Die symbolische Lehre der Stiftshütte
Das Friedensopfer
Das sei sofort vorausgeschickt: Das Friedensopfer war nicht ein Opfer, um Frieden zu machen, sondern ein Opfer, das zelebriert wurde und an dem man sich erfreute, wenn der Frieden schon da war. Jemand hat es so gesagt: „Es ist das Opfer, das für uns die Gemeinschaft der Heiligen symbolisch darstellt, die Gemeinschaft mit Gott durch die Kraft des Opfers, Gemeinschaft mit dem Priester, der es für uns dargebracht hat, und Gemeinschaft untereinander und mit dem ganzen Leib der Heiligen als Priester Gottes.“ Das Blut des Opfers musste ringsum an den Altar gesprengt werden. Allein auf der Grundlage des vergossenen Blutes gründet sich die Gemeinschaft der Heiligen, was den Tod Christi angeht. Der Gläubige macht sich zuerst das Sündopfer zu eigen, und nachdem er dann im Gewissen frei geworden ist, kann er fröhlich in Gedanken über das wunderbare Opfer des hochgelobten Sohnes Gottes, im Einklang mit Gott und dessen Gedanken, eindringen. Und so wird es im Friedensopfer dargestellt.
Bei diesem Opfer war sowohl ein männliches als auch ein weibliches Opfertier zulässig. Denn das Friedensopfer war nicht so ganz und gar für Gott wie das Brandopfer, wo nur ein männliches Tier geopfert werden durfte. Turteltauben oder junge Tauben waren nicht zulässig. Es setzt eine gewisse Kraft der Empfindung und des Verständnisses voraus, die den Opfernden zu einem Friedensopfer bereit machte.
3. Mose 7,12.13 zeigt, dass das Opfer eine Form des Dankopfers annehmen konnte oder die eines Gelübdes oder einer freiwilligen Gabe. Dies unterstützt im vollen Maße unsere Erklärung, dass es bei diesem Opfer nicht um Friedensstiftung geht, sondern um die Freude an und den Dank über den vollbrachten Frieden.
Der Opfernde legte seine Hände auf den Kopf des Opfertieres, was ein Bild dafür ist, wie der Gläubige Christus ergreift und sich unter seine Deckung begibt. Das Blut wurde ringsum an den Altar gesprengt. Das Fett des Tieres, das, was von innerer Kraft und Stärke spricht, wurde auf dem Altar verbrannt. Das lehrt uns deutlich, dass es ohne den Tod Christi keine Gemeinschaft geben kann.
3. Mose 7,12.13 zeigt Folgendes: Wenn diese Opfer als Dankopfer dargebracht wurden, konnte ein Speisopfer damit verbunden sein. Das zeigt, wie ein Gesichtpunkt vom Tod Christi andere Gesichtspunkte berührt. Es ist bei solch einem Thema und bei solch einer Person und solch einem Werk unmöglich, einen Gesichtspunkt vom Tod Christi sozusagen in einen hermetisch abgeschlossenen Raum zu betrachten. Das Nachdenken über Christi Tod führt uns zu der Betrachtung seines wunderbaren Lebens; und die Betrachtung seines wunderbaren Lebens führt uns zum anbetenden Nachdenken über seinen Tod.
Was dieses Speisopfer angeht, so lesen wir: „Zu den Kuchen soll man gesäuertes Brot als Opfergabe darbringen, mit seinem Dank-Friedensopfer“ (3. Mo 7,13). Es gibt noch eine andere Gelegenheit, wo der Sauerteig in Verbindung mit den Opfergaben für den HERRN angeführt ist. Das ist das neue Speisopfer (3. Mo 23,16). Abgesehen von diesen beiden Ausnahmen und von Amos 4,5 wird immer besonders betont, dass die Opfergabe ungesäuertes Brot sein muss.
Es würde gut sein, zu erklären, warum dies in diesem Zusammenhang so ist, wenn das auch zum Teil das vorwegnimmt, was wir sehen werden, wenn wir von den Festen des HERRN (3. Mo 23) sprechen. In 3. Mose 7,13 lernen wir, dass das gesäuerte Brot zusammen mit dem Dankopfer geopfert wurde. Hier handelt es sich um das, was der Opfernde Gott bei seiner Danksagung darbringt. Der Vers vorher besteht auf ungesäuertem Brot und ungesäuerten Fladen. Besteht hier irgendein Widerspruch?
Weit gefehlt. Was das ungesäuerte Brot und die ungesäuerten Fladen angeht, so waren sie beide ein Bild für unseren hochgelobten Herrn. Und deshalb mussten sie ungesäuert sein, um darzustellen, wie unser Herr vollkommen frei von Sünde in Worten, Gedanken und Taten war. Aber wenn es um das Darbringen unseres Dankopfers geht, so ist das Vorhandensein von Sauerteig nur die Anerkennung, dass bei unserem Opfer Unwissenheit, Selbstgefälligkeit, Hochmut, Mangel an erwiesener Ehrfurcht, ja, sogar Rivalität sich einschleichen können. Es ist traurig zu hören, wie bei der Danksagung unrichtige oder falsche Dinge gesagt werden. Es ist traurig zu sehen, wie ein Bruder bei einem Lied der Anbetung dasteht und die Hände in den Hosentaschen hat oder wie man sonst in einer lässigen Haltung dasitzt. Wenn sie in der Gegenwart ihres irdischen Königs oder Präsidenten wären, würde in allen Dingen sorgfältig die richtige Ehrerbietung an den Tag gelegt werden.
Sicherlich entfernt der Geist Gottes den Sauerteig von der Opfergabe, wenn sie Gott dargebracht wird. Es ist ermutigend zu wissen, dass Gott Wohlgefallen daran hat, wenn wir ihm nahen, wenn auch unser Lob- und Dankopfer für Gott noch so mangelhaft ist. Wir lesen, dass derjenige, der ein Friedensopfer darbrachte, mit seinen Händen die Feueropfer des Herrn bringen sollte (3. Mo 7,30); das zeigt, dass der Einzelne aktiv sein muss, wenn man sich gemeinsam Gott im Gedenken an das Opfer unseres hochgelobten Herrn am Kreuz naht.
Der Opfernde sollte das Fett samt der Brust bringen, damit „die Brust als Webopfer vor dem Herrn gewebt wurde“. Das Fett wurde auf dem Altar geräuchert, und die Brust sollte Aaron und seinen Söhnen gehören. In ähnlicher Art war der rechte Schenkel ein Hebopfer für den Herrn und sollte dem opfernden Priester gehören. Was lernen wir von der Brust, dem Webopfer und dem Schenkel, dem Hebopfer? Was dem Herrn dargebracht wird, ist sehr lieblich. Die gewebte Brust (3. Mo 7,30) ist sinnbildlich für die heilige Liebe unseres Herrn, die ihn durch den Tod führte und die sein Vater mit unendlichem Wohlgefallen schätzte, und sie ist auch die Gemeinschaft der Heiligen: Gottes voller Anteil und unser voller Anteil. Der Schenkel des Hebopfers spricht von der Kraft des Opfers, wie das eine, erhabene Opfer unseres Herrn ein für alle Mal uns von dem Angesicht Gottes in ungetrübte Gunst verwandelt hat. Der rechte Schenkel war der Anteil des Priesters, der das Blut des Friedensopfers (3. Mo 7,33) darbrachte. Das stellt unsere Freude in der Gemeinschaft dar, wenn wir des Todes Christi gedenken.
Dies sieht man in wundervoller Weise bei der herrlichen Zusammenkunft, wenn die Heiligen sich versammeln, um des Herrn in seinem Tod zu gedenken. Der Herr bekommt seinen Anteil, der Vater bekommt seinen Anteil, da von seinem Sohn gesprochen wird, und wir bekommen unseren Anteil - und was für ein herrlicher Anteil ist das! Das eine Brot spricht von einer Gemeinschaft, die die ganze Versammlung Gottes umfasst. Das Webopfer steigt auf zu Gott, die Anerkennung der wunderbaren Liebe unseres Herrn, die ihn zum Kreuz trieb; das Hebopfer wird dargebracht, die Anerkennung der Kraft jenes Opfers, das uns aus der Macht der Finsternis herausreißen und uns in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzen kann.
Was endlich den Fall eines Gelübdes oder einer freiwilligen Gabe angeht, so musste die Opfergabe am selben Tag gegessen werden. Wenn irgendetwas bis zum dritten Tag übrig blieb, musste es mit Feuer verbrannt werden. Wenn am dritten Tag davon gegessen wurde, so wäre das ein Gräuel vor dem Herrn, und die Seele, die davon äße, müsste ihre Ungerechtigkeit tragen.
Dies lehrt uns, dass wir unseren Platz bei der Anbetung des Herrn in der Kraft und Macht der jetzigen Gemeinschaft einnehmen müssen. Darum ist es etwas sehr Ernstes, wenn man vorgibt, in die Gegenwart des Herrn zu treten und nicht in der Gemeinschaft der Seele steht. Dies wird noch mehr betont, wenn das 3. Buch Mose am Ende noch die ernste Warnung gibt, dass, wenn eine Seele von dem Fleisch des Friedensopfers isst - und ihre Unreinigkeit ist an ihr -, diese aus ihren Völkern ausgerottet werden soll. Wir bekommen einen Eindruck davon, wenn wir von den Gläubigen in Korinth lesen, die das Heilige Mahl des Herrn in eine Gelegenheit zum übermütigen Essen und Trinken verkehrten. Wir lesen: „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen“ (1. Kor 11,30). Das heißt: Viele waren verhindert, am Mahl des Herrn teilzunehmen, und im äußersten Fall starben viele unter der Hand Gottes im Gericht. Würdig für die Ewigkeit waren sie durch die Gnade Gottes und durch das Sühnopfer Christi; unwürdig für das irdische Zeugnis für Christus waren sie und wurden in der Zucht entfernt - aber das alles nur, „auf dass wir nicht mit der Welt verurteilt werden“. Wie besteht Gott doch auf der persönlichen Heiligkeit bei denen, die mit den heiligen Dingen des Herrn zu tun haben!