Das Buch der Richter
Bleibe deinem Gott treu!
Kapitel 1
Der Niedergang
Das erste Kapitel hat zwei Teile:
- Die Verse 1-16 bilden das Vorwort zum ganzen Buch.
- Die Verse 17-36 zeigen uns die Prinzipien und Äusserungsformen des Niedergangs.
Das Vorwort
«Und es geschah nach dem Tod Josuas ...» So beginnt das Buch und schildert die Geschichte Israels von dem Augenblick an, da dem Volk das Beispiel und die Führung Josuas fehlten.
Juda und Adoni-Besek (V. 1-7)
Und es geschah nach dem Tod Josuas, da befragten die Kinder Israel den HERRN und sprachen: Wer von uns soll zuerst gegen die Kanaaniter hinaufziehen, um gegen sie zu kämpfen? Und der HERR sprach: Juda soll hinaufziehen; siehe, ich habe das Land in seine Hand gegeben. Und Juda sprach zu Simeon, seinem Bruder: Zieh mit mir hinauf in mein Los, und lass uns gegen die Kanaaniter kämpfen, so will auch ich mit dir in dein Los ziehen. Und Simeon zog mit ihm. Und Juda zog hinauf, und der HERR gab die Kanaaniter und die Perisiter in ihre Hand; und sie schlugen sie bei Besek, 10.000 Mann. Und sie fanden Adoni-Besek in Besek und kämpften gegen ihn; und sie schlugen die Kanaaniter und die Perisiter. Und Adoni-Besek floh; und sie jagten ihm nach und ergriffen ihn und hieben ihm die Daumen seiner Hände und seiner Füße ab. Da sprach Adoni-Besek: Siebzig Könige, denen die Daumen ihrer Hände und ihrer Füße abgehauen waren, lasen auf unter meinem Tisch; so wie ich getan habe, so hat Gott mir vergolten. Und sie brachten ihn nach Jerusalem, und er starb dort (1,1-7).
Der königliche Stamm Juda (= Lob) wird an erster Stelle genannt. Sein Bericht repräsentiert hier die Geschichte des gesamten Volkes. Gott teilte dem Volk seine Gedanken mit und versicherte ihm den Sieg über die Feinde (V. 2). Aber anstatt in Glaubenskraft danach zu handeln, forderte Juda seinen Bruder Simeon auf, mit ihm in den Krieg zu ziehen (V. 3). So wurde der Kampf gegen die Feinde mit Hilfe eines menschlichen Bündnisses ausgetragen und nicht im Vertrauen auf die göttlichen Hilfsquellen. Wir wollen daraus lernen, mehr auf den Herrn als auf Menschen zu zählen!
Dennoch errangen sie wegen des göttlichen Versprechens einen Sieg. Aber entgegen der Anweisung Gottes vernichteten Juda und Simeon die Feinde nicht vollständig (5.Mo 7,2). Als Ausdruck der menschlichen Vergeltung wurde der feindliche König lediglich verstümmelt. Das Verhalten dieser beiden Stämme zeigt, dass sie nach ihrem eigenen Ruhm trachteten, anstatt die Ehre Gottes in seinem Volk zu suchen. Zur Zeit Josuas hatten sie die Feinde gemäss der göttlichen Anordnung noch getötet (z.B. Adoni-Zedek, den König von Jerusalem, Jos 10,25-27). Zur Zeit der Richter hingegen demütigten sie zwar ihre Feinde, verschonten sie aber.
Kaleb, Othniel und Aksa (V. 8-15)
Und die Kinder Juda kämpften gegen Jerusalem und nahmen es ein und schlugen es mit der Schärfe des Schwertes, und die Stadt steckten sie in Brand. Und danach zogen die Kinder Juda hinab, um gegen die Kanaaniter zu kämpfen, die das Gebirge und den Süden und die Niederung bewohnten. Und Juda zog gegen die Kanaaniter, die in Hebron wohnten; der Name Hebrons war aber vorher Kirjat-Arba; und sie schlugen Scheschai und Achiman und Talmai. Und er zog von dort gegen die Bewohner von Debir; der Name von Debir war aber vorher Kirjat-Sepher. Und Kaleb sprach: Wer Kirjat-Sepher schlägt und es einnimmt, dem gebe ich meine Tochter Aksa zur Frau. Da nahm es Othniel ein, der Sohn des Kenas, der jüngere Bruder Kalebs; und er gab ihm seine Tochter Aksa zur Frau. Und es geschah, als sie einzog, da trieb sie ihn an, das Feld von ihrem Vater zu fordern. Und sie sprang vom Esel herab. Und Kaleb sprach zu ihr: Was hast du? Und sie sprach zu ihm: Gib mir einen Segen; denn ein Mittagsland hast du mir gegeben, so gib mir auch Wasserquellen! Da gab ihr Kaleb die oberen Quellen und die unteren Quellen (1,8-15).
Die Eroberungen Judas setzten sich nach dem Sieg über Jerusalem mit der Einnahme Hebrons fort. Diese Begebenheit wird bereits im Buch Josua erwähnt, wo der Sieg dem Glauben Kalebs angerechnet wird (Jos 15,13.14). In einer persönlichen Kampfhandlung entriss er Kirjat-Arba (der alte Name für Hebron) den Händen Enaks und seiner drei Söhne. Diese Riesen illustrieren Satan und die Macht der Welt. Der Glaube an Gott, der seinen Verheissungen und seiner Allmacht vertraut, schenkte Kaleb den Sieg. Das ist in diesem Buch der einzige vollständige Sieg Israels über seine Feinde.
Die Glaubenskraft Kalebs hörte damit nicht auf. Er wollte auch noch Kirjat-Sepher erobern. Es handelte sich um die Stadt Debir, die bereits während des ersten Feldzugs unter Josua eingenommenen worden war (Jos 10,38.39). Nun galt es, den tatsächlichen Besitz sicherzustellen. Othniel, der Neffe Kalebs, folgte dem Aufruf des Glaubens und eroberte die Stadt. Später war er der erste der zwölf Richter, durch die Gott sein Volk befreite (Kap. 3,9).
Aksa, die Tochter Kalebs, wurde die Frau des Siegers über Kirjat-Sepher. Sie besass bereits ein Mittagsland von ihrem Vater. Nun wünschte sie sich Wasserquellen, um dieses Feldstück zu bewässern und von der Sonnenhitze zu kühlen. Da gab ihr Kaleb die oberen und die unteren Quellen:
- Die oberen Quellen. Sie sind ein Bild von Christus in der Herrlichkeit und von unseren himmlischen Segnungen in Ihm.
- Die unteren Quellen. Sie kamen aus einem Land, auf das Gott schon immer seine Blicke gerichtet hatte (5.Mo 8,7).
Beide Quellen sind zudem ein Bild des Heiligen Geistes auf der Erde.
Kaleb beantwortete die Bitte seiner Tochter Aksa voll und ganz. Daraus lernen wir, dass wir den Besitz unseres himmlischen Erbteils begehren und erbitten sollen (Lk 11,9). Die drei Ausdrücke: «du hast mir gegeben», «gib mir» und «er gab» (Jos 15,19) fassen sowohl das glaubensvolle Verlangen Aksas zusammen als auch die Antwort, die sie bekam. Machen wir in unserem geistlichen Leben auch solche Erfahrungen?
Die Versammlung benötigt auf der Erde eifrige Soldaten für den geistlichen Kampf gegen die Feinde - gegen Satan und seine Engel. Zu diesem Zweck müssen die Glaubenden aber durch den Heiligen Geist von Christus, der lebendigen Quelle, ernährt und erfrischt sein.
Die Keniter (V. 16)
Und die Kinder des Keniters, des Schwagers Moses, waren mit den Kindern Juda aus der Palmenstadt heraufgezogen in die Wüste Juda, die im Süden von Arad liegt; und sie gingen hin und wohnten beim Volk (1,16).
Die Keniter stammten von Midian ab, dem Sohn von Abraham und Ketura (1.Mo 25,2). Jethro (oder Reghuel), ein Midianiter, war der Schwiegervater von Mose. Trotzdem schloss er sich nicht dem Volk Israel an (2.Mo 18,27). Ebensowenig sein Sohn Hobab, obwohl Mose ihn herzlich dazu aufforderte (4.Mo 10,29-32). Dennoch waren die Keniter eng mit dem Leben Israels verbunden. Hier lesen wir, dass sie aus der Palmenstadt Jericho gekommen waren und nun beim Stamm Juda wohnten. Sie werden auch zur Zeit Deboras erwähnt (Kap. 4,11). Später erhielt Jabez, ein Nachkomme der Keniter, von Gott die Antwort auf sein Gebet (1.Chr 2,55; 4,9.10 ).
Schliesslich offenbarten die Rekabiter, die ebenfalls von den Kenitern abstammten, zur Zeit Jeremias die Eigenschaften des Nasirs, die das Volk Israel verloren hatte (Jer 35; Klgl 4,7.8, beachte die Fussnote zu Klgl 4,7).
Prinzipien und Äusserungsformen des Niedergangs
Anhand der Beispiele von Juda und Kaleb skizziert der Beginn des Buches noch einen glücklichen Zustand. Nun setzt sich die Geschichte des Volkes mit den gleichen Personen (insbesondere Juda) fort und zeigt den Verfall, der dem Ruin vorausging und ihn einführte.
Juda und Benjamin (V. 17-21)
Und Juda zog mit seinem Bruder Simeon hin, und sie schlugen die Kanaaniter, die Zephat bewohnten; und sie verbannten es und gaben der Stadt den Namen Horma. Und Juda nahm Gaza ein und sein Gebiet, und Askalon und sein Gebiet, und Ekron und sein Gebiet. Und der HERR war mit Juda, und er nahm das Gebirge in Besitz; denn die Bewohner der Talebene vertrieb er nicht, weil sie eiserne Wagen hatten. Und Kaleb gaben sie Hebron, so wie Mose geredet hatte; und er vertrieb daraus die drei Söhne Enaks. Aber die Kinder Benjamin vertrieben die Jebusiter, die Bewohner von Jerusalem, nicht; und die Jebusiter haben bei den Kindern Benjamin in Jerusalem gewohnt bis auf diesen Tag (1,17-21).
Die Inbesitznahme des Gebirges war bemerkenswert. Juda und Simeon gingen kein Bündnis mit dem Feind ein, sondern vernichteten ihn vollständig (Horma). Dagegen offenbarte die Furcht vor den eisernen Wagen der Bewohner der Talebene den Kleinglauben Judas (V. 19), der im völligen Kontrast zur persönlichen Glaubensenergie Kalebs stand (V. 20).
Benjamin fügte der Untreue seines Bruders seinen Teil hinzu. Juda hatte zwar Jerusalem erobert (V. 8), doch gleich darauf siedelten sich dort die Feinde (die Jebusiter) wieder an. Benjamin war nicht in der Lage, sie aus Jerusalem zu vertreiben. Erst später wurde die Burg Zion durch David befreit (2.Sam 5,6-9).
Welche Belehrung können wir Christen daraus ziehen? Wenn wir im Bild die Jebusiter in der Stadt Gottes akzeptieren, dann lehnen wir die Autorität und Vorherrschaft des Herrn Jesus (des wahren David) ab, die Ihm in unseren Herzen und in der Versammlung zustehen.
Ephraim und Manasse, die Söhne Josephs (V. 22-29)
Und das Haus Joseph, auch sie zogen nach Bethel hinauf, und der HERR war mit ihnen. Und das Haus Joseph ließ Bethel auskundschaften; vorher war aber Lus der Name der Stadt. Und die Wachen sahen einen Mann aus der Stadt herauskommen, und sie sprachen zu ihm: Zeige uns doch den Zugang zu der Stadt, so werden wir dir Güte erweisen. Und er zeigte ihnen den Zugang zu der Stadt. Und sie schlugen die Stadt mit der Schärfe des Schwertes, aber den Mann und seine ganze Familie ließen sie gehen. Und der Mann zog in das Land der Hethiter; und er baute eine Stadt und gab ihr den Namen Lus. Das ist ihr Name bis auf diesen Tag. Aber Manasse vertrieb weder Beth-Schean und seine Tochterstädte noch Taanak und seine Tochterstädte, noch die Bewohner von Dor und seine Tochterstädte, noch die Bewohner von Jibleam und seine Tochterstädte, noch die Bewohner von Megiddo und seine Tochterstädte; und die Kanaaniter wollten in diesem Land bleiben. Und es geschah, als Israel erstarkte, da machte es die Kanaaniter fronpflichtig; aber es vertrieb sie keineswegs. Und Ephraim vertrieb nicht die Kanaaniter, die in Geser wohnten; und die Kanaaniter wohnten in ihrer Mitte in Geser (1,22-29).
Die Söhne Josephs zogen hinauf, um Bethel (= Haus Gottes) zu erobern. Diese Stadt hiess einst Lus. Um sein Leben zu retten, verriet ein Bewohner die Stadt an Ephraim und Manasse. Im Gegensatz zu Rahab, die im Glauben handelte, wie ihre Worte an die Spione es zeigten, war dieser Mann nichts als ein Verräter. Er zog in das Land der Hethiter und baute eine neue Stadt Lus als Ersatz für die, die Gott durch Israel zerstört hatte. Geschäfte mit der Welt sind niemals zu unserem Segen. Obwohl die Kanaaniter Manasse gegenüber fronpflichtig waren (V. 28), wohnten sie in der Mitte Ephraims (V. 29). Die Versammlung kann Christus auf der Erde nicht treu sein, wenn sie nach Herrschaft in der Welt trachtet (wie Manasse) oder sich mit ihr verbindet (wie Ephraim). Der einzige Weg der Treue und Kraft ist der Weg echter Absonderung.
Sebulon, Aser, Naphtali und Dan (V. 30-36)
Sebulon vertrieb weder die Bewohner von Kitron noch die Bewohner von Nahalol; und die Kanaaniter wohnten in ihrer Mitte und wurden fronpflichtig. Aser vertrieb weder die Bewohner von Akko noch die Bewohner von Sidon und Achlab und Aksib und Helba und Aphik und Rechob; und die Aseriter wohnten inmitten der Kanaaniter, der Bewohner des Landes, denn sie vertrieben sie nicht. Naphtali vertrieb weder die Bewohner von Beth-Semes noch die Bewohner von Beth-Anat; und er wohnte inmitten der Kanaaniter, der Bewohner des Landes; aber die Bewohner von Beth-Semes und von Beth-Anat wurden ihm fronpflichtig. Und die Amoriter drängten die Kinder Dan ins Gebirge, denn sie gestatteten ihnen nicht, in die Talebene herabzukommen. Und die Amoriter wollten im Gebirge Heres bleiben, in Ajjalon und in Schaalbim; aber die Hand des Hauses Joseph war schwer, und sie wurden fronpflichtig. Und die Grenze der Amoriter war von der Anhöhe Akrabbim, vom Felsen an und aufwärts (1,30-36).
Die drei ersten Stämme (Juda, Benjamin und Joseph) wiesen also einen Mangel an geistlicher Kraft auf.
Wie Ephraim duldete nun Sebulon die Gegenwart der Feinde in seinem Stammesgebiet und machte sie tributpflichtig.
Aser und Naphtali sanken moralisch noch tiefer. Sie liessen sich in der Mitte der Bewohner des Landes nieder. Die Geschichte des christlichen Zeugnisses offenbarte Ähnliches: Zuerst drang die Welt in die Versammlung ein, doch dann begab sich die Versammlung in die Welt. Diese beiden Tatsachen muss der Heilige Geist bei der Versammlung in Pergamus feststellen (Off 2,13).
Für Dan gab es sogar eine echte Niederlage: «Die Amoriter drängten die Kinder Dan ins Gebirge» (V. 34). Sie wurden aus dem Tal vertrieben und suchten Zuflucht im Gebirge. Genauso hat es der Feind fertig gebracht, den Christen die Freude an ihrem Erbteil zu nehmen.
Achten wir darauf,
- dass die Welt nicht in unsere Familien und in die Versammlung eindringt!
- dass niemand von uns durch sein Beispiel oder seine Belehrung die Herde des Herrn dazu verleitet, in die Welt zurückzukehren.
Der Herr kann uns vor beidem bewahren.