Die gegenwärtige Erwartung der Kirche
3. Abend: Die zweite Ankunft Christi
Apostelgeschichte 1
Ich wünsche mit euch von der Zukunft Christi zu sprechen; mehrere Gegenstände knüpfen sich an dieses Hauptereignis an, z. B. das Reich des Antichrists; aber ich werde mich diesen Abend auf die Tatsache der Zukunft des Herrn selbst beschränken.
Ich habe diese Versammlung durch Lesung der Apostelgeschichte 1 eröffnet, weil uns da die Verheißung der Rückkehr des Herrn als die einzige Hoffnung der Kirche bezeichnet ist, als der erste Gegenstand, der die Aufmerksamkeit seiner Jünger anziehen sollte; weil sie mit den Augen vergeblich dem Herrn nachfolgten, der sich entfernte in der Luft, und sich verbarg in Gott.
In diesem Kapitel sind bei der Gelegenheit der Erhöhung des Herrn drei Dinge zu bemerken. Das erste ist: dass die Jünger begierig waren zu wissen, wann und wie Gott das Reich Israel wieder aufrichten werde.
Nun, Jesus sagt nicht, dass dieses Reich nicht wieder aufgerichtet werden wird, sondern lediglich, dass der Zeitpunkt von dieser Wiederherstellung noch nicht offenbart ist.
Das zweite ist: dass der Heilige Geist kommen sollte, und das dritte, dass während die Jünger ihre Augen zum Himmel erhoben, zwei Engel zu ihnen sagen: „Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht hinauf zum Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso kommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel“ (Apostelgeschichte 1,11).
Sie sollten auf die Rückkehr Christi warten.
Wenn wir uns mit der Geschichte der Kirche beschäftigen, dann werden wir sehen, dass der Niedergang der Kirche genau nach dem Verhältnis erfolgt, wie sie die Lehre von der Erwartung der Rückkehr des Herrn aus den Augen verloren hat.
Indem sie diese Wahrheit vergaß, wurde sie geschwächt und verweltlichte sich. Da ich aber nicht aus dem Kreise des Wortes Gottes herausgehen möchte, so nehme ich mir vor, euch durch dasselbe zu zeigen, wie dieser Gedanke der Wiederkunft Christi über den Verstand der Apostel die Oberhand hatte, ihre Hoffnung aufrecht hielt, und sie in ihrem Wandel begeisterte; und ich will es tun durch wörtliche Anführung von Texten aus den verschiedenen Büchern des neuen Testaments.
In Apostelgeschichte 3,19–21 heißt es: „So tut nun Buße und bekehrt euch, damit eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn und er den euch zuvor bestimmten Christus Jesus sende, ...“. Der Heilige Geist ist gekommen, er hat Wohnung gemacht bei der Kirche; aber die Zeit der Erquickung wird durch die Gegenwart des Herrn kommen. Es ist unmöglich, diese Stelle auf den Heiligen Geist anzuwenden, weil er schon zu dieser Stunde herabgestiegen war, und durch den Mund des Apostels sagte: „... den freilich der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat.“ Und in der Tat, der Heilige Geist hat nicht Alles wiederhergestellt.
Derjenige, der kommen soll, nach dieser Stelle, soll nicht kommen, um die Toten zu richten, noch dass die Welt verbrennt und zerstört werde; es ist uns vor allem um die Wiederherstellung der Dinge zu tun, von denen Gott durch die Propheten geredet hat.
Ich führe euch diese Stellen an, um euch begreiflich zu machen, was ich unter der Zukunft des Erlösers verstehe; es ist nicht das Gericht über die Toten, es ist nicht der große weiße Thron; es ist die Rückkehr Jesu Christi in Person, gegenwärtig und sichtbar, „wenn er vom Himmel gesandt werden wird.“
Wenn ihr diese Verse mit dem, was sich in Offenbarung 20 findet, vergleicht, so werdet ihr deutlich sehen, dass die Zukunft Christi und das Gericht über die Toten zwei verschiedene Begebenheiten sind, dass, wenn das Gericht über die Toten stattfinden wird, nicht die Rede von Christus ist, der vom Himmel auf die Erde zurückgekommen ist; denn es steht geschrieben: „…vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel…“ (Vers 11). Der Herr wird auf die Erde zurückkommen.
Ich will euch zeigen, wie er zu Beginn gleich selbst, nachher der Heilige Geist durch die Apostel unsere Aufmerksamkeit beständig auf diese persönliche Wiederkunft gerichtet haben.
In Matthäus 24,30 lesen wir: „Und dann werden alle Stämme des Landes wehklagen, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels...“. Wahrlich, der Feldzug des Titus gegen Jerusalem ist nicht Zukunft des Heilandes auf den Wolken des Himmels. Er ist auch nicht das Gericht über die Toten vor dem Richterstuhl des großen, weißen Thrones; zu diesem Zeitpunkt ist die Erde nicht mehr, während in demjenigen Zeitabschnitt der angeführten Stellen die Völker der Erde gegenwärtig sind, und es sich um ein Ereignis handelt, das diese Erde betrifft. „Und die Geschlechter werden heulen und an ihre Brust schlagen.“ Es ist nicht ein tausendjähriges Reich infolge der Ausübung der Kraft des Heiligen Geistes; die Welt hat den Heiligen Geist nie gesehen; es sind die Geschlechter der Erde, welche wehklagen werden, wenn sie den Herrn Jesus sehen werden. Matthäus 24,33: „Ebenso auch ihr, wenn ihr dies alles seht, so erkennt, dass es (oder er) nahe an der Tür ist.“
Matthäus 24,42–51
Die Treue der Kirche hing von der beständigen Aufmerksamkeit ab, die sie auf diese Wahrheit von der Wiederkunft Christi richtete. Von dem Augenblick an, da sie sagte: „Der Herr zögert zu kommen“, hat sie angefangen tyrannisch zu herrschen und sich zu verweltlichen. „Deshalb auch ihr, seid bereit!“ sagt Jesus, „Denn in einer Stunde, in der ihr es nicht meint, kommt der Sohn des Menschen“ (nicht der Tod).
Matthäus 25,1–13
Die Erwartung der Wiederkunft Christi ist das genaue Maß, das „Thermometer“, wenn ich so sagen kann, von dem Leben der Kirche. So wie der Knecht untreu wurde von dem Augenblick an, da er sagte: „Mein Herr bleibt noch aus“ (Matthäus 24,48), genauso ist es mit den zehn Jungfrauen, weil gesagt ist, dass sie alle einschliefen. Überdies war es weder der Heilige Geist noch der Tod, welchen die Jungfrauen in Treue erwarten sollten; denn weder der Tod noch der Heilige Geist ist der Bräutigam der Kirche. Alle Jungfrauen befanden sich in der gleichen Lage: die klugen, (die wahrhaften Heiligen) wie die törichten, die des Öls des Heiligen Geistes mangelten, schliefen miteinander ein, und vergaßen die unmittelbare Wiederkunft Christi.
In Markus 13 haben wir ungefähr dasselbe.
Der Vers 26 verbietet uns, ihn auf den Einfall der Römer anzuwenden. 1
Und wenn es in Vers 29 heißt: „...dass es (oder er) nahe an der Tür ist“, so ist nicht die Rede von dem Gericht über die Toten, noch von dem großen weißen Thron. Es wird auch an jenem großen Tage weder von dem Hause noch von der Haushaltung die Rede sein.
Man zählt nicht mehr als vier Stellen im neuen Testament, welche von der Freude der abgeschiedenen Seele sprechen. Die erste Veranlassung ist die, wo der Missetäter zum Herrn sagte: „Gedenke meiner, Herr, wenn du in deinem Reich kommst.“ (Lukas 23,42). Es ist die Zukunft Jesu in der Herrlichkeit, an die er dachte, eine Wahrheit, mit der die Juden vertraut waren. Und der Herr gibt ihm zur Antwort: Du sollst deswegen nicht erst warten, bis ich wiederkomme; „Heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Der zweite Umstand ist derjenige, wo Stephanus sagte: „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!“ (Apg 7,59) Der dritte, als der Apostel Paulus in 2. Korinther 5,8 sprach: „Wir sind aber guten Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leib und einheimisch bei dem Herrn sein.“ Der vierte nach Philipper 1,22+23: „...was ich erwählen soll, weiß ich nicht. Ich werde aber von beidem bedrängt, indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christus zu sein, denn es ist weit besser.“
In der Tat, es bringt viel mehr Gewinn, die Herrlichkeit bei Christo zu erwarten, als hienieden bleibend, nicht dass man sich in der Herrlichkeit befindet, wenn man abgeschieden ist; aber man ist los von der Sünde, in Sicherheit vor derselben, und man genießt den Herrn, ohne zu sündigen. Ja, das ist ein weit besserer Zustand, aber auch ein Zustand des Wartens, so wie derjenige, in welchem sich Christus selbst befindet, „sitzend zur Rechten des Vaters,“ und wartend auf das, was noch zurücksteht.
„Eure Lenden seien umgürtet und die Lampen brennend;“ (Lukas 12,35). Hier finden wir wieder das Gleichnis vom untreuen Knecht. Der Heiland fügt noch hinzu, dass „jener Knecht aber, der den Willen seines Herrn kannte und sich nicht bereitet noch nach seinem Willen getan hat (seht hier die Christenheit), wird mit vielen Schlägen geschlagen werden; wer ihn aber nicht kannte, aber getan hat, was der Schläge wert ist (wie die Heiden), wird mit wenigen geschlagen werden.“ (Vers 47+48). Alle werden gerichtet werden, aber die Christenheit ist in einem unendlich schlimmeren Zustand als die Juden und die Heiden.
Lukas 17,30: „Ebenso wird es an dem Tag sein, da der Sohn des Menschen offenbart wird.“ „Und dann werden sie den Sohn des Menschen kommen sehen in einer Wolke mit Macht und großer Herrlichkeit.“ (Lukas 21,27).
Der Feigenbaum, von welchem der Herr bei dieser Gelegenheit redet, ist auf besondere Weise das Vorbild des jüdischen Volkes. „Wacht aber,...“ fügt er hinzu, „damit ihr imstande seid, ... vor dem Sohn des Menschen zu stehen.“ (Lukas 21,36).
Diese zwei Kapitel, nämlich das 17. und 21. des Evangeliums nach Lukas sowie das 24. Kapitel des Evangeliums nach Matthäus und das 13. Kapitel im Markus-Evangelium beziehen sich auf die Juden.
Man kann nach Kapitel 19 aus Lukas hinzusetzen, wo die berufenen Knechte und die Feinde, welche den Edlen verworfen haben, ganz deutlich die Knechte Christi und das jüdische Volk bezeichnen, wie in den Versen 12, 13 und 27 zu sehen ist.
In Johannes 14,2 lesen wir: „In dem Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; ... denn ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme ich wieder und werde euch zu mir nehmen, damit wo ich bin, auch ihr seiet.“ Der Herr selbst wird wiederkommen, und die Kirche zu sich nehmen, auf dass sie da sei, wo er ist.
Apostelgeschichte 1,11: „Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen worden ist, wird ebenso kommen, wie ihr ihn habt auffahren sehen in den Himmel.“
In Apostelgeschichte 3 finden wir die Predigt des Apostels an die Israeliten: „Bekehret euch, und Jesus wird wiederkommen. Ihr habt den Urheber des Lebens getötet, ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet, Gott hat ihn auferweckt, tut Buße, bekehrt euch, und er wird wiederkommen.“ Aber sie wollten sich nicht bekehren.
Während drei Jahren hatte er vergebens Früchte an dem Feigenbaum gesucht. Im Gegenteil, die Weingärtner haben den Sohn desjenigen getötet, der sie in den Weinberg eingesetzt hat. Jesus, der Sohn Gottes, bat am Kreuz, von wo seine Stimme noch immer kräftig ist, um Verzeihung für sie, indem er sprach: „Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Nun antwortet der Heilige Geist durch den Mund des Apostels auf die Fürbitte Jesu: „Ich weiß, dass ihr in Unwissenheit gehandelt habt, ... So tut nun Buße und bekehrt euch, damit eure Sünden ausgetilgt werden, damit Zeiten der Erquickung kommen vom Angesicht des Herrn...“ Aber wir wissen, dass sie sich gegen den Heiligen Geist verstockt haben. In Apostelgeschichte 7, 51 und 3, 21 heißt es: „...und er den euch zuvor bestimmten Christus Jesus sende, den freilich der Himmel aufnehmen muss bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat.“
Seht da den Zweck aller Ratschlüsse Gottes.
So wie wir in das Geheimnis seines Willens gesehen haben, dass Gott alle Dinge in Christo vereinigen wird; so sehen wir hier, dass er davon geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten. Wie soll denn alles dies in Erfüllung gehen? Ist es durch die Ausgießung des Heiligen Geistes? Nein, weil geschrieben steht, dass es durch die Gegenwart des Herrn geschieht, und wenn er senden wird Jesum. Ich glaube ohne Zweifel, dass der Heilige Geist ausgegossen sein wird, und vorzüglich über die Juden; aber in der angeführten Stelle wird diese Begebenheit durch die Gegenwart Jesu stattfinden. Der Himmel kommt hier nicht in Betracht. Es kann nicht deutlicher geoffenbart werden, dass durch die Sendung Jesu die Dinge, wovon die Propheten geredet haben, in Erfüllung gehen sollen. Ich weiß nicht, wie man der Kraft und der Einfachheit dieser Erklärung ausweichen kann.
Wir sehen den Fall, das Verderben des Menschen; wir sehen zugleich, dass die ganze Schöpfung diesem Verderben unterworfen ist. Die Braut hat ein Verlangen nach der Offenbarung des Bräutigams. Nicht der Heilige Geist ist es, der die Schöpfung wiederherstellen wird, auch ist er nicht der Erbe aller Dinge; es ist Jesus. Wenn Jesus in der Herrlichkeit erscheinen wird, so wird ihn die Welt sehen, währenddem sie den Heiligen Geist nicht sehen kann.
„Alle Knie werden sich vor dem Namen Jesu beugen.“ Es ist nicht das Werk des Heiligen Geistes, alle Dinge wiederherzustellen, sondern Jesu anzukündigen, als der da wiederkommen wird. Ich muss es noch einmal wiederholen: Es ist der Heilige Geist in Petrus, der gesagt hat: „… den freilich der Himmel aufnehmen muss.“ Wer muss ihn aufnehmen? ... nicht der Heilige Geist; er war schon da, sondern Jesus; und wir haben nichts zu tun, als zu glauben. Ich gehe nun mit euch die Briefe durch, damit wir durch dieselben noch näher erkennen, dass die Zukunft des Erlösers die lebendige und beständige Hoffnung der Kirche war.
Wir sehen in Römer 8,19 und 22 die ganze Schöpfung in einem sehnenden Zustand bis zu dem Augenblick dieser Zukunft, welche klar bezeichnet ist, wenn man diese Stelle mit Johannes 14,1 und 3 und Kolosser 3,1 und 4 vergleicht. In 1. Korinther 1,7 lesen wir: „So dass ihr an keiner Gnadengabe Mangel habt, indem ihr die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus erwartet“. In Epheser 1,10 steht dasselbe, wovon wir bereits geredet haben. Weil beim letzten Gericht der Himmel und die Erde vergehen werden, so ist es noch vor diesem Zeitpunkt, wo Gott alle Dinge in Christo vereinigen wird.
In Philipper 3,20 und 21 lesen wir: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leib der Herrlichkeit,...“.
Kolosser 3,4: „Wenn der Christus, unser (A.l. euer) Leben, offenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbart werden in Herrlichkeit.“
Die beiden Briefe an die Thessalonicher handeln ganz von diesem Gegenstand.
Im ersten Brief bezieht sich alles auf die Zukunft Christi; alles, was Paulus sagt von der Freude und von seinem Worte, vor allem die Bekehrung selbst hat dahin Bezug.
1. Thes 1,10: Die Gläubigen von Thessalonich, welche denen von Mazedonien und Achaja zum Vorbild dienten, und deren Glaube so gepriesen war, dass es nicht Not tat, etwas davon zu sagen, waren „von den Götzenbildern zu Gott bekehrt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen, und seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den er aus den Toten auferweckt hat – Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ Es ist merkwürdig, dass diese Kirche, eine der blühendsten von denjenigen, an welche die Apostel geschrieben haben, gerade diejenige ist, welche der Herr erwählt hat, um ihr mit der größten Ausführlichkeit die Umstände bei seiner Ankunft zu offenbaren. „Die Geheimnisse des Herrn sind für die, die ihn fürchten.“
Wir sehen also hier den Glauben der Thessalonicher; man sprach in aller Welt von ihrem Glauben, nämlich dass sie Jesum vom Himmel herab erwarteten.
Und dies ist auch unser Anliegen, diesen Glauben zu haben, denselben Glauben, wie die Thessalonicher; und wir müssen, wie sie, den Herrn erwarten, vor der Periode der tausend Jahre. Sie sagten gewiss nicht: es werden tausend Jahre ablaufen, bevor der Herr kommt.
In 1. Thes 2,19 stellt Paulus die Frage: „Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei seiner Ankunft?“
Und in Kapitel 3,13 bittet er: „um eure Herzen zu befestigen, dass ihr untadelig seid in Heiligkeit, vor unserem Gott und Vater, bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen seinen Heiligen.“ Diese Idee ist es, die den Verstand des Apostels ganz überwältigte.
In 1. Thes 4,13 bis 18 ist es merkwürdig zu lesen, dass der einzige Trost, den der Apostel denen gibt, die das Sterbebett eines Gläubigen umringen, seine Rückkehr mit Jesu ist, und in ihrem wechselseitigen Zusammentreffen. Man sagt gewöhnlich: „Oh! Seid ruhig, er ist in die Herrlichkeit eingegangen.“ Nein, das ist dem Apostel nicht in den Sinn gekommen, im Gegenteil; der Trost, den er denjenigen mitteilt, welche den Gläubigen in ihren letzten Augenblicken beistanden, lautet so: Seid ruhig, Gott wird sie wiederbringen. Es müsse eine erstaunliche Veränderung in den, den Christen zur Gewohnheit gewordenen Gesinnungen, vorgegangen sein, weil der einzige Trost, den der Apostel gibt, heutzutage für eine Torheit gehalten wird. Die Gläubigen von Thessalonich waren derartig von dem Gedanken der Rückkehr Christi durchdrungen, dass sie sich einbildeten, vor diesem Ereignis nicht sterben zu können; und wenn einer unter ihnen abschied, trauerten seine Freunde bei dem Gedanken, er würde nun in jenem Augenblick nicht gegenwärtig sein. Paulus spricht ihnen nun Mut zu und sagt, dass Gott diejenigen, die in Jesu entschlafen, wieder mit ihm bringen werde. An diesem Beispiel können wir begreifen, wie sehr die Kirche diese Hoffnung zur Seite gestellt hat, die doch den Geist der ersten Gläubigen beschäftigte, wie weit wir uns entfernt haben von den apostolischen Gedanken, an deren Stelle die Idee eines Zwischenzustandes von Seligkeit getreten ist (die Seele in ihrer Trennung vom Leibe), eines Zustandes, der allerdings wirklich und weit höher, als unsere gegenwärtige auf Erden ist, aber dennoch unbestimmt und auch selbst ein Zustand des Wartens. Jesus selbst wartet, und die verstorben Heiligen warten. Es ist nicht meine Absicht, die Wahrheit dieses Zwischenzustandes der Seligkeit zu schwächen. Höret hier, was der Apostel davon spricht. 2. Korinther 5,4: „Denn wir freilich, die in der Hütte sind, seufzen beschwert, weil wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werden von dem Leben.“ „So sind wir nun allezeit guten Mutes“ (Vers 6). Wenn nämlich der sterbliche Leib nicht verschlungen wird von dem Leben (nicht verwandelt), so wird die Zuversicht, die ich habe, durch den Tod nicht unterbrochen; ich habe in meiner Seele schon das Leben Christi empfangen, es kann nicht fehlen.
Es kann geschehen, dass ich abscheide, aber das Leben meiner Seele empfängt keinen Stoß; ich habe schon das Leben Christi; wenn ich abscheide, werde ich bei ihm sein.
Noch eine Bemerkung über 1. Thes 4,15–17. „...dass wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden. Denn der Herr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn entgegen in die Luft; und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein.“
Wenn der Apostel ein tausendjähriges Reich des Heiligen Geistes vor der Zukunft Jesu erwartet hätte, wir würden sagen können: „Wir, die Lebenden, die übrig bleiben bis zur Ankunft Christi?“ Es war also bei ihm ein beständiges Warten auf die Zukunft Christi, obschon er den Augenblick derselben nicht wusste, die er aber mit Grund erwarten konnte. Hat er sich darin geirrt? Ganz und gar nicht.
Er tat nichts, als zu warten, und diese Erwartung hatte den Vorteil, dass sie ihn in einer vollkommenen Absonderung von der Welt erhielt. Wenn man von einem Tag zum anderen die Ankunft des Herrn erwartete, wo würden all die Pläne stattfinden, die man für eine Familie, für ein Haus macht, um dem Hochmut dieses Lebens zu schmeicheln, um sich zu bereichern? Die Natur der Hoffnung, die wir haben, bildet unseren Charakter, und wenn der Herr kommen wird, so wird der Apostel Paulus die Früchte seiner Erwartung genießen. Die Hoffnung, welche ihn beseelte, brachte ihre schönen Früchte hervor; es war in Bezug auf diese Hoffnung, dass er sagte: „Euer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (1. Thes 5,23).
Und im gleichen Kapitel, Verse 2 und 4, bemerkte man, dass dieser Tag die Gläubigen nicht wie ein Dieb angreifen soll.
In 2. Thess. 1,9 und 10 und Kapitel 2,3–12 sehen wir, anstatt dass die Welt durch ein tausendjähriges Reich ohne die Gegenwart Jesu gesegnet wäre, den Menschen der Sünde, der sich immer verschlimmert, bis ihm durch die herrliche Zukunft Christi ein Ende gemacht wird.
Mir ist es ganz augenscheinlich klar, dass dieses tausendjährige Reich bloß des Geistes eine Lüge ist, weil das Geheimnis der Ungerechtigkeit, welches schon zur Zeit des Apostels Paulus im Gange war, fortgehen sollte, bis der Mensch der Sünde offenbar, und durch die herrliche Zukunft Christi selbst, durch den Geist seines Mundes umgebracht würde. In diesem Zustand der Dinge nun, wo lässt sich für ein solches tausendjähriges Reich Raum finden?
Zur Erklärung des Sinnes in dem Ausdruck: „Geist seines Mundes“, vergleiche man die Stelle in Jesaja 11,4.
In 1. Timotheus 6,14–16 schreibt Paulus an den Timotheus: „Ich gebiete dir vor Gott, ... dass du das Gebot unbefleckt, unsträflich bewahrst bis zur Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus, die zu seiner Zeit zeigen wird der selige und alleinige Machthaber, der König der Könige und Herr der Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann, dem Ehre sei und ewige Macht! Amen.“
2. Timotheus 4,1: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der richten wird Lebende und Tote, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich.“
Titus 2,11–13: „Denn die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen, und unterweist uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Begierden verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus.“
Die Erscheinung der Gnade ist schon da, sie lehrt uns auf die Erscheinung der Herrlichkeit zu warten.
Hebräer 9,28: „So wird auch der Christus, nachdem er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen, zum zweiten Mal denen, die ihn erwarten, ohne Sünde erscheinen zur Errettung.“ Als der oberste Hohepriester, wenn er sein Werk der Fürsprache wird vollendet haben, wird er aus dem Heiligtum hervorgehen (siehe 3. Mose 22,9+24).
Jakobus 5,9: „Siehe, der Richter steht vor der Tür“.
2. Petrus 1,16–21: „Denn wir haben euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesus Christus nicht kundgetan, indem wir ausgeklügelten Fabeln folgten, sondern als solche, die Augenzeugen seiner herrlichen Größe geworden sind. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Herrlichkeit, als von der prachtvollen Herrlichkeit eine solche Stimme an ihn erging: ‚Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.' Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her ergehen, als wir mit ihm auf dem heiligen Berg waren. Und so besitzen wir das prophetische Wort umso fester, auf das zu achten ihr wohl tut, als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in euren Herzen; indem ihr dies zuerst wisst, dass keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist. Denn die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Menschen Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist.“
Die Verklärung war also wie ein Zeichen, wie ein Muster der Zukunft Jesu in der Herrlichkeit.
1. Johannes 3,2 und 3: „Wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ Wir werden ihm nicht gleich sein, als wenn er erscheinen wird, und nicht vorher. „Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist.“ Derjenige, dessen Herz erfüllt ist mit dieser Hoffnung, hält sich nach derselben, er reinigt sich. Indem ich weiß, dass, wenn Jesus erscheinen wird, ich ihm gleich sein werde, so muss ich schon von jetzt an so viel, als immer möglich, sein wie Jesus. Seht hierin die mächtige Kraft dieser Wahrheit von der Zukunft Christi, und welche Wirkung aus dieser Erwartung her fließt. Diese Hoffnung ist für uns das Maß der Heiligkeit, wie sie der Beweggrund dafür ist.
Auch diejenigen, die im Himmel sind, sagen in ihren Gesängen: ‚wir werden regieren über die Erde' (Offenbarung 5,10); und dies ist die Sprache der Gläubigen, welche droben schon um den Thron sind. Sie sagen: Wir werden regieren, und nicht: Wir regieren; sie sind noch in einem Zustand der Erwartung dessen, was noch mangelt, dass seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden.
Betrachten wir noch das Geheimnis vom Unkraut und vom guten Samen (Matthäus 13). Das Unkraut, nämlich das Böse, welches Satan dort, wohin der gute Weizen gesät war, angerichtet hat, soll wachsen bis zur Ernte, welche das Ende dieser Haushaltung ist. Das Böse, welches er durch die Ketzereien, die falschen Lehren, die falschen Religionen verursacht hat, all dies Böse soll fortdauern, wachsen und reif werden; dies Unkraut soll sich vermehren, überhandnehmen auf dem Acker des Herrn bis zur Ernte.
Dies ist eine bestimmte Offenbarung, die der Idee eines tausendjährigen Reiches dem Geiste nach, ohne die Zukunft des Herrn, ausdrücklich widerspricht.
Wir haben nun gesehen, dass mit der Zukunft Christi alle die Gedanken, alle die Beweggründe des Trostes und der Freude, sowie der Heiligung der Kirche, selbst auf dem Sterbebette, verbunden sind, und dass Christus denjenigen, der diese Hütte verlässt, wieder mit sich bringen wird. Wir haben auch im Vorbeigehen gesehen, einerseits, dass die Zukunft des Heilandes das Mittel der Wiederherstellung aller Dinge sein wird, und andererseits, dass auf dem Acker des Herrn das Böse bis zur Ernte sich vermehren soll.
Der Herr selbst möge diese Wahrheiten unseren Herzen aneignen, teure Freunde, damit wir einerseits uns von dieser Welt losreißen, und andererseits uns an seine Zukunft halten, an ihn selbst in Person, damit wir uns reinigen, wie Er rein ist. Gewiss, es gibt nichts Praktischeres, als diese Wahrheiten, nichts, das geeigneter wäre, uns von einer Welt loszumachen, die gerichtet werden soll, und zugleich uns mit Demjenigen zu vereinigen, der da kommen soll, sie zu richten. Nein, es gibt nichts, das uns besser zeigen könnte, wie unsere Reinigung beschaffen sein soll, und um dieselbe in uns hervorzubringen, nichts, das uns ebenso trösten, ermuntern, und uns mit demjenigen ganz eins machen könnte, der für uns gelitten hat, auf dass wir, wir jetzt auch leiden, als seine Miterben mit ihm regieren in der Herrlichkeit. Sicherlich, wenn man den Herrn von Tag zu Tag erwartete, es würde eine Verleugnung stattfinden, die sich unter den heutigen Gläubigen nicht leicht wahrnehmen lässt. Niemand sage doch: „Mein Herr zögert zu kommen.“
Fußnoten
- 1 Ich ergreife diese Gelegenheit, um euch zu bemerken, dass, obwohl zur Zeit der Eroberung Jerusalems durch Titus die damaligen Umstände zum Teil Ähnlichkeit haben in gewisser Beziehung mit denjenigen, welche später erfolgen sollen, wenn diese Prophezeiungen nach Markus 13 und Matthäus 24 sich erfüllen werden, sodass die Jünger von den darin enthaltenen Ermahnungen Gebrauch machen konnten, (was ich auch zugebe, obgleich es sehr ungewiss ist) obwohl, sage ich, alles dies möglich sein kann, so hat es doch unüberwindbare Schwierigkeiten, den Gräuel der Verwüstung auf die Armee des Titus oder auf die römischen Fahnen anwenden zu wollen; denn es gibt eine Periode, die mit diesem Ereignis ihren Anfang nimmt, und von der man keine Erfüllung sieht, wenn man von der Eroberung Jerusalems an rechnet. Auch war man genötigt, diesen Teil der Prophezeiung auf das Papsttum überzutragen, welches mit dem Einfall des Titus sicher nichts zu schaffen hat. Die Stelle des Lukas bezieht sich mehr auf die Begebenheiten, welche stattgefunden haben zur Zeit der Eroberung Jerusalems durch diesen Kaiser; aber ich wiederhole noch einmal: die Stellen, die uns jetzt beschäftigen, darauf anwenden zu wollen, ist eine vergebliche Mühe.