Die Versammlung Gottes
1) Die Versammlung (Kirche) nach den Gedanken Gottes
Ihre Bedeutung und ihr Wert
Wir können vor allem unsere Gedanken nicht genug darauf richten, was das Wort uns sagt über den Wert, den die Kirche für Christus und für Gott hat.
Christus nennt sie „meine Versammlung“ (Mt 16,18). Daraus erhellt die Vermessenheit der Menschen, wenn sie selbst ihre eigene Kirche bauen wollen. Sie ist die Versammlung Christi. Er baut sie, Er hat Rechte an sie, sie gehört Ihm. Die wohlbekannte Stelle in Epheser 5,25 begründet Seine Rechte, die aus Seiner Liebe hervorgehen. Die Stelle sagt uns, um welchen Preis Er sie erworben hat: „Gleichwie auch der Christus die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat“. Der Kaufmann im Gleichnis (Mt 13,45.46) verkaufte alles, was er hatte, um die kostbare Perle zu erwerben. Christus hat noch weit mehr bezahlt: Er hat Sein Leben für die Versammlung hingegeben.
Im Worte Gottes finden wir die Bezeichnung „Versammlung Christi“ weniger als „Versammlung Gottes“. Das steigert noch, wenn es möglich wäre, die Stellung, die ihr die göttlichen Gedanken und Zuneigungen zuweisen; denn „das Haupt des Christus ist Gott“ (1. Kor 11,3). Paulus ermahnte die Ältesten von Ephesus, „die Versammlung Gottes zu hüten“, und fügte hinzu: „welche er sich erworben hat durch das Blut seines Eigenen“ (Apg 20,28).
Möchte doch jeder von uns die Bedeutung dieser Worte erwägen! Die Frage der Versammlung ist nicht unserem eigenen Urteil überlassen; es ist nicht eine Frage von geringerer Wichtigkeit. Wir haben gesehen, wie hoch die Versammlung geschätzt wird von Christus, von Gott. Sollten wir uns nicht mit allem Fleiß darüber belehren lassen, was sie ist; über die Art, wie wir uns im Blick auf sie verhalten müssen; über den Platz, den das Wort ihr hienieden zuweist: über ihre Hoffnung und ihre Zukunft? Dürfen Menschen sie etwa nach ihrem eigenen Gutdünken gestalten?
Es ist ernst, die „Versammlung Gottes zu verachten“ (1. Kor 11,22; vgl. Off 3,9). Jede Leichtfertigkeit oder Gleichgültigkeit hierüber würde beweisen, dass uns das, was Gott liebt und was Christus liebt, nicht wichtig ist. Sollten das Blut des Sohnes Gottes, das Opfer Christi und die Liebe Christi uns nicht im Inneren rühren? Oder könnten wir uns in einem selbstsüchtigen Sinn mit der Gewissheit begnügen, dass wir errettet sind, ohne dass das, was, unserem Heiland von Herzen teuer ist, Wert für uns hätte?
Der Ratschluss Gottes
Wir dürfen die Wichtigkeit eines solchen Gegenstandes nicht unterschätzen. Man kann sich kein richtiges Bild von dem machen, was Versammlung bedeutet, wenn man nicht darauf achtet, was die Heilige Schrift über den Ratschluss Gottes in Bezug auf die Versammlung zu Seiner Verherrlichung offenbart. Von Ewigkeit her ist die Versammlung bestimmt worden, an der Herrlichkeit Christi als des Sohns des Menschen teilzunehmen. Er ist der Sohn Gottes, der Mensch wurde, um für uns zu sterben, und, nachdem Er von den Toten auferstanden ist, sitzt Er jetzt im Himmel zur Rechten Gottes. Er ist der Versammlung gegeben, um „Haupt über alles“ zu sein, und damit sie mit Ihm verbunden sei als „Sein Leib, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,22.23). Adam war nicht vollständig ohne Eva, der verherrlichte Auferstandene wird es nicht sein ohne die Versammlung.
Ihr besonderer Platz
Der Versammlung ist hienieden ein ganz besonderer Platz zugewiesen. Der Gläubige ist nicht von der Welt (Joh 17,14); sie, die Versammlung, ebenfalls nicht. Diese abgesonderte Stellung ist in Apostelgeschichte 2, 47 und 5, 14 gegenüber Jerusalem klar zum Ausdruck gebracht; sodann in Kapitel 18,7.8. und 19,9 gegenüber den Juden im Allgemeinen; und was die Trennung von den Heiden betrifft, so versteht sie sich von selbst (Gal 1,4; 1. Kor 12,2 usw.). In 1. Korinther 10,32 finden wir die Absonderung so klar wie nur möglich dargestellt: „Seid ohne Anstoß, sowohl Juden als Griechen, und der Versammlung Gottes“. Die Juden waren das irdische Volk Gottes und standen im Begriff verworfen zu werden; die Griechen stellten die übrigen Menschen dar; die „Versammlung Gottes“ dagegen wird gebildet aus denen, die weder Juden noch Griechen mehr sind, sondern „einer in Christus Jesu“ (Gal 3,28).
Woraus besteht die Versammlung?
Die Versammlung wird gebildet aus denen, die das neue Leben in Christus besitzen, Leben aus Gott, und zwar aus diesen allein. „Denn auch in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden“ (1. Kor 12,13). Unter den „wir“ sind offenbar, mit dem Apostel selbst, diejenigen verstanden, an die sein Brief gerichtet ist, nämlich „die Geheiligten in Christus Jesus, die berufenen Heiligen“ (1. Kor 1,2). Sie gehören Christus an, Er ist ihr Herr und der unsrige. Er hat sie durch Sein Blut für Gott erworben, und Sein Geist wohnt in ihnen. Sie sind „Christi“ (Gal 3,29). Sie sind alle in der gleichen Eigenschaft, nämlich als Kinder, vor Gott angenommen. Ihre Stellung vor Gott ist sogar diejenige Christi; wie könnte auch Gott jemand außerhalb Christi annehmen?
Alle Gläubigen seit der Sendung des Heiligen Geistes machen für immer die Versammlung aus; ihre Stellung in dieser Hinsicht ist so gewiss wie ihr Heil. Aber wenn Ungläubige die christliche Kirche für sich in Anspruch nehmen, oder wenn eine „Kirche“, die sich christlich nennt, offenbar Ungläubige als Mitglieder aufnimmt, so liegt darin eine sehr große Verantwortung. Denn nicht Gebräuche oder äußere Formen, wie z.B. die Taufe, erretten, sondern nur der persönliche Glaube an den Herrn Jesus Christus. Auf diesen Glauben drückt der Heilige Geist Sein Siegel und macht ihn offenbar.
Die Versammlung ist gebildet aus allen Gläubigen. So umfasst sie alle Gläubigen seit der Sendung des Heiligen Geistes am Pfingsttag bis zur Ankunft des Herrn. Dieses vollständige Ganze wird Christus als die Versammlung sich selbst verherrlicht darstellen, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe (vgl. Eph 5,27). Aber bis zu jenem Augenblick beziehen sich die Belehrungen des Wortes auf die Versammlung auf der Erde, die aus den hienieden lebenden Christen besteht, mit denen Christus sich beschäftigt. (Lies Vers 26) Die Versammlung, so betrachtet, umfasst offensichtlich alle zugleich auf der Erde lebenden Gläubigen. Sie kennen einander nicht alle, aber Gott kennt alle Seine Kinder. Sie sind alle mit gleichem Recht Glieder des Leibes Christi. Ihre Einheit ist darin begründet, dass sie alle dasselbe Leben haben, das Leben des auferstandenen Christus.
Die Einheit unter verschiedenen Gesichtspunkten
Das Neue Testament gebraucht verschiedene Bilder, um uns die Versammlung vor Augen zu stellen; sie stellen alle die Einheit der „Wiedergeborenen“ dar, aber von verschiedenen Gesichtspunkten aus.
a) Die Braut, eins mit dem Bräutigam, aus Ihm geschaffen, wie Eva aus Adam, „Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch“, (1. Mo 2,23) ist der Gegenstand seiner zarten Zuneigung. Es gibt keine innigere, zartere Beziehung. Das irdische Paar stellt davon nur ein blasses Bild dar; Mann und Frau gehören auch nur auf der Erde zusammen. Die Versammlung ist für Christus die himmlische Braut und wird die Frau des Lammes in Ewigkeit sein, wie es die letzten Kapitel der Offenbarung so anschaulich schildern. Die gegenwärtige Fürsorge Christi für die Versammlung ist diejenige des Bräutigams, der auf den Augenblick wartet, Seine Braut heimzuholen. Mit heiliger Liebe zu ihr wartet Er auf ihre Antwort: „Komm!“ und: „Amen; komm, Herr Jesus!“ (Off 22,11.20).
b) Die Männer werden ermahnt, ihre Frauen zu lieben, weil sie „ihre eigenen Leiber“ (Eph 5,28.29) sind, wie die Versammlung der Leib Christi ist. Dieser Ausdruck, der so ergreifend angewandt wird in Epheser 1, 23 und 4, 12, sodann in den Versen 25-32 des 5. Kapitels, findet sich auch in 1. Korinther 12,12.26, und, obwohl in etwas anderem Sinne, in Römer 12,5. Dieser Ausdruck, Leib Christi, ist eine Besonderheit der Belehrungen des Apostels Paulus, der berufen war, diese so wichtige Wahrheit ans Licht zu bringen. Nichts kommt der Stärke dieses Wortes gleich: der Leib Christi. Es ist mehr als eine Beziehung, so innig sie auch sei; denn es ist eine lebendige Einheit, bewirkt durch den Heiligen Geist, der Haupt und Leib miteinander verbindet. „Da ist ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung“ (Eph 4,4). Das setzt das Leben voraus: die, welche an dem Leib teilhaben, haben das Leben Gottes, das Leben Jesu, und sie haben die Hoffnung, dass „das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben“ (2. Kor 5,4). Schon als der verherrlichte Jesus Paulus ergriff, machte Er diese Einheit offenbar mit den Worten: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apg 9,5). „Ihr seid Christi Leib, und Glieder im Einzelnen“ (1. Kor 12,27). Es ist hier nicht die Rede von Gliedern der Versammlung, noch weniger von der Versammlung, sondern von dem Leib Christi. „Dieses Geheimnis ist groß“ (Eph 5,32).
c) Derselbe Geist, der die Lebensverbindung des verherrlichten Christus mit Seinem Leib auf der Erde herstellt, erhält diese auch in jedem Seiner Glieder, wie auch in der Versammlung als solcher. Er wohnt in ihnen. Jeder Gläubige ist der „Tempel des Heiligen Geistes“, der in ihm wohnt, und den er von Gott empfangen hat (1. Kor 6,19). Gleicherweise ist die ganze Versammlung der „Tempel Gottes“ (Kap. 3,16); sie ist die „Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22). Sie ist das Haus Gottes (1. Tim 3,15), gebaut auf dem festen Grund, dem Felsen, der herrlichen Person, die Petrus als den Christus, den Sohn des lebendigen Gottes, bekannte, gebaut durch Ihn Selbst. Aus lebendigen Steinen, allen Gläubigen, wird dieses Haus aufgebaut. (Vgl. 1. Pet 2,5.) Weder, wenn es sich um das Haus Gottes, noch um den Leib Christi handelt, kann die Wirklichkeit des göttlichen Lebens in denen, die zur Versammlung Gottes gehören, in Zweifel gezogen oder vernachlässigt werden.
Wenn man von einem Gebäude spricht, denkt man an etwas Dauerhaftes, Beständiges. Die Dauerhaftigkeit der Versammlung Gottes ist derart, dass „die Pforten des Hades sie nicht überwältigen werden“ (Mt 16,18). Weil Er der Bauende ist, ist nichts zu fürchten.
Es handelt sich um das Haus Gottes, den „heiligen Tempel im Herrn“ (Eph 2,21). Alles in diesem Haus muss also dem göttlichen Charakter entsprechen. Der Name Gottes ist dort gekannt, geehrt, verherrlicht. Gott wacht darüber, dass das Leben derer, die Seine „Behausung im Geist“ bilden, in Übereinstimmung ist mit der Heiligkeit Seines Namens. Es ist der Platz göttlichen Dienstes, eines heiligen Priestertums (vgI. 1. Pet 2,5b).
d) Braut, Leib, Haus: das alles ist die Versammlung Gottes von dem Augenblick an, da sie gebildet wurde. Aber gleichwie der einzelne Christ schon hienieden sowohl „vollendet ist in Ihm“ (Kol 2,10), also passend gemacht ist für die Herrlichkeit, wie er auch fortschreitend im Lauf seines Lebens gebildet wird, so wird auch die Versammlung Gottes einmal in ihrer Vollendung in Christus gesehen, anderseits aber auch nach und nach durch die Tätigkeit des Heiligen Geistes während der Zeit der Gnade zu ihrer Vollendung im Himmel bereitet. Christus reinigt die Versammlung „durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ (Eph 5,26). Der Leib Christi wächst durch die geistlichen Gnaden, die von dem Haupt ausgehen, und „wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maß jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“ (Eph 4,16), so dass „der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn“ (Eph 2,21). Die Vollendung wird erst im Himmel gesehen werden, hat aber schon jetzt gewissermaßen Gültigkeit erlangt. So sieht ein Meister schon in Gedanken das Werkstück, wie es sein soll, und sieht zugleich, was noch nötig ist, um es zu vollenden.
„Wenn es offenbar sein wird“, „was wir sein werden“ (1. Joh 3,2), wenn jedes einzelne Glied des einen Leibes in Christus mit einem Leib, gleichförmig „Seinem Leib der Herrlichkeit“ (PhiI 3,21) bekleidet sein wird, dann wird die Versammlung als Seine mit Ihm vereinigte Braut gesehen werden, als „Sein Leib, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1,23). Dann wird das geistliche Haus oder „die Behausung Gottes im Geist“ (Eph 2,22), „die heilige Stadt, das neue Jerusalem“ sein, das auch „die Braut, die Frau des Lammes“ genannt wird. So wird ihre ewige Vollkommenheit geschaut werden. Die Frucht der Mühsal und der Liebe Christi wird vor den Augen der Menschen des Tausendjährigen Reiches offenbar, wie hernach vor den Bewohnern des neuen Himmels und der neuen Erde. (Vgl. Off 21 und 22 bis V. 5.)
Inmitten der gegenwärtigen Welt, die Christus verworfen hat und noch heute verwirft, kann die Versammlung Gottes nur Fremdling sein. Die neue Schöpfung, der sie angehört, ist ihrer ganzen Natur nach der alten entgegengesetzt. Die Versammlung ist nicht, wie leider manche zu glauben scheinen, ein Teil dieser Welt, und sei sie auch der vornehmste, wie sie meinen. Sie ist aus der Welt herausgenommen und befindet sich wegen ihres himmlischen Charakters zu ihr in Gegensatz, so wie es auch der Herr tat, als Er hienieden wandelte.
Sie ist nicht, das sei noch einmal gesagt, Kirche der Menschen, sondern sie ist „die Versammlung des lebendigen Gottes“ (vgl. 1. Tim 3,15).
Welche Aufgabe hat die Versammlung hienieden?
Wir kommen jetzt zu der Frage, warum die Versammlung hienieden gelassen, und zu welcher Tätigkeit sie berufen ist.
Man könnte auf diese Frage kurz antworten, dass die Versammlung auf der Erde ist, um Gott zu verherrlichen, indem sie Christus verherrlicht. Es ist die Berufung jedes einzelnen Christen, der Tempel des Heiligen Geistes zu sein; und die Berufung der Versammlung ist, die Behausung Gottes im Geist zu sein. Die Versammlung ist in der Welt gelassen, „damit jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Versammlung kundgetan werde die mannigfaltige Weisheit Gottes“ (Eph 3,10). Sie hat Ewigkeitswert. „Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt, ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen“ (Eph 3,20.21).
Gottes Weisheit wird heute schon durch die Versammlung den Bewohnern des Himmels kundgetan, den Gewalten und Fürstentümern. Im Tausendjährigen Reich wird die Herrlichkeit der Braut der ganzen Schöpfung geoffenbart werden.
Ein Zeugnis von dem Einssein sah der Herr Jesus vor Sich, als Er in Seinem Gebet in Johannes 17 bat: „auf dass sie alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, damit auch sie in uns eins seien, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast“ (Vers 21). In der Offenbarung dieser Einheit unter den Seinen sah der Herr eine so große Kraft, dass die Welt glauben würde. Wenn Er sie Sich Selbst verherrlicht darstellen wird, wird die Welt, werden sogar ihre Feinde sie sehen und anerkennen (Vers 23).
„Die Versammlung des lebendigen Gottes ist der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim 3,15). Das ist ihre Bestimmung. Sie ist nicht die Quelle der Wahrheit; die Wahrheit kommt nicht von der Versammlung. Das Wort Gottes ist die Wahrheit, Jesus ist die Wahrheit, der Heilige Geist ist die Wahrheit, nicht aber die Versammlung. Die Versammlung hat die Wahrheit empfangen; und durch ihre Treue im Festhalten an der Wahrheit hält sie diese in der Welt aufrecht. Gott wohnt in der Versammlung, die Sein Haus ist, und die Wahrheit soll in ihr gesehen werden, wie auf einer Säule getragen, wobei sie nicht dulden darf, dass die Wahrheit abgeschwächt, verändert oder vergessen wird.
Die Gläubigen zusammen sind ein heiliges Priestertum und werden aufgefordert: „Durch ihn nun lasst uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen“ (Heb 13,15). Sie beten ihren Herrn an, wie es der Braut des „Herrn der Herrlichkeit“ (1. Kor 2,8) geziemt. Er selbst der Auferstandene, lobsingt Seinem Vater in ihrer Mitte. Und wiederum lobsingt die Versammlung durch Ihn Gott, dem Vater. Das ist der Inhalt wahren Gottesdienstes. „Ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesu“ (Eph 3,21). Die persönlichen Beziehungen der Seele zu Gott, wie kostbar sie auch sind, treten zurück vor einem solchen unschätzbaren gemeinsamen Dienst des Lobens und Dankens.
Im Mittelpunkt dieses Gottesdienstes am Tisch des Herrn steht das Gedenken des Todes des Herrn. Das vom Herrn eingesetzte Gedächtnismahl mit den Zeichen Seiner Liebe, Brot und Kelch, ist der sichtbare Ausdruck der Erinnerung daran, dass Er Sein teures Leben hingegeben hat. „Dieses tut zu meinem Gedächtnis.“ (VgI. Lk 22,19.20; Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; 1. Kor 10,16.17; 11,23-32.) Auch das ist ein, Zeugnis: Der Tod des Herrn wird verkündigt.
Zur Vergangenheit hingewandt, erinnert sich die Versammlung an das einmalige Opfer des Herrn; und den Blick in die Zukunft gerichtet, erwartet sie die Wiederkunft des Herrn. Ihr Vorrecht ist es, voll Liebe auszurufen: „Komm, Herr Jesus“, und zwar durch den Geist und gemeinsam mit dem Geist, der in ihrer Mitte ist (Off 22,20).
Das sind einige der herrlichen Aufgaben der Versammlung auf Erden. Es gibt zweifellos noch andere; doch müsste man dazu von allem sprechen, was die Seele an Ermunterung und Stärkung in der brüderlichen Gemeinschaft finden mag, deren Quelle in der Liebe des Herrn für die Seinigen liegt. Sie ist die Zuflucht für jeden, der, überdrüssig dieser Welt, den Frieden in der Gegenwart des Herrn sucht. Sie erkennt, bestätigt und unterhält die Arbeiter, die der Herr aussendet. Alle Briefe des Paulus zeigen uns, bis zu welchem Grad dieser tatkräftige Diener Gottes, obwohl er von niemandem abhängig war, mit dem geistlichen Beistand der Versammlung zu aller Zeit rechnete, und wie sehr er die materielle Fürsorge dankend anerkannte, womit man ihn umgab. Wie freut er sich über die Anteilnahme der Philipper am Evangelium, und wie hoch rechnet er es an, dass der Wandel der Thessalonicher seiner eigenen Predigt an allen Orten Kraft gab!
Der hohe Wert ihrer Vorrechte
Wenn wir von den Aufgaben der Versammlung, die ihr durch ihre Stellung gegeben sind, sprechen, so müssten wir eigentlich Vorrechte sagen. Die Heiligen des Alten Testamentes kannten solche nicht; denn bevor diese Schatzkammer sich öffnete, musste Christus verherrlicht sein. Sie hatten weder Anteil an dem einen Leib noch an der einen Hoffnung der Berufung. Jetzt aber: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christus“ (Eph 1,3).
Die Versammlung ist errichtet, damit sie, die himmlischen Segnungen genießend, diese zurückstrahlt und deren Wohlgeruch verbreitet. Dies geschieht durch das gemeinsame Zeugnis, wodurch sie ihr Haupt ehrt, welches ihr geliebter Herr ist, der Urheber ihres Heils und der einzige Mittelpunkt ihres Zusammenkommens. Indem sie Ihn dadurch bekannt macht, übt sie eine fortwährende Evangelisation aus.
Die Hilfsquellen der Versammlung
Um die Vorrechte zu genießen und das Zeugnis mit Wirksamkeit zu geben, ist die Versammlung durch die Gnade Gottes mit allen Hilfsmitteln versehen, so wie auch der einzelne Gläubige nicht sich selbst überlassen ist.
Diese Hilfsquellen sind unerschöpflich. Sie entspringen „der mannigfaltigen Gnade Gottes“ (1. Pet 4,10). Die Autorität des Herrn in Wirklichkeit anerkennen, den Heiligen Geist, der zur Verherrlichung des erhöhten Herrn gesandt ist, ungehindert wirken lassen, dem Wort gehorchen: das muss zu aller Zeit und überall genügen.
Der verherrlichte Christus gibt in Gnaden alles, was nötig ist, jede Darreichung zum Dienst, um die Versammlung aufzuerbauen und zu nähren. Nach Epheser 4,8 werden die Gaben von dem erhöhten Herrn gegeben und nach 1. Korinther 12 durch den Heiligen Geist ausgeteilt. So ist es von Anfang an gewesen, und so wird es sein bis zum Ende der Geschichte der Versammlung auf der Erde. Christus wird bei Seiner Verherrlichung zeigen, wie treu Er sich mit der Versammlung, die Er geliebt, beschäftigt hat.
Gegen diese göttliche Tätigkeit entwickeln Satan und die Welt alle erdenklichen Angriffe, um zu zerstreuen, zu zerstören und zu verderben. Das verursacht dem Christen einen beständigen Kampf. Die Versammlung verfügt aber über eine besondere Waffe, um bewahrt zu bleiben. Das ist die ihr verliehene Autorität.
Von dieser lesen wir Matthäus 18,17-20. Der Geist Gottes hat Vorsorge getroffen für die Ordnung und den Frieden unter den Kindern Gottes, den Brüdern. Nach Vers 20 ist die Gegenwart des Herrn in der Mitte der Versammlung zugesagt, die ihr Macht gibt, zu binden oder zu lösen.
In 1. Korinther 5 wird die Autorität der Versammlung noch umfassender und erhabener dargestellt. Dort handelt es sich darum, den alten Sauerteig der Sünde auszufegen, damit eine neue Masse werde. Mit anderen Worten: Die Versammlung, die gehalten ist, sich vom Bösen zu reinigen, soll eine Zucht ausüben, die sogar bis zum Ausschluss dessen geht, der das Böse verübt hat. Aber, wie in Matthäus 18, ist die der Versammlung gegebene Autorität auf die Gegenwart des Herrn (1. Kor 5,4) und auf die Kraft Seines Namens gegründet. Die apostolische Machtvollkommenheit ist dort mit der Versammlung vereinigt, die wiederum durch die Macht des Hauptes des Leibes, des Herrn Jesus Christus, geleitet wird. Die Zucht wird in Seinem Namen, also von Seiten des Herrn ausgeübt; nicht etwa nach der Art eines menschlichen Gerichts, sondern mit dem Ziel, indem man die Liebe im Auge behält.
Die Verantwortung der Versammlung Gottes
Diese erhabenen Vorrechte sowie die mächtigen Hilfsquellen, die diejenigen der alttestamentlichen Zeugen weit übersteigen, legen der Versammlung eine Verantwortung auf, die viel größer ist als irgendeine andere.
Die allgemeine Christenheit aber, zu der sich die so schön aus Gottes Hand hervorgegangene Versammlung entwickelt hat, hat dem, was von ihr erwartet wurde, nicht entsprochen, sie hat die ihr geschenkten Hilfsmittel bald vernachlässigt, sie nicht anzuwenden vermocht. Damit hat auch sie bewiesen, dass der Mensch nicht imstande ist, das, was Gott ihm anvertraut, unbeschädigt zu erhalten. Der Schatz, den die Versammlung besaß, war viel kostbarer als irgendein anderer, aber sie hat ihn aus den Händen fallen lassen. Es ging um den Namen des verherrlichten Christus, und es handelt sich ohne allen Zweifel auch weiterhin um diesen Namen, bis Gott am Ende alle Herrlichkeit zurückgegeben wird, der trotz unserer Untreue seine Ratschlüsse in Christus erfüllen wird. In Ihm allein wird Gott „Sein Wohlgefallen an den Menschen“ (Lk 2,14) finden. Und solange die Geschichte der Versammlung auf der Erde nicht abgeschlossen ist, hat jeder, dem die wahren Interessen Christi am Herzen liegen, für sich selbst die Aufgabe, mit Aufrichtigkeit zu suchen, wo der Weg der Treue ist.