Jesaja 53 - Ein Dialog
Er ist weggenommen
„Er ist weggenommen worden aus der Angst und aus dem Gericht.“ (Vers 8) Das sagt Gott über seinen Sohn. Wir fragen jetzt sofort: aus welcher Angst und aus welchem Gericht?
Da scheidet eine Möglichkeit sofort aus. Er ist nicht weggenommen worden aus dem Gericht, das Gott Ihm in den drei Stunden der Finsternis auferlegt hatte. Daraus gab es keine Wegnahme. Das war nicht möglich. Er musste es bis zur letzten Konsequenz erdulden. Es gab keine Milderung, keine Schonung für Ihn, bis Er ausrief, es ist vollbracht.
Aber Er ist weggenommen worden aus dem Gericht vonseiten der Menschen. Gott hat nicht länger zugelassen, dass Er noch von Menschen misshandelt wurde. Durch den Tod wurde Er den Menschen entzogen.
Psalm 102,25: „Ich sprach: Mein Gott, nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage!“ und dann kommt die bezeichnende Antwort von Gott. „Von Geschlecht zu Geschlecht sind deine Jahre.“ Er wurde weggenommen in der Hälfte seiner Tage. Er war etwa 33 Jahre.
In Johannes 19,15 schreien die Juden: „Hinweg, hinweg!“ Das bedeutet: Nimm Ihn weg durch den Tod, töte Ihn!
Apostelgeschichte 8,33: „In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen; wer aber wird sein Geschlecht beschreiben?“ Das ist auch ein Zitat aus Jesaja 53. Aber es wird etwas anders formuliert. In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen. Das macht die Sache deutlicher. Gott nimmt Ihn weg durch den Tod aus der Hand der Menschen, aus ihrem Gericht, aus ihrer Verachtung. Gott hatte nicht mehr länger Geduld damit, dass sein Sohn diesen Menschen ausgesetzt war.
In Markus 15,44 heißt es, nachdem Joseph von Arimathia kühn zu Pilatus hingegangen war und um den Leib Jesu gebeten hatte: „Pilatus aber wunderte sich, dass er schon tot sei“. Wir wissen, dass der Herr Jesus sein Leben gegeben hat. Aber durch diese Wegnahme durch den Tod, war Er nicht länger der Gegenstand des Gerichtes vonseiten der Menschen.
Sein Geschlecht
Was meint Gott, wenn Er in der vierten Strophe fragt: „Wer wird sein Geschlecht aussprechen?“ Das erste Vorkommen eines Begriffes in der Bibel lässt oft die Bedeutung erkennen. Das Wort, das hier mit Geschlecht wiedergegeben ist, kommt zuerst in der Bibel im Grundtext in 1. Mose 6,9 vor: „Noah war ein gerechter, vollkommener Mann unter seinen Zeitgenossen.“ Dort ist es also mit „Zeitgenossen“ übersetzt worden. Es kann auch noch die Bedeutung von Nachkommenschaft oder auch Zeitalter haben. Hier scheinen aber wohl die Zeitgenossen des Herrn Jesus gemeint zu sein. Man kann den Schluss von Vers 8 nach der Fußnote auch so übersetzen: ‚Oder wer von seinen Zeitgenossen bedachte, dass er abgeschnitten wurde, indem ihn Strafe traf wegen der Übertretung meines Volkes.' Diese Zeitgenossen bezeichnet Gott als das Geschlecht des Herrn Jesus. Und zwar drückt Gott in diesem Satz seine Entrüstung über die Zeitgenossen des Herrn Jesus aus. Warum ist Gott so entrüstet? Sie haben ihn so schmählich behandelt. Das finden wir bestätigt z.B. in
Johannes 1,11 „Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen ihn nicht an“. Das war sein Geschlecht, das Ihn nicht wollte.
Lukas 17,25 „Zuvor aber muss er vieles leiden und verworfen werden von diesem Geschlecht.“ Von diesem Geschlecht hatte Er vieles zu leiden und wurde verworfen. Das passt auch zu der vorherigen Aussage, dass Gott Ihn herausgenommen hat aus dieser Anfeindung vonseiten seiner Zeitgenossen.
Apostelgeschichte 2,40 Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes sagt Petrus noch zu dem bußfertigen damaligen Überrest der Juden, die wirklich auf die Botschaft von Petrus gehört hatten: „Lasst euch retten von diesem verkehrten Geschlecht!“ Das waren die Zeitgenossen des Herrn Jesus.
Er wurde abgeschnitten
Jetzt sagt Gott über sie: „Wer wird sein Geschlecht aussprechen?“ Man kann auch übersetzen: Wer wird sich noch eingehend mit diesem Geschlecht auseinandersetzen, das meinen Sohn so furchtbar behandelt hat? Dazu passt sofort der nächste Satz: „denn er wurde abgeschnitten aus dem Land der Lebendigen.“ Gott sagt gleichsam, dass sein Sohn diesem Geschlecht entzogen wurde. Er brach ab in seinen Beziehungen zu diesem Volk. Der Herr Jesus wurde abgeschnitten. Die Verbindung zu seinem Volk, zu seinem Geschlecht wurde für eine Zeit absolut unterbrochen. Davon sprechen u. a. folgende Bibelstellen:
Daniel 9,26 „…wird der Messias weggetan werden und nichts haben.“ Der Messias, der zu diesem Geschlecht gekommen war, wurde weggetan, weil das Volk Ihn nicht mehr wollte. Und Er hatte nichts. Die Bemühungen um dieses Geschlecht waren gleichsam umsonst gewesen. Das Geschlecht war es nicht mehr wert, dass man sich mit ihm auseinandersetzte.
In Matthäus 23,38–39 kündigt der Herr selbst diese Wahrheit an, die hier in Vers 8 am Ende ausgedrückt wird. Der Herr Jesus sagt gerade zu diesem Haus der Juden: „Siehe, euer Haus wird euch öde gelassen; denn ich sage euch: Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen“. Das entspricht dem Urteil Gottes über dieses Geschlecht.
Das Land der Lebendigen
Was ist das Land der Lebendigen? Es ist die Erde, wie wir das sehr gut nachlesen können in Kapitel 38,10+11. Da sagt Hiskia: „Ich sprach: In der Ruhe meiner Tage soll ich hingehen zu den Pforten des Scheols, bin beraubt des Restes meiner Jahre. Ich sprach: Ich werde Jah (Bezeichnung für Gott) nicht sehen, Jah im Land der Lebendigen; ich werde keinen Menschen mehr erblicken.“ Im Land der Lebendigen, auf dieser Erde werde ich weggenommen. Er wurde also diesem Geschlecht entzogen durch den Tod, durch die anschließende Auferstehung und auch durch seine Himmelfahrt. Bis heute sind die Beziehungen zu diesem verkehrten Geschlecht noch nicht wieder aufgebaut worden.
Die Strafe für die Übertretung seines Volkes
Im letzten Satz von Vers 8 heißt es dann: „Wegen der Übertretung meines Volkes hat ihn Strafe getroffen“. Gott wiederholt noch einmal: Wegen der Übertretung dieses bösen Geschlechts hat Ihn Strafe getroffen, nicht wegen seiner eigenen Sünde, nicht weil Gott ein Missfallen an seinem Sohn hatte. Es war nicht so wie das damalige Volk geurteilt hatte: Wir hielten Ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt, weil Er selbst schuldig sei. Deshalb nicht. Sondern wegen der Übertretung meines Volkes hat meinen Sohn diese Strafe getroffen. Andererseits sagt Gott damit gleichsam: Damit ich dieses Volk wegen seiner Ungerechtigkeit nicht strafen muss, habe ich meinen Sohn gestraft. Außerdem macht dieser Satz klar, dass Gott spricht: wegen der Übertretung meines Volkes, hat Ihn Strafe getroffen. Jetzt müssen wir bei dieser Aussage an die Stunden auf dem Kreuz denken, wo Er stellvertretend litt und starb, hier für sein Volk, aber wir dürfen es erweitern: auch für uns, für mich.