Der zweite Brief an die Korinther
Kapitel 2
Wahre Liebe bei Paulus und bei den Korinthern
„Ich habe aber bei mir selbst dies beschlossen, nicht wieder in Traurigkeit zu euch zu kommen. Denn wenn ich euch traurig mache, wer ist es auch, der mich fröhlich macht, wenn nicht der, der durch mich traurig gemacht wird? Und ebendies habe ich [euch] geschrieben, damit ich nicht, wenn ich komme, von denen Traurigkeit habe, deren ich mich freuen sollte; indem ich euch allen vertraue, dass meine Freude die von euch allen ist“ (Verse 1-3).
Der Apostel führt in diesen Versen das Thema der Schlussverse des ersten Kapitels weiter. Er spricht von seiner Angst, bei den Korinthern Traurigkeit zu bewirken, wenn er sie ein zweites Mal besuchen würde, ohne von den Auswirkungen seines ersten Briefes gehört zu haben. Eigentlich sollte man davon ausgehen, dass man Freude bei denen bewirkt, für die man zum geistlichen Segen tätig sein konnte. In dieser Weise war Paulus ja zugunsten der Korinther tätig gewesen. Leider war der Zustand der Korinther nicht gut, so dass die Ermahnungen des Apostels Traurigkeit auslösen mussten. Jetzt aber schreibt er ihnen ein zweites Mal, damit sich alles das, was eine Wolke zwischen ihn und diese Gläubigen schieben konnte, auflöste.
„Denn aus vieler Bedrängnis und Herzensangst schrieb ich euch mit vielen Tränen, nicht um euch traurig zu machen, sondern damit ihr die Liebe erkennt, die ich überreichlicher zu euch habe“ (Vers 4).
Paulus hatte ihnen wirklich aus vieler Bedrängnis und Herzensangst seinen ersten Brief geschrieben. Es war ein Brief, der mit vielen Tränen geschrieben worden war. Er handelte von Sünde in ihrer Mitte. Aber wenn er das Falsche entlarven musste, so tat er das nicht in einem kalten, gesetzlichen Geist. Er wies sie vielmehr auf den richtigen Weg hin, damit sie mit dem Bösen in gottgemäßer Weise umgingen. Dabei beließ er es dann auch. Die Tatsache, dass er nach dem Abfassen des ersten Briefes nicht zu ihnen gekommen war, mochte sie veranlasst haben zu denken, er habe mit kaltem Herzen geschrieben. Das aber war nicht der Fall. Daher schrieb er ihnen diesen zweiten Brief, um ihnen zu versichern, dass hinter dem ersten Brief viel Bedrängnis und Herzensangst stand. Hinter diesem Kummer wiederum befand sich eine tiefe Liebe zu ihnen.
„Wenn aber jemand traurig gemacht hat, so hat er nicht mich traurig gemacht, sondern in gewissem Maß (damit ich nicht beschwere) euch alle. Genügend ist einem solchen diese Strafe, die von den Vielen ist, so dass ihr im Gegenteil vielmehr vergeben und ermuntern solltet, damit nicht etwa ein solcher durch die übermäßige Traurigkeit verschlungen werde. Darum ermahne ich euch, ihm gegenüber Liebe zu üben“ (Verse 5-8).
Darüber hinaus wollte Paulus, dass dieser Geist der Liebe, der ihn dazu gebracht hatte, den ersten Brief an die Korinther zu schreiben, auch diese prägte in ihrem Verhalten gegenüber dem Bösen, den sie in Gehorsam unter die apostolischen Anweisungen (1. Kor 5) aus ihrer Mitte ausgeschlossen hatten. Sie hatten Eifer in ihrem Verhalten dem Bösen gegenüber gezeigt. Jetzt aber sollten sie in ihrem Handeln mit dieser Person auch Liebe und Gnade nicht vernachlässigen. Denn derjenige, den die Korinther aus der Gemeinschaft der Gläubigen ausschließen mussten, hatte Zeichen wahrer Buße gezeigt.
„Denn dazu habe ich auch geschrieben, um eure Bewährung zu erkennen, ob ihr in allem gehorsam seid. Wem ihr aber etwas vergebt, dem vergebe auch ich; denn auch ich, was ich vergeben, wenn ich etwas vergeben habe, habe ich um euretwillen vergeben in der Person Christi,“ (Verse 9.10).
Paulus schrieb seinen zweiten Brief an die Korinther mit dem Ziel, ihnen seine Liebe zu versichern und dadurch ihre Liebe anzufachen. Durch seinen ersten Brief dagegen hatte er ihre Liebe dadurch prüfen wollen, dass er ihren Gehorsam dem Test unterzog, ob sie seinen apostolischen Anweisungen gehorsam sein würden (vgl. Joh 14,21; 15,10). Da sie ihre Liebe durch Gehorsam bewiesen hatten, war sein Vertrauen zu ihnen wiederhergestellt worden. So konnte er sagen: „Wem ihr etwas vergebt, dem vergebe auch ich.“ In diesem Sinn handelten sie im Namen des Apostels, so wie er Christus darstellte, wenn er jemandem eine Sünde vergab, die dieser gegen ihn begangen hatte. Er handelte somit gemäß seiner eigenen Ermahnung im Kolosserbrief: „euch gegenseitig vergebend … wie auch der Christus euch vergeben hat“ (Kapitel 3,13).
„...damit wir nicht vom Satan übervorteilt werden; denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt“ (Vers 11).
Paulus kultivierte also die Gesinnung heiliger Liebe sowohl in seinem eigenen Leben als auch in dem von anderen. Denn er wollte die Anstrengungen Satans behindern, Zwietracht unter den Heiligen zu säen. Das tat Satan nicht nur dadurch, dass er Böses in ihrer Mitte einführte, sondern auch, indem er sie dazu bringen wollte, mit dem Bösen in einer falschen Art und Weise und in einer unguten Gesinnung umzugehen. Wie oft mögen die Gläubigen eines Sinnes im Blick auf das Böse sein. Und dennoch entsteht Uneinigkeit dadurch, dass sie nicht miteinander darin übereinstimmen, wie mit diesem Bösen umzugehen ist. Wie wichtig ist es daher, im Blick auf die Angriffe des Feindes wachsam zu sein, damit dieser uns nicht überwinden kann.
Was die Korinther Paulus bedeuteten
„Als ich aber nach Troas kam für das Evangelium des Christus und mir eine Tür aufgetan wurde im Herrn, hatte ich keine Ruhe in meinem Geist, weil ich Titus, meinen Bruder, nicht fand, sondern ich nahm Abschied von ihnen und zog fort nach Mazedonien“ (Verse 12.13).
Paulus hatte gehofft, in Troas, wo ihm eine Tür für das Evangelium geöffnet worden war, auf seinen Mitarbeiter Titus zu treffen. Denn er wartete darauf, von diesem ermutigende Nachrichten aus Korinth zu erhalten. Als der Apostel seinen Mitarbeiter dort jedoch nicht antraf, hatte er keine innere Ruhe mehr. Daher verabschiedete er sich von den Gläubigen dort trotz der geöffneten Tür und zog weiter nach Mazedonien. Dort traf er Titus, wie wir aus Kapitel 7,5-7 wissen, und wurde durch diesen wirklich ermuntert, weil er von den guten Auswirkungen seines ersten Briefes erfuhr.
„Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Ort durch uns offenbart!“ (Vers 14).
So getröstet kann Paulus nicht schweigen, sondern bricht in einen Lobgesang aus: „Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzug umherführt in Christus.“ Wenn Gott uns führt, wird das in triumphaler Weise sein - im Triumph über
- das Versagen der Heiligen,
- die Feindschaft der Sünder,
- die Angriffe des Feindes und
- den Druck der Umstände.
Aber es handelt sich um einen Triumph „in Christus“. Es ist kein Triumph im Fleisch oder durch menschliche Fähigkeiten oder Kraft. Zudem wird die Schönheit und der Segen der Kenntnis von Christus an jedem Ort offenbar gemacht in dem Maß, in dem über Schwierigkeiten und Nöte, welchen Charakter auch immer sie annehmen, in und durch Christus triumphiert wird.
Der Wert des Wortes Gottes und dessen Wertschätzung
„Denn wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi in denen, die errettet werden, und in denen, die verloren gehen; den einen ein Geruch vom Tod zum Tod, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig?“ (Verse 15.16).
So ist es möglich, Christus den erlösten und auch den unbekehrten Menschen vorzustellen. Das bedeutet aber, dass man für diejenigen, die Christus ablehnen, ein Bote des Todes ist, und zwar in der Vorwegnahme eines noch schlimmeren Todes. Für diejenigen jedoch, die das Zeugnis der Gnade annehmen, ist man ein Bote des Lebens mit der Vorwegnahme der göttlichen Fülle des Lebens. Im Blick auf diese schwerwiegenden Themen wie Leben und Tod, die an dem Zeugnis Christi hängen, können wir die Frage des Apostels gut verstehen: „Und wer ist dazu tüchtig?“
„Denn wir verfälschen nicht, wie die Vielen, das Wort Gottes, sondern als aus Lauterkeit, sondern als aus Gott, vor Gott, reden wir in Christus“ (Vers 17).
Paulus war sich der Größe der Person bewusst, die er predigte. Dieses Bewusstsein bezog sich auch auf das tiefe Bedürfnis derer, denen er predigte, und auf das Ausmaß der Themen, um die es ging. Er verfälschte das Wort Gottes nicht, „er machte keine Geschäfte“ damit (wie es von manchen übersetzt wird), wie es viele damals taten und wie viele auch heutzutage mit dem Wort umgehen.
Wer eine solch geringe Wertschätzung des Wortes Gottes hat, dass er es zu einem Mittel des Handels macht - Predigen für den Lebensunterhalt - wird sich weder der Größe des Wortes Gottes noch der Feierlichkeit der darin behandelten Themen noch der eigenen Unzulänglichkeit bewusst sein. Er wird in Gefahr stehen, zu seinem eigenen Verhängnis zu denken, dass menschliche Ausbildung, natürliche Fähigkeiten und intellektuelle Fertigkeiten das Recht geben, das Werk Gottes auszuführen. Aber natürliche Fähigkeiten und das, was aus dem Willen des Menschen hervorkommt, stellen zwar in den Augen von Menschen eine ausreichende Befugnis dar; sie können jedoch weder Lauterkeit noch Berechtigung in Gottes Augen darstellen. Das Recht des Apostels war „aus Gott“. Er predigte nicht als jemand, der Menschen zufrieden stellen wollte, sondern in Lauterkeit „vor Gott“, nicht im Fleisch, sondern „in Christus“.