Das Buch der Richter
Bleibe deinem Gott treu!
Kapitel 2,6-3,4
Der Ruin
Der Niedergang Israels zeigte sich zunächst in seinen Beziehungen zur Welt (Kap. 1). Nun wird der Ruin in seinem Verhältnis zu Gott beschrieben.
Der Tod Josuas (2,6-9)
Und Josua entließ das Volk, und die Kinder Israel gingen hin, jeder in sein Erbteil, um das Land in Besitz zu nehmen. Und das Volk diente dem HERRN alle Tage Josuas und alle Tage der Ältesten, die Josua überlebten, die das ganze große Werk des HERRN gesehen hatten, das er für Israel getan hatte. Und Josua, der Sohn Nuns, der Knecht des HERRN, starb, 110 Jahre alt; und man begrub ihn im Gebiet seines Erbteils in Timnat-Heres auf dem Gebirge Ephraim, nördlich vom Berg Gaasch (2,6-9).
Diesen Bericht finden wir bereits am Ende des Buches Josua (Jos 24,28-31). Er wird an dieser Stelle wiederholt, um den Niedergang und Ruin des Volkes mit seiner Vergangenheit zu verbinden.
Das Begräbnis Josuas fand auf dem Gebirge Ephraim in Timnat-Serach statt, dessen Name «überreicher Anteil» bedeutet (Jos 24,30). Zur Zeit der Richter wurde dieser Ort zu «Timnat-Heres» (V. 9), was vermutlich so viel wie «Anteil der Sonne» heisst.
Josua hatte das Volk einst im Glauben zu einem Überfluss an Segen geführt. Nun reduzierte sich der Besitz Israels auf ein Stück trockenes Land, das kaum mehr Frucht noch Nahrung hervorbrachte.
Der Generationenwechsel (2,10)
Und auch jenes ganze Geschlecht wurde zu seinen Vätern versammelt. Und ein anderes Geschlecht kam nach ihnen auf, das den HERRN nicht kannte und auch nicht das Werk, das er für Israel getan hatte (2,10).
Das Volk hatte Gott in der Zeit Josuas und der Ältesten seiner Generation, die auch noch Zeugen der grossen Werke des HERRN gewesen waren, gedient (V. 7).
Aber diese Generation trat ab und es kam eine andere (Pred 1,4). Diese kannte weder Gott noch sein Werk. Schnell vergass sie das Zeugnis ihrer Väter, insbesondere die Aussage der zwölf Steine in Gilgal und des grossen Steins in Sichem (Jos 4,20-24; 24,25-28).
Ebenso verhielt es sich mit der Geschichte der Versammlung Gottes auf der Erde. Die Jünger und Apostel des Herrn verkündeten mit Vollmacht das, was sie gesehen und gehört hatten (1. Joh 1,1-3). Aber die Glaubenden, die ihnen folgten, vergassen ihr Zeugnis schnell. Mit Erstaunen stellen wir fest, welche Irrlehren nach dem Abscheiden der Apostel in die noch junge Versammlung eingedrungen sind. Dennoch hat der Herr immer - auch in den dunkelsten Augenblicken des christlichen Zeugnisses - seine treuen Zeugen gehabt (wie z.B. Antipas in Off 2,13).
Noch heute werden wir ausdrücklich aufgefordert: «Gedenkt eurer Führer!» (Heb 13,7). Jede neue Generation muss sich mit Herzenshingabe das Erbe ihrer Väter erwerben. Das Wort ist unsere einzige Richtschnur, aber die Führer helfen uns, es besser zu verstehen. Ihren Glauben sollen wir nachahmen.
König Jojakim hatte nicht nur das gute Beispiel seines Vaters Josia vergessen, sondern sich selbst zu seinem eigenen Unglück tief ins Böse verstrickt (Jer 22,15-19). Hüten wir uns davor, auch nur teilweise einen derart schlimmen Weg zu verfolgen!
Abfall und Götzendienst (2,11-15)
Und die Kinder Israel taten, was böse war in den Augen des HERRN, und dienten den Baalim. Und sie verließen den HERRN, den Gott ihrer Väter, der sie aus dem Land Ägypten herausgeführt hatte; und sie gingen anderen Göttern nach, von den Göttern der Völker, die rings um sie her waren, und sie warfen sich vor ihnen nieder und reizten den HERRN. Und sie verließen den HERRN und dienten dem Baal und den Astarot. Da entbrannte der Zorn des HERRN gegen Israel, und er gab sie in die Hand von Plünderern, die sie plünderten; und er verkaufte sie in die Hand ihrer Feinde ringsum; und sie vermochten nicht mehr vor ihren Feinden zu bestehen. Überall, wohin sie auszogen, war die Hand des HERRN gegen sie zum Bösen, so wie der HERR geredet und wie der HERR ihnen geschworen hatte; und sie wurden sehr bedrängt (2,11-15).
Das Volk hatte die letzten Worte Josuas vergessen, der sie aufgefordert hatte, die fremden Götter wegzutun (Jos 24,14.23). Es verliess nun den HERRN, indem es sich von Ihm abwandte und anderen Göttern diente.
Dieser Götzendienst bedeutet für uns, dass wir in unserem Herzen und unserem Leben die moralisch finsteren Elemente der Welt zulassen. Hesekiel wurde einst durch den Geist Gottes nach Jerusalem geführt und sah durch ein Loch in der Mauer die Bilderkammer der Ältesten Israels, die sich dem Götzendienst hingegeben hatten (Hes 8,7-13). So kann es im Herzen eines Gläubigen aussehen, der in seinen Gedanken und in seinem Leben Dinge toleriert, die mit dem Licht Gottes unvereinbar sind.
Gott wandte sich nun gegen sein untreues Volk. Der Zustand Israels führte ein zweifaches Gericht von Ihm herbei:
- Israel wurde den Feinden ausserhalb des Landes ausgeliefert, die sie plünderten (V. 14).
- Gott liess Feinde im Land bestehen, die wie Dornen in ihren Augen und wie Stacheln in den Seiten Israels sein würden (Kap. 3,1.3; 4. Mo 33,55).
Die Richter und die Befreiung (2,16-23)
Und der HERR erweckte Richter; und sie retteten sie aus der Hand ihrer Plünderer. Aber auch ihren Richtern gehorchten sie nicht, denn sie hurten anderen Göttern nach und warfen sich vor ihnen nieder; sie wichen schnell ab von dem Weg, den ihre Väter gewandelt waren, indem sie den Geboten des HERRN gehorchten; sie taten nicht so. Und wenn der HERR ihnen Richter erweckte, so war der HERR mit dem Richter, und er rettete sie aus der Hand ihrer Feinde alle Tage des Richters; denn der HERR ließ es sich gereuen wegen ihrer Wehklage vor ihren Bedrückern und ihren Bedrängern. Und es geschah, wenn der Richter starb, so handelten sie wieder böse, mehr als ihre Väter, indem sie anderen Göttern nachgingen, um ihnen zu dienen und sich vor ihnen niederzuwerfen. Sie ließen nichts fallen von ihren Taten und von ihrem hartnäckigen Wandel. Da entbrannte der Zorn des HERRN gegen Israel, und er sprach: Weil diese Nation meinen Bund übertreten hat, den ich ihren Vätern geboten habe, und sie meiner Stimme nicht gehorcht haben, so werde auch ich fortan vor ihnen niemand von den Nationen vertreiben, die Josua übrig gelassen hat, als er starb - um Israel durch sie zu prüfen, ob sie auf den Weg des HERRN achten würden, darauf zu wandeln, wie ihre Väter auf ihn geachtet haben, oder nicht. Und so ließ der HERR diese Nationen bleiben, so dass er sie nicht schnell vertrieb; und er gab sie nicht in die Hand Josuas (2,16-23).
Wenn Gott sein Volk züchtigen musste, dann liebte Er es doch nicht weniger. Die Geschichte der Richter zeigt uns in ergreifender Weise die Güte und Strenge Gottes gegenüber den Seinen. Die Reihenfolge der Ereignisse bleibt durch das ganze Buch gleich:
- Die Untreue und der Niedergang des Volkes.
- Seine Versklavung unter die Nationen und seine Bedrängnis als Folge seiner eigenen Fehler.
- Ein Rufen Israels zu Gott um Befreiung und eine Umkehr des Volkes zu Ihm.
- Die Antwort Gottes: «Der HERR liess es sich gereuen» (V. 18). Er gewährte seinem Volk eine teilweise Befreiung durch einen Richter.
Für jede neue Generation wurde ein Richter zur Befreiung des Volkes erweckt. Ebenso ist in der Zeit des christlichen Zeugnisses nach jedem Generationenwechsel eine neue Erweckung - wenn auch nur teilweise - notwendig.
Dies wiederholte sich sechsmal bis zum Beginn der Geschichte Samuels. Wenn wir unser eigenes Herz etwas kennen, dann müssen wir eingestehen: In dieser traurigen Geschichte der Richter sehen wir das Bild unserer eigenen Untreue. Aber wir erkennen darin auch die unveränderliche Treue Gottes. Wir wollen empfindliche Herzen bewahren, die sich jedoch nicht entmutigen lassen!
Die Prüfung des Volkes (3,1-4)
Und dies sind die Nationen, die der HERR bleiben ließ, um Israel durch sie zu prüfen, alle, die nichts wussten von allen Kriegen Kanaans - nur damit die Geschlechter der Kinder Israel Kenntnis davon bekämen, um sie den Krieg zu lehren: nur die, die vorher nichts davon gewusst hatten - : die fünf Fürsten der Philister und alle Kanaaniter und Sidonier und Hewiter, die das Gebirge Libanon bewohnten, vom Berg Baal-Hermon an, bis man nach Hamat kommt. Und sie dienten dazu, Israel durch sie zu prüfen, um zu wissen, ob sie den Geboten des HERRN gehorchen würden, die er ihren Vätern durch Mose geboten hatte (3,1-4).
In dieser Phase der Geschichte Israels ist keine Rede mehr von neuen Eroberungen (Kap. 2,20.21; 3,1). Im Gegenteil, Gott liess die Situation, wie sie war, um sein Volk auf dreierlei Art zu prüfen:
Der Lebenswandel (2,22)
Die Väter hatten den Weg des HERRN bewahrt. Was würden die Söhne tun? Diese Frage richtet sich auch an uns. Wünschen wir, auf den «Pfaden der Vorzeit» zu gehen (Jer 6,16)? Der Weg der Treue in der Zeit des Niedergangs kennzeichnet sich durch Absonderung vom Bösen (2. Tim 2,19.21).
Die Notwendigkeit des Kampfes (3,2)
Jede Generation musste durch persönliche Erfahrung für sich selbst lernen, was Krieg bedeutet. Der Christ soll als guter Streiter Christi an den Trübsalen teilnehmen (2. Tim 2,3).
Das christliche Leben ist nicht beschaulich. Es gilt, das was Gott uns gegeben hat, im geistlichen Kampf praktisch zu erwerben und festzuhalten. Diese wichtige Belehrung aus dem Buch Josua behielt ihren ganzen Wert während der Zeit der Richter und hat damit auch ihre Bedeutung für die Zeit, in der wir leben.
Die Treue zum Wort Gottes (3,4)
Die Gebote des HERRN waren den Vätern gegeben worden. Die Söhne sollten diese nun beachten und verwirklichen. Das Wort Gottes muss für uns alle eine absolute Autorität sein. Für jede Generation wird der Aufruf erneuert, die biblischen Belehrungen zu bewahren. Gott hat uns besonders dieses Mittel - die Bewahrung seines Wortes - gegeben, um denen ein Segen zu sein, die uns folgen. Was für ein furchtbarer Ausspruch des Propheten über das untreue Volk: «Du hast das Gesetz deines Gottes vergessen: So werde auch ich deine Kinder vergessen» (Hos 4,6). Vor diesem schwerwiegenden Fehler und seinen verhängnisvollen Folgen wollen wir uns vom Herrn bewahren lassen! Im Gegenteil: Wir möchten in dem bleiben, was wir gelernt haben und von dem wir völlig überzeugt sind (2. Tim 3,14.15).
In den folgenden Kapiteln stellt uns der Heilige Geist die detaillierte Geschichte Israels zur Zeit der Richter vor.