Die symbolische Lehre der Stiftshütte

Melchisedek

Melchisedek, ein Bild von Christus als Priester und König auf seinem Thron (1. Mo 14, 17-24; Ps 110; Heb 7).

Wir haben es für gut erachtet, dieses Kapitel anzufügen, da es eine Verbindung zwischen unserem Herrn als Priester nach der Ordnung Melchisedeks und der Tatsache, dass er sein Priestertum nach der aaronitischen Ordnung ausübt, gibt, so wie es der Hebräerbrief zeigt.

Es hat viel Streit um die mysteriöse Gestalt Melchisedeks gegeben. Einige denken, dass es Christus selbst war, aber das konnte nicht sein, weil er „dem Sohn Gottes verglichen“ wurde. Einige behandeln ihn als einen wirklichen Menschen, dessen Geschichte Bilder lieferte, die unseren Herrn zeigen. Andere denken, dass er ein besonderes Geschöpf Gottes war. Aber das konnte er nicht sein, denn eine besondere Schöpfung Gottes würde einen Lebensanfang haben. Andere meinen, dass er ein Mensch war, der geboren wurde, der lebte und starb, aber dessen Geburt und Tod nicht überliefert wurden. Und dieser Meinung stimmen wir zu.

Der beste Plan ist, die Stellen in der Heiligen Schrift zu prüfen, die sich auf das Thema beziehen, und sie für sich selbst reden zu lassen.

In 1. Mose 14 lesen wir, dass vier Könige Krieg gegen fünf Nachbarkönige in der Gegend des Toten Meeres führten. Die vier Könige besiegten die fünf. Als sie Sodom und Gomorra plünderten, nahmen sie Lot, Abrahams Neffen, gefangen, der in Sodom wohnte, beschlagnahmten sein Hab und Gut und zogen davon. Diese Nachricht wurde Abraham überbracht, der sofort handelte. Er bewaffnete seine geschulten Diener, die in seinem Haus geboren waren, verfolgte die Könige bis Dan im weiten Norden des Landes, machte einen nächtlichen Angriff, eroberte seinen Neffen Lot und seine Güter zurück, ebenso seine Frauen und seine Leute.

Bei seiner Rückkehr trat ihm Melchisedek mit Brot und Wein entgegen und segnete ihn, indem er sprach: „Gesegnet sei Abram von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt! Und gepriesen sei Gott, der Höchste, der deine Feinde in deine Hand geliefert hat!“ (1. Mo 14,19-20). So plötzlich und geheimnisvoll erschien Melchisedek auf der Bildfläche. Uns wird dreierlei über ihn in Hebräer 7 berichtet. Sein Name bedeutet König der Gerechtigkeit. Er war König von Salem, was König des Friedens bedeutet, und weiterhin war er Priester Gottes, des Höchsten. Er war ein König und Priester. Beachte seine doppelte Stellung gut.

Abraham gab ihm den Zehnten. Das kam einer Huldigung gleich, die sich für einen Untertanen dem König gegenüber gehörte. Der Zehnte bedeutet, dass die Person, der er gegeben wird, das Recht auf das Ganze hat, genauso wie Gott das Recht auf alles hat, was wir haben, und wie er doch gnädig das annimmt, was wir ihm geben. Der König David rief zu seiner Zeit in der Dankbarkeit seines Herzens aus: „Denn von dir kommt alles, und aus deiner Hand haben wir dir gegeben“ (1. Chr 29,14). 100 % kommt von ihm, auch wenn wir ihm 1/10 geben.

Melchisedek wird sofort als eine wunderbare Person herausgestellt, wenn ihm Abraham solch eine Huldigung darbrachte. Er reichte Abraham Brot und Wein. Vorausahnend sieht man, wie Melchisedek unseren Herrn symbolisiert, wenn er Israel in den letzten Tagen wieder aufnehmen wird. Der Krieg von vier Königen gegen fünf ist bildlich für die Schlacht der Nationen in den letzten Tagen, wenn unser Herr, wie Abraham, eingreifen und sein altes Volk von seinen Feinden befreien wird und ihm sowie der Welt Brot und Wein darreichen wird. Sie reden von einer „neuen Weltordnung“, aber die kann nicht kommen, bis der Friedensfürst kommt, um zu herrschen, der wahre König von Salem. Brot spricht von Nahrung und Wein von Freude. Nahrung und Freude unter solch einem König bedeuten das Tausendjährige Reich.

Die jüdische Nation verwarf ihren Messias. Nur vage erkannten sie, dass der Eine, den sie verwarfen, ihr Messias war, und soweit es um die jüdische Nation geht, ist er ins Allerheiligste gegangen, und Israel wartet auf seine Segenszeit, bis er aus dem Allerheiligsten wieder herauskommt. Wenn unser Herr erscheint, wird er im Charakter Melchisedeks erscheinen. Was für ein Tag wird das für diese arme, sündenbeladene, tränenreiche und vor Blut triefenden Welt sein!

Weiter wird uns in Hebräer 7 gesagt, dass Christus nicht ein Priester nach der aaronitischen Ordnung sein konnte, denn diese Ordnung gehörte zum Stamm Levi, und unser Herr kam aus dem Stamm Juda. Aber soll unser Herr kein Priester sein? Doch, ein Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Als König kam er aus dem Geschlecht Davids, dem königlichen Geschlecht, und als König wird er Gott dem Volk offenbaren. Als Priester wird er das Volk Gott darstellen. Er wird zugleich Priester und König auf seinem Thron sein.

Dann erläuterte der Apostel Paulus, dass Melchisedek größer war als Levi, weil Levi, als Abraham den Zehnten gab, noch in Abrahams Lenden war, wie die Schrift es ausdrückt. Wenn Melchisedek solch eine Huldigung von Abraham empfing, wodurch Abraham seine Größe anerkannte, dann würde sein Nachkomme eine ähnliche Huldigung darzubringen haben.

Außerdem gab es bei dem levitischen Priestertum keine Vollkommenheit. Sein Hoherpriester wurde es nach dem Gesetz eines fleischlichen Gebotes. So war ein Wechsel im Priestertum nötig, damit einer nach dem Bild Melchisedeks aufkommen konnte, der Hoherpriester geworden ist „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“ (Heb 7,16).

Beachte, dass es keinen Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks gab, denn es gab nur einen Priester in jener Ordnung. Diese „mystische“ Gestalt, die plötzlich in 1. Mose 14 auftaucht, verschwindet von der Szene, und soweit bekannt, wird weder seine Geburt noch sein Tod berichtet. So findet er sein Gegenbild in dem gesegneten Sohn Gottes, unserem Herrn Jesus Christus. So kurz auch die Beschreibung von Melchisedek in 1. Mose 14 ist, so war er das beachtenswerteste Bild unseres Herrn, dass es zu allen Zeiten gegeben hat. Hebräer 7 fügt Einzelheiten hinzu, die sich in 1. Mose 14 nicht finden lassen.

Erstens war er Priester Gottes, des Höchsten. Dies ist ein Titel unseres Herrn im Tausendjährigen Reich. Er weist auf die Zeit, wenn Er Seinen Ihm zustehenden Platz bei Israel als König und Priester auf Seinem Thron einnehmen wird, wo Sein Thron und Sein Priestertum die ganze Welt umfassen werden, denn „wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird die Annahme anderes sein als Leben aus den Toten?“ (Rö 11,15). „Als der Höchste den Nationen das Erbe austeilte, als er voneinander schied die Menschenkinder, da stellte er die Grenzen der Völker fest nach der Zahl der Kinder Israel“ (5. Mo 32,8).  „Lass sie […] erkennen, dass du allein, dessen Name HERR ist, der Höchste bist über die ganze Erde“ (Ps 83,18.19). Wenn der Herr Seinen Platz auf Erden einnimmt, bedeutet das das Tausendjährige Reich.

Dies ergibt sich aus dem Namen Melchisedek, was „König der Gerechtigkeit“ bedeutet, während sein Titel „König von Salem“ „König des Friedens“ heißt. Dies ist eine großartige Verbindung, die in Zukunft in vollem Maß bei dem Gegenbild unseres gesegneten Herrn sichtbar werden wird. Diese Welt gebraucht Gerechtigkeit und Frieden falsch. Wenn jedes Problem gerecht gelöst wird und Frieden herrscht - was für eine Welt  wird das sein, eine Welt, von der Dichter geträumt haben und die sie besungen haben, nach der die Politiker gestrebt haben. Aber alles hat bis jetzt Versagen gebracht, denn die zentrale Gestalt, Christus, ist fortgelassen worden. Wozu sind die Reime und die Worte über ein Rad gut, wenn die Nabe weggelassen worden ist? Es kann kein Rad ohne eine Nabe geben und es kann keine „neue Weltordnung“ ohne Christus geben, genauso, wie es keinen Umkreis ohne einen Mittelpunkt geben kann.

Und weiter kommen wir zu der Grundlage dieser Titel selbst. Wie kann es ohne Gerechtigkeit Frieden geben? Das ist für Gott unmöglich. Gott sei Lob und Dank, dass Christus die ganze Frage der Sünde gerecht am Kreuz von Golgatha gelöst hat, als Er die Sühne für die Sünde vollbrachte. Es kann jetzt Frieden verkündigt werden. Und während alle Gläubigen schon jetzt an dieser Gerechtigkeit und an diesem Frieden teilhaben werden, werden diese eines Tages auch auf diese traurige Erde einkehren und Freude und Glück werden einkehren.

Als nächstes haben wir eine sehr wichtige Feststellung. Es heißt von Melchisedek: „ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend, aber dem Sohn Gottes verglichen, bleibt Priester auf immerdar“ (Heb 7,3). Adam war ohne Vater, ohne Mutter und ohne Abstammung, aber er hatte einen Anfang der Tage und ein Ende seines Lebens. Deshalb ist er hier ausgeschlossen. Die Priester konnten das Priestertum Aarons nicht für sich beanspruchen, wenn sie nicht ihre Abstammung von Aaron nachweisen konnten und wenn sie nicht beweisen konnten, dass sowohl Vater als auch Mutter aus der Linie Aarons stammten. Nun, rein buchstäblich konnte es sich auch nicht auf den Herrn beziehen für die Zeit Seines Menschseins, denn als Mensch hatte Er eine Mutter und einen Anfang der Tage und ein Ende des Lebens. Deshalb bezieht es sich auf den Herrn als den Sohn Gottes, mit anderen Worten, als den Ewigen Sohn. Nur von der Gottheit konnte gesagt werden, dass Er weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens hat. Das setzt eine Gottheit voraus, und nichts Geringeres. Wir bezweifeln nicht, dass Melchisedek geboren wurde, dass er lebte und starb, aber offensichtlich in einer Zeit der Weltgeschichte, wo die Abstammung sorgsam von den Menschen im Gedächtnis bewahrt wurde und wo die Geburt und der Tod eines Menschen ebenso sorgsam festgehalten wurde. Doch hier war ein Mann, von dem niemand wusste, wann er geboren wurde und wann er starb, mit anderen Worten: Es sah so aus, als ob er keinen Anfang der Tage noch ein Ende des Lebens habe. Das große Zeugnis, dass von ihm gegeben wird, ist, dass er lebe.

Er wurde „dem Sohn Gottes verglichen“. Doch bestand der Sohn, bevor der Melchisedek ihm verglichen wurde. Was für ein Beweis dafür, dass der Sohn Gottes ewig in der Einheit der Gottheit - Vater, Sohn und Geist war, ein Gott, ein unerforschliches, aber sehr gesegnetes Geheimnis, das das Herz des Gläubigen mit Anbetung erfüllt.

Gegenwärtig waltet der Herr mit Ämtern Aarons für sein Volk, und hierin ist Aaron ein Bild für ihn, wie wir es in den vorigen Kapiteln wiederholt gesehen haben. Aber es naht der Tag für Israel und die Welt, wo Er nach der Ordnung Melchisedeks erscheinen wird, als der eine und einzig wahre Melchisedek, und wo er Israel und die ganze Welt segnen wird. Dieser Tag kommt bestimmt!

Sacharja gibt dann eine leuchtende Weissagung. Wir lesen:

„Siehe, ein Mann, sein Name ist Spross, und er wird von seiner Stelle aufsprossen und den Tempel des HERRN bauen. Ja, er wird den Tempel des HERRN bauen; und er wird Herrlichkeit tragen; und er wird auf seinem Thron sitzen und herrschen, und er wird Priester sein auf seinem Thron; und der Rat des Friedens wird zwischen ihnen beiden sein“ (Sach 6, 12.13).

Beachte: Unser Herr wird

  • Ein König auf Seinem Thron,
  • ein Priester auf Seinem Thron

sein, Königtum und Priestertum werden sich in einer Segensperson vereinen. Natürlich war es für unseren Herrn nötig, Mensch zu werden, um den Sühnetod am Kreuz von Golgatha zu sterben. Aber am Ende wird die Welt über die Zukunft des ewigen Sohnes Gottes im Charakter des wahren Melchisedeks, eines Priesters und Königs, der Frieden und Freude mit sich bringt, der Brot und Wein darreicht, Brot zur Nahrung und Wein, um Freude zu geben. Dann wird die wirkliche neue Weltordnung kommen.

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