Betrachtung über Apostelgeschichte (Synopsis)
Kapitel 2
Dieses Kapitel berichtet die Erfüllung dieser Verheißung als Antwort auf den Geist der Abhängigkeit, der sich in ihren vereinigten Gebeten kundgab.
Die apostolische Autorität ist, wie wir gesehen haben, in Jerusalem, vor der Gabe des Heiligen Geistes, nach jüdischem Grundsatz ausgeübt worden. Es gab dabei weder eine Untersuchung noch eine Befolgung der menschlichen Meinung. „Sein Aufseher-Amt empfange ein anderer“ leitete ihr Verhalten. Die Befähigung, von Jesus in seinem Leben auf der Erde und jetzt von seiner Auferstehung und Himmelfahrt zu zeugen, entschied die nötigen Eigenschaften. Das Los des HERRN bestimmte die Person, die anstatt des Judas genommen werden sollte.
Der Geist kommt aus der Höhe in seiner eigenen Kraft, um den Wohnplatz, der für Ihn bereitet ist, in Besitz zu nehmen und zu erfüllen. Dieses Ereignis, in Bezug auf den Zustand des Menschen hienieden von der höchsten Wichtigkeit, hat hier einen sehr einfachen Charakter. Es ist nicht die Rede von den Ursachen dieser wunderbaren Gabe, noch von dem Werk, von dem sie abhängig ist, noch von der Herrlichkeit, mit der sie verbunden und die sie offenbart und deren Unterpfand sie ist – wir haben hier nur die Tatsache ihrer Kraft. Die Jünger „waren angetan mit Kraft aus der Höhe“ (Lk 24, 29). Doch ist die Form des Erscheinens dieser Kraft charakteristisch. Auf Jesum kam der Heilige Geist in Gestalt einer Taube hernieder, denn man sollte seine Stimme nicht hören auf der Straße, noch sollte Er das geknickte Rohr zerbrechen und den glimmenden Docht auslöschen. Aber hier war es die Kraft Gottes im Zeugnis, das Wort, das gleich war dem verzehrenden Feuer und alles richtete, was vor dasselbe kam (V. 3). Dennoch war es in Gnade und sollte die engen Grenzen der jüdischen Satzungen überschreiten, um jeder Sprache und Nation unter der Sonne die wunderbaren Taten Gottes zu verkündigen. Es war jener gewaltige Wind vom Himmel, der sich den Jüngern kundgab und in Gestalt feuriger Zungen, die zerteilt waren, auf sie kam. Dieses Wunder zieht die Volksmenge an, und die Wirklichkeit dieses göttlichen Werkes wird durch die Tatsache bewiesen, dass Personen aus zahlreichen Gegenden diese armen Galiläer die großen Taten Gottes verkündigen hören – ein jeglicher in der Mundart des Landes, von woher er nach Jerusalem hinaufgekommen war (V. 4–12). Die Juden, die diese Sprachen nicht verstehen, spotten darüber, und Petrus erklärt ihnen, in ihrer eigenen Mundart und nach ihren eigenen Prophezeiungen, den wahren Charakter dessen, was geschehen war (V. 14 ff.). Er gründet sich auf die Auferstehung Christi, die durch den Propheten-König vorhergesagt worden war, und auf seine Erhöhung durch die rechte Hand Gottes. Dieser Jesus, den sie gekreuzigt, hatte dort die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater empfangen und „ausgegossen dieses, was sie hörten und sahen“ (V. 33). Sie sollten daher zuverlässig wissen, dass Gott diesen Jesus, den sie verworfen, sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht hatte (V. 36).
Der Charakter dieses Zeugnisses durch Petrus muss hier beachtet werden. Es geht nicht weiter, als die Tatsache zu bestätigen, dass Der, der durch die Juden verworfen, im Himmel zum Herrn und zum Christus gemacht ist. Es beginnt mit dem von den Juden auf der Erde gekannten Jesus und bestätigt die Wahrheit seiner Auferstehung und seiner Erhöhung zu der Stellung eines Herrn. Gott hat dieses getan. Der Apostel verkündigt Ihn sogar nicht als den Sohn Gottes. Wir werden sehen, dass, wenn dieses durch Petrus in der Apostelgeschichte nicht getan wird, es im Gegenteil durch Paulus vom ersten Augenblick seiner Bekehrung an geschieht. Petrus bestätigt die Wirkung jenes in Kraft geoffenbarten Augenblicks und spricht nicht vom Reich. Er erinnert sie nur, dass der Geist für die letzten Tage verheißen war, und spielt auf den furchtbaren Tag des kommenden Gerichts an, dem schreckliche Zeichen und Wunder vorhergehen würden. Ohne von der Erfüllung der Verheißung des Reiches zu reden, deren Zeit der Vater verborgen gehalten hatte, bringt er die Tatsache der Gabe des Heiligen Geistes mit der Verantwortlichkeit Israels in Verbindung. Noch handelte Gott in Gnade mit diesem Volk; Er verkündigte ihnen einen verherrlichten Christus und gab ihnen in der Gabe des Heiligen Geistes, die allen fühlbar gemacht war, Beweise seiner Herrlichkeit. Hier haben wir die Gegenwart des Heiligen Geistes nach Johannes 15, 26. 27. Das Zeugnis aber als ein Ganzes ist auf die Sendung in Lukas 24 gegründet und hier erfüllt. Doch haben wir in Lukas nichts von der Taufe (siehe Lk 24,47–49, dem dieses völlig entspricht). Das Zeugnis war an die Juden gerichtet; aber es war nicht auf sie beschränkt 1, und es mahnte zur Absonderung von einem Volk, das dem Gericht entgegeneilte: „Rettet euch von diesem verkehrten Geschlecht.“ Diese Absonderung gründete sich auf ein wirkliches und moralisches Werk: „Tut Buße“, und war öffentlich erwiesen durch ihre Aufnahme in das neue Haus, das von Gott erbaut wurde (V. 38–41). Wer in dasselbe eintrat, fand zugleich die Vergebung seiner Sünden und hatte Teil an dieser himmlischen Gabe des Heiligen Geistes, der in diesem Haus wohnte. „Tut Buße, und ein jeglicher von euch werde getauft auf den Namen Jesus Christus zur Vergebung der Sünden, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ Dieses Werk war persönlich. Es gab eine wirkliche Veränderung, die Aufnahme in das Haus und die Teilhaftigkeit des Heiligen Geistes, der darin wohnte. Wir sehen zugleich den Unterschied zwischen der moralischen Veränderung, d. i. der Buße, die eine Betrübnis Gott gemäß bewirkt, und dem Empfangen des Heiligen Geistes. Diese Gabe war von einem geordneten Weg abhängig: von der Aufnahme in das Haus, das in dem Namen Jesu erbaut wurde. Nachher erklärt der Apostel den Juden, dass die Verheißung ihnen und ihren Kindern, – dem Haus Israel als solchem – ihnen und ihren Kindern nach ihnen gehöre. Aber die Absicht Gottes in der Gabe des Heiligen Geistes ging über die Grenzen des alten Volkes Gottes hinaus. Die Verheißung war auch für solche, die in der Ferne waren; denn sie wurde in Verbindung mit dem Glauben an Christus für alle erfüllt, die durch die Gnade in das neue Haus hineingehen würden – für alle, die der Herr, der Gott Israels, herzurufen würde. Die Berufung Gottes charakterisierte die Segnung. Israel wurde mit seinen Kindern anerkannt, aber ein Überrest aus ihnen berufen. Die Nationen, die herzugerufen wurden, hatten Teil an der Segnung.
Der Erfolg dieser unaussprechlichen Gabe des Heiligen Geistes wird uns mitgeteilt. Es war nicht nur eine moralische Veränderung, sondern eine Kraft, die alle Beweggründe, die diejenigen voneinander trennen konnten, die diese Gabe empfangen hatten, beiseite setzte, indem sie dieselben als eine Seele und in einem Sinn vereinigte. Sie verharrten in der Lehre der Apostel; sie waren miteinander und mit den Aposteln in Gemeinschaft; sie brachen das Brot; sie verharrten in den Gebeten. Das Bewusstsein der Gegenwart Gottes war mächtig unter ihnen, und viele Zeichen und Wunder geschahen durch die Hände der Apostel. Sie waren durch die innigsten Bande vereinigt: nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein eigen wäre, sondern alle teilten, was sie besaßen, mit denen, die Bedürfnis hatten. Sie waren täglich im Tempel, an dem Ort, wo ganz Israel seinen religiösen Dienst verrichtete, und hatten zugleich ihren besonderen Gottesdienst, indem sie täglich zu Hause das Brot brachen. Sie aßen mit Freude und Einfalt des Herzens; sie lobten Gott und hatten Gunst bei dem ganzen Volk, das um sie her war (V. 42–46).
Die Versammlung war also gebildet, und der Herr fügte ihr täglich den Überrest Israels hinzu; der von den Gerichten – die auf eine Nation kommen sollten, die den Sohn Gottes, ihren Messias, verworfen hatte – gerettet werden sollten, und – Gott sei Dank! – von noch tieferem Verderben (V. 47). Gott brachte in die Versammlung, die von Ihm durch die Gegenwart des Heiligen Geistes anerkannt wurde, diejenigen hinein, die Er in Israel verschonte. Eine neue Ordnung der Dinge, die durch die Gegenwart des Heiligen Geistes gekennzeichnet wurde, hatte begonnen. Hier wurden die Gegenwart und das Haus Gottes gefunden, obwohl die alte Ordnung der Dinge noch bis zur Ausführung des Gerichts über dieselbe blieb.
Die Versammlung war also durch die Kraft des vom Himmel gekommenen Heiligen Geistes gebildet und auf das Zeugnis gegründet, dass der verworfene Jesus in den Himmel aufgenommen und von Gott zum Herrn und Christus gemacht worden war. Sie war zusammengesetzt aus dem jüdischen Überrest, der verschont werden sollte, jedoch mit dem Vorbehalt der Einführung der Nationen, wenn Gott sie herzurufen würde.
Fußnoten
- 1 Das Zeugnis besteht in Ausdrücken, die sich auf die dort wohnenden und die zerstreuten Juden beziehen, und die dennoch in der Unumschränktheit Gottes den Nationen die Tür öffneten - „allen, die in der Ferne sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird“ [V. 39]. Gott ist noch der Gott des Menschen; aber Er beruft, wen Er will.