Das Buch Esther
Die Herrschaft des Messias
Die Fürsten und andere Großen der Landschaft unterstützten jetzt die Juden, weil die Furcht vor Mordokai auf sie gefallen war; denn dieser war jetzt der Mächtigste im ganzen Reich, nicht aus eigener Kraft, sondern gestützt auf Gott, der hinter ihm stand. Ja, wenn einmal der Messias Jesus Christus sein Amt als Richter und König angetreten hat, wird sich Seine Macht und Autorität nicht nur über Israel erstrecken, sondern sich auch auf die Nationen in zunehmendem Maße ausbreiten. Das erneuerte Volk Israel wird Sein Ansehen teilen. Es gibt manche Prophezeiungen, welche vom Panier des Messias unter den Völkern, von Israel als Mittelpunkt derselben und von der Unterwerfung der Völker unter den Messias reden (vergl. Jes 11,11–12; 49,22–23). Auch werden die Nationen selber Israel in sein Land bringen (Jes 18; 14,1–2; 49,1–3; 60,4; 66,20 usw.).
Mordokai wurde in den Augen der Nationen immer größer (Vers 4). Das erinnert uns an Daniel 2, wo der Stein von oben her das Standbild, das die Weltmächte darstellt, zermalmte und dann wuchs, bis er ein Berg wurde, der die ganze Erde erfüllte. Denn von Anfang an wird noch nicht die endgültige völlige Herrschaft des Messias aufgerichtet sein, sondern Er wird sukzessive alle Feinde zerschmettern, bis endlich alles Böse weggefegt sein wird und dann erst wird Er allein alle Herrschaft ausüben (Jes 52,13–15; Mal 1,11).
So feierten die Juden am Tag nach dem errungenen Sieg ein Fest der Freude und des Dankes, logisch auch, dass Esther und Mordokai dieses Fest an den beiden Tagen als einen immer wiederkehrenden Gedächtnisanlass einsetzten, freilich im Sinne, dass es um des ernsten Anlasses willen mit tiefer Einkehr und Busse verbunden sein möchte. Nach dem Los Hamans wurde es Purim genannt (Pur = Los). Die Juden feiern es auch heute noch, aber als Freuden- und Lustfest, an dem sie zwar das Buch Esther lesen, aber ohne mehr daraus zu entnehmen, als den längst untergegangenen Haman zu verfluchen. Da spürt man so recht, was Paulus in 2. Korinther 3 ausspricht, dass ihnen beim Lesen des Wortes Gottes eine Decke auf dem Herzen liegt, so dass sie nicht erkennen, was sie lesen. Sie merken nicht einmal, dass das Buch die Lösung zur Judenfrage gibt, nämlich, dass sie von einer Person, dem Messias Jesus Christus abhängig ist, wovon Mordokai ein so deutliches Vorbild ist.
Noch möchten wir die lehrreichen Kapitel 7 und 8 des Propheten Sacharja erwähnen, wo die unter Kores nach Jerusalem zurückgekehrten Juden durch den Propheten Jehova anfragen, ob sie dieses Fest der Erinnerung an das nationale Unglück jetzt noch weiter feiern sollten oder nicht mehr. Auf diese Frage tritt Gott eigentlich gar nicht ein, sondern Er betont in fünf Aussprüchen zwei oder drei andere wichtige Punkte. Vor allem stellt Er die Gegenfrage, ob sie denn diese Feste für Ihn gefeiert hätten, zu Seiner Ehre und Befriedigung, und nicht vielmehr nur im Blick auf ihr eigenes Unglück. Sodann weist Gott darauf hin, warum dieses Unglück über sie gekommen sei, nämlich um ihrer Abtrünnigkeit willen, und dass es somit vor allem darauf ankomme, nach einer wirklichen Umkehr zu Gott zu trachten. Dann erst (Kapitel 8,18–23) weist Gott darauf hin, dass Er, wenn Seine Stunde gekommen sein wird, alles Fasten verwandeln werde in ein Fest größter Freude und Wonne. Dies werde dann der Fall sein, wenn der Messias Seine Friedens- und Segensherrschaft aufgerichtet haben wird und dann den Nationen ebenso wie Israel zu Gute kommen werde. Davon ist das Purimfest ein teilweises Vorbild.
In Kapitel 10 finden wir dann noch einige Angaben über die weiterdauernde Herrschaft Mordokais, des nun Mächtigsten nach dem König, nicht nur groß bei den Juden, sondern im ganzen Weltreich. So wird es auch der Messias Jesus Christus auf dem Thron des Tausendjährigen Reiches sein. Er wird in Frieden und Gerechtigkeit herrschen und Sein Recht wird nicht nur in Israel gelten, sondern von Jerusalem zu allen Nationen ausgehen (Jes 2,2–4; 51,4–5; Dan 12,3; Mich 4,2). Der Widersacher, der die Menschen gegeneinander in Ungerechtigkeit aufbringt, wird im Abgrund gebunden sein (Off 20,1–3) und alle von ihm inspirierten und getriebenen Mächte werden beseitigt sein. Diese herrliche Herrschaft des Messias wird die ganze Erde erfüllen und das erneuerte Israel und ganz Jerusalem als seine heilige Residenz wird Zierde, Stolz und Herrlichkeit sein (Jes 4; Sach 14,20–21). Ja, noch ein Weiteres, ganz neues wird dann allgemein stattfinden müssen, worauf vielleicht der Passus in Esther 10,1 hindeutet: Von allen Nationen werden alljährlich große Gruppen nach Jerusalem hinaufziehen, um dort den Herrn anzubeten und mit Israel das Laubhüttenfest zu feiern. Natürlich werden sie nicht mit leeren Händen, sondern unter Darbietung ihrer Gaben aus der Fülle des Segens von oben erscheinen. Dies wird sogar moralische Pflicht sein, denn nach Sacharja 14,16–19 wird die Unterlassung mit Unfruchtbarkeit bestraft werden (Jes 2,3; 56,6–8; 60; 66,22–24; Mich 7,11–12).
Im Schlussvers (Kapitel 10,3) wird ausgedrückt, wie Mordokais Herrschaft herrlich und segensreich geworden sei. Noch viel mehr wird es diejenige des Messias Jesus Christus sein; nicht nur voll irdischer, sondern auch himmlischer Herrlichkeit, die alles menschliche weit überstrahlt, wovon Salomo ein schwaches Vorbild ist. Seine Herrschaft wird eine solche vollkommenen Friedens und der Fülle des Segens sein, nach der Ordnung Melchisedeks, gleich diesem zugleich Gerechtigkeit und Frieden. Auch wird er Hoherpriester sein. Davon ist die Krönung in Sacharja 6 ein bezeichnendes Vorbild, wo nicht der Fürst Serubbabel, sondern der Hohepriester gekrönt wird, zum Zeichen des Charakters Seiner Herrschaft. Er wird priesterlicher König und königlicher Priester sein. Hoherpriester ist Christus bereits droben, Sein Königtum wird der Schlussstein Seiner irdischen Herrlichkeit bilden (vergl. Sach 3 und 4). Dann wird immerwährender Friede herrschen und Krieg unbekannt geworden sein, so dass die Waffen in Werkzeuge umgearbeitet werden (Mich 4,3–8; Jes 2,4; 60,16; Hos 2,18; Mich 5,8–18; Sach 9,8–10). Aller Fluch über die Erde, wodurch soviel Land unbewohnbar gemacht wurde, Wüste, Sumpf, Gifte, alle Verderbnisse infolge der bösen Handlungen der Menschen, aller Kampf ums Dasein, alle Todesfurcht wird dann aufgehoben sein (Jes 11,6–8; 29,16–24; 35; 65; Hes 34,25–31). Dann wird die Erde Raum genug haben für jedermann, auch den Geringsten, dann wird es keine entrechteten, unterdrückten Knechte und Sklaven, noch irgend einen Mangel mehr geben, denn des Messias Herrschaft wird auch eine solche der Fülle des Segens und des Glückes sein.
Es wird aber auch eine Herrschaft heiliger Gerechtigkeit sein, denn jede Sünde – außer solcher aus Versehen und mangels Erkenntnis – wird sofort mit dem Tod bestraft werden. Israel aber wird ein innerlich völlig erneuertes Volk, ein wirklich heiliges Volk sein (Jer 31,31–34; Hes 36,25–38; Zeph 3,11.17–19). Es wird Seinen Messias endlich erkannt haben, als den, der zu allen Zeiten Sein Wohl und Glück gesucht hat, und Er wird dann auch die Freude des Volkes sein.
Nun möchten wir noch kurz den Inhalt des Buches, und den Charakter der Hauptperson zusammenfassen, mit den Worten von Dr. Rossier:
In einer Zeit, wo Gott Sein Angesicht Seinem Volk noch verbirgt, wird die Gemahlin aus den Nationen (die Christenheit) verstoßen, und die Jungfrau (Israel) nimmt ihren Platz ein im Herzen des Herrschers. Was ihre Herkunft betrifft, ist sie noch verborgen; sie wird Seine Gemahlin, um Königin der Nationen zu werden. Der Widersacher erweckt eine große Trübsal über das Volk, aber er wird von dem Befreier Israels besiegt, der von allen seinen Gütern Besitz ergreift, während ihn selbst das Los ereilt, das von ihm dem Gegenstand seines Hasses zugedacht war. Die jüdische Gemahlin wird als solche öffentlich anerkannt; die Feinde des jüdischen Volkes werden die Gegenstände der Rache, welche sie gegen die Juden ausüben wollten. Die Verwaltung des Reiches wird dem Mann anvertraut, der der Diener aller war, und der einst das Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Freude feierlich einweiht.
In diesem Buch zieht Mordokai ganz besonders unsere Aufmerksamkeit auf sich. Man kann an ihm zwei Arten der Ordnungen unterscheiden, einen sittlichen und einen amtlichen Charakter.
Sein sittlicher Charakter ist ein kostbares, treffendes Gemälde von dem des Heilandes. Seine zärtliche Liebe, das Zartgefühl seines Herzens, die innigen Zuneigungen zu seiner Familie, seine beständige Sorgfalt für die Waise – alles das fesselt unsere Aufmerksamkeit. Aber er ist ebenso bemerkenswert durch Gerechtigkeit und Geradheit, durch Mut und Entschiedenheit, sowie durch unerschütterliche Anhänglichkeit an das Wort Gottes. Indem er den Platz des Überrestes Israels einnimmt, weigert er sich nicht, ein Knecht zu sein, er, der als ein Großer vor aller Augen dargestellt werden sollte; dabei lehnt er es aber ab, vor dem Gegner das Haupt zu beugen, und widersteht dem Feind um den Preis seines Lebens. Er macht sich eins mit der höchsten Not seines Volkes und erduldet sie in seiner Seele, aber er ist geduldig in Hoffnung, und das ist der Triumph des Glaubens, wenn der Feind allmächtig ist und Gott Sein Angesicht verbirgt.
Sein amtlicher Charakter ist ebenso beachtenswert. Mordokai wacht am Tor des Königs und wird so der Retter der Nationen; er wird als solcher anerkannt in dem Augenblick, wo der satanische Gegner gestürzt wird. Er ist der Retter seines Volkes und trägt als Verwalter des Reiches, selbst die Zeichen des Königtums. Er macht sich einen gefürchteten Namen im Gericht und übt die Rache aus, aber nur als Vorspiel der Ruhe, und regiert in Gerechtigkeit. Er trifft die Einrichtungen zu der Freude und dem Jubel, die er seinem Volk verschafft hat. Er ordnet alles an in Gemeinschaft mit der jüdischen Gemahlin, seiner angenommenen Tochter, die über die Nationen herrscht und sein Interesse für sein Volk teilt. Er wird der Fürst der Könige der Erde, angenehm Gott und seinen Brüdern, ein großer Mann, und indem er seinem königlichen Charakter entsprechend in allem das Wohl seines Volkes sucht, führt er schließlich die Friedensregierung ein.
Er, das große vollkommene Gegenbild Mordokais, ist es, auf den der Geist Gottes im Buch Esther hinweisen will.