Das Leben Abrahams
1. Mose 24,22-67
Im vorigen Jahr betrachteten wir zunächst die praktischen Lektionen, die in diesem Kapitel für uns liegen; anschließend dann die vorbildliche (typologische) Bedeutung des Kapitels bis Vers 22. Hier beginnen wir jetzt.
Es geht in 1. Mose 24 um die Berufung der Braut, nicht um das Evangelium. Es ist die Versammlung, die durch den Heiligen Geist für Christus zubereitet wird. Wir sehen dasselbe in Epheser 5,26.27, aber dort geschieht es durch den Herrn Selbst.
Die Braut ist bei dem Brunnen. Wasser ist das bekannte Bild vom Wort Gottes, lebendiges Wasser das Bild von Gottes Wort, das durch den in uns wohnenden Heiligen Geist lebendig gemacht wird. Der Knecht gibt Rebekka einen goldenen Rinj und Armspangen. Noch bevor sie erfährt, worum es geht, empfängt sie schon Gaben, die aus den Schätzen des Bräutigams kommen. So ist es auch bei der Versammlung am Pfingsttag. Auch sie wird beim Brunnen gefunden. Sie muß noch geformt werden, muß ihre wahre Stellung noch erst kennenlernen, aber sie empfängt jetzt schon die Gaben des Bräutigams. Erst durch den Dienst des Paulus wurde ihre himmlische Stellung und ihr Verhältnis zu Christus geoffenbart.
Rebekka zeigt dieselbe Gesinnung wie Isaak, indem sie Wasser für andere schöpft.
Die goldenen Schmuckstücke reden von göttlicher Gerechtigkeit und Herrlichkeit. Gold als Herrlichkeit in Haggai 2,8.9, als Majestät in Hiob 37, 22, als Reinheit und Gerechtigkeit in Hiob 23, 10 und als geistlichen Reichtum in Offenbarung 3,1. Der Ring war wohl Schmuck für das Gesicht, d.h. nach außen hin sichtbar. In Offenbarung 13,16 wird nach der rechten Hand auch die Stirn genannt, in 14,1 steht der Name des Lammes und des Vaters an den Stirnen – ein Bild für die moralische Übereinstimmung mit dem Lamm und Seinem Vater; es deutet auf das hin, was jeder sehen kann (sowohl im guten wie im schlecht! Sinn).
„Ich will gehen“ zeigt die Zuneigung und die Hingabe der Braut an den Bräutigam. „Die Gerechtigkeiten der Heiligen“ (Off 1 reden von der praktischen Verwirklichung der Stellung als Braut (2. Kor 11, 2). Der Heilige Geist bereitet ihr Herz zu, so daß ihr Herz nur Ihm allein gehört. „Hab an Dir genug, o Herr! Da ist keine Rede von Gesetz; das wäre auch unmöglich; es wäre noch schwerer als am Sinai. Wir müssen die Herrlichkeit des Herrn sehen, Seine persönliche Herrlichkeit.
Es ist der Vater, der durch den Geist die Braut ruft. ER zeigt Seine Herrlichkeit durch den Dienst des „Knechtes“. Und der Dienst des Knechtes bleibt nicht ohne Furcht. Nicht in erster Linie im Blick auf den einzelnen Gläubigen, sondern bezüglich der Brautgemeinde. Das wird auch in der Apostelgeschichte und in den Paulus-Briefen deutlich. Am Pfingsttag sehen wir die ersten Segnungen, später bei Paulus aber: „Ich habe euch einem Manne verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“ (2. Kor 11,2). Darin ist eine Entwicklung zu sehen. Das gilt auch persönlich; praktisch will das der Heilige Geist in jedem Gläubigen bewirken, und das muß dann nach außen sichtbar werden. Das kann auch nicht anders sein. Das bleibt auch noch wahr, als von Ephesus gesagt wurde, daß es seine erste Liebe verlassen hat. Das muß auch persönlich praktiziert werden.
Wohl wird hier das Wirken des Heiligen Geistes vorangestellt, und nicht die Verantwortlichkeit, aber wir sehen doch auch die Reaktion von Rebekka. Da entsteht die Frage, ob es bei uns so ist. Rebekkas Antwort macht offenbar, was in ihr vorgegangen ist. Doch ist der größte Teil des Berichtes dem Handeln des Knechtes gewidmet. Sein Name wird nicht genannt. „Er wird nicht von sich selbst reden“ (Joh 16,13). Er zeugt von dem Reichtum des Vaters und betont, daß der Vater alles dem Sohn übergeben hat. Zehn Kamele, mit Schätzen beladen, wobei wir außer dem schon genannten noch über goldene Kleinodien hören. Weiter spricht er von Isaak als seinem Herrn.
Der Geist wurde gesandt durch den Vater und den Sohn. Das ist Gottes Grundsatz. Ehe sie rufen, werde ich antworten (Jes 65,24) Das Herz Rebekkas mußte durch solch einen Dienst des Knechtes berührt werden, durch die Art und Weise, wie er die Herrlichkeit des Sohnes seines Herrn vorstellt.
Das ist die Braut für Isaak. Sie muß auf die Frage des Knechtes bekennen, wer sie ist (Vers 24). Daß sie zur Blutsverwandtschaft Abrahams gehört. Der Dienst des Knechtes richtet sich dann weiter an ihr Haus und an ihre Familie.
In der Apostelgeschichte ist es deutlich, wer die Gläubigen sind, in ihrer Verwandtschaft zu Christus, wenn sie auch die Bedeutung und die Tiefe dieses Verhältnisses noch nicht sahen. Sie gehörten zur Familie Gottes. So war es auch bei Rebekka; sie mußte sich ihrer neuen Stellung erst bewußt werden, und so ist es auch bei uns. Daß nicht nur die Sünden vergeben sind, sondern daß wir zur Familie Gottes gehören. Getrennt von der ersten Familie, der Familie Adams (1. Kor 15, 20–23; Röm 5). Wir sind uns dessen nicht sofort bewußt, aber das wird nach und nach gesehen werden. Da gibt es ein Wachstum im praktischen Erfassen der Stellung als Braut, der Versammlung. Hand in Hand damit entsteht die Bereitschaft, diese Stellung auch in unserem Haus zum Ausdruck zu bringen. In jedem Gläubigen wohnt der Heilige Geist. Sind wir willig, Ihm Raum zu geben, allen Raum? Einen festen Platz in unserem praktischen Leben? „Auf daß ihr nicht das tuet, was ihr wollt“ (Gal 5,17). Der Heilige Geist hat große Schätze auszuteilen.
Solange der Knecht noch nicht zu Rebekka gekommen war, war sie in der Familie und war zufrieden. War das nicht auch unsere Erfahrung vor unserer Bekehrung? Später aber wird nicht mehr über „Stroh und Futter“ (Vers 25) gesprochen. In Saras Zeit gab es bei weitem mehr; da war Überfluß.
Wir sehen das Wirken des Heiligen Geistes in diesem Kapitel in mehreren Etappen. Zuerst findet Er die Braut für den Sohn (Vers 14): „welche du für deinen Knecht, für Isaak bestimmt hast“. Der Vater wußte vor Grundlegung der Welt, wer die Braut sein würde (Eph 3). Wir finden dann, wie der Heilige Geist die Auserwählten aus der Welt herausruft. Dann macht Er sie mit dem Sohn bekannt und schließlich führt Er sie durch die Wüste dem Sohn entgegen.
Die Familie und die Abkunft Rebekkas werden mehrmals genannt (Verse 15.24). Bethuel bedeutet „abgesondert durch Gott“, Milka „Königin“, Nahor heißt „Schnarcher“. Das ist die Herkunft. Ein Bild der erwiesenen Gnade.
Nachdem der Knecht Rebekka gefunden hat, sehen wir ihn beten; „der Mann“, der Heilige Geist, in Seiner persönlichen Wirksamkeit. Gott, der Heilige Geist. Bei Ihm ist Freude, wenn Er eine Seele findet, die sich bewußt ist, zur Familie Gottes zu gehören, der es um Seine Leitung, um Seinen Segen zu tun ist. Wie groß, daß Er sich schon über dieses wenige so freut. In der Apostelgeschichte finden wir die Zubereitung durch den Heiligen Geist, vor allem im ersten Teil. Dort treten auch dieselben Kennzeichen zutage; der Charakter eines Laban, der durch äußerliche Dinge angezogen wird, ohne die wirklichen Werte zu kennen. Bei Annanias und Sapphira sehen wir eine Verbindung zwischen geistlichen Dingen und Ehrsucht. Bei Simon, dem Zauberer, kein Leben aus Gott. Durch die Jahrhundert! hindurch finden wir Charaktere wie Rebekka und Laban dicht beieinander: Auf der einen Seite Übergabe an Christus und Fremdlingschaft, auf der anderen Seite ein Wissen und ein Wille, sich die Dinge anzueignen, aber in Ungerechtigkeit.
In 1. Petrus 1,8 steht, daß die Gläubigen den Herrn lieben, ohne Ihn gesehen zu haben. Wie ist es bei uns damit bestellt? Wir müssen Ihn kennenlernen. Der Knecht beginnt erst über den Vater und den Sohn zu reden, nachdem Er Rebekka Schmuck geschenkt und bei ihr die Bereitschaft gefunden hat, Ihn aufzunehmen. Anders ist es auch nicht möglich.
Alles, was Gott gehört, ist für den Sohn. Alles wird in Ihm gefunden. Erst wenn wir das deutlich sehen, sind wir bereit, alles loszulassen. Vor der Herrlichkeit des Herrn verblaßt dann alles andere. Der Knecht will erst essen (Gemeinschaft pflegen), wenn er vorher von dem reden darf, der ihn gesandt hat. Sein Auftrag, seine Sendung, sind zunächst wichtiger als alles andere. Die Weise, in der der Heilige Geist Sein Werk verrichtet, finden wir in Johannes 16,13–15.
Der Gegenspieler ist Laban. Wir finden ihn durch die ganze Geschichte der Versammlung hindurch. In dem Herzen eines jeden von uns steckt solch ein Laban. Es besteht die Gefahr, daß der Mensch, der Intellekt, die geistlichen Dinge sieht, angezogen wird und mit unlauteren Motiven sich den Reichtum aneignen will, ohne daß das Herz für den Herrn warm geworden ist.
Der Heilige Geist spricht zuerst über die Reichtümer Gottes, alles in Christus. Danach werden die Gedanken Gottes über den Sohn und die Braut mitgeteilt. Rebekka kann sich frei entscheiden, aber sie kann nicht bleiben, wo sie ist, denn dort ist nach der ausdrücklichen Weisung des Vaters nicht der Platz für den Sohn. Das gilt auch für uns. Der Herr kommt nicht zu uns zurück; wir gehen in die himmlischen örter, um bei Ihm zu sein.
In Vers 35–37 sehen wir zunächst die Stellung des Sohnes; er ist der alleinige Erbe. Dann hören wir die Gedanken Gottes, Seine Ratschlüsse (37–39) und einen Rückblick auf die Wege und Führungen Gottes (40–48). Erst dann kommt die entscheidende Frage: „Tut es mir kund.«.“. Die Familie wußte, daß Abraham weggezogen war, um den Segen Gottes zu empfangen. Das war auserwählende Gnade. Der Knecht berichtet von der Herrlichkeit des Bräutigams im Lande, in der Welt der Auferstehung. Da ist Sein Erbe, und dort muß Er bleiben. Die Braut wird berufen, um dort bei Ihm zu sein. Das Herz wird bereitwillig, wenn die Gedanken auf Ihn gerichtet sind. Wenn wir Gottes Gedanken über Seine Wiederkunft kennen, sagen wir: „Komm, Herr Jesus!“ (Off 22). Dann sehen wir das Ziel, das Gott vor Augen hat.
„Und nun, wenn ihr Güte und Treue an meinem Herrn erweisen wollt, ...“ (Vers 49). Das ist wunderbar. Güte Ihm gegenüber! Sein Herz rechnet es uns als etwas Großes an, wenn wir Ihm folgen wollen. In Offenbarung 19 werden unsere gerechten Taten, „die Gerechtigkeiten der Heiligen“, gesehen; noch im ewigen Zustand, 1000 Jahre später, wird die Braut in diesem bräutlichen Schmuck gesehen (Off 21).
Gott stellt jeden vor eine persönliche Entscheidung: „Tut es mir kund ...“. Das ist eine ernste Sache. Wollen wir den Weg gehen? Falls die Antwort „nein“ lautet, weiß der Heilige Geist wohl andere zu finden. Denke an Demas. Wie betrüblich, wenn das Ziel nicht erreicht wird. Es ist dann nicht nur das Ablehnen einer Möglichkeit, sondern der Gedanken Gottes, die Er geoffenbart hat. Das ist noch ernster. „Und ich werde mich zur Rechten oder zur Linken wenden“. Rechts und links hat in der Schrift mehrmals die Bedeutung von Segen und Fluch. Hier hat es mehr den Sinn von „sich woanders hin wenden“, nach Osten oder Westen. Der Knecht wird sich anderen zuwenden, er geht weiter, wenn kein Verlangen da ist. Wenn über ein Abweichen zur Rechten oder zu: Linken gesprochen wird, dann ist beides verkehrt. „Rechts“ deutet auf eigene Kraft, „links“ auf Abirren und Verführung. Denke an Abraham und Lot.
Laban sieht den Schmuck (Vers 30). Er hatte gehört, was Rebekka gesagt hatte. Dann sagt er: „Ich habe das Haus aufgeräumt“ (Vers 31). Inwiefern findet man bei Laban das Wirken des Widersachers? In Vers 50 kommt doch eher das Gegenteil zum Ausdruck. Die fromme Welt erkennt wohl das Walten Gottes an und verbirgt dabei ihren wahren Charakter. Das kommt auch in dem Vorschlag, noch zehn Tage zu warten, zum Ausdruck. Dasselbe sehen wir in der Apostelgeschichte.
Wir dürfen Bethuel nicht auf eine Stufe mit Laban stellen. In Vers 53.54 ist von Bethuel nicht die Rede. Die Schätze waren bei ihm nicht das bestimmende Moment; bei ihm mehr ein vor Gott einfältiger Charakter; in Vers 50 finden wir ihn allerdings zusammen mit Laban. Die Schmuckstücke und die Worte spornten Laban an. Mit Abraham in Verbindung zu kommen, schien ihm von Vorteil zu sein. Für ihn war „die Gottseligkeit ein Mittel zum Gewinn“ (1. Tim 6, 5). Es fällt auf, daß Laban, wenn er als Gegenspieler handelt, zusammen mit der Mutter genannt wird (Vers 55–57). Vorausgegangen waren die Geschenke für den Bruder und die Mutter (Vers 53).
Laban und Bethuel erkennen, daß hier alles mit rechten Dingen zugeht, aber Laban scheut die Konsequenzen. Rebekka mag ihr Ja-Wort geben, wenn sie nur bleibt, wo sie ist, wenn sie nur nicht mit dem Herrn allein ist. Es gibt in der Schrift Stellen, wo die völlige Hingabe nicht gefunden wird. Man denke an Lots Frau. „Herr, erlaube mir, zuvor hinzugehen ...“ (Mt 8,21). Das Gegenteil sehen wir bei Elisa in 2. Könige 2; er besteht die Probe.
Die Weisheit des Knechtes kommt zum Ausdruck. Auch uns will Er in die Stellung, die der wahren Braut geziemt, einführen. Der Gesichtsschmuck und die Spangen (Vers 22) reden von der Familie, zu der sie gehört. In Vers 53 erhält sie neue Geschenke und dann ist sie bereit zu ziehen. Der Knecht läßt zuerst die Reichtümer sehen und schmückt sie damit. Das macht sie willig. In Vers 53 ist auch von Silber die Rede. Das geht weiter, das redet von dem Preis, der bezahlt wurde zur Errettung vor dem kommenden Gericht (2. Mo 30, 11–16). 2. Mose 38 zeigt uns, daß die silbernen Sockel daraus hergestellte wurde. Wir müssen auf den Herrn Jesus sehen, auf den Preis, den Er mit Seinem Blut bezahlt hat. Das macht das Herz willig, Ihm allein anzugehören (Hld 8,6). Der Schmuck der Braut ist Seine Liebe. Das muß auch äußerlich in unserem Verhalten gesehen werden. Anders kann es nicht sein. Rebekka bekam auch Kleider, ein Bild der moralischen Übereinstimmung mit dem Herrn. Sie war eine Gläubige, aber es geht bei jedem einzelnen darum, für den Herrn allein zubereitet zu werden. Das ist der Charakter der wahren Braut.
Wir müssen aus unserem Land ausziehen und den Charakter Isaaks haben. Das sehen wir auch in Hesekiel 16,10–14. In Vers 8 zunächst Gottes Erbarmen: „und du wurdest mein“. Gott schmückte Sein Volk. Dann heißt es in Vers 14: „und dein Ruf ging aus unter die Nationen wegen deiner Schönheit; denn sie war vollkommen durch meine Herrlichkeit, die ich auf dich gelegt hatte.“ In Hes. geht es um die irdische Braut (Jerusalem). In Epheser 5 ist es auch der Herr, der Seine Braut zubereitet. Dann steht sie in Seiner Schönheit vor Ihm (Jes 61, 10).
Wo wir im Alten Testament die Braut des Königs finden, handelt es sich um die Stadt Jerusalem (Psalmen; Hohelied). Das ist wichtig in Verbindung mit dem himmlischen Jerusalem im Neuen Testament (Heb 12; Gal 5). Die Stadt Jerusalem (Ps 87) ist der Platz, wo der Tempel steht, wo Gott wohnt. Alles, was von der Braut im Alten Testament gesagt wird, ist geistlicherweise auf die Braut im Neuen Testament anzuwenden, natürlich unter Berücksichtigung der verschiedenen Stellung von Israel und der Versammlung.
In Vers 52 bringt der Knecht dem Herrn wieder Verherrlichung dar. Rebekka antwortet: „Ich will gehen“ (vgl. Ps 45,11). Auch dort finden wir Hingabe, ein Zurücklassen und Vergessen des Elternhauses, Der Apostel Paulus zeigt dieselbe Gesinnung wie Rebekka (Phil 3, 14).
Die Natur macht ihre Rechte geltend, wenn der Entschluß zum Abschied gefaßt werden muß. Die Mutter ist das Bild der natürlichen Bande. Man vergleiche auch Lukas 9,57–62. Da handelt es sich nicht um Bekehrung, sondern dem Herrn nachzufolgen und zu dienen. Nicht begraben und Abschied nehmen, nicht zurückblicken! Solche Überlegungen sollten nicht in den Herzen der Gläubigen wohnen. Das gilt auch im Blick auf die Zukunft. In Offenbarung 22 ruft die Braut nicht: „Noch einen Augenblick, Herr!“, sondern: „Amen, komm Herr Jesus!“ (Ps 110,3).
Die Reihenfolge in diesem Kapitel ist wunderbar. Der Heilige Geist geht Schritt für Schritt weiter. Er macht den Segen und die Freude für Rebekka immer größer. In Vers 53 wird sie äußerlich würdig gemacht, und mit ihr Ihre Mutter und ihr Bruder. Das ist ein Bild von dem Einfluß eines Gläubigen auf seine Umgebung, auf jeden, mit dem er in Kontakt kommt. In 2. Thessalonicher 2 steht, daß das Böse sich noch nicht völlig offenbaren kann, weil Er, der in der Versammlung wohnt, das verhindert. Ungläubige haben Gläubigen viel zu verdanken. Die Welt hat es der Anwesenheit der Versammlung zu verdanken, daß das Gericht noch nicht über sie hereingebrochen ist. Das ist der Segen des Christentums für die Gesellschaft.
Dann aßen und tranken sie (Vers 54) – ein Bild der Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist. ER wirkt beständig. Wir haben mit Ihm dasselbe Teil. Das ist aber nicht der Fall, wenn wir in unserem täglichen Leben den alten Menschen wirken lassen.
Rebekka geht ihrem Bräutigam mit dem entgegen, was ihr geschenkt worden ist. Kein Bräutigam würde sich darüber freuen, wenn seine Braut Geschenke und Schmuck eines anderen, eines Nebenbuhlers, tragen würde. Es sind Seine Kostbarkeiten, und deshalb sind sie dem Bräutigam wertvoll, „...wird doch jeder in uns sehen, Herr, nur Deine Herrlichkeit!“ Möchten wir uns von Ihm schmücken lassen! In Offenbarung 19,7b steht, daß die Braut sich bereitet hat; trotzdem heißt es aber, daß es ihr gegeben ist. Das muß geistlich verstanden werden. Es ist ihr gegeben und sie hat es angenommen, sie war dafür offen. Das sind die beiden Seiten; sie bilden keinen Widerspruch. Was ein Gläubiger an Gutem getan hat, das war im Grunde alles Gnade, die Er dargereicht hat. ER freut sich, wenn Seine Gaben Anklang finden, wenn Sein Schmuck zu Seiner Ehre getragen wird.
Die Welt will uns ihren Zierrat aufdrängen; uns muß es deutlich sein, was der Herr uns geben will. Das Speisopfer (3. Mose 2) zeigt uns den Herrn in Seinem Leben. Auch unser Leben sollte ein Speisopfer sein für den Herrn. Sauerteig und Honig durften im Speisopfer nicht vorkommen. Honig spricht von den Familienbanden, die wir ja auch hier in 1. Mose 24 finden. Rebekka muß sich entscheiden. Entweder hört sie auf den Bruder und die Mutter und bleibt noch, oder sie folgt dem Knecht zu ihrem zukünftigen Herrn. Im Leben des Herrn Jesus fand sich kein Honig. Auf der Hochzeit zu Kana (Joh 2) war kein Platz für das Mutter-Sohn-Verhältnis. Auch in Matthäus 12 sagt Er:“ Wer ist meine Mutter, und wer sind meine Brüder?“ Das ist wichtig für uns. Für uns zählen in erster Linie die Bande, die uns mit den Brüdern und Schwestern in Christo verbinden, nicht die natürlichen Familienbande. Rebekka stand vor der Entscheidung. Sie hatte die Geschenke und die Kleider gesehen, aber es war noch eine weite Reise bis zu ihrem Bräutigam. Wir werden auch an Jonathan erinnert. Er war sehr eng mit David befreundet und auch bei ihm gab es den Augenblick der Entscheidung. Entweder litt er vorübergehend Schmach und bekam danach Anteil an der Herrschaft, oder er verkehrte weiter im Palast seines Vaters. Jonathan dachte, er könne beides haben; erst die Stellung des Königssohnes und später mit David zusammen die Königsherrschaft. Er traf die verkehrte Entscheidung und fiel mit Saul. Wollen wir eine Zeitlang in die Welt gehen und danach mit Ihm verherrlicht werden? (Röm 8,17).
In Vers 55 hören wir ein oft gebrauchtes Argument. Die Mutter wird nicht mit ihrem Namen genannt. Sie spricht von der Stellung, von dem Zustand, worin sie in Haran war, mit den natürlichen Beziehungen. Zehn ist die Zahl der vollkommenen Verantwortlichkeit. Sie wird hier benutzt, um nicht zu tun, was der Herr will. Ein Gefühl der Verantwortlichkeit am verkehrten Platz. So hört man manchmal: „Der Herr läßt mich hier der Jugend wegen, wegen der Menschen hier in unserer Umgebung.“ Rebekka war davon frei.
Der Knecht kennt den Vater und den Sohn, er weiß, was die Braut erwartet. „Entlasset mich“ (Vers 54,56b). Der Geist und die Braut sagen: „Komm!“ Auch der Geist verlangt danach, die Braut nach Hause zu bringen. Das ist für uns ein Ansporn, noch stärker nach jenem Augenblick zu verlangen. Aber der Ton liegt hier doch auf dem, was der Geist tut.
Rebekkas Antwort erinnert uns an die Worte „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“ (2. Tim 1,12). Sie hat etwas von der engen Herzensverbindung zwischen dem Knecht und seinem Herrn gespürt. Anstatt über ihr Hinziehen zum Bräutigam sprechen ihre Verwandten fast etwas herabsetzend von „diesem Manne“, aber auf dem Weg zu ihrem Bräutigam wird sie von diesem Mann geleitet. Wie steht es bei uns? Sind wir bereit, uns auf unserem Weg zum Bräutigam jeden Tag unseres Lebens der Leitung des Heiligen Geistes anzuvertrauen? Manchmal legt sich diese Frage mit ihrem ganzen Gewicht auf uns. Wie ist es? Wollen wir mit diesem Manne ziehen?
Dann folgt in Vers 61: „sie machte sich auf und folgte“, aber auch: „der Knecht nahm Rebekka und zog hin“. Rebekka ergreift die Initiative für die Reise, aber sie vertraut sich der Führung dieses Mannes an. Der Heilige Geist weiß den Weg. Der Weg ist nicht lang für den, der ihn gehen will.
Durch natürliche Bedenken und Überlegungen übernachten sie (Vers 54). 2. Petrus 1,19. Der Knecht ist ein Bild vom Heiligen Geist, der jeden persönlich und alle gemeinsam in die Stellung der wahren Braut Christi bringen will. Je dichter ein Herz bei Ihm ist und diese Absonderung für den Bräutigam offenbart, desto mehr wird auch der wahre Charakter der Welt deutlich. Sie ist der Platz, wo unser Heiland verworfen wurde, wo Er nur ein Kreuz und ein Grab hatte. Für den Glauben ist die Welt Nacht (Joh 13,30) und Wüste. Schon jetzt dürfen wir ja Gemeinschaft pflegen, essen und trinken und eine gewisse Freude erfahren. Aber das ist noch nicht das Endresultat; das haben wir erst, wenn der Morgen kommt. „Tag“ und „Morgenstern“ (ohne Geschlechtswort) sind charakteristisch für das Kommen des Herrn, der das Licht in unseren Herzen aufgehen läßt. Wenn wir die Gewißheit haben, daß Er als die Sonne der Gerechtigkeit kommen wird (Mal 4), daß Er uns aber vorher als Morgenstern aus dieser Finsternis herausholt, dann sagen auch wir: „Ich will gehen“. Dazu bringt uns nicht allein die Kenntnis des Zustandes dieser Welt, sondern das Verlangen nach Ihm: „Herr Jesus, komm!“
Ziehen, das bedeutet die Welt loslassen. Alle anderen Bande verlieren für uns ihre Bedeutung.
Laban sieht in der Gottseligkeit einen Gewinn, die Mutter appelliert an die Zuneigung und an die Verantwortlichkeit, aber mit einer größeren Liebe für den Menschen als für den Heiland. Das Herz aber, in dem der Morgenstern aufgegangen ist, will ziehen. Alles andere hat seinen Glanz verloren. Das gilt auch gemeinschaftlich für die Brautgemeinde. Auch dort ist der Morgenstern nicht direkt aufgegangen. Erst wurde gepredigt. In der Apostelgeschichte finden wir Zerstreuung und Verfolgung, das ist Nacht. Durch den besonderen Dienst des Apostels wurde auch dieses Geheimnis und andere Geheimnisse der Versammlung kundgetan. Davon war Paulus der Verwalter, bis der Morgenstern (1. Thes 4) aufging. Eher konnte der Morgenstern auch nicht aufgehen; der Gedanke bekam erst im Lauf der Apostelgeschichte Inhalt.
Obwohl wir dankbar sein dürfen für das, was wir auf der Erde empfangen, sehen wir auch diese Dinge im Licht der Erwartung der Wiederkunft des Herrn anders. Sobald der Gläubige Einsicht erlangt für die Zukunft des Herrn und Sein Kommen für uns, können natürliche Gefühle eine Rolle spielen. Das Wort der Prophezeiung weist uns darauf hin, daß wir ungeachtet der Umstände den Herrn erwarten, bis ... Wenn wir nicht lernen, in Erwartung nach Ihm auszusehen, kann der Morgenstern auch nicht bei uns aufgehen. Bei vielen Christen besteht kein Verlangen nach dem Kommen des Herrn. Bei ihnen liegt der Nachdruck auf der Aktivität in unserer heutigen Welt. Wir müssen die Gelegenheit erfassen, um das Evangelium zu verkündigen, es kommt auf den Dienst an. Das ist aber nicht die Absicht des Herrn. Ein Gegensatz besteht hier auch überhaupt nicht; in 1. Thessalonicher 1 heißt es in einem Atemzug: „bekehrt, um dem lebendigen und wahrhaftigen Gott zu dienen und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten.“ Das gehört zusammen! Wenn wir wirklich in dieser Hoffnung leben, wird sie uns anspornen, Ihm mit Eifer und ganzem Herzen zu dienen. Das sehen wir auch in Matthäus 24,45, wo der treue und kluge Knecht dem bösen gegenübergestellt wird. Wenn der Gedanke aber ist: „Mein Herr verzieht zu kommen“, dann ist die Folge, daß die Mitknechte geschlagen werden und daß man mit den Trunkenen ißt und trinkt. Das können wir in der Kirchengeschichte deutlich beobachten. Rückt die Erwartung des Herrn in den Hintergrund, so gibt es keine klare Trennung mehr von der Welt, kein Zusammengehen in Liebe, sondern ein Zusammengehen mit der Welt, Der Dienst ohne die Erwartung des Herrn mag schön erscheinen, in Wirklichkeit ist er hinfällig und leer. Es ist wichtig, in dieser Erwartung zu leben.
Es gibt nichts, was mit dem Kommen des Herrn verglichen werden könnte (Off 22, 16.17). Wer ist mehr, der Herr oder alle Menschen zusammen? Seine Liebe für das Verlorene ist größer als die von uns allen zusammen. Was uns fehlt, ist, daß wir von der Wahrheit und Wirklichkeit der Dinge Gottes tief beeindruckt und gepackt werden. Kommen wir? Der Glaube kommt aus dem, was wir hören. Eigentlich sind wir jetzt etwas vom Thema abgekommen. Worum es geht, ist das sich Bereitmachen der Braut und der Zug unserer Herzen zu Ihm. Wer ist Er für uns? Seine Liebe, Sein Verlangen nach der Braut, Sein Ausharren stehen im Vordergrund. Das Ziel des Geistes ist es, daß Seine Liebe eine Antwort empfängt. In Offenbarung 22, 17 sind es der Geist und die Braut, die rufen. Danach heißt es: „wer es hört“, dann geht es um den Einzelnen. Der Geist steht an erster Stelle, und so finden wir es auch hier in 1. Mose 24. Er hofft, daß auch unsere Herzen nach dem Herrn verlangen. Ruft unser Herz auch? Rebekka ging, sie ließ alles zurück, sie machte sich auf. Sie ritt noch auf Kamelen; das ist noch unvollkommen. Die Wüstenreise wird nicht beschrieben. Wir sind auf dem Wege zu dem wahren Isaak, die Zeit unterwegs ist unwichtig geworden. Isaak war von einem Gang nach dem Brunnen Lachai-Roi (“Quelle des Lebendingen, der sich schauen läßt“) gekommen (Vers 62). Es ist der Platz auf der Erde, wo Er sich offenbart. Johannes 4,7 spricht von der Quelle, von dem durch den Geist lebendig gemachten Wort (Joh 14, 21.23).
Das finden wir hier. Er wartet, er betet, er sinnt. Worüber? Ist das noch eine Frage? „Er hob seine Augen auf und sah, und siehe, Kamele kamen“ (Vers 63). Das Zusammentreffen kann schon stattfinden, dazu ist das feste Haus nicht nötig (1. Mose 25, 11). Die Braut ist schon bei Ihm; dann kommt der Augenblick, wo sie vom Zelt ins Haus geht.
Von der Reise wird nichts gesagt. Rebekka ist bereit und macht sich auf den Weg. Sie geht unter einer guten Führung auf die Reise. Sie brauchte sich nicht darum zu bemühen, die richtige Route zu suchen; dafür sorgte der Mann. So ist es auch bei der Versammlung. Sie wird zubereitet, den Herrn zu erwarten, unter der Führung des Heiligen Geistes, auch persönlich. Wenn wir uns Ihm nur völlig anvertrauen!
In Vers 59.60 finden wir mehr die Stellung Israels. Sie segnen die Braut, sagen aber kein Wort über den Bräutigam. Es sind irdische Segnungen. Das kann man von Laban begreifen, außerhalb des Landes, in Haran. Es redet von Israel, entfremdet von Gott. Rebekka dachte nicht an ihre Hasser, sondern an den, den sie liebhatte. Die Erfüllung mit dem Herrn als König steht noch aus; das bezieht sich aber nicht auf uns.
Die Gefühle der Braut werden geweckt; das ist der Wunsch des Herrn. Die Braut versteht mehr und mehr, daß sie von Ihm und für Ihn ist. Rebekka warf sich vom Kamele herab und verhüllte sich. Sie will nur von ihm allein gesehen werden und für ihn sein. Wenn wir am ersten Tag der Woche zusammenkommen, dann sehen wir an Seinem Tisch Seine Liebe, und die Gefühle der Braut werden geweckt. Oft bleiben wir bei dem Sündopfer stehen, aber da ist mehr als das, was weggetan wurde. Wir wollen Seine Liebe mit wachen Augen betrachten. Wir entsprechen mehr Seinen Absichten und Gedanken, wenn Seine Liebe mehr in den Vordergrund tritt. Wir werden mit dem, was im Kosmos ist, konfrontiert. Die Liebe des Christus für Seine Versammlung, für die Seinen, für dich und für mich. Der Sohn Gottes, der mich geliebt hat. An Ihn denken. Seinen Tod verkünden und zu Seinem Gedächtnis zusammen sein, nicht zu unserem Gedächtnis. Wir müssen aussprechen, daß wir nach Ihm verlangen. Das will der Herr an dem Fühlen unserer Herzen sehen. In 1. Mose 3 lesen wir das erste, was der Mensch Gott sagt: „Ich hörte deine Stimme in dem Garten und ich fürchtete mich.“
Das letzte, was wir von dem Menschen, von dem Gläubigen, lesen, ist: „Amen, komm Herr Jesus!“
Der Knecht sagt: „Der HERR hat Glück gegeben zu meiner Reise“. Der Wunsch und das Verlangen des Heiligen Geistes, das Ziel ist erreicht (Joh 16). Dann will Er ohne Verzug abreisen. Die Braut stimmt darin vollkommen mit Ihm überein. Ein schöner Gedanke, daß der Geist und die Braut übereinstimmen! Nicht um von hier wegzugehen, sondern um zu Ihm zu gehen! Manchmal ist bei uns das Verlangen, allem Leid und Verdruß enthoben zu sein. Unsere Bestimmung liegt ja auch nicht hier unten; droben endet alles Leid. Hier ist jedoch der Gedanke: „Hin zu Jesu möcht’ ich eilen, heim zu meinem teuren Herrn!“ Die Braut bringt auch zum Ausdruck, daß sie bereit ist, um dort bei ihm zu sein. Ihr Verlangen ist, Ihm zu begegnen (auch in Off 22, 17). Wir hören zur Braut. „Wer es hört, spreche ..“ Das wendet sich an jeden ganz persönlich. Auch in 1. Mose 24 ist es so: „Haltet mich nicht auf, ich will ziehen“, auch persönlich. Weiter: „Wer da dürstet ...“ Jeder ist noch eingeladen.
Der Heilige Geist möchte gern ziehen, mit der Braut (Röm 13, 11 + 12 a). In 2. Thessalonicher 3, 5 schreibt Paulus: „Der Herr richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus“. Wo stehen wir jetzt? Bei der Reise wird keine Zeitangabe gemacht. So fügt Paulus beide Dinge zusammen. Die Liebe Gottes, die wir in 1. Mose 22 fanden, die Liebe des Vaters zum Sohne, die der Herr Jesus uns gleichsam weitergegeben hat. Das lesen wir in Johannes 17. Auch hier in 1. Mose 24,67: „und er nahm Rebekka, und sie wurde sein Weib, und er hatte sie lieb“. Noch ist es nicht soweit, aber es soll uns daran erinnern, daß es bald soweit ist und daß Er das Ausharren dazu hat.
„Alles an Ihm ist lieblich“ (Hld 5,16). „Wer ist der Mann?“ „Das ist mein Herr“. Der Knecht zeugt von seinem Herrn.
In der vorbildlichen Bedeutung von 1. Mo 24 sehen wir nicht nur das Verlangen nach dem Kommen des himmlischen Bräutigams. Wir finden hier in erster Linie die Gefühle, die sich für uns geziemen, jetzt und hier, unsere ganze Zuneigung und Hingabe Ihm gegenüber. Findet Er diese Gefühle bei uns? Wird Er getröstet nach dem Tode Seiner Mutter (Israel)? Sein Trost ist, was Er bei dir und bei mir findet! Wir müssen bereit sein, zubereitet sein, um zu Ihm zu gehen. Haben wir alles fertig?