Die gegenwärtige Erwartung der Kirche
4. Abend: Die erste Auferstehung
Der Gegenstand, über welchen ich mir vorgenommen habe, diesen Abend mit euch zu reden, ist die Auferstehung, und besonders die Auferstehung der Kirche, die Auferstehung der Gerechten als vollkommen verschieden von derjenigen der Gottlosen.
Wir haben von Christus als Erben aller Dinge, von der Kirche als Miterben mit ihm, und von der Zukunft Christi vor dem tausendjährigen Reich gesprochen, ein Kommen, das man nicht verwechseln darf mit dem Tag der Auferstehung der Gottlosen und dem Gericht, das gehalten wird vor dem weißen Thron, und das erst nach dem tausendjährigen Reich stattfinden wird. Nun haben wir die Kirche zu betrachten, wie sie an dieser Zukunft Christi teilnimmt, die durch die erste Auferstehung bewerkstelligt wird.
Ich habe nicht nötig, euch von der Auferstehung Jesu als Siegel seiner Sendung zu sprechen; in dieser Beziehung betrachte ich sie als eine anerkannte Wahrheit; es ist ausreichend, euch für diesen Hauptpunkt
Lasst es uns, geliebte Freunde, im Vorbeigehen gestehen, dass die Schwierigkeiten bei den Gegenständen, die wir behandeln, nicht daher rühren, dass das Wort Gottes nicht einfach, klar und überzeugend ist, sondern daher, weil gewöhnlich die vorgefassten Ideen uns den natürlichen Sinn verbergen. Man hat die Gewohnheit, außerhalb der heiligen Schrift zu denken; man trägt viel eher seine Ideen in dieses Wort hinein, als dass man sie aus demselben herleitet; man findet dann unverträgliche Widersprüche in dem, was vor uns liegt, und wir mutmaßen nicht, dass diese Unverträglichkeit auf Rechnung der Ideen kommt, die ganz menschlich sind.
Die Lehre von der Auferstehung ist in mehr als einer Beziehung wichtig. Sie knüpft unsere Hoffnung an Christus und an die ganze Kirche, mit einem Wort an die Ratschlüsse Gottes in Christo an; sie macht uns begreiflich, dass wir ganz frei gemacht sind in ihm, durch unsere Teilnahme an einem Leben, das, indem es uns mit ihm vereinigt, zugleich die Quelle aller Kraft ist, um ihn selbst von diesem Augenblick an zu verherrlichen; sie stellt unsere Hoffnung auf die sicherste Weise fest; sie drückt endlich unser ganzes Heil aus dadurch, dass sie uns in eine neue Schöpfung einführt, durch welche die Allmacht Gottes uns in den zweiten Adam versetzt, über die Grenzen der Sünde, des Satans und des Todes hinaus. Die Seele, wenn sie scheidet, geht zu Jesus, aber sie ist noch nicht verherrlicht.
Das Wort Gottes redet von verherrlichten Menschen, von verherrlichten Leibern, aber nie von verherrlichten Seelen. Doch, wie schon gesagt, an der Stelle des Wortes Gottes haben menschliche Lehren Platz genommen, und die Erwartung der Auferstehung hat aufgehört, der gewöhnliche Zustand der Kirche zu sein.
Die Auferstehung war das Fundament der Predigt der Apostel.
Desgleichen Vers 32: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt, wovon wir alle Zeugen sind“.
In
Wie die Pharisäer es waren, die dem Herrn, während er auf Erden war, am meisten entgegenstanden, nämlich die Selbstgerechten, die sich dem allein wahrhaft Gerechten widersetzen, so werdet ihr zugleich sehen, wie Satan nach seinem Tode die Sadduzäer erweckte, welche Feinde der Lehre von der Auferstehung waren. In
Lasst uns noch
Lasst uns nun auf den zweiten Teil unseres Gegenstandes kommen, auf die Auferstehung der Kirche für sich allein, oder auf die besondere Auferstehung der Gerechten.
Es wird, so hat uns der Apostel gesagt, eine Auferstehung sowohl der Gerechten, als der Ungerechten sein; aber die Auferstehung der Gerechten oder der Kirche ist eine Sache ganz für sich, die in keiner Verbindung mit derjenigen der Gottlosen steht, die nicht im gleichen Augenblick stattfindet, wo diese letztere, noch nach demselben Prinzip; denn obwohl sie, die eine wie die andere, durch die gleiche Macht bewirkt werden sollen, so liegt doch in der Auferstehung der Gerechten ein besonderes Prinzip zu Grunde, nämlich die Innewohnung des Heiligen Geistes, welche der Auferstehung der Gottlosen fremd ist.
Man bemerke, wie die Kraft der Auferstehung das Leben, die Rechtfertigung, die Zuversicht, die Herrlichkeit der Kirche umfasst.
Gott selbst ist uns vorgestellt unter dem Namen des Gottes, der die Toten auferweckt, der seine Macht in die äußersten Tiefen, wo unsere Sünde wirksam geworden ist, in den Wohnsitz des Todes selbst Eingang verschafft, um aus demselben ein Leben hervorgehen zu lassen, das von dem Augenblick an den Menschen über alle gefährlichen Folgen der Sünde, in ein Leben mit Gott versetzt.
Darum war der Glaube Abrahams ein gerecht machender Glaube, er sah „nicht seinen eigenen, schon erstorbenen Leib an“, sondern er glaubte an einen Gott, der die Toten auferweckt; „deswegen ist ihm auch sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet worden“. Die Auferstehung Jesu war der große Beweis und zugleich in Betreff aller ihrer moralischen Wirkungen, die Gründung dieser Wahrheit von dem Gegenstand unseres Glaubens: dass Gott die Toten auferweckt. Wir sehen diese Wahrheit deutlich ausgedrückt in
Wir sehen auch in diesen Stellen, wie sich diese Wahrheiten gegenseitig stützen. Die Auferstehung der Kirche ist eine besondere Sache, weil die Kirche an der Auferstehung Christi Teil hat. Wir werden auferweckt, nicht nur weil Jesus Christus uns aus dem Grabe rufen wird, sondern weil wir eins mit ihm sind. Deswegen, weil wir an ihm Teil haben im Glauben, sind wir schon mit Christus auferstanden in Bezug auf die Seele, aber noch nicht in Bezug auf den Leib. Die Rechtfertigung der Kirche besteht darin, dass sie mit Christus auferstanden ist. Diese gleiche Tatsache ist auch in
Paulus sagte niemals: ‚Wenn ich erlöst bin, so bin ich zufrieden.' Er wusste, dass es die Hoffnung ist, die die Seele in Tätigkeit setzt, die Liebe anregt, und welche den ganzen Menschen belebt, und ihm seine Richtung gibt; er wünschte, dass die Kirche von dieser Hoffnung ganz erfüllt wäre. Es soll uns nicht genügen zu sagen: ‚ich bin erlöst'; das ist noch nicht genug für die Liebe Gottes, der nicht befriedigt ist, wenn wir nicht der ganzen Herrlichkeit seines Sohnes teilhaftig sind; und wir sollen nicht gleichgültig gegen seinen Willen sein.
Die Welt empfängt den Heiligen Geist nicht; denn „sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht“ (
Es ist die Auferstehung, die, indem sie uns in die Welt des neuen Adams versetzt, uns als Teilhaftige dieses Lebens, gleich von nun an auch wirklich in eine neue Welt versetzen wird, deren Haupt und Herrlichkeit Er sein wird, weil er sie erworben hat, und weil er daselbst regiert als auferstandener Mensch.
Man bemerke noch, dass unter denjenigen Stellen, wo von der Auferstehung die Rede ist, keine von einer gleichzeitigen Auferstehung der Gottlosen und Gerechten spricht, sondern dass diejenigen Stellen, die Bezug auf die Auferstehung der Gerechten haben, dieselbe als eine besondere erwähnen. Alle werden auferstehen.
Es wird eine Auferstehung der Gerechten und der Ungerechten sein; aber sie werden nicht miteinander stattfinden. Ich will nacheinander die Stellen anführen, die dieses bestätigen.
Man weiß, dass wir bei der Zukunft Christi auferstehen sollen (
Die Jünger des Heilandes waren mit der Idee einer Auferstehung der Gerechten vertraut, und sie ist als solche dargestellt durch den Heiligen Geist.
Doch, um geradezu auf die Beweise davon zu kommen, so bin ich vollkommen überzeugt, dass die Idee der Unsterblichkeit der Seele ihre Quelle nicht in dem Evangelium hat, sondern dass sie im Gegenteil von den Platonikern herrührt, und dass es gerade da geschah, als die Zukunft Christi in der Kirche geleugnet wurde, oder wo man wenigstens anfing, sie aus dem Gesicht zu verlieren, und in diesem nämlichen Zeitpunkt die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele an die Stelle der Lehre von der Auferstehung zu setzen. Es war in dem Jahrhundert des Drigenes. Es wird nicht nötig sein, zu sagen, dass ich nicht an der Unsterblichkeit der Seele zweifle; ich bezeichne bloß die Tatsache, dass diese Idee an die Stelle der Lehre von der Auferstehung der Kirche, als dem Zeitpunkt ihrer Freude und ihrer Herrlichkeit, getreten ist.
In
Er macht lebendig, welche er will, und alles Gericht ist ihm übergeben, damit alle, selbst die Gottlosen, den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Jesus war hienieden mit Schmach bedeckt, nun sorgt Gott der Vater dafür, dass die Rechte seiner Herrlichkeit anerkannt werden. Er macht lebendig, welche er will, zuerst ihre Seele, dann ihren Leib. Diese verherrlichen ihn aus freiem Willen. Was die Gottlosen anbetrifft, so besteht die Art, die Rechte Jesu in Bezug auf sie geltend zu machen, darin, dass er sie richtet.
In dem Werk der Lebendigmachung handeln der Vater und der Sohn in Übereinstimmung, weil die Lebendiggemachten in Gemeinschaft sein sollen mit dem Vater und mit dem Sohn. Aber was das Gericht anbelangt, so richtet der Vater Niemanden, weil sie nicht ihn, sondern den Sohn beleidigt haben.
Die Gottlosen werden Jesus Christus wider ihren Willen ehren, wenn sie gerichtet werden.
Zu welcher Zeit wird dies in Erfüllung gehen? Es wird für die Gottlosen zur Zeit des Gerichts der Lebendigen und der Toten geschehen vor dem großen weißen Thron. Für die Kinder Gottes wird es in Erfüllung gehen, wenn ihre Leiber teilnehmen werden an dem Leben, das ihren Seelen schon mitgeteilt ist, an dem Leben Christi selbst, zur Zeit der Auferstehung der Gerechten.
Die Auferstehung ist für diese nicht eine Auferstehung zum Gericht, sie ist, um es zu wiederholen, für die Kinder Gottes bloß ein Akt der lebendig machenden Kraft Jesu, die schon in ihrer Seele gewirkt hat, und welche, wenn Gott es gut finden wird, auch auf ihren Leib wirken soll. „Die das Gute getan haben“, sagt unser Text, „zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts.“
Man macht den Einwurf, Jesus habe in Vers 28 gesagt: „es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, seine Stimme hören.“ Also sollen die Gerechten und Ungerechten offenbar miteinander auferstehen; allein drei Verse stehen vor diesem, und in Vers 25 heißt es: „Es kommt die Stunde und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören werden, und die sie gehört haben, werden leben.“ Unter Stunde ist hier der ganze Zeitraum zu verstehen, welcher seit der Ankunft des Heilandes verflossen ist, und in diesem Wort sind zwei verschiedene Zustände der Dinge inbegriffen, weil die Toten die Stimme des Sohnes des Menschen während seines Lebens gehört haben und sie schon seit 1800 Jahren hören.
Seht also, was uns hier vor Augen gestellt ist: Die Stunde 1 wird kommen für die Lebendigmachung der Seele; es ist eine Stunde, die schon seit 1800 Jahren dauert; und die Stunde zum Gericht wird auch kommen.
Das Wort Stunde hat in diesen zwei Stellen den gleichen Sinn, nämlich, dass es eine Zeit für die Lebendigmachung und eine Zeit für das Gericht gibt, eine Periode, während welcher die Seelen lebendig gemacht werden, und eine Periode, wo die Leiber sollen auferstehen. Die Auferstehung ist für mich nur die Anwendung der lebendig machenden Kraft Jesu Christi auf meinen Leib.
Ich werde auferstehen, weil ich schon an meiner Seele lebendig gemacht bin. Die Auferstehung ist die Vollendung des ganzen Werkes, weil ich ein Kind Gottes bin, und weil der Heilige Geist in mir wohnt, weil ich in Beziehung auf meine Seele schon mit Christus auferstanden bin.
Es gibt eine Auferstehung zum Leben, an welcher diejenigen teilhaben, welche zuvor an ihren Seelen lebendig wurden, und eine Auferstehung des Gerichtes für diejenigen, welche Jesus verworfen haben.
In
„Die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft“ (
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Warum so sprechen, wenn es wahr ist, dass Gute und Böse miteinander auf die gleiche Weise auferstehen sollen? Diese Auferstehung der Toten ist eben die erste Auferstehung, welche Paulus immer vor Augen hatte. „Ich willige darin ein“, will er sagen, „Alles zu verlieren, Alles zu leiden, wenn ich, es koste, was es wolle, nur zur Auferstehung der Gerechten gelangen kann – das ist mein einziges Verlangen“.
Die Auferstehung der Toten war offenbar eine Sache, die ausschließlich die Kirche anging.
Sie konnte mit dem Apostel sagen: „Ich jage, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (
Was den Zeitpunkt, oder den Zwischenraum anbelangt zwischen der Auferstehung der Gläubigen und der Auferstehung der Gottlosen, so ist dies ein Umstand, der ganz unabhängig von dem Prinzip an sich selbst ist, nämlich von der Verschiedenheit der beiden Auferstehungen; unser Glaube über diesen Punkt soll gänzlich von einer ausdrücklichen Offenbarung abhängen, die jedoch kein anderes Gewicht hat, als weil es Gott also gefallen hat zu seiner Verherrlichung. Diese Periode findet sich nirgends angemerkt, als in der Offenbarung unter dem Ausdruck von tausend Jahren. Zwischen den beiden Auferstehungen werden 1000 Jahre ablaufen. Es dreht sich hier nur um die Zeitdauer, die unter diesem Ausdruck von tausend Jahren verstanden ist. Die Stelle findet sich in
Nach diesem Ausdruck: „Jesus Christus, der ... aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium“ (
Ich wünsche, meine Teuersten, dass die Erkenntnis dieser Wahrheit durch die Kraft Christi, von welcher ihre ganze Erfüllung abhängt, unsere Herzen belebe, damit wir vollkommen werden. Denn diese Erkenntnis in ihrer ganzen Ausdehnung ist es, was die Schrift „Vollkommenheit“ nennt. Christus wurde ebenso in Bezug auf seinen Zustand und seine Stellung vor Gott vollkommen gemacht; auch wir werden jetzt vollkommen durch den Glauben, indem wir erkennen, dass wir auferstanden sind mit ihm, wie wir es später sein werden in Bezug auf unseren Leib. „Und eurer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (
Fußnoten