Die symbolische Lehre der Stiftshütte
Das Speisopfer
Das hebräische Wort, das in diesem Fall gebraucht ist, heißt „Mincha“, was einfach „Opfer“ bedeutet. Ein Wort, das immer für das Speisopfer verwendet wird. Das, woraus sich dieses Opfer zusammensetzte, war niemals „Fleisch“ (vom Englischen meat offering ausgehend), so wie wir von Tierfleisch sprechen. Es setzte sich immer aus Dingen zusammen, die im Ofen gebacken worden waren, so wie Kuchen und Fladen und manchmal Ähren von Korn.
Dieses Opfer stellt für uns die wunderbare Menschheit unseres Herrn dar, die für den Vater so wohlgefällig war, dass der Himmel sich über ihm öffnen konnte und die Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt wurden als den einen, an dem Gott wirklich Wohlgefallen hatte. Wenn auch unser Herr ein vollkommener Mensch war, der Gottes Freude und Wohlgefallen auf dieser Erde hervorrief, so dürfen wir doch nie vergessen, dass er „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ war (Rö 9,5).
In Anbetracht dessen, dass mit diesem Opfer kein Blutvergießen verbunden ist, ist es ganz klar, dass dieses Opfer den Tod Christi als den Gipfelpunkt eines auf der Erde gelebten Lebens darstellt, das voll zu Gottes Ehre ausschlug und das sozusagen in seinem Tod den Höhepunkt fand. Das Speisopfer stellt deshalb symbolisch den Tod Christi dar, nicht in seiner Kraft als Sühnung, sondern im Sinn von Philipper 2,5-11, wo wir ermahnt werden, dieselbe Gesinnung zu haben wie Christus Jesus, der, da er in Gestalt Gottes war - denn er war Gott -, sich zu dem Zustand des Menschen herabließ und Knechtsgestalt annahm und gehorsam wurde bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Der Tod unseres Herrn fasste alles zusammen, was er im Leben war, und das Ganze wurde Gott dargebracht zu seiner und unserer Freude.
Das Speisopfer sollte von Feinmehl, ohne Sauerteig und mit Öl gemengt sein. Das Feinmehl stellt das schöne Leben unseres Herrn dar. Genauso, wie Mehl weich und ohne Körnung ist, so war das Leben unseres Herrn vollkommen in jeder einzelnen Phase. Dass Öl darübergegossen war, stellt dar, dass der Herr als abhängiger Mensch auf der Erde den Heiligen Geist im vollsten Maß empfing. Der darauf gelegte Weihrauch sagt uns, dass jenes wunderschöne Leben immer ein lieblicher Geruch für Gott war. Jedes Wort, jeder Schritt von ihm war für das Ohr Gottes lieblichste Musik.
Eine Handvoll von diesem Feinmehl mit Öl und Weihrauch wurde durch den Priester auf dem Altar als Gedächtnisteil geräuchert, „ein Opfer lieblichen Geruchs dem HERRN“. Das Leben Christi und sein Tod sind untrennbar miteinander verbunden. Wir, die Christen, könnten so lange nicht im Geringsten an sein Leben herankommen, bis sein Tod unseren Sünden gerecht geworden ist, wie wir beim Sündopfer sehen werden, und wir die Begnadigung empfangen haben, wie wir es beim Brandopfer gesehen haben.
Das Übrige von dem Speisopfer war für Aaron und seine Söhne. Eine schöne Erinnerung daran, dass Gott sein Volk das genießen lässt, an dem sein eigenes Herz Wohlgefallen hat.
Das Speisopfer konnte auf drei Arten zubereitet sein:- im Ofen gebacken
- in einer Pfanne gebacken
- in einem Napf gebacken
Dies scheint die verschiedenen Grade von Prüfungen und Leiden anzudeuten, durch die Christus in seinem Leben und Sterben geprüft wurde. Und bei allem war er vollkommen. Der Ofen spricht von dem, was man nicht sehen kann, und er deutet vielleicht die heimlichen, verborgenen Leiden an Geist und Seele an, durch die der Herr hindurchmusste, die nur sein Vater kannte. Wir lesen von unserem Herrn, dass er am Grab des Lazarus „im Geist seufzte“. Wir können es uns mit unserem abgestumpften Wahrnehmungsvermögen gar nicht richtig vorstellen, durch welche Leiden unser Herr im Geist hindurchging, als er Leid und Sünde in dieser Welt begegnete. Er war wirklich „ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut“ (Jes 53,3).
Die Pfanne spricht vielleicht von den mehr öffentlich wahrgenommenen Leiden unseres Herrn in dieser Welt. Er sagte zu seinen Jüngern, wie er „von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden müsse“ (Mt 16,21). Wir brauchen nur die vier Evangelien zu lesen, um zu sehen, was unser Herr auf dem Weg des Zeugnisses erlitt.
Der Napf spricht möglicherweise von dem, was noch intensiver ist und schließt vielleicht sogar das Kreuz selbst ein. In allem war der Herr vollkommen. Ist es die Versuchung in der Wüste, vierzig Tage lang, als der Teufel mit einer dreifachen Verführung auffuhr, die bei uns die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens gewesen wäre? Er ging unversehrt daraus hervor. Unberührt vom Hauch des Bösen, makellos, von keiner Berührung mit Sünde gekennzeichnet. Ist es der Mangel an jenem Verständnis und Mitgefühl, das seine Jünger hätten zeigen sollen? Sind es all die traurigen Prüfungen, die er ertrug und die seinen Pfad gekennzeichnet haben? Ja, war es sogar am Kreuz selbst mit seiner Feuerprobe? In allem war er absolut vollkommen.
Die angegebenen Einzelheiten stellen die Gedanken klar heraus. Sie sprechen von:- ungesäuerten Kuchen von Feinmehl, gemengt mit Öl
- ungesäuerten Fladen, gesalbt mit Öl.
In beiden Fällen sollte das zu Opfernde ungesäuert sein - dem entsprach, dass keine Sünde im Leben unseres Herrn war. In beiden Fällen musste die Opfergabe aus Feinmehl sein, was ebenfalls die absolute Vollkommenheit seines Lebens bedeutet.
„Mit Öl gemengt“ - was kann die Bedeutung davon sein? Das stellt dar, dass unser Herr in seiner menschlichen Natur mit dem Heiligen Geist Gottes erfüllt war. Öl steht symbolisch für den Heiligen Geist. Unser Herr wurde von der Jungfrau Maria durch den Heiligen Geist empfangen. Von seiner Geburt an konnte gesagt werden: „Gott gibt den Geist nicht nach Maß“ (Joh 3,34).
Gesalbt mit Öl - das steht symbolisch für den Tag, als unser Herr getauft wurde und er seinen öffentlichen Dienst für Gott und Menschen aufnahm. „Und siehe, die Himmel wurden ihm aufgetan, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herniederfahren und auf ihn kommen“ (Mt 3,16). Das hebräische Wort „Messias“ und sein griechisches Äquivalent „Christus“ bedeuten „der Gesalbte“. „Gott hat Jesus von Nazareth mit Heiligem Geist und mit Kraft gesalbt; er ging umher, wohltuend und heilend alle, die von dem Teufel überwältigt waren; denn Gott war mit ihm“ (Apg 10,38).
Zwei Dinge waren bei den Speisopfern des Herrn verboten: Sauerteig und Honig. Sauerteig steht symbolisch für das Böse. Es ist ein Gräuel für Gott, die heiligen Dinge des Herrn und das Böse miteinander vermischt zu sehen. Dies sieht man im Fall der Söhne Elis, Hophni und Phineas. Sie waren beide „Priester des HERRN“; das war ihr Amt; und doch wurden sie im praktischen Leben beschrieben als „Söhne Belials“ („Die Söhne Elis waren Söhne Belials, sie kannten den HERRN nicht“ - 1. Sam 2,12). Es folgte ein sehr tragischer Zusammenbruch in der Geschichte Israels. Eli fiel und brach sich das Genick; seine beiden Söhne starben auf dem Schlachtfeld, und die Lade des Bundes des HERRN wurde von den Philistern geraubt.
Honig stellt das dar, was der Natur angenehm ist, so wie natürliche Liebe, Freundschaftsbindungen und dergleichen. Die Natur hat ihren Platz, aber nicht in den Dingen des Herrn. „Ohne natürliche Liebe“ (2. Tim 3,3) zu sein, ist ein Zeichen der letzten und schweren Zeiten. Wenn die Verwandtschaftsbeziehungen des Lebens verschmäht werden und Männer und Frauen nur leben, um ihre selbstsüchtigen Begierden und Triebe zu befriedigen, dann sind sicherlich die letzten Tage gekommen.
Aber wenn es um die Dinge des Herrn geht, verkündigt die Schrift eine große Wahrheit: „Daher kennen wir von nun an niemand nach dem Fleisch, wenn wir aber auch Christus nach dem Fleisch gekannt haben, so kennen wir ihn doch jetzt nicht mehr so“ (2. Kor 5,16).
Eine Illustration der Schrift kommt uns zur Hilfe. Als Mose nach Freiwilligen rief, um die Schmach zu rächen, die dem Namen des HERRN bei der Anbetung des goldenen Kalbes zugefügt worden war, stellten sich die Söhne Levis zur Verfügung. Mose sagte: „So spricht der HERR, der Gott Israels: Legt jeder sein Schwert an seine Hüfte, geht hin und her, von Tor zu Tor im Lager, und erschlagt jeder seinen Bruder und jeder seinen Freund und jeder seinen Nachbarn“ (2. Mo 32,27). Hier haben wir ein Beispiel dafür, wie die Forderungen des Herrn den Forderungen der Natur gegenüber vorgingen. Der Honig durfte sich nicht behaupten zu einer Zeit des Druckes angesichts des Abfalls, wo die Menschen für Gott und seine Ehre einzustehen hatten.
Oder nimm ein einfaches Beispiel: Ein Vater und sein Sohn sind beide in derselben Versammlung. Außerhalb der Versammlung sind sie Vater und Sohn; in der Versammlung sind sie Brüder in Christus. Menschliche Einrichtungen und natürliche Bindungen dürfen sich nicht in die Dinge Gottes mischen.
Auf der anderen Seite sollte das „Salz des Bundes“ bei dem Opfer nicht fehlen. Jenes Element sollte da sein, das die Kräfte der moralischen Zersetzung unwirksam machen würde, ja, die reinigende Wirkung der Gnade Gottes, die in unseren Herzen durch das Wort wirkt; und die praktische Verwirklichung des Todes Christi in unseren Herzen und Gewissen. Das Wirken jener Gnade mag nicht immer angenehm für uns sein, aber es führt doch immer zu dem Ziel, das Gottes Segensbund mit den Seinen für uns bereithält. „Alle Züchtigung aber scheint für die Gegenwart nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein; hernach aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die durch sie geübt sind“ (Heb 12,11).
Ähren, am Feuer geröstet Das Speisopfer konnte die Form von Erstlingsfrüchten annehmen, die dem HERRN dargebracht wurden, Ähren, am Feuer geröstet, Schrot von Gartenkorn mit Öl und Weihrauch darauf. Dies alles bezieht sich symbolisch gesehen auf Christus. Es kann keine geistliche Ernte geben außer durch Christus. Wir erinnern an die wohlbekannte Schriftstelle: „… wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht“ (Joh 12,24). Und: „Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt, der Erstling der Entschlafenen“ (1. Kor 15,20). Wie stellen die Ähren Christus dar? Beachte, dass die Ähren grün waren, aber es dennoch volle Ähren, d. h. reife Ähren waren. Erinnert uns das nicht an die wunderbare Klage des Propheten: „Ich sprach: Mein Gott, nimm mich nicht hinweg in der Hälfte meiner Tage“ (Ps 102,24). Ungefähr im Alter von 33 Jahren wurde das Leben unseres Herrn abgebrochen. Und wenn er auch, was seine Menschheit angeht, nach den Maßstäben der Menschen noch ein junger Mann war, war er doch von voller Reife gekennzeichnet. Wenn die Ähren auch noch grün waren, waren sie doch voll. Nur dreieinhalb Jahre währte sein öffentlicher Dienst; und doch, wie sehr prägte er die Geschichte der Welt! Weiter wurden diese grünen Ähren, die reifen Ähren, am Feuer geröstet. Stellt uns dies nicht in einer Weise, die uns tief berührt, vor Augen, dass das vollkommene Leben unseres Herrn am Kreuz niedergelegt wurde? Dass Öl auf die am Feuer gerösteten Ähren und den Schrot vom Gerstenkorn gegossen wurde, dass Öl und Weihrauch darauf gelegt wurde, bedeutet, dass das Leben unseres Herrn, das er im Sterben niederlegte, ein lieblicher Wohlgeruch und eine Wonne für das Herz Gottes (Weihrauch) war. In Epheser 5,2 wird auf das Speisopfer und das Brandopfer angespielt, wo wir lesen: „Wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“ Dieses Gedächtnisteil wurde auf dem Altar geräuchert, „ein Feueropfer dem HERRN“.