Gedanken über das Johannesevangelium

Die 7 Mal "Ich bin"

„Und Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Kindern Israel komme und zu ihnen spreche: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie zu mir sagen werden: Was ist sein Name?, was soll ich zu ihnen sagen? Da sprach Gott zu Mose: „Ich bin, der ich bin.“ Und er sprach: So sollst du zu den Kindern Israel sagen: „Ich bin“ hat mich zu euch gesandt. Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Kindern Israel sagen: Der HERR, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name auf ewig, und das ist mein Gedächtnis von Geschlecht zu Geschlecht“ (2. Mo 3,13–15).

Jahrhunderte später wanderte einer durch die Ebenen Galiläas und durch die stolze Stadt Jerusalem und sprach mit einer lauten Stimme erhabener Autorität zu den Nachkommen von Mose und Abraham. Er beschreibt sich selbst mit dem Titel „ICH BIN“. Es ist nicht möglich, einen anderen Namen zu nennen, der einerseits genau so einfach ist, und andererseits alles das ausdrückt, was Gott in sich selbst ist. Nicht „ich war“ oder „ich werde sein“, sondern „ICH BIN“. Es ist auch kein Unterschied, wann dieser Name ausgesprochen wird. Er spricht einfach von der ewigen Existenz und der Erhabenheit Gottes, der in sich selbst völliges Genüge findet. Diese zwei Wörter schließen Zeit, Entfernung, Veränderung, Tod und alles, was vergeht oder fehlerhaft ist, aus. Er ist Gott!

Jesus von Nazareth spricht diese Worte, als er zu den Nachkommen von Mose und Abraham spricht (Joh 8,58). Sie hörten seine Worte und wollten ihn zu Tode bringen. Sie sagten, dass der Herr Jesus einen Dämon besitzen würde. Aber er antwortet ihnen: „Ich habe keinen Dämonen sondern ich ehre meinen Vater und ihr verunehrt mich… Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen“ (Joh 8,49–51). Aber sie antworteten: Abraham ist gestorben und die Propheten und du sagst: Wenn jemand mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht schmecken ewiglich. Bist du etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist? Und die Propheten sind gestorben. Was machst du aus dir selbst? Seine Antwort war, dass Abraham frohlockte, diesen Tag zu sehen. Sie sagten zu ihm: „Du bist noch nicht 50 Jahre alt und hast Abraham gesehen?“ Dann antwortet Jesus ihnen und sagt: „Ehe Abraham ward, bin ich.“ Jesus von Nazareth beanspruchte der Gott zu sein, der Mose befohlen hatte, das Volk Israel aus dem Land Ägypten herauszuführen. Die Juden fragten den Herrn, ob er Abraham gesehen hatte. Aber er antwortete und sagte, dass Abraham IHN gesehen hatte. Er war vor Abraham, sowohl in Bezug auf die Zeit als auch in Bezug auf die Stellung. Der erniedrigte Jesus von Nazareth ist dieser „ICH BIN“ aus 2. Mose 3, der HERR des Alten Testamentes.

Das Evangelium nach Johannes beschreibt die geistliche Reise des geistlichen Volkes Gottes, wie sie in der Reise des Volkes Israel aus Ägypten nach Kanaan vorbildlich dargestellt wird. Es beschreibt unsere Reise von der Erde in die Herrlichkeit des Himmels. So wie Christus einst dem Volk erschienen ist, als sie in Ägypten geknechtet wurde, so erscheint jetzt der Herr Jesus den Menschen, die unter der Sünde geknechtet werden. In diesem Kapitel sagt der Herr Jesus, dass die Knechtschaft der Sünde noch schrecklicher ist als die Knechtschaft Ägyptens. Jeder Mensch, der in diese Welt geboren wird, steht unter dieser Knechtschaft der Sünde, unter diesem Despot Satan.

In Johannes 1 sehen wir das Lamm Gottes als die Erfüllung des Vorbildes, das wir in 2. Mose 12 in dem Passah haben. In Kapitel 3 lesen wir von der ehernen Schlange in der Wüste, in Kapitel 4 von dem lebendigen Wasser, das aus dem wahren Felsen Jesus Christus heraus fließt; Kapitel 5 spricht von dem Gesetz und der Gnade, die dem Mann am Teich Bethesda begegnete. Das Gesetz war dazu gegeben worden, auf dass die Hilflosigkeit des Menschen offenbar würde. Kapitel 6 spricht von dem Brot des Lebens, das aus dem Himmel herab gekommen ist, das die Erfüllung des Mannas in der Wüste ist. Kapitel 7 geht weiter zu dem Laubhüttenfest, das von der herrlichen Zukunft Israels spricht. So beschreibt Johannes den Weg der Befreiung aus der Welt und führt uns in die Fürsorge Gottes während der Wüstenreise ein und stellt uns auch das Ziel der Reise vor, das Vaterhaus (Joh 14). Und alle diese Segnungen ruhen auf dieser Person, die von sich selbst zu Recht „ICH BIN“ sagen kann.

In der Offenbarung sagt der Herr Jesus von sich auch wieder „ICH BIN“ (Off 22,13). Er ist der erste und der letzte Buchstabe des Alphabets, und auch alle Buchstaben dazwischen. Er ist der, der sich mit Worten dieser Buchstaben offenbaren möchte. Er spricht das erste Wort und auch das letzte Wort. Er ist der Anfang und das Ende aller Dinge, aller Gedanken und Vorsätze Gottes. Er ist der Erste von allen, der der Letzte wurde, und wieder von allen der Erste sein wird in alle Ewigkeit. 7 mal in unserem Evangelium benutzt der Herr Jesus diesen wunderbaren Namen „ICH BIN“. Diese 7 Titel beschreiben die Person und das Werk des Herrn Jesus in Vollkommenheit.

1. „Ich bin das Brot des Lebens“ (Joh 6,35)

„Jesus sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals dürsten“ (Joh 6,35).

Israel murrte gegen Gott, sowohl bevor das Manna ihnen gegeben worden war als auch nachher. Bei der ersten Begebenheit begegnet Gott ihnen, indem er ihnen dieses Brot vom Himmel gibt. Dieses Brot ist ein Bild von dem Kommen Christi aus dem Himmel auf die Erde, um den Menschen in ihren Bedürfnissen zu begegnen. Er antwortete der Sünde und Rebellion des Menschen nicht mit dem Brot der Engel, sondern mit dem Brot, an dem er selbst seine Freude hat. Gott der Vater hat immer seine Freude in seinem geliebten Sohn genießen können, wie es in Sprüche 8 beschrieben wird. Und so gibt er uns Christus. Er öffnet den Himmel und sagt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Mt 3,17). Gott ist ein „seliger Gott“, wie 1. Timotheus 1,11 andeutet, und dieser Gott hat ein Verlangen, sein Freude mit dem Menschen zu teilen. Daher hat er seinen Sohn gesandt, damit wir in ihm leben und lieben könnten und mit seiner Freude erfüllt sein könnten.

„Ich bin das Brot des Lebens“, sagt Jesus. „Jeder, der zu mir kommt, wird nicht hungern, und wer an mich glaubt, wird niemals dürsten.“ Das bedeutet nicht nur, dass wir als Sünder zu ihm gekommen sind, um gerettet zu werden, sondern auch, dass wir uns täglich durch das Wort von Christus nähren können. Das Verb „kommen“ in Vers 35 steht im Präsens, in der beständigen Form der Gegenwart.

Nachdem das Volk das Manna für einige Jahre bekommen hatte, haben sie wiederum gemurrt. Aber dann hat Gott sie nicht wieder gesegnet, wie er es bei dem vorhergehenden Mal getan hatte. Gott sandte feurige Schlangen unter sie, um sie wegen ihrer Sünde zu züchtigen. Genau so ist das auch mit den Gläubigen, wenn sie das Verlangen an Gottes Wort nicht mehr haben, dass Gott seine züchtigende Hand auf sie legt. Wie oft bezeugt unsere Praxis: „Unsere Seele ekelt vor dieser Speise!“

Beachte, dass in Vers 51 unseres Kapitels der Herr Jesus sich selbst das „lebendige Brot“ nennt. Das ist ein stärkerer Ausdruck als wenn er sagt „Ich bin das Brot des Lebens“. Wenn er von der Errettung, die durch seinen Tod bewirkt wird, spricht, dann wird der Ausdruck „lebendiges Brot“ verwendet. Hier ist das Brot nicht die Speise des Gläubigen, sondern die Errettung des Sünders. Gott sei gepriesen! Christus ist das lebendige Brot, das in der Lage ist, Leben aus dem Tod hervorzurufen. Das gewöhnliche Brot ist nicht in der Lage, Leben zu geben, sondern es erhält das Leben, das bereits vorhanden ist. Aber Jesus verkündet hier, dass er als das lebendige Brot, das in den Leiden am Kreuz durch seine Hingabe „gebrochen“ wurde, tatsächlich dem toten Sünder Leben gibt. Er ist beides, sowohl das lebendige Brot, um Leben zu geben, als auch das Brot des Lebens, um das Leben zu erhalten.

„Wie kann dieser Mensch uns sein Fleisch zu essen geben?“, fragten die verwunderten Juden. Wie? Indem es „gebrochen“ wurde. Er musste sterben, bevor der Mensch essen könnte. Es ist unmöglich, sich von einem Brot zu ernähren, und gleichzeitig das Brot unbeschadet zu lassen. So musste Christus sterben, wenn andere leben wollten. Er gab seinen Leib als Opfer für uns, auf dass wir auch unseren Leib als ein „lebendiges Schlachtopfer“ (Röm 12) ihm wieder zurückgeben. Der Herr hatte Tausende mit den fünf Broten und zwei Fischen gesättigt. Genauso genügt auch sein Opfer für die ganze Welt, für jeden, der sich ihm zuwendet.

Lasst mich noch einmal betonen, dass Christus sowohl das Brot für unsere Errettung ist als auch für das christliche Leben und Wachstum. Man muss sein Fleisch essen und sein Blut trinken, um ewiges Leben zu erlangen (Vers 54). Auch der Christ muss sich von Christus nähren, wenn er Gemeinschaft mit ihm haben möchte. Und das geschieht durch das Wort Gottes, dass wir uns von Christus nähren. Sammelst du auch das Manna täglich, wie Israel das in der Wüste tat?

Noch einmal dürfen wir uns daran erinnern, dass der Leib und das Blut des Herrn auch in dem Mahl des Herrn dargestellt werden. Erfüllst du schon diesen Wunsch des Herrn, indem du an dem Gedächtnismahl des Herrn teilnimmst? Wenn nicht, dann versäumst du die schönsten Augenblicke, die der Gläubige auf dieser Erde verleben kann. 1

2. Ich bin das Licht der Welt (Joh 8,12; 9,5)

{Joh 8,12; 9,5}

Johannes der Täufer war ein Licht, das Licht einer Lampe, aber der Herr Jesus ist das Licht der Sonne. Das ist der Unterschied zwischen dem Herrn Jesus selbst und einem, der an ihn glaubt.

Kapitel 8 entfaltet die Darstellung, wie eine sündige Frau und ein sündiger Mann in das Licht gebracht wird, das von Christus ausgeht. Die Frau von Kapitel 8 und der Mann in Kapitel 9 kannten die heilenden Strahlen des Christus, während die Pharisäer in beiden Kapiteln durch dasselbe Licht in ihrer Schuld überführt wurden. Sie entfernten sich aus der Gegenwart des Christus und zogen es vor, in ihrer Sünde zu leben.

In Johannes 9,5 sagt Jesus, dass er das Licht der Welt war, so lange er in der Welt war. Seitdem er also nicht mehr in der Welt ist, ist er auch nicht mehr das Licht der Welt. Während seiner Abwesenheit sind wir als sein erlöstes Volk das Licht dieser Welt (Mt 5,14). Der Herr ist wieder in die Herrlichkeit gegangen, um die dortigen Wohnungen zu erleuchten. Wir dagegen sind noch in dieser Welt zurückgelassen, um in dieser dunklen Umgebung ein Licht für ihn zu sein.

Gläubige werden in der Schrift „Lampen“ genannt, oder Kerzen oder auch Sterne, also individuelle Lichter für Christus. Ich denke, dass die Versammlung in der Schrift mit dem Mond verglichen werden kann, wobei der Herr selbst die Sonne ist. Wir wissen, dass der Mond kein Licht in sich selbst hat. Er reflektiert das Licht der Sonne und strahlt dieses zur Erde. Und so sollten wir zusehen, dass nichts zwischen den Herrn und uns gerät, damit das Licht nicht verdunkelt wird. Wenn die Erde sich zwischen den Mond und die Sonne schiebt, entsteht eine Finsternis. So ist es auch mit uns. Wenn sich die Welt zwischen den Herrn uns und schiebt, dann können wir kein Licht mehr für ihn sein. Wenn wir in dem Licht seines Angesichts, also in dem Licht seines Wortes unseren Weg gehen, dann scheint der Lichtglanz der Herrlichkeit Gott im Angesicht Jesu Christi in unsere Herzen (2. Kor 4,6–7).

3. Ich bin die Tür (Joh 10,9)

„Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden“ (Joh 10,9).

Obwohl Johannes sehr hohe Wahrheiten vorstellt, benutzt er immer eine einfache Sprache und uns leicht verständliche Bilder. Was könnte leichter sein als der Gedanke an Jesus als eine Tür? Wir sind nur Schüler in der Schule Gottes, bis wir aufsteigen in die Herrlichkeit bei ihm. Selbst die fortgeschrittensten Gläubigen sind noch immer Schüler in der Schule Gottes. Wir warten auf den Tag, wenn Gott in einer Sprache zu uns spricht, die uns jetzt weit überlegen ist. „Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin“ (1. Kor 13,12).

Christus ist der Weg aus unserer Sünde oder unserem Formalismus – eben alles, was nicht aus Gott ist – und führt uns in jede Segnung jetzt und in Ewigkeit. Christus ist die Tür, nicht eine Tür. Wenn es nur eine Tür gibt, dann kann es auch keine Verwirrung geben. „Wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden.“ Und jeder Mensch darf eintreten. Es ist eine Tür, die weit offen steht für alle Menschen. Es ist nicht ein Nadelöhr, es ist eine weit geöffnete Tür. Es gibt keine Ausnahme, jeder kann zu Christus kommen.

Die Tür, die den Gläubigen in Sicherheit bringt, ist dieselbe Tür, die den Ungläubigen aussperrt. In Christus sehen wir beides: Errettung und Verdammnis.

Wenn jemand einmal im Glauben zu Christus gekommen ist, so darf und sollte er täglich kommen. Er sollte ein und ausgehen und Weide finden. Im Himmel werden wir nicht mehr ein und ausgehen. Jetzt gehen wir ein, um die Reichtümer seiner Gnade zu genießen, und dann gehen wir aus, um der Welt von diesen Reichtümern zu erzählen. Wir gehen ein in der Anbetung und gehen aus zum Dienst. Wir gehen ein, um ihm unsere Bedürfnisse zu sagen (Heb 4,16), und wir gehen aus, um für andere Hilfe zu erbitten. Das „Eingehen“ steht immer vor dem „Ausgehen“. Die Seele empfängt immer einen Nutzen, wenn sie im Inneren mehr über Christus lernt, und es gibt Nahrung, wenn wir von ihm vor der Welt zeugen. Wir wachsen, wenn wir sein Wort studieren und anbeten, sinnen und beten in seiner Gegenwart; und es ist auch Wachstum und Nahrung für unsere Seelen, wenn wir ausgehen und den Sündern und den Heiligen dienen. Ja, es kann Weide gefunden werden, wenn wir uns von Christus nähren und auch, wenn wir andere nähren, denn auch die versprengten Schafe werden durch diesen Dienst wachsen.

4. „Ich bin der gute Hirte“ (Joh 10,14)

„Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen“ (Joh 10,14).

Als der Hirte stillt der Herr die Bedürfnisse der Schafe. Er gibt ihnen Ruhe, richtet sie auf, leitet sie auf dem richtigen Weg, ermuntert sie, beschützt sie und bringt sie auch sicher ans Ziel. Das Bild des Hirten ist eins der schönsten Bilder, mit denen der Herr Jesus beschrieben wird. Viele der Glaubensmänner in Alten Testament waren Hirten, wie z.B. Mose, Joseph, Jakob, David und andere. Sie alle spiegeln einige Charakterzüge des Herrn Jesus als den vollkommenen Hirten wieder.

David, der Mann nach dem Herzen Gottes, griff Goliath ohne Waffenrüstung an, weil er in ihm einen Wolf gesehen hatte, der der Herde schaden würde. Er hatte einen Löwen besiegt und mit einem Bären gerungen als sie versuchten, ein Lamm aus der Herde zu stehlen. Und Goliath war nur ein anderer Löwe, der der Herde Gottes Schaden zufügen wollte. David riskierte sein Leben, um ein kleines Lamm aus dem Rachen des Löwen zu befreien. Der Herr Jesus riskierte nicht nur sein Leben, sondern er gab es sogar in den Tod. Er starb, um uns aus der Macht Satans und dem ewigen Verderben zu erretten, das auf jeden Sünder wartet. Er geht dem Schaf nach, bis er es findet. Wie groß ist doch die Erlösung und der Preis, den er dafür bezahlt hat! 2

Großer Heiland der Verlornen,
Gottes heil'ges Opferlamm,
dorngekrönt, mit Fluch beladen,
hingst du an des Kreuzes Stamm.

Der Mietling flieht, wenn er den Wolf kommen sieht. Aber der Herr sammelt die Schafe um sich und beschützt sie in seinem Arm. In Jesaja 40,11 lesen wir, dass Jesus die Lämmer an seiner Brust trägt. In Lukas 15,5 trägt er das Schaf auf der Schulter. In Johannes 10,27 sehen wir, dass er vor den Schafen her geht, um ihnen den Weg zu zeigen. Die Lämmer werden nah an seinem Herzen getragen, so wie die jungen Gläubigen besonders die Zuneigung des Herrn Jesus benötigen. Aber die älteren Gläubigen, die Schafe, werden auf seiner Schulter getragen, der Ort der Kraft. Sie benötigen die unterstützende Kraft der Gnade in dem Kampf des Lebens. Es ist oft bemerkt worden, dass Jesaja 9,6 davon spricht, dass die Herrschaft über das Universum auf seiner Schulter ruht. Der Herr setzt für die Fürsorge eines Gläubigen dieselbe Kraft und Sorgfalt an, wie er es mit dem ganzen Universum tut. Was gibt das doch den Gläubigen ein Bewusstsein der Sicherheit! Jesus trägt den Christen, bis er ihn ins Vaterhaus gebracht hat. Schließlich leitet er die Schafe und geht vor ihnen her und weist ihnen den richtigen Weg.

Als der gute Hirte ist er einmal für uns gestorben und lebt jetzt im Himmel, um für uns zu sorgen. Wir lesen von Jakob, der in einigen Dingen ein Vorbild auf den Herrn Jesus ist, dass er den Feind nicht daran hindern konnte, einige Schafe seiner Herde zu stehlen. Aber der Herr kann im Hinblick auf seine Herde sagen, dass die, die der Vater ihm gegeben hat, nicht verloren gehen werden.

Jesus ist nicht nur der gute Hirte, sondern auch der große Hirte (Heb 13,20). Liebe und Kraft werden beide in ihm vereint, er gibt uns die Kraft, seinen Willen zu erfüllen, indem er in uns das bewirkt, was ihm wohlgefällig ist. Er ist auch der Erzhirte (1. Pet 5,4). Es gibt noch mehr Hirten, die unter seiner Anweisung arbeiten. Petrus war einer dieser Hirten und er ermahnt die Ältesten, die Herde, die bei ihnen ist, zu weiden. Der Erzhirte wird seinen Dienern eine Krone der Herrlichkeit geben, die nicht verwelken wird. Es gibt keine höhere Aufgabe, als für das geliebte Volk Gottes Sorge zu tragen, ohne den Gedanken an eigenen Gewinn zu haben. Petrus selbst wurde der Auftrag gegeben, die Lämmer und Schafe zu weiden (Joh 21). Er hatte mit einem Schwur den Herrn in jener Nacht verleugnet, aber der Herr hat seine Seele wiederhergestellt (Ps 23,3) und gab ihm die Aufgabe der Fürsorge über seine Herde. Wie berührt uns doch diese Gnade und dieses Vertrauen unseres Herrn! Nur solche Gläubige, die etwas von der Bosheit ihres Herzens und von der Nutzlosigkeit des Fleisches kennen gelernt haben, sind in der rechten Weise für das Volk Gottes zubereitet. Wenn er etwas von der eigenen Schwachheit und dem eigenen Versagen kennt, wird er Langmut haben mit den Gläubigen.

Möchten wir alle danach trachten, einen Hirtendienst nach dem großen Vorbild des vollkommenen Hirten auszuführen. Die Krone der Herrlichkeit, die den Hirten angeboten wird, ist der in der Schrift erwähnte höchste Lohn, der den Gläubigen angeboten wird, der höchste Lohn für den niedrigsten Dienst. Niemand ist dem Herzen Christi so nahe wie diejenigen, für die der Herr gestorben ist. Möchtest du ihn verehren? Dann sei ein Hirte für seine Schafe!

5. „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ (Joh 11,25)

„Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25).

Die Sadduzäer waren die Modernisten in den Tagen Jesu. Sie glaubten nicht an die Auferstehung des Herrn Jesus und versuchten den Herrn in eine Falle zu locken, indem sie ihm die Frage mit der Frau und den sieben Männern stellen. Aber der Herr begegnet ihnen mit der Antwort, dass sie die Schriften und die Macht Gottes nicht kennen. Alle Ungläubigen sind selbst in unseren Tagen von einem dieser beiden Irrtümer – wenn nicht sogar beiden – behaftet: Sie glauben nicht dem Wort Gottes, sie glauben nicht der Macht Gottes. Aber wenn du Gott mit einbeziehst, dann verschwinden alle Schwierigkeiten. Mit Gott ist nichts unmöglich. Gott ist der Gott der Auferstehung. Er ist in der Lage, den Menschen, der tot ist in seinen Sünden, zu echtem Leben zu erwecken, und auch den toten Körper eines entschlafenen Menschen in die Herrlichkeit des zukünftigen Auferstehungstages zu erwecken.

Die Sadduzäer kannten offensichtlich nicht die alttestamentlichen Schriften, die schon die Wahrheit der Auferstehung beinhalteten. Hiob wusste davon und glaubte daran, denn er sagt: „und ist nach meiner Haut dieses da zerstört, so werde ich aus meinem Fleisch Gott anschauen“ (Hiob 19,26). Abraham kannte den Gott der Auferstehung und glaubte an ihn, denn Hebräer 11,17–19 sagt: „… indem er urteilte, dass Gott auch aus den Toten zu erwecken vermöge…“. Sogar Bileam sagte: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe: es tritt hervor ein Stern aus Jakob und ein Zepter erhebt sich aus Israel“ (4. Mo 24,17).

Martha glaubte auch an die Auferstehung. In Bezug auf Lazarus sagte sie: „Ich weiß, dass er am letzten Tag auferstehen wird.“ In Johannes 6 spricht der Herr Jesus 4 Mal von der Auferstehung am letzten Tag. Aber hier in Johannes 11,25 sagt Jesus der Martha etwas, was sie noch nicht kannte.

Es gibt 4 verschiedene Wahrheiten, die in dem Ausdruck „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ hervorgehoben werden können. Martha wusste aus dem Alten Testament, dass es eine Auferstehung gab; aber sie wusste nicht, dass es auch eine zweite Auferstehung gibt. Nur das Neue Testament spricht von der Auferstehung der Gerechten und unterscheidet sie von der Auferstehung der Ungerechten (Apg 24,15). Die Unterscheidung wird auch in Johannes 5,29 erkennbar, wo es von der Auferstehung zum Leben und von der Auferstehung zur Verdammnis heißt. Nur im Neuen Testament lesen wir von der Auferstehung der Toten in Christus (1. Thes 4,16) und der Auferstehung der Toten in Sünde (Off 20,5), zwischen denen mindestens 1000 Jahre liegen. Die erste Auferstehung findet statt, wenn die Versammlung in die Herrlichkeit eingeht, und die zweite Auferstehung findet am Ende des 1000-jährigen Reiches statt (Off 20). Über die erste Auferstehung wusste Martha nichts und der Herr erklärt ihr, dass die Auferstehung nicht erst am letzten Tag kommt, sondern dann, als der Herr kam, denn er sagt in der Gegenwartsform „Ich bin die Auferstehung“. Das Kommen des Herrn nach Bethanien ist ein Bild davon, dass der Herr auf diese Erde für die Versammlung kommen wird. Dann wird er solche auferwecken, die in all den Jahrhunderten an ihn geglaubt haben. Dann wird er sie alle aus den Gräbern rufen, so wie er Lazarus herausgerufen hat. Das ist die erste Wahrheit, die wir in der großen Behauptung unseres Herrn „Ich bin die Auferstehung“ erkennen können.

Das zweite ist, dass der Herr zur Entrückung der Gläubigen kommen wird. Er wird die Gläubigen aus den Toten auferwecken, denn er sagt: „Wer an mich glaubt wird leben, auch wenn er gestorben ist.“ Es ist das, was die Schrift „Auferstehung aus den Toten“ (nicht der Toten) nennt. Die restlichen Toten, die nicht geglaubt haben, werden in ihren Gräbern liegen, bis sie vor dem großen weißen Thron erscheinen werden.

Die dritte Wahrheit ist, dass nicht nur die in Jesu entschlafenen Gläubigen auferstehen werden, sondern dass auch die noch lebenden Gläubigen bei der Entrückung verwandelt werden, um dem Herrn in der Luft zu begegnen. Dieses Ereignis wird in 1. Thessalonicher 4,17 beschrieben. Diese herrliche Wahrheit finden wir auch hier in Johannes 11,26 in den Worten des Herrn an Martha: „und jeder, der da lebt (also zur Zeit der Entrückung) und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ Dieselbe Wahrheit finden wir auch in 1. Korinther 15,51 durch den Apostel Paulus beschrieben.

Alle diese drei Wahrheiten finden also ihre Erfüllung in der Entrückung der Gläubigen. Aber wir finden auch noch eine weitere Wahrheit, wenn Jesus sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“. Er ist dies auch für uns in der jetzigen Zeit, denn wir waren tot in unseren Sünden und Vergehungen, aber Christus hat uns aus den Toten auferweckt. Von dieser geistlichen Auferweckung wird in Johannes 5,25 gesprochen. Das ist die geistliche Auferweckung, die Auferweckung der toten und sündigen Seele. Aber drei Verse später, in Johannes 5,28, spricht der Herr wieder von der physischen Auferweckung. In diesem Vers lässt er die Worte „und ist jetzt“ aus, weil die Auferweckung des Leibes noch zukünftig ist. Aber für die Seele ist er schon jetzt die Auferstehung und das Leben. Er erweckt Freude aus der Sorge, Frieden aus Pein, ein Lied im Leid, Lob aus der Bedrückung und er erweckt auch einen Triumph aus allen Drangsalen. Sogar jetzt dürfen wir uns schon durch unseren Herrn erheben über die Welt der Sünde und Traurigkeit. Und bald werden wir durch seine Stimme zu ihm gerufen und wir werden ihm begegnen in der Luft.

6. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6)

„Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (Joh 14,6).

Der Herr ist zurück zum Vater gegangen, um die Wohnungen für uns zu bereiten und in ihm ist unsere Sicherheit für dieses Leben.

Jesus und kein anderer ist der Weg zu Gott: Nicht der Prediger, der Priester, die Eltern oder du selbst! Es gibt nur einen Mittler zwischen Gott und Menschen, der Mensch Christus Jesus. Jesus rettet auf dem ganzen Weg, durch seinen Tod, durch sein Leben und sein Wiederkommen rettet er Geist, Seele und Leib. Er zeigt uns nicht nur den Weg, sondern er ist der Weg. Lass dich durch ihn zum Vaterhaus leiten:

  • Er ist der Weg, ohne den wir nicht vorwärts kämen.
  • Er ist die Wahrheit, ohne die wir nichts wüssten.
  • Er ist das Leben, ohne das wir nicht wachsen würden.

In Christus ist der Reichtum der Weisheit und der Erkenntnis. Wenn wir ihn haben, dann haben wir die Quelle aller Kenntnis. Wenn wir ihn haben, dann haben wir auch die Salbung des Heiligen „und wissen alles“ (1. Joh 5,20), weil der Heilige Geist die Dinge in Bezug auf Christum nimmt und sie uns entfaltet.

In Kolosser 3,4 sagt der Apostel Paulus, dass Christus unser Leben ist. In Galater 2,20 heißt es „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ Wer den Sohn Gottes hat, hat das Leben. Das so genannte Leben, das der Sünder besitzt, nennt Gott „Tod“. Nur der Gläubige besitzt Leben. Der Herr Jesus ist unser Leben, ewiges Leben, das wir in unseren sterblichen Leibern bekommen haben. Aber bald wird das Neue Leben die Grenzen des Leibes übertreten und wird in eine Sphäre eintreten, die dem Neuen Leben angemessen ist. Wir werden dann in das ewige Leben eintreten, so wie das Neue Leben in uns eingezogen ist auf der Grundlage des Glaubens an Christus. Christus ist unser Leben jetzt, ein Leben, das wir vor den Menschen ausleben sollten, um die „nach oben ziehende Kraft“ darzustellen, die uns von der Sünde abhält. Dies ist ein Leben der Freude, Heiligkeit und Liebe. Möchten wir von ganzem Herzen sagen können, dass Christus unser Leben ist.

7. Ich bin der wahre Weinstock (Joh 15,1)

„Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner“ (Joh 15,1).

Dies ist der letzte der sieben großen Aussprüche „Ich bin“ des Herrn Jesus in dem Johannesevangelium. Der Herr gibt uns solche kurzen Aussprüche, die ihre Erfüllung allein in ihm haben. Jeder Gläubige darf diese Aussprüche in seinem Leben unter die Probe stellen und erfahren, dass sie wahr sind. Gepriesen sei Gott für einen solchen Retter, Hirten, heiligenden und alle Bedürfnisse stillenden Herrn! In den vorhergehenden 6 Stellen steht der Herr alleine vor uns. Aber in dieser letzten Stelle verbindet der Herr uns mit sich selbst, denn der Weinstock hat Reben und diese sprechen von den Gläubigen. Die anderen 6 Stellen sprechen von seiner Vollkommenheit. Sie wird unseren Herzen vorgestellt, damit wir auf seine Liebe und Macht eine Antwort finden, auf dass wir Frucht bringen möchten in unserem Leben. Und so werden wir ihm ähnlicher. Denn was wäre eine größere Frucht, als ihm ähnlich zu sein? Christus wurde Mensch wie wir sind, damit wir wie Christus würden. Christus war der wahre Weinstock. Er war der einzige, der immer in seiner eigenen Kraft Frucht für Gott hervorgebracht hat. Wir bringen dagegen nur deshalb Frucht, weil wir mit ihm verbunden sind. Derselbe Saft, der durch den Weinstock fließt, der fließt auch durch die Reben. Wir besitzen dasselbe Leben und dieselbe Natur wie unser Herr.

Dieser Titel „Weinstock“ gibt uns einen schönen Schlüssel zu dem vollkommenen Leben, das er auf dieser Erde gelebt hat. Der Weinstock ist ein unansehnliches einfaches Gehölz und bringt trotz dieser Schwachheit Frucht hervor und dient als Segenskanal für andere. Unser Herr lebte ein Leben der Abhängigkeit von dem Vater und gibt uns dadurch ein Beispiel. Für den Christen bedeutet das auch, dass wahre Frucht nur in einem Leben der Abhängigkeit und in dem Bewusstsein der eigenen Schwachheit gefunden werden kann. „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ Wir werden von dem Herrn gebeten, in ihm zu bleiben. Ohne ihn können wir nichts tun, und das bedeutet auch, dass wir mit ihm alles vermögen. Wenn wir dasselbe wunderbare Leben wie er führen möchten, dann müssen wir zu jeder Zeit dem Vater anhangen. Wir müssen demütig, in Liebe und Selbstverleugnung für andere leben. Alles, was wir hierfür benötigen, finden wir bei ihm, denn die Reben haben teil an dem Weinstock. Die Christen haben alle Hilfsmittel in ihm, die auch er auf dieser Erde besaß. Wir haben sein Leben, seine Natur, seinen Vater, der für uns sorgt, seinen Geist und sein Wort. Wir sind befähigt, so zu leben, wie er gelebt hat. Sein Vater wird verherrlicht, wenn wir viel Frucht bringen.

Fußnoten

  • 1 Anm. d. Übers.: Es ist an dieser Stelle sicher nicht die Absicht des Autors, die Belehrungen von Johannes 6 und 1. Korinther 11 zu vermengen. In Johannes 6 geht es um ein „geistliches Essen“, indem der Mensch an den Herrn glaubt und sich von ihm nährt. In 1. Korinther 11 geht es um ein „natürliches Essen“, indem man von dem Brot isst und dadurch seinen Tod verkündigt. Manche haben in Johannes 6,50 die Vergebung der Sünden durch das Teilnehmen an dem Mahl sehen wollen, was völlig absurd ist.
  • 2 Das englische Original führt hier ein englisches Lied an: „But none of the ransomed ever knew How deep were the waters crossed; Nor how dark was the night that the Lord passed through, Ere He found His sheep that was lost.“
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