Auslegung über die Briefe an die Thessalonicher
2. Thessalonicher 3
In dem letzten Teil des Briefes gibt der Apostel Belehrungen über das praktische Verhalten, das die Versammlung der Gläubigen kennzeichnen sollte:
- Im Hinblick auf Widerstand von außen (3,1–5)
- Im Hinblick auf Schwierigkeiten, die innerhalb der christlichen Gemeinschaft aufkommen könnten (3,6–18).
Anweisungen, dem Widerstand von außen zu begegnen
„Im Übrigen, Brüder, betet für uns, dass das Wort des Herrn laufe und verherrlicht werde, wie auch bei euch, und dass wir errettet werden von den schlechten und bösen Menschen; denn der Glaube ist nicht aller Teil“ (3,1.2).
Um dem Widerstand durch schlechte Menschen richtig zu begegnen und dem Bösen der Welt, in der wir uns bewegen, widerstehen zu können, stellt der Apostel die praktischen Eigenschaften eines Gläubigen vor, die ihn befähigen, angesichts des Widerstands „festzustehen“.
Zuerst spricht Paulus über das Gebet. Um trotz des Widerstands „festzustehen“ und die von ihm gegebenen Belehrungen „festzuhalten“ (2,15), brauchen wir die Gnade des Herrn Jesus Christus selbst und die Gnade Gottes, unseres Vaters. Was uns angeht, so empfangen wir diese Gnade dann, wenn wir sie bedürfen und uns dem Thron der Gnade zuwenden. Im Gebet drücken wir unsere Schwachheit und unsere Abhängigkeit von Gott aus und bringen unser Vertrauen auf seine Macht und Gnade zum Ausdruck.
Der Apostel hat bereits zwei Mal zum Ausdruck gebracht, dass er für diese Heiligen betet (1,11.12; 2,16.17). Jetzt ist es sein Wunsch, dass sie für ihn beten. Obwohl er ein Apostel war und sogar einer, der Offenbarungen empfangen hatte und dessen Worte von Gott inspiriert waren, spürte er, wie sehr er das Gebet brauchte und war sich des Wertes der Gebete der Kinder Gottes bewusst. Er betrachtete das Volk Gottes als eine betende Gemeinschaft, an die er sich wenden konnte.
Ein anderes Merkmal, das die Gemeinschaft der Gläubigen auszeichnen sollte, wird in der besonderen Bitte seines Herzens deutlich: Sie sollten eine Gemeinschaft bilden, in der das Wort Gottes dadurch verherrlicht wurde, dass es seine Auswirkungen zeigte. Der Apostel erkennt freudig die Verherrlichung des Evangeliums durch diese Heiligen an. Aber er sieht auch den Widerstand der Welt und erkennt, dass er selbst eine besondere Zielscheibe der Angriffe durch unvernünftige und böse Menschen ist. Daher wünscht er ihre Gebete, um von solchen Menschen errettet zu werden. Paulus personifiziert das Evangelium und vergleicht es mit einem Läufer, der mit Ausdauer seinen Kurs nimmt. In den Fällen, in denen das Evangelium angenommen wird, in denen Frucht entsteht und Leben verändert werden, so wie auch bei den Gläubigen in Thessalonich, wird das Evangelium wirklich verherrlicht. Trotzdem wird das sich so ausbreitende Evangelium den Widerstand von böswilligen Menschen hervorrufen, die in den so veränderten Menschen ihre eigene Verurteilung sehen.
„Der Herr aber ist treu, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird“ (3,3).
Wenn das Wort des Herrn verherrlicht werden soll, dann ist es nötig, dass wir in der Wahrheit befestigt werden. Paulus hat die Zuversicht, dass der Herr die Heiligen in seiner Treue befestigen wird. Böse Menschen mögen Widerstand leisten, aber der Herr erweist den Seinen gegenüber seine Treue. Das Gegründetsein in der Wahrheit ist ein Schutz vor falscher Lehre und vor jeder Form des Bösen. Wenn der Herr uns in der Wahrheit gefestigt hat, können wir vor dem Bösen bewahrt werden. Deshalb sollten wir uns bemühen, der Wahrheit nachzujagen. Der Apostel sagt an einer anderen Stelle: „Ich will aber, dass ihr weise seid zum Guten, aber einfältig zum Bösen“ (Röm 16,19).
„Wir haben aber im Herrn das Vertrauen zu euch, dass ihr, was wir gebieten, sowohl tut als auch tun werdet“ (3,4).
Darüber hinaus sollen sich die Gläubigen durch Gehorsam gegenüber den Anweisungen der Schrift auszeichnen. Es stimmt, dass der Herr allein uns in der Wahrheit befestigen kann. Andererseits ist es nötig, dass auf unserer Seite die Bereitschaft zum Gehorsam vorhanden ist, damit der Apostel sagen kann: „Wir haben im Herrn das Vertrauen zu euch, dass ihr, was wir gebieten, sowohl tut als auch tun werdet.“ Wir mögen dem Herrn danken, wenn seine Kinder gehorsam gewesen sind, aber nur starkes Vertrauen auf den Herrn befähigt uns zu sagen, dass sie auch „tun werden“, und so auch in Zukunft gehorsam sein werden. Der Gehorsam in einem Augenblick allein reicht nicht, sondern anhaltender Gehorsam ist nötig, unabhängig davon, was auf uns zukommen mag. Möchten wir unter denen gefunden werden, die sowohl „tun als auch tun werden“.
„Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!“ (3,5).
Weiterhin schreibt der Apostel: „Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes.“ Der Eine, durch den sich die ganze Liebe Gottes völlig offenbart hat – wie viel hat es Ihn gekostet! –, dieser ist es, der alleine unsere Herzen zu dieser Liebe führen kann. In der Frau am Brunnen (Joh 4) sehen wir nicht nur die Art und Weise, in der der Herr einer Sünderin die Liebe Gottes deutlich macht, sondern auch die liebevolle Art, wie Er ihr Herz zu dieser Liebe hinführt.
Schließlich wünscht der Apostel, dass wir „zu dem Ausharren des Christus“ geführt werden. Christus wartet darauf, seine Heiligen bei der Entrückung zu sich zu nehmen und mit seinen Heiligen bei seinem Erscheinen zu regieren. Er möchte, dass wir uns in der gleichen Geduld üben, die auch Er hat.
So stellt uns der Apostel einige der Kennzeichen vor Augen, die Gott von allen Gläubigen in den örtlichen Versammlungen erwartet. Sie sollten eine betende Schar sein, in der das Wort des Herrn verherrlicht wird, wo die Menschen in der Wahrheit feststehen und vom Bösen abgesondert sind. Sie sollten solche sein, die dem Wort gegenüber gehorsam sind, die in der Liebe Gottes wandeln und geduldig auf die Wiederkunft Christi warten. Eine solche Schar wird fähig sein, den Angriffen des Feindes und den weltlichen Versuchungen zu widerstehen.
Anweisungen gegen Unordnung in der Versammlung
Nachdem der Apostel über die Dinge gesprochen hat, die die Gläubigen befähigen, bösen Menschen und dem Bösen einer feindlichen Welt zu widerstehen, gibt er Anweisungen, wie wir mit Unordnung umgehen sollen, die innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen auftreten kann.
„Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr euch zurückzieht von jedem Bruder, der unordentlich wandelt und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat“ (3,6).
Sowohl zu der damaligen Zeit als auch danach gab es unter den Gläubigen einige, die unordentlich lebten und sich nicht an die Belehrungen hielten, die sie von Paulus empfangen hatten.
Er ermahnt uns sehr ernst, wie wir im Namen des Herrn Jesus mit Unordentlichen umgehen sollen. Im ersten Brief hatte er die Versammlung angewiesen, dass die möglicherweise unter ihnen lebenden Unordentlichen zurechtgewiesen werden sollten (1. Thes 5,14). Hier geht er einen Schritt weiter. Wenn die Ermahnung ohne Wirkung blieb, sollten die, die die Versammlung bildeten, sich von dem unordentlichen Bruder „zurückziehen“. Sein unordentlicher Wandel sollte durch diese Anordnung des Apostels verurteilt werden.
„Denn ihr selbst wisst, wie ihr uns nachahmen sollt; denn wir haben nicht unordentlich unter euch gelebt, noch haben wir von jemand Brot umsonst gegessen, sondern wir haben mit Mühe und Beschwerde Nacht und Tag gearbeitet, um nicht jemand von euch beschwerlich zu fallen. Nicht, dass wir nicht das Recht dazu haben, sondern damit wir uns selbst euch zum Vorbild gäben, damit ihr uns nachahmt“ (3,7–9).
Paulus erinnert die Heiligen an sein eigenes Leben unter ihnen, das ein Vorbild von einem ordentlichen Lebenswandel war. Dadurch hatte er seine eigenen Belehrungen selbst praktiziert. Um für den einfachsten Gläubigen ein Vorbild zu sein, lehnte er vorübergehende Hilfe von diesen Gläubigen ab. Als Diener des Herrn hatte er „das Recht“ auf diese Hilfe (1. Kor 9,7–14). Aber zu ihren Gunsten verzichtete er auf sein Recht und arbeitete „mit Mühe und Beschwerde“, Tag und Nacht, für seine Belange. So wurde sein Leben ein Beispiel für alle und eine Zurechtweisung für die, die nicht arbeiten wollten. Der Feind konnte diese Heiligen offensichtlich nicht der Wahrheit über das Kommen des Herrn berauben und versuchte daher, sie zu einem Missbrauch der Wahrheit zu verleiten. So schaffte er es anscheinend, dass einige ihre reguläre Arbeit unter dem Vorwand der kurz bevorstehenden Ankunft des Herrn aufgaben.
„Denn auch als wir bei euch waren, geboten wir euch dieses: Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen. Denn wir hören, dass einige unter euch unordentlich wandeln, indem sie nichts arbeiten, sondern fremde Dinge treiben“ (3,10–11).
Bei seinem Besuch hatte der Apostel sie schon vor unordentlichem Lebenswandel gewarnt: Wenn jemand nicht arbeiten wollte, sollte er auch nicht essen. Trotz des Vorbildes seines eigenen Lebens und trotz seiner Warnung gab es einige, die nicht arbeiteten wollten und sich in die Angelegenheiten anderer Leute einmischten. Ihr Leben war gekennzeichnet durch unordentlichen Wandel, Unwilligkeit zu arbeiten und unnützes Gerede. Von solchen sollen wir uns zurückziehen. Jemand hat gesagt: „Dumme Schwätzer werden ermuntert durch dumme Zuhörer, und unverdientes Brot müssen die finden, die bereit sind, dafür zu bezahlen.“ Unnützes Geschwätz würde schnell aufhören, wenn da keine törichten Ohren wären, um zuzuhören.
„Solchen aber gebieten wir und ermahnen sie im Herrn Jesus Christus, dass sie, in der Stille arbeitend, ihr eigenes Brot essen“ (3,12).
Nachdem der Apostel den Brüdern Anweisungen im Umgang mit Unordentlichen gegeben hat, wendet er sich jetzt direkt an die Letzteren. Er ermahnt sie eindringlich, im Namen des Herrn Jesus, in der Stille zu arbeiten und ihr eigenes Brot zu essen.
„Ihr aber, Brüder, ermattet nicht, Gutes zu tun“ (3,13).
Bei unordentlich wandelnden Menschen müssen wir achtgeben, nicht ungeduldig und mutlos zu werden im Gutestun. Die Gefahr besteht, dass wir durch die ständigen Anstrengungen den unordentlichen Menschen gegenüber entweder abgestumpft werden oder aber hart mit ihnen umgehen.
„Wenn aber jemand unserem Wort durch den Brief nicht gehorcht, den bezeichnet und habt keinen Umgang mit ihm, damit er beschämt werde; und erachtet ihn nicht als einen Feind, sondern weist ihn zurecht als einen Bruder“ (3,14.15).
Missachtet dieser undisziplinierte Mensch weiterhin die Anweisungen des Apostels, dann sollen wir uns von ihm distanzieren und keinen Umgang mit ihm haben, damit er beschämt werde. Doch gleichzeitig werden wir ermahnt, ihn nicht als einen Feind zu betrachten, sondern ihn als einen Bruder zurechtzuweisen. Wir sollen uns vor dem Geist der Pharisäer hüten. Wenn wir auch für eine Zeit keinen Umgang mit ihm haben können, müssen wir doch in brüderlicher Liebe handeln.
„Er selbst aber, der Herr des Friedens, gebe euch den Frieden allezeit auf alle Weise! Der Herr sei mit euch allen!“ (3,16).
Zum Schluss befiehlt der Apostel sie dem Herrn des Friedens an. Paulus kann uns unter der Leitung des Herrn unterweisen, aber allein der Herr selbst kann den Heiligen allezeit und auf alle Weise Frieden verleihen. Unordentlicher Wandel kann Störungen und Konflikte unter den Gläubigen auslösen. Der Herr des Friedens aber kann den göttlichen Frieden in diese Gemeinschaft bringen, den Frieden, den er bald in seinem Reich einführen wird. Wo der Friede des Herrn regiert, da wird auch der Herr selbst zugegen sein. Daher schließt der Apostel mit dem Wunsch, dass der Herr selbst mit allen sei.
„Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand, was das Zeichen in jedem Brief ist; so schreibe ich“ (3,17).
Die Versammlung in Thessalonich war offensichtlich durch einen Brief beunruhigt worden, der angeblich von dem Apostel stammte. In der abschließenden Grußformel versichert er den Empfängern, dass die Echtheit seiner Briefe durch die in seiner eigenen Schrift hinzugefügten Grüße bewiesen war.
„Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen!“ (3,18).
Nachdem Paulus uns Frieden von dem Herrn des Friedens zugesprochen hat, schließt er mit dem Wunsch, dass die Gnade unseres Herrn Jesus Christus mit allen sei. Wenn die Anweisungen aus dem Brief praktiziert werden sollen, dann kann das nur unter denen geschehen, die im Frieden des Herrn leben, mit dem Herrn als Mittelpunkt und unter der anhaltenden Darreichung seiner Gnade.