!, und er geht; und zu einem anderen: Komm!, und er kommt; und zu meinem Knecht: Tu dies!, und er tut es.“ Dieser Mann illustriert durch sein Beispiel die Stellung, in der er den Herrn auf dieser Erde sah: Er war der abhängige, vollkommene Mensch, aber auch der Sohn Gottes, der über alle Dinge Autorität besaß. Der Hauptmann wusste also, dass der Herr Jesus eine unbegrenzte Macht hatte und auch das Recht besaß, sie auszuüben.
Was für ein schönes Beispiel des Glaubens! Es ist bemerkenswert, dass der Glaube die Dinge so erkennt, wie Gott sie sieht. Der große Glaube ehrt Gott. Aber schon der schwache Glaube errettet, weil Gott nachsichtig ist. Er rettet nicht nach dem Maß unseres Glaubens, sondern im Blick auf den Gegenstand, den der Glaube erfasst hat. Der Glaube schrieb dem Herrn auf der Erde die Macht zu, in der Er später sein Reich aufrichten wird. So war es auch bei dem reumütigen Räuber am Kreuz. Gott antwortet dem Glauben und gibt einem solchen Menschen Anteil an dem, was Er in Gnade schenkt, sowohl für die jetzige als auch für die zukünftige Zeit.
Der Glaube des Hauptmanns gab dem Herrn jetzt Gelegenheit davon zu reden, dass die Nationen einmal in die Segnungen des Reiches eingeführt werden. Zugleich erklärte Er den Juden, dass die äußeren Vorrechte kein Recht auf den Eingang ins Reich gaben, wenn sie im Unglauben verharrten. „Als aber Jesus es hörte, verwunderte er sich und sprach zu denen, die nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, selbst nicht in Israel habe ich so großen Glauben gefunden. Ich sage euch aber, dass viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tisch liegen werden in dem Reich der Himmel, aber die Söhne des Reiches werden hinausgeworfen werden in die äußerste Finsternis: Dort wird das Weinen und das Zähneknirschen sein.“ (Verse 10-12).
Die Söhne des Reiches waren die Juden unter Gesetz. Aber durch das Gesetz konnte nichts erlangt werden. Nur auf Grund des Glaubens gewährt Gott Zugang zu seinen Segnungen. „Ohne Glauben aber ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen“ (Heb 11,6). Der Herr zeigte also den Juden, auf welche Weise sie die Segnungen ererben konnten, auf die sie von Natur aus ein Anrecht zu haben meinten. Alle, die da glauben, haben Anteil an den Segnungen des Reiches der Himmel. Dagegen werden die, die nicht glauben, hinausgeworfen, seien es Juden, Heiden oder Namenschristen. Kein Titel, keine Religion, nicht einmal das große Vorrecht, Kind gläubiger Eltern zu sein, verleiht ein Anrecht an dem Reich, als nur der Glaube, der Gott so anerkennt, wie Er sich in Christus offenbart hat. Durch diesen Glauben nimmt der Glaubende seinen Platz als ein armes, unwürdiges Geschöpf in Demut vor Gott ein. Der Herr antwortete dem Hauptmann: „Geh hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde geheilt in jener Stunde.“
Das dritte Wunder ist die Heilung der Schwiegermutter des Petrus, die von einem Fieber befallen war. Wie der Aussatz ein Bild der Sünde in ihrem Charakter als Unreinigkeit ist, so stellt die Lähmung die durch die Sünde eingetretene Unfähigkeit des Menschen dar, den Willen Gottes zu tun. Das Fieber versinnbildlicht die Unruhe, die den Menschen ohne Gott kennzeichnet. Die Sünde hält Ruhe und Frieden fern, die aber solche besitzen, die zu Gott gekommen sind. Die fieberhafte Unruhe, die in dieser Welt immer größer und größer wird, kommt daher, dass der Mensch, fern von Gott, seine Befriedigung in der Welt sucht. Er strebt nach gefährlicher Zerstreuung, die ihn davon abhält, an Gott zu denken und seinen eigenen Zustand in der Gegenwart Gottes zu erkennen. Der Mensch ist daher unfähig, Gott zu dienen. In der Meinung, nicht genug Zeit für sich selbst zu haben, hat er keinen Augenblick für Gott übrig.
Als der Herr die Hand der Schwiegermutter des Petrus berührte, verließ das Fieber die Kranke. Sie stand auf und diente Ihm. Wenn Gott sein Werk in einer Seele getan und sie von der Macht der Sünde befreit hat, so kann sich die Seele der Ruhe des Gewissens und des Herzens erfreuen. Sie besitzt nun Frieden und Ruhe und kann so dem Herrn dienen. Der Apostel schrieb den Thessalonichern: „Ihr habt euch von den Götzenbildern zu Gott bekehrt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten“ (1. Thes 1,9).
Er trug unsere Krankheiten (8,16.17)
„Als es aber Abend geworden war, brachten sie viele Besessene zu ihm; und er trieb die Geister aus mit einem Wort, und er heilte alle Leidenden, damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesaja geredet ist, der spricht: 'Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten'“ (8,16.17).
Es war Abend geworden. Das ist im Orient wegen der tagsüber brütenden Hitze die günstigste Zeit, um nach draußen zu gehen. Man brachte viele Besessene zu dem Herrn Jesus und Er trieb mit einem Wort die bösen Geister aus und heilte alle Leidenden. Durch Ihn wurde erfüllt, was Jesaja gesagt hatte: „Er selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten“ (vgl. Jes 53,4). Diese Worte lassen erkennen, in welcher Weise der Herr seine Macht gebrauchte. Er hat nie einen Menschen von seinem Leiden befreit, ohne mit seinem Herzen und seinen Gefühlen, die ebenso vollkommen menschlich wie göttlich waren, daran Anteil zu nehmen. Er hat niemanden von den Folgen der Sünde befreit, ohne selbst den ganzen Schmerz mitzuempfinden, der die Geheilten niedergebeugt hatte. Das erkennen wir aus den Worten: „Er hat unsere Leiden getragen.“ Dass der Herr auf dem Kreuz unsere Sünden getragen hat und dafür gestraft wurde, ist etwas anderes. Nur auf dem Fluchholz hat Er unsere Sünden getragen. Aber schon während der ganzen Zeit seines Dienstes empfand sein Herz das schwere Gewicht der Folgen der Sünde, worunter alle geseufzt hatten, die Er nun davon befreite. Darum sehen wir unseren teuren Heiland am Grab des Lazarus weinen. Er rief ihn nicht ohne weiteres aus dem Grab hervor. Das tat Er erst, nachdem Er denen, die ihren Bruder beweinten, sein ganzes Mitgefühl bezeugt und den Beweis gegeben hatte, dass Er die Macht des Todes, die durch den Ungehorsam des Menschen auf allen lastet, selbst tief empfunden hatte.
Es ist köstlich zu wissen, dass der Herr in seinem Mitgefühl mit allen, die bekümmert sind, zu aller Zeit derselbe bleibt. Wohl befindet Er sich jetzt in der Herrlichkeit, allen Leiden entrückt, doch ist sein mitfühlendes Herz immer noch dasselbe. Nachdem Er auf der Erde durch alles hindurchgegangen ist, beschäftigt Er sich in unendlicher Liebe mit den seinen, die in Leiden sind.
Am anderen Ufer (8,18-22)
„Als aber Jesus eine [große] Volksmenge um sich sah, befahl er, an das jenseitige Ufer wegzufahren. Und ein Schriftgelehrter kam herzu und sprach zu ihm: Lehrer, ich will dir nachfolgen, wohin irgend du gehst. Und Jesus spricht zu ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege. Ein anderer aber von seinen Jüngern sprach zu ihm: Herr, erlaube mir, zuvor hinzugehen und meinen Vater zu begraben. Jesus aber spricht zu ihm: Folge mir nach und lass die Toten ihre Toten begraben“ (8,18-22).
Da die Volksmengen, ohne Zweifel durch seine Wunder angezogen, sich um Ihn drängten, entzog Er sich ihrer Neugier und ihrer Bewunderung, denn Er hatte für diesmal seinen Dienst unter ihnen erfüllt und befahl, an das andere Ufer zu fahren. Dort redete ein Schriftgelehrter Ihn mit den Worten an: „Lehrer, ich will dir nachfolgen, wohin irgend du gehst. Und Jesus spricht zu ihm: Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo er das Haupt hinlege.“ Dieser Schriftgelehrte, die erstaunten Volksmengen, und auch die Jünger selbst schätzten sich glücklich und fühlten sich geehrt, einen solchen Menschen in ihrer Mitte zu haben. Die Volksmengen sagten: „Niemals wurde so etwas in Israel gesehen“ (Kapitel 9,33). Auch dieser Schriftgelehrte dachte wohl, es sei eine Ehre für ihn, einem solchen Lehrer zu folgen. Aber wenn alle in dieser Welt ein Heim hatten, so besaß Er, der in Gnade vom Himmel gekommene Sohn des Menschen hier auf der Erde nichts dergleichen. Denn auf der Erde, wo alles das Gepräge der Sünde und der Macht Satans trug, fand Er nichts, worauf Er seine Ruhe gründen konnte. Er war nicht gekommen, um dem Menschen den Aufenthalt auf der Erde angenehm zu machen, sondern um ihm den Weg zu öffnen, der aus der Welt herausführt, dorthin, wo der Herr jetzt schon ist, außerhalb der befleckten und von Satan geknechteten ersten Schöpfung, dorthin, wo Gott in seiner Liebe ruhen wird und dorthin, wo alle sein werden, die an seinen Sohn geglaubt und auf dem durch Ihn gebahnten Weg gegangen sind.
Jesus umschreibt in seiner Antwort an den Schriftgelehrten die Voraussetzungen, die für eine echte Nachfolge notwendig sind. Er sagte ihm gleichsam: Einen irdischen Vorteil wirst du in meiner Nachfolge nicht finden, denn der Weg kann für dich nicht anders sein als für mich. Du wirst auf diesem Weg keinen Platz finden, wo du dein Haupt niederlegen kannst.
Ein anderer Jünger sprach zu Ihm: „Herr, erlaube mir, zuvor hinzugehen und meinen Vater zu begraben. Jesus aber sprach zu ihm: Folge mir nach, und lass die Toten ihre Toten begraben.“ Diesem Jünger zeigte der Herr, dass der, der Ihm nachfolgen will, die Anrechte des Herrn an sein Herz ganz anerkennen muss. Der Herr hat die Herrlichkeit verlassen, um den verlorenen Menschen den Weg zum Himmel zu öffnen. Wer mit Ihm leben will, muss daher alles aufgeben, was die Welt, die dem Leben Gottes feindlich gegenüber eingestellt ist, charakterisiert. Der Herr hat ein volles Anrecht an die, die er erkauft hat. Man darf natürlich seinen Vater begraben, aber nicht zuvor, wie der Jünger sagte. Man muss vielmehr zuerst dem Herrn folgen und Ihm gehorchen.
Fragen wir uns: wie viele Dinge tun wir zuerst, vor denen, die dem Herrn wohlgefällig sind? Wissen wir alle, dass Christus allein ein Anrecht an unser Herz hat, wenn wir Ihm angehören?
Die Überfahrt (8,23-27)
„Und als er in das Schiff gestiegen war, folgten ihm seine Jünger. Und siehe, ein großes Unwetter erhob sich auf dem See, so dass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde; er aber schlief. Und [die Jünger] traten hinzu, weckten ihn auf und sprachen: Herr, rette uns, wir kommen um! Und er spricht zu ihnen: Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf und schalt die Winde und den See; und es trat eine große Stille ein. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was für einer ist dieser, dass auch die Winde und der See ihm gehorchen?“ (8,23-27).
In den vorigen Versen haben wir gesehen, was das Kennzeichen dessen ist, der dem Herrn nachfolgen will. In den Versen 23-27 finden wir nun, was ihm auf diesem Weg begegnet. „Und als er in das Schiff gestiegen war, folgten ihm seine Jünger.“ Die Jünger hatten wohl gedacht, dass ihnen in Begleitung des Herrn keine Schwierigkeiten begegnen würden. Aber im Gegenteil, es gab sogar viele Schwierigkeiten! Satan weiß auf dem Weg derer, die nicht mehr in seiner Gewalt sind, Unwetter hervorzurufen. So überraschte und erschreckte er auch hier die Jünger durch einen Sturm. „Und siehe, ein großes Unwetter erhob sich auf dem See, so dass das Schiff von den Wellen bedeckt wurde; er aber schlief.“
In all den drohenden Gefahren der Überfahrt hätte es den Jüngern genügen müssen, dass der Herr Jesus bei ihnen war. Der HERR hatte ja zum Überrest Israels, der durch den Sturm der Verfolgung hindurchgehen wird, gesagt: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!“ (Jes 41,10). Der Herr schlief zwar, aber Er war bei ihnen. Den Jüngern fehlte die Erkenntnis der Herrlichkeit seiner Person. Wenn sie erkannt hätten, dass sie den Schöpfer der Welt bei sich hatten, der in Gestalt eines Menschen gekommen war, um die ewigen Ratschlüsse Gottes auszuführen, wären sie nicht erschrocken. Dann hätten sie begriffen, dass sein Leben nicht in Gefahr kommen konnte und die Wellen Ihn nicht zu verschlingen vermochten. Sie hätten erkannt, dass auch für sie selbst keine Gefahr bestand, da sie doch bei Ihm waren.
Auch bei uns kommt es oft vor, dass wir der Macht und Liebe Gottes nur dann vertrauen, wenn wir sie für uns in Tätigkeit sehen. Solang wir dies nicht wahrnehmen können, meinen wir, wie damals die Jünger, der Herr sei unseren Umständen gegenüber gleichgültig. „Und die Jünger traten hinzu, weckten ihn auf und sprachen: Herr, rette uns, wir kommen um! Und er spricht zu ihnen: Was seid ihr furchtsam, ihr Kleingläubigen? Dann stand er auf und schalt die Winde und den See; und es trat eine große Stille ein.“ Der Herr stellt den Glauben auf die Probe, denn dadurch wird der Glaube gestärkt und gefestigt. Aber Er wird zu seiner Zeit seine Macht und seine Güte offenbaren. Auf diese Weise lernen wir Ihn immer besser kennen, Ihn, der ununterbrochen bei uns sein will, so dass wir mit dem Psalmisten sagen können: „Auch wenn ich wanderte im Tal des Todesschattens, fürchte ich nichts Übles, denn du bist bei mir“ (Ps 23,4).
Im Land der Gergesener (8,28-34)
„Und als er an das jenseitige Ufer gekommen war, in das Land der Gergesener, kamen ihm zwei Besessene entgegen, die aus den Grüften hervorkamen, sehr wütend, so dass niemand auf jenem Weg vorbeizugehen vermochte. Und siehe, sie schrien und sprachen: Was haben wir mit dir zu schaffen, Sohn Gottes? Bist du hierher gekommen, um uns vor der Zeit zu quälen? Es war aber fern von ihnen eine Herde vieler Schweine, die weidete. Die Dämonen aber baten ihn und sprachen: Wenn du uns austreibst, so sende uns in die Schweineherde. Und er sprach zu ihnen: Geht hin. Sie aber fuhren aus und fuhren in die Schweine. Und siehe, die ganze Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See, und sie kamen in dem Gewässer um. Die Hüter aber flohen und gingen in die Stadt und verkündeten alles, auch das von den Besessenen. Und siehe, die ganze Stadt ging hinaus, Jesus entgegen, und als sie ihn sahen, baten sie, dass er aus ihrem Gebiet weggehe“ (8,28-34).
Der folgende Bericht zeigt uns, was dem Herrn in dieser Welt für ein Empfang bereitet wurde. An dem Beispiel dieser beiden Besessenen wird uns gezeigt, wie entsetzlich der Zustand des Menschen unter der Macht Satans ist: Es waren wütende Menschen, die nicht mehr Herr ihrer selbst waren und für ihre Umgebung eine Gefahr bedeuteten! Wie schrecklich ist doch der Zustand eines Menschen, der durch die Sünde in die Hände des Feindes gefallen ist! Satan hat die Welt in eine Grabstätte verwandelt. Die Sünde ist in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod (Röm 5,12). Aber der Herr Jesus ist zu solchen Geschöpfen und in solche Zustände gekommen, um Befreiung zu bringen. Wenn niemand in der Lage war, diesen Weg zu gehen, dann konnte Er es doch tun. Er ist in Gnade eingeschritten, um uns zu erretten.
Die Dämonen erkannten noch besser als die Menschen in dem Herrn Jesus den Sohn Gottes. Sie wussten, dass Er sie zu seiner Zeit richten wird. Wenn ein Sünder den Sohn Gottes als seinen Heiland annimmt, empfängt er das Heil. Aber für die Dämonen gibt es weder Vergebung noch Errettung. Das wissen sie, und deshalb baten sie den Herrn um die Erlaubnis, in die Herde Schweine zu fahren, die in der Nähe weidete. „Und siehe, die ganze Herde stürzte sich den Abhang hinab in den See, und sie kamen in dem Gewässer um. Die Hüter aber flohen und gingen in die Stadt und verkündeten alles, auch das von den Besessenen. Und siehe, die ganze Stadt ging hinaus, Jesus entgegen, und als sie ihn sahen, baten sie, dass er aus ihrem Gebiet weggehe.“
Ein trauriges Bild von dem, was geschah, als der Herr herabkam, um den Menschen aus der Gewalt des Teufels zu befreien! Der Mensch zog die Sklaverei Satans der Gegenwart Gottes in Gnade vor. Für Israel bedeutete dies das endgültige Gericht. Wie die Schweine unter der Einwirkung der Dämonen in den Wassern umkamen, so sind die Juden aus ihrem Land vertrieben und vom Meer der Völker verschlungen worden, bis zu dem Augenblick, in dem sie den verworfenen Messias erkennen werden.
Es wird hier von einer Stadt gesprochen. Der Charakter einer Stadt ist in Gottes Wort immer etwas Verwerfliches. Als der Mensch unter den Einfluss Satans fiel und aus der Gegenwart Gottes vertrieben worden war, baute er eine Stadt (1. Mo 4,17). Die Stadt ist ein Bild der Welt mit allen ihren Annehmlichkeiten und bietet alles, was die Gegenwart Satans und die Folgen der Sünde erträglich zu machen scheint. Als Gott sich aber in Gnade offenbart hat, um den Menschen zu befreien und zu erretten, bat dieser gewissermaßen, wie die Gergesener, dass Gott sich entfernen möge. Und später schrieen die Volksmengen in Jerusalem: „Hinweg, hinweg! Kreuzige ihn!“ (Joh 19,15) und: „Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche“ (Lk 19,14).
So ist seit der Verwerfung Christi, die nicht nur die Juden, sondern auch die ganze Menschheit kennzeichnet, Satan der Anführer geworden: Man hat ihn dem Herrn vorgezogen. Und dennoch hat Gott nicht aufgehört, jedem Menschen seine Gnade anzubieten. Er entfaltet seine ganze Langmut gegen alle und bittet sie: „Lasst euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor 5,20), damit der kommende Zorn (1. Thes 1,10) sie nicht trifft. Welch schreckliche Lage der Kinder dieser Welt am Tag des Gerichts! Möchte doch jeder, der noch nicht errettet ist, ohne Zögern diese Gnade annehmen, die heute noch angeboten wird, damit der Herr Jesus uns von dem kommenden Zorn errettet und wir ihn aus dem Himmel kommend erwarten können!