Christus vor Augen
Vers 1: Die Apostelschaft von Paulus
Paulus betont seine Autorität als Apostel in allen Briefen, in denen es um lehrmäßige Fragen von grundsätzlicher Bedeutung geht. Das ist nicht irgendein menschliches Rühmen. Wenn Paulus Gefahren bezüglich der Lehre oder vor allen Dingen in Bezug auf die Person des Herrn Jesus sah - und es gibt keine gefährlicheren Irrtümer, als wenn man abirrt von dem, was die Schrift über Christus sagt! -, dann betont er seine apostolische Autorität sogar in Briefen, die persönlicher Art sind wie in den Briefen an Timotheus.
Ich habe mich früher oft gewundert und gefragt, warum Paulus, wenn er an sein „geliebtes Kind“ schreibt -Timotheus war mehr als jeder andere stets loyal und treu dem Apostel gegenüber -, warum Paulus so ernst von sich schreibt: „Apostel Christi Jesu.“ Musste er das denn tun? Das wusste Timotheus doch! Und für diesen war doch die Bezeugung der Autorität von Paulus nicht die Voraussetzung, seinen Worten auch Folge zu leisten. Aber die Warnung im Blick auf Irrtümer und eine falsche Sicht auf den Herrn Jesus machte die Nennung seiner Apostelschaft nötig.
An dieser Stelle möchte ich einen weiteren Punkt anführen, der mir wichtig erscheint: Die Autorität eines Knechtes Gottes schwindet nicht dadurch, dass man ihn lieb hat; sie wird nicht durch innige Beziehungen gemindert. Ein Vater zum Beispiel hat eine von Gott gegebene Autorität gegenüber seinem Kind. Und er bleibt der Vater, auch wenn das Kind ein vertrautes Verhältnis mit ihm hat.
Paulus war Apostel „durch Gottes Willen“. Es war also der ausdrückliche Wille Gottes, dass Paulus als Apostel auf dieser Erde den Ratschluss Gottes verkündigte.
Der Apostel - verbunden mit einem „einfachen“ Bruder
Es ist auch schön zu sehen, dass Paulus einen ganz „einfachen“ Bruder neben sich stellt. Das zeigt uns eine gnadenreiche Art, miteinander umzugehen. Paulus stellt Timotheus neben sich und nennt ihn sehr bezeichnend „den Bruder“. „Einfach“ ist nicht negativ gemeint, sondern soll nur bedeuten, dass Timotheus kein Apostel war. Heute sind wir in diesem Sinn alle „einfache“ Brüder. Wir alle sind Brüder - auch die Schwestern sind in diesem Ausdruck eingeschlossen. Wir machen zusammen diese Brüderschaft aus und stehen alle auf demselben „Niveau“. Es gibt keine Oberbrüder oder Unterbrüder. Es ist wahr, dass der Herr die Brüder verschieden benutzt - Gott sei Dank! Aber sie alle sind Brüder.
Mich hat das Wort immer erfrischt, wenn der Herr Jesus sagt: „Ihr aber, lasst euch nicht Rabbi nennen; denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder … Lasst euch auch nicht Meister nennen; denn euer Meister ist nur einer, der Christus“ (Mt 23,8.10). Natürlich gefällt es dem Fleisch, Meister, Vater oder Rabbi genannt zu werden. Aber der Herr hat gesagt, dass wir alle Brüder sind.
Vielleicht denkt der eine oder andere, dass wir dadurch arm dran sind, dass wir keine Apostel mehr haben. Vielleicht wünschen wir uns manchmal einen Apostel, der die Dinge endlich einmal gerade rückt und klarstellt. Aber wir haben mehr als einen Apostel! Wir haben den Herrn Jesus selbst.
Ich finde es großartig, wie Paulus einerseits seine Autorität hervorheben muss, weil es hier um Kardinalfragen ging, und wie er andererseits auf gnädige Weise Timotheus mit sich verbindet, einen Mann, der wesentlich jünger war als er. Er hat das übrigens immer wieder gemacht. An dieser Stelle sei nur ein weiteres, schönes Beispiel zitiert. Am Anfang des Briefes an die Galater verbindet er nicht nur einen Bruder mit sich, sondern alle Brüder, die bei ihm waren. Sie haben für ihn denselben Wert, wenn sie auch dieses besondere Amt der Apostelschaft nicht besaßen.